VwGH 2011/12/0171

VwGH2011/12/017122.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des AG in I, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen den Bescheid der Bundesministerin (nunmehr: des Bundesministers) für Wissenschaft und Forschung vom 8. November 2010, Zl. BMWF-450.069/0001- I/VPU/2010, betreffend Feststellungen i. A. Weisung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §56;
BDG 1979 §44 idF 1999/I/010;
BDG 1979 §44;
B-VG Art20 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §52;
AVG §56;
BDG 1979 §44 idF 1999/I/010;
BDG 1979 §44;
B-VG Art20 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 1. Mai 1994 in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und steht an der Universitätsklinik für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) als Universitätsdozent in Verwendung.

Anlässlich der Visite in der Kinderstation der Klinik durch den Leiter der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck am 7. Oktober 2009 erteilte dieser dem Beschwerdeführer mündlich die Weisung, die laut Operationsplan vom 7. Oktober 2009 für 8:15 Uhr beginnend angesetzte Operation am Patienten K. auszuführen. Der Beschwerdeführer brachte im Hinblick auf seine an diesem Tag für 8:00 - 10:15 Uhr und 13:05 - 13:50 Uhr angesetzten Lehrveranstaltungen Bedenken gegen die erteilte Weisung dahingehend vor, dass die angeordnete - ausgedehnte - Tumoroperation nicht mit einer Zeitvorgabe zwischen zwei Lehrveranstaltungen durchgeführt werden könne.

Der Leiter der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck erteilte daraufhin am 7. Oktober 2009 um 8:28 Uhr nachstehende schriftliche Weisung:

"Sehr geehrter Beschwerdeführer,

Sie hatten eben im Gespräch mit mir meine Anweisung, den Patienten K., geb. 31.08.1941, wie auf den OP-Plan heute ausgeführt, verweigert. Hiermit weise ich sie nochmals schriftlich an, den oben genannten Eingriff gemäß dem OP-Plan vom 7.10.2009 im Anschluss an Ihre Praktikumsveranstaltung von 8.00 - 10.15 Uhr durchzuführen. Ihre heutige Vorlesung von 13.05 Uhr bis 13.50 Uhr wird durch einen Vertreter durchgeführt, der von mir noch benannt wird."

Mit Eingabe seiner rechtsfreundlichen Vertretung vom 7. Oktober 2009 an das Amt der Medizinischen Universität Innsbruck beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Untragbarkeit einer derartigen Vorgangsweise eines Klinikleiters aufgrund der diesem zukommenden organisatorischen Verpflichtungen bzw. aufgrund patientenbezogener Umstände und der durch derartige Organisationsdefizite bewusst oder unbewusst geschaffenen Risikosituation durch unnötige Belastung des Operateurs vor einem zeitlich nicht abschätzbaren großen Tumoreingriff, die bescheidmäßige Feststellung

"dass die dem Beschwerdeführer am 7. Oktober 2009 unmittelbar vor Beginn der OP am 7. Oktober 2009, 8:15 Uhr, im Sinne des erst am 7. Oktober 2009 erstellten OP-Plans, erteilte Weisung, diese OP als verantwortlicher Operateur im Anschluss an die Praktikumsveranstaltung am 7. Oktober 2009 von 8:00 bis 10:15 Uhr und das von dieser Weisung erfasste Verhalten unter den konkreten Umständen nicht zum Pflichtenkreis des Antragstellers gehört und jedwede Verpflichtung desselben durch im Dienstrecht normierte subjektive Rechte des Antragstellers aufgehoben ist bzw. die gegenständliche Weisung an sich nichtig und rechtswidrig ist."

Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass seine aus dem Dienstrecht resultierenden Rechte berührt würden und Klarheit zu schaffen sei, ob er durch die erteilte Weisung in einem sich aus dem Dienstrecht ergebenden Recht verletzt worden sei. Der Weisung liege unzulässige Willkür zugrunde und stelle vermutlich einen weiteren Schritt des Vorgesetzten gegen einen Kritiker dar, um diesen durch Konfrontation mit zeitkritischen OP-Aufträgen, die gerade bei großen Tumoreingriffen einer entsprechenden und ruhigen Vorbereitung bedürfen, in eine fehlerträchtige Situation zu drängen, die bei umsichtiger Planung von Eingriffen nicht entstehen dürfe. Es könne als bekannt vorausgesetzt werden, dass dem Beschwerdeführer vom Leiter der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck mehrfach Weisungen erteilt worden seien, deren Zielsetzung überprüfenswert erscheine.

Mit Eingabe vom 11. Mai 2010 begehrte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung aufgrund der Nichterledigung seines Feststellungsbegehrens vom 7. Oktober 2009 durch das Amt der Medizinischen Universität Innsbruck als Dienstbehörde erster Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde wie folgt ab:

"Festgestellt wird, dass die Weisung vom 7. Oktober 2009 auf Durchführung des im OP-Plan vom selben Tag bezüglich des Patienten K. genannten Eingriffs im Anschluss an Ihre Praktikumsveranstaltung von 8.00 - 10.15 Uhr, zu befolgen war und die Befolgung dieser Weisung zu Ihren Dienstpflichten zählt."

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Feststellungsbegehren im Zusammenhang mit Weisungen (Dienstaufträgen) aus:

"Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 hat der Universitätsdozent, wie der Beamte im allgemeinen, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach § 155 Abs. 5 iVm § 172 Abs. 1 Z 5 BDG 1979 hat ein Universitätsdozent als Teil seiner besonderen Aufgaben auch an der Erfüllung jener Aufgaben mitzuwirken, die den Universitätseinrichtungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Untersuchung und Behandlung von Menschen obliegen (§ 29 Abs. 4 Z 1 des Universitätsgesetzes 2002).

Die Teilnahme am Operationsprogramm des Klinischen Bereiches der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde zählt daher zu Ihren Dienstpflichten.

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Universitätsdozent als Beamter seine Vorgesetzten zu unterstützen und Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist. Nach Absatz 2 leg. cit. kann die Befolgung einer Weisung abgelehnt werden, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Wird die Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig gehalten so sind die entsprechenden Bedenken, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor der Befolgung der Weisung dem Vorgesetzten mitzuteilen. Dieser hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt (§ 44 Abs. 3 leg. cit.).

Die Vorgesetzteneigenschaft des Leiters der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde im obgenannten Sinn steht, auch durch sie unbestritten, fest.

Die verfahrensgegenständliche Weisung, die sich auf eine Tätigkeit im Klinischen Bereich der Universitätsklinik bezieht, ist auf die Konkretisierung ihrer dienstlichen Aufgaben nach Maßgabe der im Sinne des § 172 Abs. 2 und 3 BDG 1979 vorzunehmenden Einteilung ihrer dienstlichen Verwendung gerichtet. Inhaltlich wird damit die Durchführung einer bestimmten Operation, nämlich einer perkutanen, endoskopischen Gastrostomie (PEG), sowie einer Zungentumorresektion rechtsseitig, mittels eines Laserskalpells (KTP-Laser), eine Tracheotomie, ND, aufgetragen. Ursprünglich hätte diese Operation um 8.15 Uhr stattfinden sollen. Aufgrund Ihrer Remonstration wurde der Operationsbeginn auf nach Ihrer Praktikumsveranstaltung von 8.00 - 10.15 Uhr mittels der besagten schriftlichen Weisung verschoben.

Auf diese Weisung richtet sich der verfahrensgegenständliche

Feststellungsantrag.

(…)

Aufgrund des Umstandes, dass zur Klärung der von Ihnen aufgeworfenen Fragen, abseits eines allfälligen aus der Nichtbefolgung der Ihnen gegenüber erteilten Weisung resultierenden Disziplinarverfahrens nicht zur Verfügung steht und die Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Weisung klarstellende Wirkung auch für Ihre künftige Verwendung hat, ist ein entsprechendes Feststellungsinteresse zu bejahen.

Nach Ihrem Antragsvorbringen halten Sie die Weisung sowohl für nichtig als auch rechtswidrig. In diesem Sinne machen Sie einerseits geltend nicht deren Befolgung verpflichtet gewesen zu sein, andererseits dass die Weisung zudem auch 'schlicht' rechtswidrig wäre.

Gleich vorweg sind der Weisungserteilung entgegenstehende verfassungsgesetzliche Stimmungen (wohl gemeint: Bestimmungen) im Sinn des § 44 Abs. 1 BDG 1979 im konkreten Zusammenhang nicht festzustellen. Nach § 44 BDG 1979 (im Verständnis des Art 20 Abs. 1 B-VG) - die durch Sie unverzüglich erfolgte Remonstration im Sinne des § 44 Abs. 3 BDG 1979 liegt unzweifelhaft vor - ist die Befolgung einer Weisung dann abzulehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

Eine Unzuständigkeit des weisungserteilenden Organs (des Leiters der in Rede stehenden Klinik) scheidet, wie bereits ausgeführt, aus. Sie selbst bringen zwar in der Begründung ihres Antrages vom 7. Oktober 2009 und in jener Ihres Devolutionsantrages vom 11. Mai 2010 vor, dass Sie die Weisung, wegen Ihrer für Sie überraschenden Erteilung, im Hinblick auf das damit vermutet intendierte Maßregeln eines Kritikers, für willkürlich hielten.

So sei damit versucht worden, durch die Konfrontation mit zeitkritischen Operationsaufträgen, die gerade bei großen Tumoreingriffen einer entsprechenden ruhigen Vorbereitung bedürften, Sie in eine fehlerträchtige Situation zu drängen, die bei umsichtiger Planung von Eingriffen nicht entstehen dürfe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass allein die Umgestaltung der im Operationsplan vorgenommenen Diensteinteilung am Beginn des betreffenden Operationstages nicht ausreicht, um die Willkürlichkeit einer derartigen Maßnahme anzunehmen. Im Rahmen des Direktionsrechts als Klinikleiter steht es Ihrem Vorgesetzten grundsätzlich zu, auch kurzfristige Änderungen der Operationsplanung, nach Maßgabe der erforderlichen Tätigkeiten und der Fachfertigkeiten der einzusetzenden Ärzte, vorzunehmen. Dass Sie zur Durchführung gerade der beauftragten Operation nicht befähigt gewesen wären, haben Sie nicht eingewandt. Es mag zwar, abseits von Notfallsituationen, der üblichen Vorgangsweise widersprechen, ein Operationsprogramm, kurzfristig umzustellen, ein solches Vorgehen ist aber per se nicht unzulässig.

Ferner haben Sie die Ihrem Vorgesetzten mitgeteilten Bedenken, allein auf den Umstand, dass Ihnen möglicherweise durch das Ansetzen der Operation zwischen zwei Lehrveranstaltungen, die Sie an diesem Tag zu verrichten gehabt hätten, nicht die erforderliche Operationszeit zur Verfügung gestanden hätte, gestützt. Diesem Umstand wurde aber in der schriftlichen Wiederholung der Weisung durch Ihren Dienstvorgesetzten Rechnung getragen.

Somit lässt das Gesamtbild des Verhaltens Ihres Dienstvorgesetzten, der weder seine dienstrechtliche Stellung Ihnen gegenüber, noch seine diesbezüglichen Kompetenzen, gesetzesfern verkannt hat, auf die Willkürlichkeit der Weisungserteilung schließen. Auch der Vorwurf unzulässiger Subjektivität ist aus der unsubstantiierten Behauptung, die Art der Anordnung der Operation, solle einen 'Kritiker' in gefährdende Situationen drängen, angesichts des Eingehens auf den Inhalt der Remonstration, nicht zu gewinnen (z.B. VwGH vom 23. Oktober 2002, Zl. 2001/12/0057).

Ferner bestünde ein Recht auf Verweigerung des Gehorsams, wenn die Befolgung der Weisung gegen strafgesetzliche Vorschriften stoßen würde. Gerade im Bereich der durch einen Arzt vorzunehmenden Heileingriffe wäre ein derartiger Verstoß dann denkbar, wenn die Befolgung einer Weisung in der Art ihrer Anordnung, die nachteilige Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Patienten zufolge haben könnte. Eine solche mögliche Beeinträchtigung würde zum Beispiel bei Vorliegen einer mit den Regeln der Ärztlichen Kunst nicht übereinstimmenden Weisung anzunehmen sein.

Sie bringen vor, dass Sie durch die überraschende Planung der Operation, die Befürchtung in eine fehlerträchtige Situation gedrängt zu werden hegen. Abgesehen davon, dass Sie diesen Einwand nach Ihren eigenen Ausführungen nicht zum Gegenstand Ihrer Remonstration gemacht haben, bleibt offen, worin Sie die Fehlerträchtigkeit erkennen wollen. Weder werden die anbefohlenen Behandlungsmethoden in Zweifel gezogen noch sonstige, zum Beispiel in Ihrer Person gelegenen Gründe, wie das Vorliegen einer Übermüdung oder das Fehlen fachlicher Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten hinsichtlich des als kompliziert, langwierig oder risikoreich definierten Eingriffs moniert. Generell muss es einem in ärztlicher Verwendung stehenden Universitätslehrers, entsprechend seines Ausbildungsgrades, möglich und zuzumuten sein, Standardeingriffe, auch längerwieriger Natur, auch bei zum Operationstermin zeitnaher Diensteinteilung, vorzunehmen.

Insbesondere darauf, dass aufgrund Ihrer Remonstration sowohl der Beginn des Operationszeitpunktes als auch die dafür zur Verfügung stehende Zeit in Ihrem Sinn modifiziert wurde, lässt im Zusammenhalt mit Ihren Ausführungen, den Rückschluss auf eine durch die Weisung drohende strafgesetzliche Verfolgung nicht zu.

Insgesamt lässt sich daher ein die Gehorsamspflicht nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 ausschließender Tatbestand nicht feststellen.

Was die darüber hinaus gerügte 'schlichte' Rechtswidrigkeit anbelangt, bleibt offen, in welchen subjektiven, Ihnen als Beamten zustehenden Recht, Sie durch die Weisung verletzt sein sollen. Wie bereits dargestellt, ist der Klinikleiter zur Gestaltung des Operationsplanes und zur Konkretisierung Ihrer dienstlichen Aufgaben auch im Klinischen Bereich grundsätzlich berufen. Sowohl die angeordnete Operation als auch die dabei durchzuführenden Tätigkeiten finden im Kanon Ihrer Dienstpflichten als in ärztlicher Verwendung stehender Universitätsdozent Deckung.

Zwar ist die Anwesenheit eines Universitätsdozenten gem. § 172 Abs. 2 DBG 1979 im Voraus und einvernehmlich mit seinem (unmittelbaren) Dienstvorgesetzten einzuteilen, dass Sie am Tag der Weisungserteilung (abseits eines allfälligen Journal- oder Bereitschaftsdienstes) nicht hätten anwesend sein müssen, haben Sie nicht eingewandt. Ein subjektives Recht auf die Ausübung nur vordeterminierter dienstlicher Aufgaben, verleiht diese Bestimmung, jedenfalls nicht. Das Recht (und die Pflicht) des bzw. der Dienstvorgesetzten zur weisungsförmigen Gestaltung des Dienstbetriebes bleibt dadurch unbeeinträchtigt. Somit lässt sich auch eine sonstige Verletzung Ihrer subjektiven Beamtenrechte durch die inkriminierte Weisung nicht feststellen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welche er mit einer bereits ausgeführten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verband.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 20. September 2011, B 1752/10-9, ab und trat sie unter einem an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage:

§ 44 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 10/1999 lautet:

"Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44 (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzen aus einen anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor der Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt."

Aufgrund der 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130/2003, hat § 155 Abs. 5 BDG seit 1. Jänner 2004 (vgl. § 284 Abs. 52 Z. 5 BDG) folgenden Wortlaut:

"Universitätslehrer, die an der Medizinischen Universität in ärztlicher (§§ 2 und 3 des Ärztegesetztes 1998, BGBl. I Nr. 169) oder zahnärztlicher (§§ 16 und 17 des Ärztegesetzes 1998) Verwendung stehen, haben außerdem an der Erfüllung der Aufgaben mitzuwirken, die den Universitätseinrichtungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Untersuchung und Behandlung von Menschen obliegen (§ 29 Abs. 4 Z 1 des Universitätsgesetzes 2002)."

II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:

Der Beschwerdeführer vertritt - zusammengefasst - die Ansicht, die belangte Behörde habe die Weisung vom 7. Oktober 2009 nicht vor dem Hintergrund des ihr bekannten Gesamtsachverhaltes beurteilt, sondern in unzulässiger Weise einschränkend und aus dem Zusammenhang gerissen. Die kurzfristige Operationsanordnung ohne entsprechende Vorbereitungszeit des Beschwerdeführers - für die keine Notwendigkeit bestanden habe - missachte Patienteninteressen und lasse vermuten, einen Kritiker des Vorgesetzten in eine zeitkritische und damit fehlerträchtige Situation zu manövrieren. Die Weisung sei im Rahmen unzulässiger Willkür wegen bestehender offenkundiger Befangenheit des unmittelbaren Vorgesetzten und rechtswidriger Überschreitung der Entscheidungspflicht des Rektors der MUI als Leiter des Amtes der Universität ausgeübt worden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2011, Zl. 2010/12/0150, mwN).

Aus dem im Beschwerdefall unstrittigen Charakter der Operationsanordnung vom 7. Oktober 2009 als Dienstauftrag (Weisung) folgt, dass in Bezug auf diese Weisung die allgemein im Zusammenhang mit Weisungen zulässigen Feststellungsbescheide, nämlich betreffend die (fehlende) Befolgungspflicht (Wirksamkeit) derselben bzw. betreffend ihre Unrechtmäßigkeit infolge Verletzung subjektiver Rechte zulässig sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 2008, Zl. 2007/12/0199, und vom 1. März 2012, Zl. 2011/12/0104, mwN). Die Zulässigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides wurde von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Übrigen nicht in Zweifel gezogen.

Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens kann einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, das heißt ob er verpflichtet ist, diese Weisung zu befolgen. Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung ist danach zu verneinen, wenn einer der in Art 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliegt, wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt wurde oder wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt. Andererseits kann Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die "schlichte" Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zur ihrer Befolgung nicht berührt; ein Recht auf eine solche bescheidförmige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht jedoch bloß dann, wenn durch einen Dienstauftrag die Rechtsspähre des Beamten berührt wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. September 2011, Zl. 2010/12/0184, mwN).

Auszugehen ist davon, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren sowohl die Feststellung der "schlichten" Rechtswidrigkeit der beschwerdegegenständlichen Weisung vom 7. Oktober 2009 als auch die "Klarstellung" begehrte, dass die Befolgung der Weisung nicht zu seinen Dienstpflichten als Universitätsdozent gezählt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde ausschließlich über das Feststellungsbegehren, dass die gegenständlichen Weisung zu befolgen war bzw. - was nach der Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2011, Zl. 2010/12/0157) identisch ist - darüber ab, dass die Befolgung dieser Weisung zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers zähle. Ein gleichfalls begehrter Abspruch über die behauptete Rechtswidrigkeit der Weisung (im Verständnis einer Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers) erfolgte im - für den normativen Gehalt des Bescheides allein maßgeblichen - Spruch des angefochtenen Bescheides nicht. Dies wird im fortzusetzenden Verfahren aber nachzutragen sein.

Gegenstand der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ist hier ausschließlich die Frage, ob der Beschwerdeführer verpflichtet war, der gegenständlichen Weisung betreffend der Operationsanordnung vom 7. Oktober 2009 Folge zu leisten oder nicht, also die Frage, ob sie rechtswirksam erteilt wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Weisung rechtsunwirksam, weshalb auch die Pflicht zu ihrer Befolgung entfällt, wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2007, Zl. 2007/12/0022, vom 17. Oktober 2008, Zl. 2007/12/0049, mwN).

Darüber, welche Umstände vorliegen müssen, um Willkür anzulasten, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden. Ein willkürliches Verhalten liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes u.a. in der gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 10. März 2009, Zl. 2008/12/0066, und vom 1. März 2012, Zl. 2011/12/0104, mwN). Entsprechendes gilt in Ansehung der Prüfung einer Weisung auf "Willkürlichkeit" (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 2011, Zl. 2010/12/0157, und 23. November 2011, Zl. 2010/12/0009).

Zu prüfen war im beschwerdegegenständlichen Fall also, ob die Weisung des Leiters der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck vom 7. Oktober 2009 willkürlich erteilt wurde, weil nur dies die Befolgungspflicht (Rechtswirksamkeit) der erteilten Weisung berühren würde.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer - wie schon im Verwaltungsverfahren - geltend, dass die Weisung u. a. deshalb willkürlich sei, weil die ihm eingeräumte Vorbereitungszeit auf die Operation von nur 15 Minuten zu kurz gewesen sei. In diesem Zusammenhang hatte er im Verwaltungsverfahren bereits vorgebracht, dass gerade große Tumoreingriffe einer entsprechenden und ruhigen Vorbereitung bedürften, widrigenfalls der Operateur in eine "fehlerträchtige Situation" gerate. Überdies sei durch eine "unnötige Belastung des Operateurs" (offenbar gemeint: durch die vorangehende Abhaltung des Praktikums) vor einem zeitlich nicht abschätzbaren großen Tumoreingriff eine "Risikosituation" geschaffen worden.

Eine Weisung, eine Operation zu einem bestimmten Zeitpunkt durchzuführen, könnte dann objektiv "willkürlich" im Sinne der zitierten Judikatur sein, wenn die dem Operateur zur Verfügung stehende Vorbereitungszeit in Bezug auf das konkrete Krankheitsbild und den Zustand des Patienten im Interesse des Patientenwohls und zur Wahrung der Patientenrechte (vgl. § 9a Z 2 und 3 sowie § 15 Abs. 1 lit. b Z 1 Tir KAG) aus medizinischer Sicht unvertretbar kurz erschiene. Gleiches könnte gelten, wenn im Hinblick auf Art und Ausmaß der unmittelbar davor erfolgten dienstlichen Inanspruchnahme des Operateurs die Übertragung der Operation als weitere dienstliche Aufgabe auch unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Schwierigkeit medizinisch nicht vertretbar wäre.

Die belangte Behörde hat sich in diesem Zusammenhang lediglich auf die erstmals im angefochtenen Bescheid getroffene - auf keinen konkreten Beweisergebnissen beruhende - Annahme gestützt, es sei einem Universitätslehrer zumutbar, Standardeingriffe auch längerwieriger Natur selbst bei zum Operationstermin zeitnaher Diensteinteilung durchzuführen. Sie legt aber nicht dar, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer aufgetragenen Operation um einen Standardeingriff handelt, bezeichnet sie doch den Eingriff als kompliziert, langwierig und risikoreich. Zur Vermeidung eines Vorwurfes willkürlicher Weisungserteilung durch den Vorgesetzten wäre die belangte Behörde aber gehalten gewesen, durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens die oben aufgeworfenen medizinischen Fragen in Bezug auf die konkret angeordnete Operation einer Klärung zuzuführen.

Indem sie dies unter Verletzung ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 22. Mai 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte