VwGH 2011/05/0134

VwGH2011/05/013411.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des JU und 2. der MU, beide in Z und vertreten durch Mag. Herbert Hoffmann, Rechtsanwalt in 3430 Tulln, Wiener Straße 18, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Juli 2011, Zl. RU1- BR-1459/001-2010, betreffend Kostenvorauszahlungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BauO NÖ 1996 §35;
B-VG Art119a Abs5;
VVG §4 Abs2;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BauO NÖ 1996 §35;
B-VG Art119a Abs5;
VVG §4 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit "Kostenvorauszahlungsauftrag" der Bezirkshauptmannschaft K (BH) vom 29. Oktober 2010 wurde den beschwerdeführenden Parteien die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme von Abbruchmaßnahmen in der Höhe von EUR 29.764 gegen nachträgliche Verrechnung aufgetragen. In der Begründung bezog sich die BH auf das Schreiben vom 26. Juli 2004, mit welchem den beschwerdeführenden Parteien die Ersatzvornahme der Abbruchmaßnahmen (Gebäude und Gebäudeteile auf näher bezeichneten Grundstücken) angedroht worden sei, und auf das Schreiben vom 1. September 2010, mit welchem die beschwerdeführenden Parteien über die Höhe der Kosten der Ersatzvornahme der Abbruchmaßnahmen in Kenntnis gesetzt worden seien.

In der dagegen erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, es sei unberücksichtigt geblieben, dass sie um Erteilung einer Baubewilligung angesucht hätten. Bei den Schreiben der BH vom 26. Juli 2004 und vom 1. September 2010 handle es sich um bloße "Schreiben", welche nicht die in § 58 AVG normierten zwingenden formalen und inhaltlichen Erfordernisse eines Bescheides erfüllen würden; auch der Bescheid der BH vom 29. Oktober 2010 könne, da er nicht als "Bescheid" überschrieben sei, nicht als solcher qualifiziert werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 10 VVG ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, mit Bescheid des Bürgermeisters vom 17. Mai 1995 seien die Baubewilligungsanträge der Bauwerbenden vom 16. Oktober 1981, 25. November 1991 und 25. März 1995 abgewiesen und den nunmehrigen Verpflichteten aufgetragen worden, sämtliche Gebäude auf dem Grundstück Nr. 1155 sowie alle Bauteile nördlich des alten Presshauses auf der Bauparzelle .58 innerhalb einer Frist von neun Monaten abzubrechen. Dieser Titelbescheid sei hinsichtlich der darin vorgeschriebenen Aufträge rechtskräftig und daher vollstreckbar geworden, zumal auch das neuerlich angestrengte Verfahren um nachträgliche Baubewilligung rechtskräftig beendet worden sei. Dass die beschwerdeführenden Parteien die jeweils mit Schreiben vom 16. Juli 2004 und 1. September 2010 ergangenen Androhungen der Ersatzvornahme erhalten hätten, sei unbestritten geblieben.

Sodann führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Der nunmehr angefochtene Bescheid enthält zwar nicht die Bezeichnung 'Bescheid', erfüllt jedoch die wesentlichen Voraussetzungen eines solchen - und wurde schließlich vom Rechtsvertreter auch als solcher erkannt, da er seine Berufung ausdrücklich gegen diesen Bescheid erhebt. - Dieser enthält sowohl die Bezeichnung der Behörde, ist als 'Kostenvorauszahlungsauftrag' überschrieben, woraus bereits der Wille der Behörde, hoheitlich abzusprechen, hervorgeht, trifft in seinem Spruch sodann einen eindeutigen normativen Abspruch hinsichtlich der beiden Adressaten, basierend auf der Rechtsgrundlage des § 4 Abs. 2 VVG, enthält eine Begründung (unter anderem mit dem Hinweis, dass die (beschwerdeführenden Parteien) keine weiteren Mitteilungen im Zuge des Verfahrens vorgelegt haben) sowie die Rechtsmittelbelehrung. Die Bezeichnung 'Kostenvorauszahlungsauftrag' widerspricht genauso wie die Bezeichnung 'Straferkenntnis' nicht in dem § 58 Abs. 1 AVG (Erkenntnis vom 28. September 1988, 88/02/0129). - Es sind also alle Bescheidmerkmale vorhanden, sodass das diesbezügliche Vorbringen ins Leere geht."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien wenden sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Qualifikation der Erledigung der BH vom 29. Oktober 2010 als Bescheid. Das von der belangten Behörde zur Begründung ihrer Rechtsansicht herangezogene Erkenntnis 88/02/0129 habe keineswegs Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Inhaltserfordernissen von Bescheiden zum Gegenstand. Zutreffenderweise werde ein Straferkenntnis nicht auf Grund behördlicher Willkür als solches überschrieben, vielmehr seien die Voraussetzung zur Erlassung von Straferkenntnissen klar in den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes geregelt. Die angefochtene Entscheidung der Erstbehörde stehe daher in klarem Widerspruch zu § 58 AVG und erweise sich sohin als rechtswidrig.

Dem Beschwerdevorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Nach der hg. Judikatur kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Ergibt sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung der verba legalia der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig, dass ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. In jedem Fall aber, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Oktober 2008, Zl. 2008/03/0147, mwN).

Wie sich aus dem sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Beschwerde wiedergegebenen Inhalt der mit "Kostenvorauszahlungsauftrag" überschriebenen Erledigung vom 29. Oktober 2010 ergibt, hat die BH damit den beschwerdeführenden Parteien gestützt auf § 4 Abs. 2 VVG die Vorauszahlung von näher bezifferten Kosten der Ersatzvornahme aufgetragen. Angesichts dieser Formulierung des "Kostenvorauszahlungsauftrags" besteht kein Zweifel, dass die BH damit einen normativen Abspruch getroffen und dabei die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, zumal diese Erledigung nach der unbestrittenen Darstellung im angefochtenen Bescheid auch eine bescheidmäßige Gliederung in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung aufweist. Es liegt daher trotz des Mangels der formellen Bezeichnung ein Bescheid vor.

Auf den in der Beschwerde erhobenen Vorwurf, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die beschwerdeführenden Parteien einen weiteren Antrag auf Erlassung einer Baubewilligung gestellt haben und auch in diesem Verfahren der Verwaltungsgerichtshof eine Entscheidung zu treffen haben werde, ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil im für den hg. Prüfungsmaßstab relevanten Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine rechtskräftige Entscheidung über den Baubewilligungsantrag vorlag. Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 VVG auch zur Rechtslage in Niederösterreich ausgesprochen (hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994, Zl. 94/05/0031), dass ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung eines Bauansuchens vollstreckt werden darf. Nach dem Beschwerdevorbringen wurde das letzte Bauansuchen der Beschwerdeführer in Erschöpfung des innergemeindlichen Instanzenzuges mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 11. Oktober 2010 abgewiesen. Da schon die Erhebung einer Vorstellung nicht den Eintritt der Rechtskraft des bekämpften Bescheides hindert (Mayer, B-VG4, Art. 119a, IV.1), spielt weder der Umstand eine Rolle, dass die hier dagegen erhobene Vorstellung mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 2011 abgewiesen wurde, noch, dass dagegen von den Beschwerdeführern Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde.

Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften enthält die vorliegende Beschwerde im Übrigen kein Vorbringen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den beschwerdeführenden Parteien behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 11. Oktober 2011

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