VwGH 2011/08/0144

VwGH2011/08/014412.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der I GmbH in T, vertreten durch Mag. Michael Steininger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Schießstattring 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. Mai 2011, Zl. GS5-A- 948/932-2010, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid schrieb die belangte Behörde der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 1.300,-- vor, weil im Rahmen der am 18. März 2010 erfolgten Betretung durch das Finanzamt L./Team KIAB festgestellt worden sei, dass für den "zumindest am 18.03.2010" versicherten A. O. die Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Die Begründung gleicht im Wesentlichen jener des zur Zl. 2010/08/0200 angefochtenen Bescheides der belangten Behörde, mit dem der beschwerdeführenden Gesellschaft ebenfalls ein Beitragszuschlag vorgeschrieben worden war. Hinsichtlich der Wiedergabe dieses Bescheides wird auf die Entscheidungsgründe des zur genannten Geschäftszahl ergangenen Erkenntnisses vom heutigen Tag verwiesen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht weist der Beschwerdefall insofern einen Unterschied auf, als A. O. nach den Feststellungen der belangten Behörde am 18. März 2010 beim Zuschneiden von Dachlatten für ein "Gartenhäuschen" auf dem Betriebsgelände der beschwerdeführenden Gesellschaft angetroffen wurde. Mit dem Einspruch legte die beschwerdeführende Gesellschaft im gegenständlichen Verfahren eine von A. O. gelegte Rechnung und ein den Firmenstempel von A. O. tragendes (von diesem aber nicht unterschriebenes) Angebot vom 3. März 2010 betreffend "Portierhaus - Teil 2" vor, wonach für 18 Teilleistungen von "Demontieren Dach" über "Neues Fundament", "Neue Wand aufziehen" und "Dachstuhl erneuern" bis zu "Baustelle räumen…" und "Kläranlage renovieren und begradigen" ein Betrag von EUR 1.800,-- veranschlagt wurde. Beide Schriftstücke hielt die belangte Behörde in der Bescheidbegründung für "bedenklich", weil sie nicht von A. O. verfasst worden seien und er dazu auch gar nicht in der Lage gewesen wäre.

Auch im Beschwerdefall wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Einspruchsverfahren Parteiengehör gewährt, es wurden ihr aber auf Ersuchen ihres Rechtsvertreters nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Kopien aus dem Verfahrensakt der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse - die Anzeige des Finanzamtes vom 1. April 2010, die Kopie des Personalausweises von A. O. und die Niederschrift mit A.O. vom 18. März 2010 - übermittelt.

Gegen den eingangs genannten Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich - ebenso wie im zur Zl. 2010/08/0200 protokollierten Verfahren - gegen die Annahme des Vorliegens einer die Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 ASVG auslösenden Beschäftigung. Sie bestreitet insbesondere die persönliche Arbeitspflicht des A. O. und dessen Bindung an - nach den Feststellungen der belangten Behörde von W. S., dem Vater des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft kontrollierte - Arbeitszeiten. Wie in der zur Zl. 2010/08/0200 protokollierten Beschwerde wird vorgebracht, dass sich W. S. gänzlich aus der Geschäftsführung zurückgezogen habe und auch nicht mehr mit der Verwaltung der Liegenschaften der beschwerdeführenden Gesellschaft befasst sei. Es treffe auch nicht zu, dass A. O. nur mit der Erbringung "einzelner manueller Teile" zu einem Werk und nicht mit der Erbringung eines Werks als solchen beauftragt gewesen sei.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde insbesondere, dass die belangte Behörde zu ihren Ermittlungsergebnissen kein Gehör gewährt habe.

2. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

Dazu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 2010/08/0200, verwiesen werden. Auch im vorliegenden Beschwerdefall hat es die belangte Behörde unterlassen, der beschwerdeführenden Gesellschaft Parteiengehör zu gewähren. Diesem Verfahrensmangel kommt insofern Relevanz zu, als die belangte Behörde die Weisungs- und Kontrollunterworfenheit von A. O. sowie seine Bindung an vorgegebene Arbeitszeiten auch im hier angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit dem Argument bejaht hat, dass er durch den Vater des nunmehrigen Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft überwacht werde, was von der Beschwerde bestritten wird. Hätte die beschwerdeführende Gesellschaft schon im Verwaltungsverfahren die Gelegenheit erhalten, ihr diesbezügliches Vorbringen zu erstatten, so ist nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde in Auseinandersetzung damit zum Ergebnis gekommen wäre, dass eine Weisungs- und Kontrollunterworfenheit von A. O. nicht vorgelegen ist und in der Folge auch nicht von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger auszugehen war.

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das den Ersatz der Eingabengebühr betreffende Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 12. September 2012

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