VwGH 2012/08/0095

VwGH2012/08/009511.7.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des M P in F, vertreten durch Mag. Michael Berghofer, Rechtsanwalt in 8330 Feldbach, Bismarckstraße 8, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 12. Jänner 2012, Zl. LGS600/SfA/0566/2012-Mag. WM/S, betreffend Einstellung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 21. November 2011 wurde der Bezug der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab dem 8. November 2011 eingestellt. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, der Beschwerdeführer habe innerhalb des letzten Jahres drei Ausschlussfristen von der Notstandshilfe erhalten, weil er nicht bereit gewesen sei, eine Beschäftigung anzunehmen, bzw. durch Nichtvorstellung eine mögliche Beschäftigungsaufnahme vereitelt habe.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung und wandte ein, die Verfahren seien noch nicht abgeschlossen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer sei seit vielen Jahren arbeitslos, sein letztes Dienstverhältnis habe im September 2009 geendet, länger andauernde Dienstverhältnisse wären zuletzt im Jahr 2007 gegeben gewesen. Der Beschwerdeführer sei gelernter Dachdecker und Spengler mit Lehrabschlussprüfung, habe den ursprünglichen Beruf aber aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Der Beschwerdeführer habe schließlich eine Ausbildung zum Elektrobetriebstechniker absolviert und suche mit Unterstützung des Arbeitsmarktservice eine Stelle als Haustechniker oder Hilfsarbeiter.

Anspruch auf Arbeitslosengeld habe eine Person nur dann, wenn sie ua. arbeitswillig sei. Nach mehrmaliger Arbeitsverweigerung, die jeweils einen Leistungsausschluss nach § 10 AlVG nach sich gezogen habe, sei davon auszugehen, dass Arbeitswilligkeit nicht vorliege. Im April 2011 sei die erste Ausschlussfrist verhängt worden, nachdem der Beschwerdeführer eine zumutbare Beschäftigung als Helfer bei SÖB C nicht angenommen habe; die dazu erhobene Berufung sei am 31. Mai 2011 negativ entschieden worden.

Im Juli 2011 habe eine zweite Ausschlussfrist verhängt werden müssen, weil der Beschwerdeführer neuerlich die zumutbare Beschäftigung als Helfer bei SÖB C nicht angenommen habe; die dazu erhobene Berufung sei am 7. November 2011 negativ entschieden worden.

Am 12. September 2011 sei der Beschwerdeführer bei einer persönlichen Vorsprache niederschriftlich darüber informiert worden, dass bei neuerlicher Verhängung einer Ausschlussfrist die Arbeitswilligkeit anzuzweifeln sei und der Leistungsbezug eingestellt werde.

Im September 2011 habe der Beschwerdeführer eine zumutbare Beschäftigung als Zimmerer- und Maurerhelfer bei H nicht angenommen; daher habe die dritte Ausschlussfrist verhängt werden müssen; die dagegen erhobene Berufung sei am 14. Dezember 2011 negativ entschieden worden. Der Einwand, dass noch offene Verfahren über die Ausschlussverhängung anhängig seien, gehe daher ins Leere.

Es lägen drei Sanktionen gemäß § 10 AlVG innerhalb eines Jahres vor, sodass davon auszugehen sei, dass Arbeitswilligkeit nicht vorliege. Nur durch Aufnahme einer nachhaltigen Beschäftigung könne bewiesen werden, dass der Beschwerdeführer arbeitswillig sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Wenn ein Arbeitsloser eine zumutbare Beschäftigung iSd § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe. Voraussetzung für die Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 24 Abs. 1 AlVG iVm § 38 AlVG ist jedoch im hier gegebenen Zusammenhang die generelle Ablehnung der Annahme einer zumutbaren, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, Zl. 2011/08/0337, mwN).

Wenn aber die binnen kurzer Zeit wiederholte Erfüllung des Tatbestandes des § 9 AlVG zu temporären Verlusten der Notstandshilfe iSd § 10 AlVG geführt hat, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aus dem Verhalten des Beschwerdeführers geschlossen hat, dass bei ihm eine generelle Ablehnung der Annahme zumutbarer Beschäftigungen vorliegt und es damit auf Dauer an der Arbeitswilligkeit mangelt. Lässt der Arbeitslose erkennen, dass er über einen längeren Zeitraum hinweg keine neue Arbeit anzunehmen gewillt ist, dann steht er der Arbeitsvermittlung in Wahrheit nicht zur Verfügung (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, mwN).

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, Voraussetzung für die Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit sei die generelle Ablehnung der Annahme einer zumutbaren, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung. Dies sei im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, die Ablehnung der angebotenen Beschäftigung bei H sei zu Recht erfolgt und sei Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 2012/08/0070. Es sei daher noch ein Verfahren über die Ausschlussverhängung anhängig. Die belangte Behörde hätte mangels rechtskräftiger Feststellung der Ausschlussvoraussetzungen den erstinstanzlichen Bescheid nicht bestätigen, sondern vielmehr der Berufung Folge geben müssen. Die verfassungsrechtlich gebotene Durchsetzbarkeit des Anspruches auf Arbeitslosigkeit sichere § 47 zweiter Satz AlVG, der die Erlassung eines Bescheides vorsehe, wenn der Anspruch nicht (vollständig) anerkannt werde. Die Vorgangsweise der belangten Behörde erscheine klar rechtswidrig, wenn dem Beschwerdeführer der Bezug der Notstandshilfe verweigert werde, noch bevor rechtskräftig entschieden sei, ob tatsächlich die Ausschlussfristen gemäß § 10 AlVG rechtmäßig verhängt worden seien. Die Vorgangsweise widerstreite auch der verfassungsrechtlich gebotenen Effizienz des Rechtsschutzes.

3. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2012/08/0070, die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 2011, mit welchem der Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe im Zeitraum 13. September bis 7. November 2011 wegen Verweigerung der Arbeitsaufnahme bei H ausgesprochen worden war, als unbegründet abgewiesen wurde.

Es war aber bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides die Entscheidung über diese "dritte Ausschlussfrist" - mit der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 14. Dezember 2011 - rechtskräftig. Im Übrigen hätten die Verwaltungsbehörden die Vereitelungshandlung des Beschwerdeführers vom September 2011 auch von vornherein dafür zum Anlass nehmen können, keinen temporären Verlust des Anspruches nach § 10 AlVG, sondern unmittelbar darauf gestützt die Einstellung des Bezuges der Notstandshilfe auszusprechen (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. Juli 2012

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