VwGH 2011/10/0113

VwGH2011/10/011321.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des GL in Wien, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid der Rechtsmittelkommission des Senates der Universität Wien vom 17. Juni 2011, Zl. ReMiK 544-2010/11, betreffend Zulassung zum Doktoratsstudium, zu Recht erkannt:

Normen

Curriculum Wirtschaft PhD/Doktorat Uni Wien 2009 §3 Abs1;
Curriculum Wirtschaft PhD/Doktorat Uni Wien 2009 §3 Abs2;
Curriculum Wirtschaft PhD/Doktorat Uni Wien 2009 §5;
Curriculum Wirtschaft PhD/Doktorat Uni Wien 2009 §9 Abs2;
Curriculum Wirtschaft PhD/Doktorat Uni Wien 2009 Anh;
EMRK Art6;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z12;
UniversitätsG 2002 §54 Abs3;
UniversitätsG 2002 §54 Abs4;
UniversitätsG 2002 §64 Abs4;
UniversitätsG 2002 §64 Abs5;
VwGG §39 Abs2 Z6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2011100113.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Universität Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 28,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Rechtsmittelkommission des Senates der Universität Wien vom 17. Juni 2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Oktober 2010 auf Zulassung zum Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften im Dissertationsgebiet Wirtschaft und Recht gemäß § 64 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120, abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer zum Nachweis der allgemeinen Universitätsreife für das angestrebte Doktoratsstudium Urkunden über den Abschluss des Diplomstudiums und des Doktoratsstudiums der Rechtswissenschaften vorgelegt habe.

Die Doktoratsstudienprogrammleitung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften habe dazu folgende, dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebrachte Stellungnahme abgegeben:

"Der Bewerber hat kein fachlich in Frage kommendes Studium gemäß § 64 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 idgF absolviert. Die für das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften fachlich in Frage kommenden (Vor‑)Studien sind in erster Linie Diplom-, Magister- oder Masterstudien der Studienrichtungen Betriebswirtschaftslehre, Internationale Betriebswirtschaftslehre. Der Zulassungswerber hat keines dieser Studien absolviert. … Eine Gleichwertigkeit des Diplomstudiums Rechtswissenschaften mit einem Diplom-, Magister- oder Masterstudium Betriebswirtschaftslehre, Internationale Betriebswirtschaftslehre ist nicht gegeben, da die Studienpläne der in Österreich angebotenen Rechtswissenschaftlichen Magisterstudien selbst unter Einbeziehung von Wahlfächern aus dem Bereich der Ökonomie nur in einem minimalen Ausmaß die den Studienrichtungen Betriebswirtschaftslehre, Internationale Betriebswirtschaftslehre zugrunde liegenden Bereich der Ökonomie zuzurechnenden Kernfächer abdecken. Aus diesem Grund ist ein Diplomstudium der Rechtswissenschaften eindeutig weder ein für das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften fachlich in Frage kommendes noch ein vergleichbares Studium. Gleichwertigkeit oder Vergleichbarkeit sind daher schon dem Grunde nach nicht gegeben."

Weiters sei dem Beschwerdeführer die Bewertung der Gleichwertigkeit durch die belangte Behörde wie folgt zur Kenntnis gebracht worden:

"Die Umfänge der für das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien angebotenen in Frage kommenden wirtschaftswissenschaftlichen Vorstudien betragen rund 300 ECTS-Punkte, von denen mindestens rund 220 den wirtschaftswissenschaftlichen Kernfächern zuzuordnen sind. Wollte man nur die Hälfte dieser Kernfächer als Mindestvoraussetzung für ein für das Dissertationsgebiet Wirtschaft und Recht einschlägiges Vorstudium erachten, müssten zur Annahme einer Gleichwertigkeit Leistungsnachweise aus wirtschaftswissenschaftlichen Kernfächern im Ausmaß von 110 ECTS-Punkten vorliegen. Der Maßstab für den erforderlichen Grad an Einschlägigkeit kann aber auch aus dem als für das Dissertationsgebiet 'Wirtschaft und Recht' wohl einschlägigsten in Frage kommenden Vorstudium abgeleitet werden, nämlich dem an der Wirtschaftsuniversität Wien angebotenen Diplomstudium der Wirtschaftswissenschaften, Studienzweig Wirtschaft und Recht. Dieses Studium umfasst 218,75 ECTS-Punkte, wovon mindestens 84 den wirtschaftswissenschaftlichen Kernfächern zuzuzählen sind. Daraus erhellt, dass die absolute Untergrenze für die Einschlägigkeit eines für das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften, Dissertationsgebiet Wirtschaft und Recht, in Betracht kommenden Vorstudiums bei der Absolvierung von wirtschaftswissenschaftlichen Kernfächern im Ausmaß von 84 ECTS-Punkten besteht.

Da eine Gleichwertigkeit durch Auflagen nur hergestellt werden kann, wenn die Auflagen maximal 60 ECTS-Punkte betragen, kommt auch eine Zulassung unter Auflagen nicht in Frage."

Nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde weiter aus, dass für das angestrebte Doktoratsstudium jedenfalls die an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften absolvierten Studien facheinschlägig im Sinn von § 64 Abs. 4 UG seien. Die allgemeine Universitätsreife könne auch durch ein gleichwertiges Studium bzw. ein grundsätzlich gleichwertiges Studium (wobei im letztgenannten Fall Auflagen vorzuschreiben seien) nachgewiesen werden. Die grundsätzliche Gleichwertigkeit liege vor, wenn mit den Vorstudien auch ausreichende wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse in den Kernfächern nachgewiesen würden. Im an der Wirtschaftsuniversität Wien angebotenen Diplomstudium Wirtschaft und Recht seien 84 ETCS-Punkte an wirtschaftlichen Kernfächern vorgeschrieben. Der Anteil an solchen Fächern in den an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien angebotenen Baccalaureats- und Magisterstudien sei wesentlich höher. Unter Einbeziehung der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der Doktoratsstudienprogrammleitung und der bisherigen Spruchpraxis über das Fehlen einer ausreichenden zumindest grundsätzlichen Gleichwertigkeit rechtswissenschaftlicher Vorstudien für das beantragte Doktoratsstudium sei der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120:

"§ 51. (1) In Vollziehung der Studienvorschriften werden die Universitäten im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig.

(2) Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

12. Doktoratsstudien sind die ordentlichen Studien, die der Weiterentwicklung der Befähigung zu selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit sowie der Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf der Grundlage von Diplom- und Masterstudien dienen. Sie sind nicht in Studienabschnitte gegliedert.

16. Allgemeine Universitätsreife ist jener Ausbildungsstand, der einer Person die Fähigkeit und das Recht vermittelt, bei Erfüllung allfälliger ergänzender studienspezifischer Erfordernisse zu einem ordentlichen Studium an einer Universität zugelassen zu werden.

24. Curriculum ist die Verordnung, mit der das Qualifikationsprofil, der Inhalt und der Aufbau eines Studiums und die Prüfungsordnung festgelegt werden.

29. Qualifikationsprofil ist jener Teil des Curriculums, der beschreibt, welche wissenschaftlichen und beruflichen Qualifikationen die Studierenden durch die Absolvierung des betreffenden Studiums erwerben.

§ 54. …

(3) Der Arbeitsaufwand für Bachelorstudien hat 180 ECTS-Anrechnungspunkte und für Masterstudien mindestens 120 ECTS-Anrechnungspunkte zu betragen. Der Arbeitsaufwand für ein Bachelorstudium kann in Ausnahmefällen, wenn dies zur Erlangung der Beschäftigungsfähigkeit zwingend erforderlich ist und diese Studiendauer international vergleichbar ist, bis zu 240 ECTS-Anrechnungspunkte betragen. Zur Beschäftigungsfähigkeit ist die Vorlage eines nach international anerkannten wissenschaftlichen Kriterien erstellten Gutachtens erforderlich. In den Humanmedizinischen und Zahnmedizinischen Studien kann der Arbeitsaufwand für das Bachelor- und das Masterstudium insgesamt 360 ECTS-Anrechnungspunkte betragen. Die Berufsberechtigung für den Beruf der Ärztin oder des Arztes und der Zahnärztin oder des Zahnarztes bzw. für sonstige Gesundheitsberufe richtet sich ausschließlich nach den jeweiligen berufsrechtlichen Regelungen, insbesondere nach der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vom 7. September 2005, 2005/36/EG.

(3a) Die Curricula für Bachelorstudien haben ein Qualifikationsprofil (§ 51 Abs. 2 Z 29) zu enthalten. Bei der Gestaltung der Curricula für Bachelorstudien ist überdies sicherzustellen, dass Auslandsstudien ohne Verlust von Studienzeiten möglich sind.

(4) Die Dauer von Doktoratsstudien beträgt mindestens drei Jahre. Das Studium darf als 'Doctor of Philosophy'- Doktoratsstudium bezeichnet und der akademische Grad 'Doctor of Philosophy', abgekürzt 'PhD', verliehen werden.

(5) Curricula und deren Änderungen sind vor der Beschlussfassung dem Rektorat und dem Universitätsrat, Curricula theologischer Studien auch den zuständigen kirchlichen Stellen zur Stellungnahme zuzuleiten. Curricula und deren Änderungen treten bei Veröffentlichung im Mitteilungsblatt vor dem 1. Juli mit dem 1. Oktober desselben Jahres in Kraft; bei Veröffentlichung nach dem 30. Juni treten sie mit 1. Oktober des nächsten Jahres in Kraft.

§ 64. …

(4) Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife für die Zulassung zu Doktoratsstudien gilt jedenfalls durch den Nachweis des Abschlusses eines fachlich in Frage kommenden Diplomstudiums oder Masterstudiums, eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Diplomstudienganges oder Fachhochschul-Masterstudienganges gemäß § 5 Abs. 3 Fachhochschul-Studiengesetz, oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung als erbracht. Wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, ist das Rektorat berechtigt, die Feststellung der Gleichwertigkeit mit der Auflage von Prüfungen zu verbinden, die während des jeweiligen Doktoratsstudiums abzulegen sind. Für eine Zulassung zu einem 'PhD'-Doktoratsstudium können im Curriculum qualitative Bedingungen vorgeschrieben werden.

…"

Curriculum für das PhD-Studium aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften sowie für das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften, veröffentlicht am 21. Juni 2010 im Mitteilungsblatt der Universität Wien, 29. Stück, Nr. 157 (im Folgenden: Curriculum):

"§ 1 Qualifikationsprofil

Das Studium dient der Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Tätigkeit im Bereich des Dissertationsgebietes. Es bietet eine wissenschaftliche Ausbildung auf internationalem Niveau und soll die Absolventinnen und Absolventen befähigen, den internationalen Standards entsprechende eigenständige Forschungsleistungen im jeweiligen Fachbereich zu erbringen.

§ 2 Anwendungsbereich und Zulassungsvoraussetzungen

(1) Dieses Curriculum gilt für Studierende, die eine Dissertation in einem der folgenden Dissertationsgebiete verfassen wollen:

1. PhD-Studium

  1. a.

    Betriebswirtschaft

  2. b. Statistik und Operations Research
  3. c.

    Volkswirtschaftslehre

    2. Doktoratsstudium

  1. a. Wirtschaft und Recht
  2. b.

    Wirtschaftsinformatik

(2) Die Zulassung zum Studium erfolgt auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 in seiner geltenden Fassung.

§ 3 Aufbau des Studiums

(1) Das Studium umfasst eine Studiendauer von 3 Jahren.

(2) Im Rahmen des Studiums sind folgende Leistungen zu erbringen:

a) Lehrveranstaltungen (prüfungsimmanent oder nicht prüfungsimmanent) im Umfang von 12 bis 80 ECTS-Punkten (8 bis 40 Semesterstunden), insbesondere die prüfungsimmanente Lehrveranstaltung gemäß § 4 Abs. 2.

b) allenfalls im Rahmen der Dissertationsvereinbarung (siehe § 5) vorgesehene zusätzliche Leistungen (z.B. die Teilnahme an Workshops, Präsentationen bei internationalen Konferenzen, die fachliche Organisation von wissenschaftlichen Veranstaltungen, Praktika usw.).

c) innerhalb des ersten Jahres nach Zulassung zum Studium das Einreichen eines Antrages auf Genehmigung eines Dissertationsvorhabens bei dem zuständigen studienrechtlichen Organ (siehe § 4).

d) die fakultätsöffentliche Präsentation des Dissertationsvorhabens (erforderlichenfalls unter Berücksichtigung von patentrechtlichen, intellektuellen Eigentums- und sonstigen Rechten; siehe § 4).

e) ein periodischer, jedenfalls jährlicher, Bericht an den Doktoratsbeirat über den Studienfortgang.

  1. f) das Abfassen der Dissertation (siehe § 6).
  2. g) die öffentliche Defensio (siehe § 7).

(3) Die Teilnahme an Lehrangeboten zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen kann vorgesehen werden. Diese können bereits zu Beginn des Studiums vor Abschluss der Dissertationsvereinbarung freiwillig besucht werden, um Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens und des projektorientierten Arbeitens zu erwerben sowie das Dissertationsvorhaben zu konkretisieren und ein Dissertationsprojekt aufzusetzen.

(4) Leistungen, die vor Abschluss der Dissertationsvereinbarung erbracht werden, können im Rahmen der Dissertationsvereinbarung aufgenommen werden.

(5) Die genaue Festlegung der Leistungsnachweise (mit Angabe der ECTS-Punkte und Semesterstunden) und alle mit dem Verfassen und der Betreuung der Dissertation in Verbindung stehenden Konkretisierungen werden in einer Dissertationsvereinbarung festgehalten (siehe auch § 5).

(6) Das PhD-Studium wird ausschließlich in Englisch durchgeführt, das Doktoratsstudium kann zum Teil oder vollständig in englischer Sprache durchgeführt werden.

§ 5 Dissertationsvereinbarung

Satzungsgemäß ist eine Dissertationsvereinbarung zwischen den Betreuungspersonen und der Dissertantin bzw. dem Dissertanten mit Zustimmung des zuständigen studienrechtlichen Organs abzuschließen. Die Bestandteile der Dissertationsvereinbarung sind auch im Anhang zu diesem Rahmencurriculum aufgelistet.

§ 9 Abschluss des Studiums

(2) Absolventinnen und Absolventen des PhD-Studiums wird der akademische Grad "Doctor of Philosophy", abgekürzt PhD, für Absolventinnen und Absolventen des Doktoratsstudiums der akademische Grad "Doktor der Wirtschaftswissenschaften", lateinische Bezeichnung "doctor rerum oeconomicarum", abgekürzt Dr.rer.oec., verliehen.

Anhang

Bestandteile der Dissertationsvereinbarung

Die Dissertationsvereinbarung beinhaltet folgende Punkte:

1. den Namen der bzw. des Studierenden, Matrikelnummer, Geburtsdatum;

  1. 2. die Namen der betreuenden Personen;
  2. 3. das Thema der Dissertation;
  3. 4. das Curriculum, auf dessen Basis das Studium absolviert wird;
  4. 5. das Dissertationsgebiet, dem die Dissertation zugeordnet wird;
  5. 6. das Expose, das der Genehmigung zu Grunde liegt;
  6. 7. den Zeitplan für das Dissertationsvorhaben;
  7. 8. die zu erbringenden Leistungsnachweise auf Basis des Curriculums;

    9. die Eckdaten zur Betreuung, insbesondere die Frequenz der geplanten Feedbackgespräche zwischen Betreuerinnen, Betreuern und Studierenden;

    10. Verpflichtungserklärung der Studierenden zur Einhaltung der Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis."

    Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht nur Studien der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften als facheinschlägig im Sinn von § 64 Abs. 4 UG angesehen werden könnten. Die Facheinschlägigkeit sei vielmehr durch einen Vergleich der absolvierten Vorstudien mit dem angestrebten Doktoratsstudium zu beurteilen. Der für diese Beurteilung maßgebliche Inhalt des angestrebten Doktoratsstudiums sei aus dem Curriculum nicht ausreichend ersichtlich. Rückschlüsse auf den Willen des Verordnungsgebers dieses Curriculums lasse ein nicht im Mitteilungsblatt der Universität Wien veröffentlichter "Studienplan" für das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften im Dissertationsgebiet "Wirtschaft und Recht" zu. Nach diesem Studienplan seien neben dem Forschungsseminar für das Dissertationsgebiet im Ausmaß von 7 ECTS-Punkten (drei Semesterstunden) Lehrveranstaltungen aus Rechnungswesen oder Revision, ein Seminar aus Privat- bzw. Unternehmensrecht und ein Seminar aus Steuerrecht im Ausmaß von je 5 ECTS-Punkten (zwei Semesterstunden) vorgeschrieben. Daraus ergebe sich, dass die juristischen Inhalte überwögen und das Diplomstudium der Rechtswissenschaften daher als facheinschlägig zu beurteilen sei. Jedenfalls sei dieses Studium aber als gleichwertig anzusehen. Von den nach dem Studienplan vorgeschriebenen Inhalten fehle dem Beschwerdeführer lediglich Rechnungswesen. Dieses Fach umfasse etwa beim Magisterstudium der Betriebswirtschaft lediglich acht ECTS-Punkte. Dies könnte mit einer Auflage gemäß § 64 Abs. 4 UG nachgeholt werden. Das von der belangten Behörde als facheinschlägig angesehene Magisterstudium der Volkswirtschaftslehre umfasse keine Rechtsfächer. Es sei unsachlich, dieses als facheinschlägig, das Diplomstudium der Rechtswissenschaften hingegen nicht als facheinschlägig einzustufen.

    Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife des Beschwerdeführers für das angestrebte Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften wäre erbracht, wenn das vom Beschwerdeführer absolvierte Diplomstudium der Rechtswissenschaften für das angestrebte Doktoratsstudium gemäß § 64 Abs. 4 UG als "fachlich in Frage kommend" (facheinschlägig) oder zumindest als grundsätzlich gleichwertig angesehen werden könnte. Ob die Facheinschlägigkeit im Sinn dieser Bestimmung gegeben ist, d.h. ob in qualitativer und quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen für das beantragte Studium vermittelt werden, ist aus der Sicht des angestrebten Doktoratsstudiums zu beurteilen. Nichts anderes gilt für die Frage, ob ein Studium vorliegt, das einem Studium, das für das Doktoratsstudium fachlich in Frage kommt, gleichwertig ist (vgl. die wegen des insofern gleichen Wortlautes von § 64 Abs. 4 und Abs. 5 UG auch hier maßgebliche hg. Judikatur zur Frage der Facheinschlägigkeit bzw. Gleichwertigkeit eines Bachelor-Studiums für ein angestrebtes Masterstudium, etwa die Erkenntnisse vom 15. Dezember 2011, Zl. 2010/10/0148, und vom 18. April 2012, Zl. 2009/10/0033).

    Für diese Beurteilung ist somit zunächst die Frage zu beantworten, auf welchen fachlichen Grundlagen das angestrebte Doktoratsstudium aufbaut. Der Beschwerdeführer meint, den wesentlichen Inhalt des Doktoratsstudiums aus der Zusammensetzung der im Rahmen dieses Studiums neben dem Forschungsseminar für das Dissertationsgebiet zu absolvierenden Lehrveranstaltungen (von insgesamt sechs Semesterstunden) ableiten zu können.

    Für die Doktoratsstudien sieht § 54 Abs. 4 UG lediglich eine Mindeststudiendauer von drei Jahren vor. Anders als für Bachelor- und Masterstudien ist der Mindestaufwand nicht in ECTS-Punkten angegeben. Eine solche Angabe von ECTS-Punkten für Doktoratsstudien wurde vom Gesetzgeber als nicht sachgerecht angesehen und daher bewusst unterlassen (vgl. die bei Rainer in Mayer, Universitätsgesetz 20022, 230, zitierten Materialien der UG-Novelle 2006).

    Nach § 3 Abs. 1 des Curriculums umfasst das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften eine Studiendauer von drei Jahren. Im Abs. 2 dieser Bestimmung sind die im Rahmen des Studiums zu erbringenden Leistungen aufgezählt, welche gemäß § 5 iVm dem Anhang zum Curriculum durch die Dissertationsvereinbarung genauer definiert werden. Demnach sind insbesondere die Einreichung und fakultätsöffentliche Präsentation des Dissertationsvorhabens, ein periodischer, jedenfalls jährlicher Bericht über den Studienfortgang an den Doktoratsbeirat, die Abfassung der Dissertation und die öffentliche Defensio erforderlich. Daneben sind auch Lehrveranstaltungen im Umfang von 12 bis 80 ECTS-Punkten, somit 8 bis 40 Semesterstunden (beim angestrebten Studium nach dem Beschwerdevorbringen 9 Semesterstunden) erforderlich. Diese Lehrveranstaltungen machen nur einen geringen Teil des Doktoratsstudiums aus. Der Inhalt des Studiums und die dafür erforderlichen Voraussetzungen werden somit nicht wesentlich durch die vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen determiniert. Aus dem vorgebrachten Umstand, dass zwei der drei (je zweistündigen) Lehrveranstaltungen rechtswissenschaftliche Fächer betreffen, kann daher keinesfalls auf die Facheinschlägigkeit oder auch nur auf die grundsätzliche Gleichwertigkeit des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften geschlossen werden.

    Gemäß § 51 Abs. 2 Z. 12 UG dienen Doktoratsstudien der Weiterentwicklung der Befähigung zur selbständigen wissenschaftlichen Arbeit sowie der Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf der Grundlage von Diplom- und Masterstudien. Der Beschwerdeführer strebt das Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften im Dissertationsgebiet Wirtschaft und Recht an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien an. Bei einer Fakultät handelt es sich nach dem Organisationsplan der Universität Wien, veröffentlicht im Mitteilungsblatt dieser Universität für das Studienjahr 2006/2007, ausgegeben am 9. November 2006, 6. Stück, um eine wissenschaftliche Organisationseinheit mit Forschungs- und Lehraufgaben. Nach der Präambel dieses Organisationsplanes war das Rektorat bei der Gliederung der Universität in Organisationseinheiten u.a. davon geleitet, fachlich sinnvolle Einheiten zu bilden, die wissenschaftsimmanente Bezüge herstellen. Nach den - ebenfalls im zitierten Mitteilungsblatt veröffentlichten - Erläuterungen zu diesem Organisationsplan soll die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften sämtliche Fächer der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre, weiters die Fächer Recht der Wirtschaft und Wirtschaftssoziologie sowie Statistik mit Ausnahme der Arbeitsgruppe Data Analysis and Computing beinhalten. Nach der Website dieser Fakultät (http://wirtschaftswissenschaften.univie.ac.at/fakultaet/leitbild ) besteht das Ziel der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung an dieser Fakultät darin, wirtschaftliche Vorgänge besser zu verstehen und sie dadurch positiv beeinflussen zu können. Letztendlich sollen die an der Fakultät erzielten Forschungsergebnisse dazu dienen, die verschiedenen Ziele wirtschaftlichen Handelns (von Konsumenten, Unternehmen, Politikern etc.) schneller bzw. effizienter zu erreichen und somit zur Vermehrung und zur effizienten Verteilung des Wohlstandes beizutragen. Die Lehre an dieser Fakultät ist forschungsgeleitet.

    Das von dieser Fakultät angebotene Doktorats- bzw. PhD-Studium baut gemäß § 51 Abs. 2 Z. 12 UG auf den an derselben Fakultät angebotenen Diplom- bzw. Masterstudien auf. Die belangte Behörde hat ausgeführt, dass die an dieser Fakultät angebotenen wirtschaftswissenschaftlichen Vorstudien jeweils wirtschaftswissenschaftliche Kernfächer im Ausmaß von mindestens 220 ECTS-Punkte umfassen. Dies wird vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Der Inhalt des vom Beschwerdeführer angestrebten Doktoratsstudiums, das gemäß § 9 Abs. 2 des Curriculums zur Führung des akademischen Grades "Doktor der Wirtschaftswissenschaften" berechtigt, wird wesentlich dadurch bestimmt, dass es diese wirtschaftswissenschaftlichen Vorstudien als Grundlage hat. Von daher kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, das nach der vom Beschwerdeführer nicht bekämpften Ansicht selbst unter Einbeziehung von Wahlfächern wirtschaftswissenschaftliche Kernfächer nur in "minimalem Ausmaß" abdeckt, weder als "fachlich in Frage kommend" (facheinschlägig) noch als grundsätzlich gleichwertig im Sinn von § 64 Abs. 4 UG angesehen hat.

    Der Anregung des Beschwerdeführers, beim Verfassungsgerichtshof einen Verordnungsprüfungsantrag wegen der Unbestimmtheit des Curriculums zu stellen, folgt der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht, weil sich die hier relevante Frage der Facheinschlägigkeit bzw. Gleichwertigkeit des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften für das angestrebte Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften - wie dargestellt - eindeutig lösen lässt.

    Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem steht Art. 6 EMRK nicht entgegen, weil es sich bei der Frage des Zugangs zu einem Doktoratsstudium nicht um einen "zivilrechtlichen Anspruch" im Sinn dieser Bestimmung handelt.

    Aus all diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens zum vorliegenden Verfahren und zum Beschwerdeverfahren des Bruders des Beschwerdeführers (hg. Zl. 2011/10/0014) nur einmal gemeinsam vorgelegt hat, gebührt ihr der Vorlageaufwand insgesamt nur einmal (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 30. Juni 2011, Zl. 2010/03/0060).

    Im vorliegenden Fall konnte daher nur die Hälfte des Pauschalbetrags für den Aufwandersatz zuerkannt werden.

    Wien, am 21. Mai 2012

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