VwGH 2011/11/0039

VwGH2011/11/003929.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Mag. R O in S, vertreten durch Dr. Petra Patzelt, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Platzl 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 11. Jänner 2011, Zl. UVS-34/11037/5-2010, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs2 Z3 idF 2009/I/093;
FSG 1997 §26 idF 2009/I/093;
FSG 1997 §26;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §99 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs2 Z3 idF 2009/I/093;
FSG 1997 §26 idF 2009/I/093;
FSG 1997 §26;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §99 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus Beschwerde und angefochtenem Bescheid ergibt sich Folgendes:

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 19. August 2010 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A und B ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines (am 16. August 2010) auf die Dauer von 19 Monaten entzogen. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer für denselben Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern verboten und überdies angeordnet, dass der Beschwerdeführer eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bei einer behördlich dazu ermächtigten Stelle zu absolvieren habe.

Die dagegen erhobene Vorstellung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung mit Bescheid vom 8. September 2010 abgewiesen und die im Mandatsbescheid enthaltenen Aussprüche bestätigt. Überdies wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die dagegen erhobene Berufung wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg (UVS) nach Durchführung einer Verhandlung mit Bescheid vom 11. Jänner 2011 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach gemäß § 25 Abs. 1 des Führerscheingesetzes (FSG) aus, dass dem Beschwerdeführer bis einschließlich 16. März 2012 keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe.

Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens führte der UVS begründend aus, der Zeuge J. habe in der Verhandlung bei seiner Einvernahme ausgesagt, er sei am 16. August 2010 mit seinem Kollegen F. auf einer Streifenfahrt unterwegs gewesen, als ihnen der Beschwerdeführer an einer näher bezeichneten Stelle in O. aufgefallen sei, weil er in Schlangenlinien gefahren sei. Sie seien dem Beschwerdeführer dann über eine Strecke von etwa drei Kilometern nachgefahren. Der Beschwerdeführer sei auf der gesamten Strecke in Schlangenlinien gefahren. An einer näher bezeichneten Stelle nach einer Schule sei eine Fußgängergruppe unterwegs gewesen und vom Beschwerdeführer eine Kollision mit den Fußgängern nur knapp vermieden worden. Er habe der Fußgängergruppe gerade noch rechtzeitig ausweichen können.

Unbestritten sei, dass dem Beschwerdeführer bereits früher wegen einer Verweigerung der Atemluftkontrolle mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 die Lenkberechtigung auf die Dauer von vier Monaten und wegen erneuter Verweigerung der Atemluftkontrolle sowie wegen Lenkens trotz entzogener Lenkberechtigung mit Bescheid vom 14. Juli 2006 auf die Dauer von 14 Monaten rechtskräftig entzogen worden sei. Der Beschwerdeführer stelle auch nicht in Abrede, dass er nunmehr am 16. August 2010 ein Kraftfahrzeug mit einem (umgerechneten) Blutalkoholgehalt von 1,12 Promille gelenkt habe. Ebenso sei unbestritten, dass diese Fahrt zur Nachtzeit (gegen 22 Uhr) erfolgt sei und auf der Fahrtstrecke Fußgänger auf der Fahrbahn unterwegs gewesen seien.

Der Beschwerdeführer wende sich allein gegen das Ausmaß der Entziehungsdauer. Sein Vorbringen hinsichtlich der Breite der Fahrbahn sei für die gegenständliche Beurteilung nicht relevant, zumal die Breite der Straße in die Beurteilung der Verkehrsunzuverlässigkeit nicht eingeflossen sei.

Im Rahmen der Wertungskriterien des § 7 Abs. 4 FSG sei zu beachten, dass Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften zählen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers komme es nicht darauf an, aus welchen Motiven er die zu den rechtskräftigen Vorentziehungen führenden Alkomattestverweigerungen begangen habe. Dass er über die Verpflichtung zur Durchführung der Atemluftuntersuchung nicht belehrt worden wäre, habe der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Wesentlich sei, dass der Beschwerdeführer nach einem Alkoholkonsum, der zu einem Atemluftalkohol von 0,56 mg/l und somit zu einem die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Zustand geführt habe, am 16. August 2010 ein Fahrzeug zur Nachtzeit gelenkt und damit eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit zumindest in Kauf genommen habe. Er habe somit eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen. Aufgrund der schlüssigen und glaubwürdigen Aussagen des Zeugen J. sei es als erwiesen anzunehmen, dass eine Kollision mit Fußgängern nur knapp vermieden worden sei. Hinzu komme, dass sich der Beschwerdeführer durch zwei Bestrafungen in den Jahren 2005 und 2006 wegen Übertretungen gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 und zwei daraus resultierenden Entziehungen der Lenkberechtigung im Gesamtausmaß von 18 Monaten nicht von der Alkoholfahrt am 16. August 2010 habe abhalten lassen. Der Beschwerdeführer sei somit in Ansehung von Alkoholdelikten unbeschadet seines Wohlverhaltens vor 2005 ein mehrfacher Wiederholungstäter. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der mit 19 Monaten bemessenen Entziehungsdauer wieder erlangen werde.

Gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen die Dauer der Entziehung und des Lenkverbotes, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG idF der Novelle BGBl. I Nr. 93/2009 lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

  1. 1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
  2. 2. wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

    3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. … .

    Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15. Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

3. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a oder 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen,

Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen

§ 32. (1) Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten,

…"

1.2. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der StVO 1960 lauten (auszugsweise):

"§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

…"

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer - nach dem Beschwerdevorbringen - "Ende des Jahres 2005" die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol verweigerte, deswegen einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 schuldig erkannt wurde und ihm mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen wurde. Ebenso unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer - erneut nach seinem Beschwerdevorbringen - am 3. Mai 2006 trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraftfahrzeug gelenkt und die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol verweigert hat, weshalb er erneut einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 schuldig erkannt und ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von 14 Monaten entzogen wurde. Dass die belangte Behörde die diesbezüglichen rechtskräftigen Bescheide ihrer Beurteilung zugrunde gelegt hat, ist nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass er am 16. August 2010 gegen 22 Uhr ein Kraftfahrzeug mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,56 mg/l gelenkt hat. Er räumt in der Beschwerde selbst ein, dass er mit dieser Verwaltungsübertretung - im Hinblick auf den Grad der Alkoholisierung: einer Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO 1960 - "eine wirkliche Gefährlichkeit der Verhältnisse verwirklicht" hat.

2.2.1. Die belangte Behörde hatte zufolge § 26 Abs. 2 Z. 3 FSG wegen des innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 am 16. August 2010 begangenen Deliktes gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung - unter Entfall der gemäß § 7 Abs. 4 FSG sonst vorgesehenen Wertung (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2009, Zl. 2009/11/0023 mwN.) - für die Dauer von mindestens 8 Monaten zu entziehen war. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehen die in § 26 Abs. 1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum jedenfalls dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen. Die Festsetzung einer über die Mindestzeit des § 26 FSG hinausreichenden Entziehungsdauer hat nach der allgemeinen Regel des § 25 Abs. 3 FSG zu erfolgen, d.h. die Behörde darf über eine solche Mindestentziehungszeit nur insoweit hinausgehen, als der Betreffende für einen die Mindestentziehungsdauer überschreitenden Zeitraum verkehrsunzuverlässig ist (vgl. auch hiezu das erwähnte hg. Erkenntnis vom 17. November 2009 mwN.). Diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die durch die Novelle BGBl. I Nr. 93/2009 bewirkte Neufassung von Mindestentziehungszeiten für Alkoholdelikte zu übertragen.

2.2.2. Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass sich die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Dauer der Entziehung - 19 Monate ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines - nur dann als rechtmäßig erweisen kann, wenn Umstände vorlagen, die, sei es auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung, sei es aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers, die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

Die belangte Behörde hat als solche Umstände einerseits die Gefährlichkeit der Verhältnisse beim Vorfall am 16. August 2010 gewertet, andererseits aber, dass der Beschwerdeführer nicht bloß einmal, sondern bereits wiederholt innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vor dem nunmehr zu beurteilenden Vorfall eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, wobei er bei der zweiten Übertretung überdies trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Die Einbeziehung dieser Umstände unter dem Gesichtspunkt der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung in die Bemessung der Entziehungsdauer begegnet entgegen der Auffassung der Beschwerdeführers, der ein Überschreiten der Mindestentziehungsdauer für rechtswidrig hält, keinen Bedenken.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in seiner bisherigen Judikatur, soweit ersichtlich, noch nicht mit einer dem Beschwerdefall völlig gleichgelagerten Konstellation, in der nach zwei Übertretungen des § 99 Abs. 1 StVO 1960, mithin zwei "schweren" Alkoholdelikten, ein Delikt nach § 99 Abs. 1b StVO 1960, begangen wurde und die zulässige Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung zu beurteilen war. Die vom Beschwerdeführer zugunsten seiner Auffassung ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/11/0138, vom 21. Jänner 2003, Zl. 2002/11/0227, und vom 24. April 2007, Zl. 2004/11/0001, sind sämtlich nicht einschlägig, weil es dabei jeweils nicht um Konstellationen mit bereits drei Alkoholdelikten ging.

Sehr wohl aussagekräftig ist hingegen das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 2000/11/0089, dem eine Konstellation zugrundelag, bei der dem Betreffenden nach Begehung einer Übertretung des § 99 Abs. 1a StVO 1960 ("mittleres" Alkoholdelikt; Alkoholgehalt der Atemluft 0,63 mg/l) die Lenkberechtigung für die Dauer von 24 Monaten entzogen worden war (was der Annahme einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 24,5 Monaten entsprach). Der Betreffende hatte bereits mehr als sieben Jahre vor dem letzten Vorfall eine Übertretung des § 99 Abs. 1a StVO 1960 (Alkoholgehalt der Atemluft 0,68 mg/l) begangen, weshalb ihm die Lenkerberechtigung für vier Wochen entzogen worden war, und überdies fünf Jahre vor dem letzten Vorfall eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen (Alkoholgehalt des Blutes 1,53 Promille), wobei er einen Verkehrsunfall verschuldet hatte, weshalb ihm die Lenkerberechtigung für die Dauer von 15 Monaten entzogen worden war. Der Verwaltungsgerichtshof hielt die Entziehungsdauer von 24 Monaten für unbedenklich, wobei er betonte, dass der Betreffende in Ansehung von Alkoholdelikten ein Wiederholungstäter sei und ihn auch die bereits zweimalige Entziehung der Lenkerberechtigung nicht davon habe abhalten können, neuerlich ein Alkoholdelikt zu begehen, wobei erneut der Alkoholisierungsgrad nicht unbeträchtlich gewesen sei. Bei der Wertung sei auch der vom Beschwerdeführer erwähnte Verkehrsunfall einzubeziehen.

Vergleicht man die Konstellation, die diesem hg. Erkenntnis zugrundeliegt, mit der des nunmehrigen Beschwerdefalles, so ist nicht zu übersehen, dass der Beschwerdeführer zuletzt nicht eine Übertretung des § 99 Abs. 1a, sondern (nur) des § 99 Abs. 1b StVO 1960 zu verantworten hat. Dieser Umstand fällt allerdings insoferne nicht entscheidend ins Gewicht, als der Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers am 16. August 2010 bereits nahe an der Untergrenze des "mittleren" Alkoholdeliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 (Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l) lag. Ebenso ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner früheren Alkoholdelikte keinen Verkehrsunfall verschuldet hat. Andererseits fallen dem Beschwerdeführer bereits zwei "schwere" Alkoholdelikte gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 in einem kürzeren Zeitraum als in dem erwähnten Beschwerdefall zur Last. Vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es demnach unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer ein Wiederholungstäter ist und trotz zweier Entziehungen der Lenkberechtigung (darunter einer für die Dauer von 14 Monaten) neuerlich ein Alkoholdelikt begangen hat, bei dem er auch nach seiner Einschätzung "eine wirkliche Gefährlichkeit der Verhältnisse verwirklicht" hat, nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung davon ausging, dass der Beschwerdeführer noch für weitere 14 Monate verkehrsunzuverlässig sei, insgesamt also eine Verkehrsunzuverlässigkeit für einen die Mindestentziehungsdauer noch übersteigenden Zeitraum von 11 Monaten angenommen hat. Die im Beschwerdefall angenommene Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 19 Monaten ist deutlich kürzer als die im erwähnten Erkenntnis vom 20. März 2001 bestätigte Dauer von 24 Monaten und trägt den Unterschieden der beiden Konstellationen, insbesondere dem Nichtvorliegen eines vom Beschwerdeführer verschuldeten Verkehrsunfalles, im Ergebnis (noch) ausreichend Rechnung.

Weder die Regierungsvorlage (221 Blg. NR 24. GP) noch der Ausschussbericht (257 Blg. NR 24. GP) zur FSG-Novelle BGBl. I Nr. 93/2009 bieten im Übrigen einen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber bei vergleichbaren Fällen wiederholter Alkoholdelikte von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgehen wollte.

2.2.3. Soweit der Beschwerdeführer versucht, die Rechtmäßigkeit der beiden Vorentziehungen in Zweifel zu ziehen, ist ihm entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde von der Rechtskraft dieser Entscheidungen auszugehen hatte. Im Übrigen ist weder der Hinweis auf eine "Wegweisungssituation" anlässlich des Vorfalls im Jahr 2005 noch derjenige auf ein Versehen des früheren Anwaltes des Beschwerdeführers, welches zum Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung und zu einem weiteren Verweigerungsdelikt geführt habe, geeignet, das gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers anlässlich dieser beiden Vorfälle zu relativieren.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, dass sich die belangte Behörde über seinen Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines zwecks Feststellung der Breite der befahrenen Straße hinweggesetzt habe, genügt der Hinweis, dass der damit gerügte allfällige Verfahrensmangel vor dem Hintergrund des bisher Gesagten, insbesondere aber der eigenen Einschätzung des Beschwerdeführers zur Gefährlichkeit der Verhältnisse in der Nacht des 16. August 2010, jedenfalls nicht relevant wäre.

2.2.4. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für die Dauer des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Lenkverbotes gemäß § 32 Abs.1 FSG.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. März 2011

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