VwGH 2012/10/0065

VwGH2012/10/006524.7.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des Dr. X Y, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Februar 2012, Zl. N-106283/3-2012-Ma/Gre, betreffend Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Oö. NSchG 2001, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
VwRallg;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 58 iVm § 9 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) aufgetragen, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die im 500 m Uferschutzbereich des Niedertrumersees, auf dem Grundstück Nr. 402, KG W, Gemeinde L, konsenslos errichtete Hütte im Ausmaß von 3,07 m x 3,04 m bei einer Firsthöhe von 2,9 m bis 30. April 2012 zur Gänze und restlos zu entfernen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Zuge des Berufungsverfahrens sei in das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Dezember 2011, VwSen-210563/17/BMa/Th, Einsicht genommen worden, mit dem die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung der Oö. Bauordnung bestätigt worden sei. Daraus gehe hervor, dass der Beschwerdeführer als Bauherr auf dem erwähnten Grundstück eine bauliche Anlage, die gemäß § 25 Oö. Bauordnung anzeigepflichtig sei, nämlich die gegenständliche Badehütte ausgeführt habe, ohne bei der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung das Bauvorhaben angezeigt zu haben. Der UVS sei davon ausgegangen, dass die Badehütte einen Neubau darstelle, weil die tragende Konstruktion im Bereich des Unterbaus und im Dachstuhlbereich ebenso wie die Außenwandverkleidung neu errichtet worden seien. Auch im Bereich der Fundamentierung und der Bodenkonstruktion seien Neubauteile verwendet worden. Die alte Badehütte sei bis auf Reste des Fundaments und allenfalls noch bestehende Elemente der tragenden Konstruktion abgetragen und neu hergestellt worden. Dabei seien sogar die Ausmaße der ehemals bestehenden Hütte verändert worden.

Die belangte Behörde gehe daher ebenfalls davon aus, dass die zur Entfernung aufgetragene Hütte einen Neubau darstelle. Unbestritten stehe fest, dass der Beschwerdeführer für die Neuerrichtung der gegenständlichen Hütte eine naturschutzbehördliche Feststellung gemäß § 9 Oberösterreichisches Naturschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) nicht erwirkt habe.

Dass die gegenständliche Hütte einen Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 9 Oö. NSchG 2001 darstelle, stehe aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 4. Oktober 2011 fest, welches im Zuge des erstbehördlichen Verfahrens eingeholt worden sei, zweifelsfrei fest.

Die gegenständliche Landschaft werde demnach von vier wesentlichen Faktoren geprägt, nämlich

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 30/2010, lauten:

"§ 1 Zielsetzungen und Aufgaben

(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).

(2) Durch dieses Landesgesetz werden insbesondere geschützt:

3. die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der

Erholungswert der Landschaft;

§ 3 Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von

nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen

Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert

8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem

möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;

§ 9 Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen

(1) Jeder Eingriff

1. in das Landschaftsbild und

an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts ist verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

§ 58 Besondere administrative Verfügungen

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

…"

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die bestehende Hütte stelle einen Eingriff in das Landschaftsbild iSd § 9 Abs. 1 Oö NSchG dar; eine Feststellung iS dieser Vorschrift liege nicht vor. Es handle sich daher um ein ohne "Bewilligung" ausgeführtes bewilligungspflichtiges Vorhaben iSv § 58 leg. cit. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor:

a) Die belangte Behörde sei auf das vor dem UVS Oberösterreich zur Zahl VWSen-210563/17/BMa/Th, geführte Verfahren völlig unzureichend eingegangen und sei daher infolge mangelhafter Beweiswürdigung unzutreffend davon ausgegangen, dass die gegenständliche Hütte keinen Neubau, sondern lediglich die Sanierung einer über 40 Jahre alten Hütte darstelle.

b) Die Ausführungen des Gutachtens des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz bzw. die darauf gestützte Annahme der belangten Behörde, wonach die gegenständliche Hütte "plötzlich" einen Eingriff in das Landschaftsbild darstelle, seien insofern nicht nachvollziehbar, als sich an derselben Stelle unstrittig seit mehr als 40 Jahren "unbeanstandet" eine Hütte befunden habe. Die belangte Behörde hätte diesbezüglich nähere Feststellungen zum Landschaftsbild treffen müssen, um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes herbeigeführt worden sei. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Beweisverfahrens wäre die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen, dass es durch die gegenständliche Hütte zu keiner zusätzlichen Verdichtung künstlicher Faktoren in der Landschaft bzw. zu keiner neuen Prägung des Landschaftsbildes kommen könne.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

a) Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie - unter Verwertung der vom UVS des Landes Oberösterreich im Verfahren zur Zahl 210563/17/BMa/Th getroffenen Feststellungen (Abtragung der alten Badehütte bis auf die Reste des Fundaments und einige noch bestehende Elemente der tragenden Konstruktion, Neuerrichtung der tragenden Konstruktion im Bereich des Unterbaus, im Dachstuhlbereich sowie der Außenwandverkleidung) - zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es sich im gegenständlichen Fall um die Neuerrichtung einer Badehütte handelt (vgl. in diesem Zusammenhang auch den hg. Beschluss vom 28. Februar 2012, Zl. 2012/05/0046, mit dem die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen den erwähnten Bescheid des UVS Oberösterreich vom 21. Dezember 2011, abgelehnt wurde), zumal die Beschwerde zu den - auf die erwähnten Feststellungen gestützten - Erwägungen der belangten Behörde kein konkretes gegenteiliges Vorbringen erstattet.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe lediglich eine bereits mehr als 40 Jahre alte Hütte saniert, ist im Übrigen zu erwidern, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter einem "Altbestand" eine Maßnahme zu verstehen ist, die vor Inkrafttreten eines entgegen stehenden gesetzlichen Verbotes gesetzt wurde und seither unverändert besteht. Ein - auch ohne behördliche Feststellung im Sinne des § 9 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 zulässiger - Altbestand läge nur vor, wenn die Maßnahme vor dem 18. Oktober 1940 gesetzt worden und seither unverändert bestehen geblieben wäre (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2005/10/0145, mwN). Dies ist hinsichtlich der gegenständlichen Hütte unstrittig nicht der Fall. Eine besondere Regelung hinsichtlich der Berücksichtigung früher bestandener Objekte ist § 9 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 nicht zu entnehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. August 2006, Zl. 2004/10/0235).

b) Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 9 OÖ. NSchG 2001 ausgesprochen hat, ist es für die Bejahung einer maßgeblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in einem Bereich, der schon durch verschiedene anthropogene Projekte belastet ist, von ausschlaggebender Bedeutung, ob durch die beantragte Maßnahme (hier: Hütte) eine derartige "zusätzliche Verdichtung" künstlicher Faktoren in der Landschaft bewirkt werde, die zu einer "neuen Prägung des Landschaftsbildes" führen würde (vgl. das Erkenntnis vom 29. Jänner 2010, Zl. 2008/10/0050, mwN). Für die Beurteilung eines Objektes als maßgeblicher Eingriff ist es nicht erforderlich, dass im betreffenden Uferabschnitt noch keinerlei Verbauung besteht. Auch das Unterbleiben der Verstärkung einer Eingriffswirkung liegt im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0178, mwN).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf sachverständiger Basis gewonnene Auffassung zugrunde, die gegenständliche Hütte bewirke eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes. Der Beschwerdeführer ist weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde den sachverständigen Darlegungen - die entgegen dem Beschwerdevorbringen auch eine eingehende Beschreibung des gegenständlich maßgeblichen Landschaftsbildes enthalten - auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten; die Beschwerdeausführungen vermögen indes weder eine Unschlüssigkeit noch eine Unvollständigkeit des Gutachtens aufzuzeigen.

Schließlich war - entgegen der Beschwerdeauffassung - auf die ehemals bestehende Hütte von der belangten Behörde nicht Rücksicht zu nehmen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat, kann von einem unveränderten Bestand bereits dann nicht mehr gesprochen werden, wenn ein Objekt demontiert und neu errichtet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2008, Zl. 2005/10/0078, mwN). Die verfahrensgegenständliche Hütte zählt schon infolge ihrer Neuerrichtung nicht mehr zu jenen der Entfernung nicht oder nicht mehr unterliegenden Merkmalen, die das Bild der Landschaft vor Ausführung der Hütte prägten; es liegt aber auch - wie gesagt - kein Anhaltspunkt dafür vor, dass es sich bei der zuvor bestanden habenden Hütte um ein Objekt gehandelt hätte, das der Entfernung nicht oder nicht mehr unterlegen wäre und somit im Sinne der soeben referierten Rechtsprechung zu den das Bild der Landschaft prägenden Merkmalen hätte zählen können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Juli 2013

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