VwGH 2011/15/0104

VwGH2011/15/010425.7.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des R H in R, vertreten durch die Heinlein & Partner Steuerberater GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 5/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 8. April 2011, Zl. RV/1325-W/10, betreffend u.a. Einkommensteuer 2006 bis 2008, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Journalist, der in den Streitjahren als Kommunikationsleiter der P AG nichtselbständig tätig war, machte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagungen 2006 bis 2008 u. a. Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer sowie das Pendlerpauschale für eine einfache Wegstrecke ab 20 Kilometer geltend.

Das Finanzamt führte ein Vorhalteverfahren durch und erließ im Anschluss daran Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008, in denen u.a. die Aufwendungen für das Arbeitszimmer und das Pendlerpauschale nicht berücksichtigt wurden.

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers berief gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2008 und führte in der Berufung aus:

"Unsere Berufung richtet sich gegen die Nichtanerkennung von Werbungskosten wie folgt:

1. Arbeitszimmer

Die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer setzt nach den Lohnsteuerrichtlinien RZ 324 § 16 (aus 2002 in der derzeit geltenden Fassung) voraus, dass die Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen dieses unbedingt notwendig macht und dass der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird.

Die Notwendigkeit ist kein Wesensmerkmal des Werbungskostenbegriffes, es handelt sich um ein Merkmal für die Anerkennung. Es gilt zu beurteilen, wo der Mittelpunkt der Tätigkeit gelegen ist. Im Zweifel ist darauf abzustellen, dass das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benutzt wird.

In der Beilage legen wir eine Skizze des Arbeitszimmers unseres Mandanten bei. Gleichzeitig wird das Schreiben der (P AG) beigelegt, aus dem auch ersichtlich ist, dass die Tätigkeit überwiegend von zu Hause aus zu erledigen ist, da aufgrund des Gesundheitsbildes (Krebserkrankung) die Tätigkeit von anderer Stelle unzumutbar erscheint und somit auch die Aufwendungen für das Arbeitszimmer eindeutig im Sinne des Werbungskostenbegriffes als Aufwendungen oder als Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen zu werten sind.

Die Krankheitsgeschichte unseres Mandanten wurde Ihnen bereits per e-mail zugesandt. Ergänzungshalber wird sie noch einmal kurz wiedergegeben:

1999 Auftreten des Nierentumors, Operation - eine Niere entfernt

1999 Auftreten von Metastasen in der Leber

1999 Behandlung mit Immun-Therapien

2000 Operation um festzustellen um welche Metastasen es sich handelt

2000 weitere Immuntherapien, 9 Wochen im Spital, Behandlung mit

dem ehemaligen Conteran-Mittel

2001 eine Metastase im Schädel - Operation

danach Bestrahlung, Therapien um wieder Essen zu lernen, Sprechtraining, Physiotherapien, Psychotherapien, Osteopatische Behandlungen, Medikamenten, die oft die Krankenkasse nicht bezahlt anschließend noch zahlreiche Therapien um die Nachwirkungen zu minimieren.

In Beachtung des Begriffes im Sinne des § 16 sowie unter der Berücksichtigung der Richtlinien sind die geltend gemachten Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Werbungskosten zu qualifizieren.

2. Pendlerpauschale

Das Büro des Unternehmens, wo (der Beschwerdeführer) für kurzfristige Innendienste (administrative Tätigkeiten ca. einmal in der Woche) tätig war, befand sich in (…). Für die übrigen Tätigkeiten, die vom eigenen Arbeitszimmer (diverse Meetings) ausgegangen sind, ist ebenso das Pendlerpauschale anzusetzen, vgl. RZ 263 a und folgende zu den Lohnsteuerrichtlinien (§ 16)."

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, in der es die Auffassung vertrat, dass der Mittelpunkt (Schwerpunkt) der Tätigkeit eines Kommunikationsleiters jedenfalls außerhalb seines Arbeitszimmers liege.

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte in einer Ergänzung zum Vorlageantrag aus:

"Arbeitszimmer

Gemäß § 16 Abs 1 EStG sind Werbungskosten Kosten zur Aufwendung, zur Erwerbung, Sicherung oder Einhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Werbungsart abzuziehen bei der sie erwachsen sind. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.11.2000, Zahl 99/14/0008 ist der Mittelpunkt der Tätigkeit nach materiellem Schwerpunkt zu beurteilen. Bei Zweifeln, ob eine Tätigkeit berufsbildbezogen schwerpunktmäßig innerhalb oder außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird, ist im Sinne der Ansicht des VWGH darauf abzustellen ob die Tätigkeit notwendigerweise zu mehr als der Hälfte im Arbeitszimmer ausgeübt wird.

Wir beziehen uns auch diesbezüglich auf die Darstellung in der Berufung vom 20. November 2009 und legen zur weiteren Dokumentation und Erhärtung der Notwendigkeit die Aufzeichnungen über die Heimarbeit unseres Mandanten bei. Gleichzeitig legen wir eine zusätzliche Begründung unseres Mandanten bei (Beil/1).

Die Heranziehung der Beschreibung der Haupttätigkeit unseres Mandanten durch Computerprogramme wie WIKIPEDIA erscheint uns für die Beurteilung des Werbungskostenbegriffes die Notwendigkeit eines beruflich bedingten Arbeitszimmers als nicht zielführend, da die Tätigkeit unseres Mandanten damit nicht wiedergegeben werden kann.

Tatsächlich beläuft sich die Arbeitszeit unseres Mandanten auf 10%-ige Anwesenheit im Büro des Arbeitgebers, 60% der Tätigkeit werden im seinem Arbeitszimmer verrichtet und der Rest beläuft sich auf Auswärtstermine, wie Pflege der Beziehungen zu Journalisten und andere den Tätigkeitsbereich umfassende Agenda.

Die Notwendigkeit iSd § 16 EStG wird insbesondere durch die beiliegende Bescheinigung des Vorstandsmitglieds der (P AG) erhärtet. Ohne eigenes Arbeitszimmer wäre unser Mandant weder in der Lage diese Tätigkeit auszuüben, noch hätte er die Beschäftigung angenommen.

Behinderung

Grundsätzlich verweisen wir auf unsere Berufung vom 20. November 2009. Ergänzend legen wir Befunde für unseren Mandanten bei woraus die behauptete und dargestellte Erkrankung nachzuvollziehen ist (Beil./2).

Bezüglich der Behinderung sind Pauschfreibeträge im Sinne des § 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 35 EStG 1988 tatsächlich anzuwenden, da Bescheinigungen vorliegen. Wir legen dazu die Schreiben des Bundessozialamts vom 10.1.2007, 25. Oktober 2006 und 31. Juli 2003 bei. Weiters wird eine Bestätigung über das Erfordernis einer aufwändigen Leberschonkost beigelegt.

Pendlerpauschale

hiezu verweisen wir auf unsere Ausführungen in der Berufung vom 20. November 2009."

Laut angefochtenem Bescheid war der Ergänzung zum Vorlageantrag folgende zusätzliche Begründung betreffend "Die Notwendigkeit eines Arbeitszimmer für Herrn (Beschwerdeführer)" beigelegt:

"Herr (Beschwerdeführer) ist im Jahre 2000 an Nierenkrebs erkrankt. Es wurde ihm eine Niere entfernt, in Folge sind die Metastasen in Leber (2001) und im Gehirn (2002) aufgetreten. Er befindet sich unter ständiger ärztlichen Kontrolle. Er bekommt Medikamente und verschiedene Behandlungen. Auf Grund der Krankheitsgeschichte wurde ihm eine 100% Behinderung vom Sozialamt, Landesstelle Niederösterreich beschieden. Der Grad der Behinderung wurde im Jahr 2007 auf 60% runtergestuft, da sich der gesundheitliche Status von Herrn (Beschwerdeführer) stabilisierte. Im Jahre 2008 sind Metastasen in den Knochen aufgetreten und Ende 2009 verschlechterten sich seine Blutwerte. Es ist zu erwarten, dass der Behinderungsgrad auf Grund dieser Tatsachen wieder hinaufgestuft wird.

Herr (Beschwerdeführer) wollte trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands in seinem Beruf arbeiten. Auf Grund von seiner beruflichen Qualifikationen wurde Herr (Beschwerdeführer) von dem Vorstandsmitglied der (P AG, …) angesprochen und ihm die Leitung der Kommunikation des Unternehmens angeboten. Das Arbeitsverhältnis begann am 1.07.2004. Dort wurde vereinbart, dass er trotz des Behindertenstatus seine Profession anbringen kann. Es wurden besondere Konditionen fixiert. Dazu hat es gehört, dass Herr (Beschwerdeführer) hauptsächlich von seinem Heimarbeitsplatz die Aufgaben für (P AG) erledigen wird. Die Situation von Herrn (Beschwerdeführer) auf Grund von post-operativen Schwierigkeiten und die Beigabe von Krebsmedikamenten wurden von den Vorständen zur Kenntnis genommen und akzeptiert (siehe Bestätigung von (P AG) Vorstand (…)). Zusätzlich wurde eine Abmachung getroffen, dass Tätigkeiten, die eigentlich der Leiter einer - Kommunikationsabteilung durchführen sollte z.B. das Verfassen von Reden oder die Erstellung eines Geschäftsberichtes, ausgeschlossen wurden (post-operative Legasthenie). Dadurch wurde Herrn (Beschwerdeführer) die Möglichkeit geschaffen von zu Hause die Arbeit auszuführen unter Berücksichtigung von seiner täglichen gesundheitlichen Verfassung.

Deswegen kann es in diesem Zusammenhang von einem freiwilligen Verzicht auf die Nutzung eines Arbeitsplatzes beim Arbeitgeber keine Rede sein. Das Arbeitszimmer stellt die Notwendigkeit dar, damit Herr (Beschwerdeführer) seiner Arbeit nachgehen kann. Es wäre sonst für ihn ausgeschlossen regelmäßig in die Firma zu fahren und die Arbeit vor Ort zu verrichten. Sollte bei der Anstellung das Teleworking nicht der Bestandteil der Vereinbarung gewesen sein, wäre Herrn (Beschwerdeführer) nicht möglich dieses Arbeitsverhältnis einzugehen.

Die Büro-Termine und Auswärtstermine wurden zumeist kurz gehalten, da Herr (Beschwerdeführer) längere Arbeitsphasen durch Pausen unterbrechen muss. Auf Grund dessen, dass die meiste Arbeit von zu Hause erledigt wurde (Vorbereitungen zu Gesprächen, Kommunikations-Pläne, Events-Konzepte) konnte Herr (Beschwerdeführer) sein Job zur Zufriedenheit des Arbeitsgebers durch viele Jahre erledigen. Dienstzeugnis kann beigebracht werden.

Seit Jahren erhält Herr (Beschwerdeführer) aufwendige Medikation und Behandlungen (Physiotherapie, Psychotherapie) um seine Krankheit zu überwinden. Deswegen hat er mit wesentlichem finanziellen Aufwand und mit der Zustimmung seines Auftraggebers das Arbeitszimmer errichtet, um sich ins Arbeitsleben zu integrieren.

Bezüglich der Pendlerpauschale wurde schon mitgeteilt, dass der Arbeitgeber (P AG) den Arbeitsstandort verändert hat, um zwar von 9-ten Bezirk in den 2-ten Bezirk.

Die Aufstellung der Arbeitstunden von Jahr 2006 für Monate Januar bis März beweist, dass das Arbeitszimmer errichtet im Haus von Herrn (Beschwerdeführer), den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildet. Nur ein geringer Teil der Arbeitszeit wurde vereinbarungsgemäß im Büro am flexiblem Arbeitsplatz verrichtet.

Die Auswärtstermine mit Journalisten und Agenturen, wie in der Aufstellung ersichtlich, belegen die Richtigkeit der Pendlerpauschale Anspruches. Mehrere Auswärtstermine (manchmal am gleichen Tag) und Notwendigkeit von Arbeitspausen sind die Begründung, warum die Pendlerpauschale berücksichtigt sein sollte. Die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist nur theoretisch möglich gewesen. Für viele Termine war es notwendig schwere Unterlagen zu transportieren. Herr (Beschwerdeführer) auf Grund seiner gesundheitlichen Vorgeschichte (Entfernung der Niere, das Legen eines Portacuts und eines Gefrierschnitts zur Abklärung der Lebermetastasen) wäre es unmöglich diese Unterlagen selbst zu tragen (mehrfaches Umsteigen)."

Über Vorhalt der belangten Behörde legte der Beschwerdeführer noch Arbeitsaufzeichnungen betreffend die Streitjahre 2006 bis 2008 vor und er gab die beruflich gefahrenen Kilometer im Streitzeitraum bekannt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als sie bei der Ermittlung der Einkommensteuerbemessungsgrundlagen 2006 bis 2008 nicht das vom Beschwerdeführer begehrte Pendlerpauschale, sondern Kilometergelder für die beruflich zurückgelegten Kilometer des Beschwerdeführers berücksichtigte. Die Aufwendungen für das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer berücksichtigte sie hingegen nicht und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

Der Beschwerdeführer sei Kommunikationsleiter der P AG und habe seinen Aufgabenbereich in Beantwortung eines Fragenvorhaltes des Finanzamtes folgendermaßen dargestellt: Pflege der Beziehungen zu Journalisten, Herstellung von Kontakten zwischen Geschäftsführung und Medien, externe Kommunikation, um der Öffentlichkeit die Arbeit der P AG näher zu bringen, Organisation von Journalistenworkshops und -reisen, Organisation von "Charity-Veranstaltungen" sowie Zusammenarbeit mit Agenturen. Laut Berufung verbringe er 10% seiner Arbeitszeit im Büro dieser Gesellschaft und 60% im häuslichen Arbeitszimmer. Der Rest entfalle auf Auswärtstermine und andere Agenden. Seine Tätigkeit als Kommunikationsleiter erstrecke sich "auf die Herstellung von Kontakten und Organisieren von Veranstaltungen und Beziehungen zu den Journalisten mit organisatorischer Vor- und Nachbereitungsarbeit in Heimarbeit. Im Arbeitszimmer fanden lt. Arbeitsaufzeichnungen keine Gespräche mit Kunden oder Medien statt". Laut den Arbeitsaufzeichnungen werde der Beschwerdeführer zwar überwiegend im häuslichen Arbeitszimmer tätig, "jedoch wurde vom (Beschwerdeführer) selbst die Tätigkeit mit Schwerpunkt nach Außen liegend beschrieben". Das Organisieren von Veranstaltungen im Arbeitszimmer stelle daher nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit dar, auch wenn dafür umfangreiche Vorbereitungs- oder Nachbearbeitungszeiten erforderlich seien. Mittelpunkt der Tätigkeit sei "das Herstellen von Kontakten und Organisieren von Veranstaltungen und unmittelbare Kommunizieren mit Journalisten und Medien, wie auch die Besprechungen mit den Vorständen". Selbst wenn das Arbeitszimmer für Literatur- und Aktenstudium, Konzipieren von Schriftsätzen und Briefing genutzt worden sei, werde damit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht der Mittelpunkt der Tätigkeit als Kommunikationsleiter begründet. Dieser sei nach dem materiellen Schwerpunkt der Tätigkeit zu beurteilen, wobei nur im Zweifel darauf abzustellen sei, "ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird" (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 2006, 2002/13/0202). Das Vorbringen, der Beschwerdeführer werde auf Grund seiner gesundheitlichen Situation und mit Einverständnis des Arbeitgebers im Arbeitszimmer tätig, "hat für die steuerliche Beurteilung der Streitjahre keinen derart maßgebenden Einfluss, um den Tätigkeitsmittelpunkt nach der Verkehrsauffassung und damit nach dem typischen Berufsbild zufolge in das Arbeitszimmer zu verlegen". Hinzu komme, dass dem Beschwerdeführer vom Arbeitgeber ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde. "Dem kommt insoweit Bedeutung zu, als auch nach der Judikatur ab 1996 die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers ein Indiz für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten darstellt, denn im Erkenntnis vom 24.4.2002, Zl. 98/13/0193, hat der VwGH zum Ausdruck gebracht, dass der Meinung, es komme bei der Beurteilung nun nicht mehr darauf an, dass ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband 'notwendig' sein müsse, nicht gefolgt werden könne - das Abstellen auf die Notwendigkeit stelle in Wahrheit eine Prüfung der tatsächlichen betrieblichen oder beruflichen Veranlassung dar (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988 Komm., § 20 Tz 6.1)."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht darauf verletzt, dass die geltend gemachten Ausgaben für das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer und dessen Einrichtung nicht als Werbungskosten anerkannt und geltend gemachte Ausgaben der Heilbehandlung im Zusammenhang mit der Behinderung des Beschwerdeführers nicht als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt berücksichtigt wurden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abziehbar.

Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass das in Rede stehende Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit als Kommunikationsleiter der P AG bilde und überdies auch nicht notwendig sei, weil dem Beschwerdeführer ohnehin ein Arbeitsplatz bei der P AG zur Verfügung stehe.

Für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ihr materieller Schwerpunkt maßgebend; in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, 2008/15/0236, mwN).

Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Mittelpunkt einer Tätigkeit als Kommunikationsleiter nicht im häuslichen Arbeitszimmer liege. Für den Beschwerdefall ist allerdings von Bedeutung, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Öffentlichkeitsarbeit besteht. Dabei soll er Journalisten und anderen Medienvertretern Informationen über das Unternehmen seines Arbeitgebers liefern. Die belangte Behörde verkennt, dass die Kommunikation mit den Medien zu einem wesentlichen Teil über Telefon und Internet stattfindet und somit grundsätzlich auch vom Arbeitszimmer aus hergestellt werden kann. Auch die Organisation einer Veranstaltung, die nicht mit deren Moderation oder einem Vortrag im Rahmen der Veranstaltung gleichzusetzen ist, kann vom Arbeitszimmer aus erfolgen. Das gilt auch für das Erstellen von Presseaussendungen. Solcherart trifft es nicht zu, dass der vom Beschwerdeführer ausgeübten Berufstätigkeit ein materieller Schwerpunkt im Sinne der obenstehenden Ausführungen zukäme. Das hat zur Folge, dass die Bestimmung des Mittelpunktes im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 nach zeitlichen Komponenten zu erfolgen hat.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass das in Rede stehende Arbeitszimmer nicht notwendig sei, hat die belangte Behörde unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen. Sie stützt ihre Feststellung im Wesentlichen darauf, dass dem Beschwerdeführer ohnehin ein Arbeitsplatz bei der P AG zur Verfügung steht. Die Notwendigkeit hängt allerdings von der Gesamtheit der konkreten Umstände des Einzelfalls ab. Im Beschwerdefall ist dabei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgebracht hat, er habe aufgrund seiner Krankheit bzw. Behinderung das Dienstverhältnis mit der P AG nur eingehen und erfüllen können, wenn er die Arbeit zum Großteil von zu Hause als erledigen könne. Mit diesem wesentlichen Vorbringen hat sich die belangte Behörde bei Beurteilung der Frage, ob das in Rede stehende Arbeitszimmer im Streitzeitraum notwendig war, nicht auseinandergesetzt.

Soweit die Beschwerde rügt, dass "Ausgaben der Heilbehandlung im Zusammenhang mit der Behinderung des Beschwerdeführers" nicht als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt berücksichtigt wurden, ist ihr zu entgegnen, dass die besagten Aufwendungen vom Finanzamt als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt beurteilt wurden, die mit der Behinderung nicht in Zusammenhang stehen. Dieser Punkt war nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens und stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. Juli 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte