VwGH 2011/04/0168

VwGH2011/04/016826.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der p GmbH in Salzburg, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg vom 5. August 2011, Zl. 20001-SVKS/93/26-2011, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Salzburger Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde L, vertreten durch Berger & Partner Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, 2. W Genossenschaft in Z), zu Recht erkannt:

Normen

32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BVergG §19 Abs1;
BVergG §19 Abs3;
BVergG §22 Abs1;
BVergG §246 Abs1;
BVergG §246 Abs3;
LVergKG Slbg 2007 §19 Z6;
LVergKG Slbg 2007 §21 Abs1;
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs1;
VwGG §36;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BVergG §19 Abs1;
BVergG §19 Abs3;
BVergG §22 Abs1;
BVergG §246 Abs1;
BVergG §246 Abs3;
LVergKG Slbg 2007 §19 Z6;
LVergKG Slbg 2007 §21 Abs1;
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs1;
VwGG §36;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird - soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides richtet - als unbegründet abgewiesen.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Die Gemeinde L (Auftraggeberin, erstmitbeteiligte Partei) übermittelte am 5. April 2011 an drei gemeinnützige Wohnbauvereinigungen (darunter die zweitmitbeteiligte Partei) jeweils eine Aufforderung zur Angebotslegung mit u.a. folgendem Inhalt:

"Die Gemeinde L stellt derzeit Überlegungen an, mit welchen Finanzierungsformen der Umbau bzw. die Erweiterung des bestehende Altersheims (es sollen drei Hausgemeinschaften mit jeweils 12 Zimmern realisiert werden) samt betreubaren Wohneinheiten durchgeführt werden könnte. Zu diesem Zweck laden wir Sie ein, Angebote zur angeführten Finanzierungsform einzubringen.

Grundlagen zur Angebotslegung:

Die Gemeinde übergibt das gesamte Objekt einschließlich Grundstück in Baurechtsform mit einer Laufzeit von 52 Jahren (2 Jahre Bau und 50 Jahre Abschreibung) und mietet die Räumlichkeiten des Seniorenwohnheims, sowie die Küche für die Zubereitung von 'Essen auf Rädern' an, die Gemeinde erhält auch das Vergaberecht für die betreubaren Wohnungen, welche aber durch den Bieter betrieben werden müssen.

o Vom Land Salzburg, Abt. 10 Wohnbauförderung wird ein vorzeitiger Baubeginn genehmigt, die Förderungsauszahlung wird erst im Jahr 2013 erfolgen. Die Zwischenfinanzierung vom geplanten Baubeginn 2011 bis zur Förderungsauszahlung hat vom Bieter zu erfolgen. Welche Konditionen werden hierfür angeboten?

...

o Für die Festlegung des Baurechtszinses für die betreubaren

Wohneinheiten gelten die Höchstsätze lt.

Wohnbauförderungsabteilung des Landes.

...

Die vorläufigen Gesamtumbaukosten des Objektes einschließlich der erforderlichen Zubauten wurden mit Netto ca. EUR 5.210.000,-

geschätzt. ..."

Eine (öffentliche) Bekanntmachung des Vergabeverfahrens ist nicht erfolgt. Zwei Bauvereinigungen legten ein Angebot. Am 12. Mai 2011 beschloss die erstmitbeteiligte Partei, die Umsetzung des gegenständlichen Projektes in Baurechtsform an die zweitmitbeteiligte Partei als Bestbieter zu übertragen. Mit Schreiben vom 1. Juni 2011 wurde die zweitmitbeteiligte Partei davon informiert.

2. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2011 beantragte die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" bzw. der Wahl des Vergabeverfahrens. Diesbezüglich brachte sie im Wesentlichen vor, dass die erstmitbeteiligte Partei den gegenständlichen Auftrag in einem Verfahren mit Bekanntmachung hätte vergeben müssen. Sie selbst biete die zu vergebenden Leistungen am Markt an und habe daher ein Interesse am Zuschlag dieses Auftrags. Des Weiteren beantragte sie die Feststellung, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war. Es sei ihr nicht bekannt, ob der Zuschlag bereits erfolgt sei.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 brachte die erstmitbeteiligte Partei vor, dass es der Beschwerdeführerin an der Antragslegitimation mangle, weil die Gemeinde verpflichtet gewesen sei, das Projekt durch eine gemeinnützige Bauvereinigung nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) durchführen zu lassen, um Mittel der Wohnbauförderung in Anspruch nehmen zu können. Die Ausführung durch einen privaten Anbieter, der nicht die Anforderungen nach dem WGG erfülle, scheide damit aus.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2011 beraumte der Vergabekontrollsenat des Landes Salzburg (im Weiteren: belangte Behörde) die Verhandlung "über den Antrag betreffend die Nichtigerklärung von Entscheidungen der Antragsgegnerin" an.

Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Stellungnahme vom 13. Juli 2011 - Bezug nehmend auf den Schriftsatz der erstmitbeteiligten Partei - zu ihrer Antragslegitimation aus, dass die Gemeinde "sehr wohl als Förderungswerber die Wohnbauförderung beantragen" und dennoch gewinnorientierte Unternehmen (wie etwa die Beschwerdeführerin) mit den auftragsgegenständlichen Bau- und Dienstleistungen beauftragen könnte. Außerdem beantragte sie die Feststellung, dass die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2011 führte die erstmitbeteiligte Partei aus, dass sich die Gemeinde entschlossen habe, weder als Bauherr aufzutreten noch die Abwicklung der Wohnbauförderung selbst durchzuführen und zu verwalten. Dies vorausgesetzt komme nach den Bestimmungen der §§ 31 und 39 des Salzburger Wohnbauförderungsgesetzes 1990 (im Folgenden: S.WFG 1990) nur die Errichtung durch eine gemeinnützige Bauvereinigung in Betracht. Es könne der Gemeinde nicht auferlegt werden, die Wohnbauförderung selbst zu beantragen und dann mit eigenem Personal zu administrieren, nur um auf diese Weise auch privaten Anbietern die Errichtung des Seniorenwohnheims zu ermöglichen.

Am 18. und am 19. Juli 2011 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der insbesondere die Bürgermeisterin der erstmitbeteiligten Gemeinde und der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin einvernommen wurden.

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2011 legte die Beschwerdeführerin erneut dar, dass ihrer Auffassung nach die Antragslegitimation zu bejahen sei, zumal sie im Fall der Beteiligung am gegenständlichen Vergabeverfahren ein nicht von vornherein aussichtsloses Angebot hätte abgeben können. Unter einem zog sie sämtliche Feststellungsanträge zurück, weil in der mündlichen Verhandlung hervorgekommen sei, dass der Auftrag noch nicht erteilt worden sei.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die beiden Nichtigerklärungsanträge der Beschwerdeführerin zurück (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz der Pauschalgebühr abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführerin aufgetragen, dem Land Salzburg bisher nicht geleistete Pauschalgebühren in Höhe von EUR 12.192,-- zu bezahlen (Spruchpunkt III.).

Die belangte Behörde stellte zunächst den entscheidungserheblichen Sachverhalt und die wesentlichen Inhalte der Schriftsätze der Verfahrensparteien dar. In diesem Zusammenhang hielt sie fest, dass seitens der erstmitbeteiligten Partei der Beschluss gefasst worden sei, das Projekt ausschließlich mit einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung im Wege eines Baurechts umzusetzen, weil es der Gemeinde darauf ankam, Wohnbauförderung zu lukrieren und in weiterer Folge auch den Mietern im Bereich des betreuten Wohnens die Möglichkeit zu geben, Wohnbeihilfe in vollem Umfang zu erhalten. Im Zuge der Darstellung der maßgeblichen Rechtsvorschriften wies die belangte Behörde insbesondere darauf hin, dass die Wohnbeihilfe iSd § 34 S.WFG 1990 nicht "gedeckelt" sei, während die erweiterte Wohnbeihilfe iSd § 48a S.WFG 1990 (die auch für nicht geförderte Wohnungen gewährt werden könne) mit einem fixen Betrag "gedeckelt" sei.

In ihrer rechtlichen Beurteilung hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass der vorliegende Auftrag als Bauauftrag im Oberschwellenbereich zu qualifizieren sei, weil alle wesentlichen Vorgaben wie Planung, Ausstattung und Nutzung von der erstmitbeteiligten Partei kämen. Ein Verbot der Gesamtvergabe - wie dies seitens der Beschwerdeführerin hinsichtlich der gegenständlichen Leistungen behauptet worden sei - lasse sich dem dafür maßgeblichen § 22 Abs. 1 BVergG 2006 nicht entnehmen.

Für die Begründung der Zurückweisung der Nichtigerklärungsanträge stützte sich die belangte Behörde insbesondere auf den Beschluss der erstmitbeteiligten Partei, zum einen das Seniorenheim samt betreutem Wohnen nicht selbst als Bauherr zu errichten und zu betreiben sowie zum anderen für das Vorhaben Mittel der Wohnbauförderung in Anspruch zu nehmen, ohne selbst als Förderungswerber aufzutreten und die Abwicklung der Förderung zu administrieren. Die Inanspruchnahme von Mitteln der Wohnbauförderung erachtete die belangte Behörde als ein berechtigtes Interesse, zumal dadurch für künftige Mieter die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Wohnbeihilfe in uneingeschränktem Ausmaß gemäß § 34 S.WFG 1990 sichergestellt werde. Bei einer Errichtung der gegenständlichen Anlage durch einen gewerblichen Bauträger könnten die künftigen Bewohner hingegen lediglich die - gedeckelte - erweiterte Wohnbeihilfe iSd § 48a S.WFG 1990 in Anspruch nehmen.

Es gebe - so die belangte Behörde weiter - hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung allein im Bundesland Salzburg sechs anerkannte gemeinnützige Bauvereinigungen, sodass für die nachgefragte Leistung ein Wettbewerb möglich sei. Demgegenüber sei die Beschwerdeführerin (als gewerblicher Bauträger) weder in der Lage, der erstmitbeteiligten Partei die Mittel der Wohnbauförderung zu verschaffen, noch sicherzustellen, dass den Mietern Wohnbeihilfe in vollem Umfang zukommen werde. Der Beschwerdeführerin fehle somit "eine grundlegende Eignung für die Erbringung der verlangten Leistung". Da die Beschwerdeführerin aus gesetzlichen Gründen die von der erstmitbeteiligten Gemeinde verlangte Leistung nicht erbringen könne, könne ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit weder ein Schaden entstehen noch drohen. Es fehle ihr die Antragslegitimation, sodass der Antrag auf Nichtigerklärung zurückzuweisen gewesen sei. Damit würden sich weitere Ausführungen dazu erübrigen, dass die erstmitbeteiligte Partei angesichts eines Beschaffungsvorgangs, der als Bauauftrag im Oberschwellenbereich zu qualifizieren sei, ein nicht dem Gesetz entsprechendes Vergabeverfahren gewählt habe.

Zur Höhe der von der Beschwerdeführerin geschuldeten Pauschalgebühr hielt die belangte Behörde Folgendes fest: Die Pauschalgebühr für den eingebrachten Feststellungsantrag betrage EUR 5.188,--. Für eine Reduktion dieser Gebühr infolge der Antragszurückziehung bleibe kein Raum, weil sich die Regelung des § 19 Z 6 des Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2007 ausschließlich auf Nachprüfungsanträge beziehe. Eine Reduktion von Gebühren im Zusammenhang mit der Zurückziehung von Feststellungsanträgen sei nicht vorgesehen.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift. Die Beschwerdeführerin erstattete dazu eine Stellungnahme.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, soweit - wie vorliegend - durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, in dem mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshofs anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.

2.1. Der angefochtene Bescheid wurde am 5. August 2011 zugestellt. Angesichts dessen ist das Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2007 (S.VKG 2007) LGBl. Nr. 28 in der Fassung LGBl. Nr. 35/2010 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

"Zuständigkeit

§ 14

...

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist der Vergabekontrollsenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz 2006 und den dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig:

  1. 1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen,
  2. 2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer

    Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006, BGBl I Nr 17) des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

    ..."

    "Gebühren

    § 19

    Für Anträge gemäß den §§ 21 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 32 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

    ...

    6. Wird ein Antrag vor Kundmachung der Anberaumung

    einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 5 oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Bescheides zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 50 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 4 reduzierten Gebühr zu entrichten. Wird ein Antrag nach Kundmachung der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 5, aber vor Durchführung der mündlichen Verhandlung zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 80 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 4 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind rückzuerstatten."

"Einleitung des Verfahrens

§ 21

(1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw bis

zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert

anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren

wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem

Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2006 unterliegenden

Vertrages behauptet und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein

Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

..."

"Einleitung des Verfahrens

§ 32

(1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2006 unterliegenden Vertrages hatte, kann, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass

  1. 1. ...
  2. 2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz 2006, die dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war;

    3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 bzw § 272 BVergG 2006 wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz 2006, die dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war;

    ..."

2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des S.WFG 1990 LGBl. Nr. 1/1991 idF LGBl. Nr. 31/2009 lauten auszugsweise wie folgt:

"Zielsetzung; Förderungsgegenstände; Grundsätze und allgemeine Förderungsvoraussetzungen

§ 1

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, der Bevölkerung des Landes Salzburg durch finanzielle Hilfen (Förderung) die Beschaffung von qualitativ gutem Wohnraum in einer gesunden und vielfältig gestalteten Wohnumwelt zu tragbaren Bedingungen zu ermöglichen.

(2) In Verfolgung dieses Zieles werden nach Maßgabe der gemäß § 2b zur Verfügung stehenden Mittel gefördert:

1. die Errichtung von Wohnungen und Wohnheimen,

2. die Sanierung von Wohnhäusern, Wohnungen und

Wohnheimen;

3. der Erwerb von Wohnungen.

..."

"Allgemeine Begriffsbestimmungen; Verweisungen § 6

(1) Im Sinne dieses Gesetzes gelten:

...

21. als betreutes Wohnen: ein Wohngebäude, das

barrierefrei errichtet und vorrangig zur Benützung durch Menschen mit Behinderung oder ältere Menschen bestimmt ist und für das die Gemeinde ein vorrangiges Einweisungsrecht besitzt, wenn die je nach Bedarf notwendigen Grundversorgungsleistungen für die Bewohner gemäß einem Betreuungskonzept sichergestellt sind.

..."

"Wohnbeihilfe

§ 34

(1) Die Wohnbeihilfe ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuß, der bei einer unzumutbaren Belastung des Mieters durch den Wohnungsaufwand einer geförderten Mietwohnung gewährt werden kann. Keine Wohnbeihilfe wird in den Fällen des § 31 Abs. 2 Z 4 lit. a sublit. bb, dd, ee und ff gewährt.

..."

"Förderungsvoraussetzungen

§ 39

(1) Eine Förderung für die Errichtung oder umfassende Sanierung von Wohnheimen kann gewährt werden:

1. Gemeinden, Gemeindeverbänden nach dem Salzburger

Gemeindeverbändegesetz sowie juristischen Personen im

Alleineigentum von Gemeinden;

2. gemeinnützigen Bauvereinigungen nach dem

Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz;

(2) Die Förderung setzt weiter voraus, dass der Förderungswerber Eigentümer der Bauliegenschaft ist oder ein Baurecht daran eingeräumt erhalten hat. Für gemeinnützige Bauvereinigungen gilt außerdem § 31 Abs. 4 sinngemäß.

..."

"Erweiterte Wohnbeihilfe

§ 48a

(1) Die erweiterte Wohnbeihilfe ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuss, der Hauptmietern (§ 2 MRG) einer nicht geförderten Wohnung gewährt werden kann, wenn diese durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet sind.

..."

"§ 48b

(1) Die erweiterte Wohnbeihilfe wird in der Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem zu leistenden Hauptmietzins, der auf die förderbare Nutzfläche (§ 10 Abs. 1, 2, 3 und 5) entfällt, und dem zumutbaren Wohnungsaufwand (§ 36 Abs. 2) gewährt.

(2) Die Landesregierung kann für die Wohnbeihilfe nach diesem Abschnitt einen Mindestbetrag, bei dessen Nichterreichen keine Wohnbeihilfe gewährt wird, und einen Höchstbetrag durch Verordnung festlegen.

..."

3. Zur Zurückweisung der Nachprüfungsanträge (Spruchpunkt I.):

3.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, es mangle ihr an der Antragslegitimation. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach sie keine gemeinnützige Bauvereinigung sei, weist sie darauf hin, dass die bekämpfte Aufforderung zur Angebotsabgabe (oder sonst ein Dokument dieses Vergabeverfahrens) ein derartiges Eignungskriterium nicht kenne. Für die Frage der Eignung komme es aber auf das konkret durchgeführte Vergabeverfahren und die konkret bekämpfte Aufforderung zur Angebotsabgabe an. Darüber hinaus wäre ein derartiges Eignungskriterium nicht zulässig im Sinn des BVergG 2006. Die Beschränkung des Bieterkreises auf Unternehmer, die Mittel aus dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz lukrieren können, würde insbesondere gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Weiters moniert die Beschwerdeführerin, die erstmitbeteiligte Partei habe die Beteiligungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin von den wirtschaftlichen Erfolgsaussichten ihres Angebotes abhängig gemacht. Mangels Teilnahmemöglichkeit sei aber nicht feststellbar gewesen, welches Angebot die Beschwerdeführerin tatsächlich abgegeben hätte.

3.2. Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat die erstmitbeteiligte Partei den Beschluss gefasst, dass für die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Wohnheims Wohnbauförderung in Anspruch genommen werden soll. Weiters wurde der Beschluss gefasst, die Förderung nicht selbst zu beantragen und die Abwicklung der Förderung nicht selbst zu administrieren, weshalb für die Durchführung nur gemeinnützige Bauvereinigungen nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz in Betracht kamen. Darüber hinaus hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, dass im Bundesland Salzburg zumindest sechs gemeinnützige Bauvereinigungen bescheidmäßig anerkannt sind.

Es ist grundsätzlich Sache des öffentlichen Auftraggebers, die Mindestanforderungen der Leistung, die er beschaffen will, festzulegen. Wesentlich ist aber im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Bieter, dass die vom öffentlichen Auftraggeber ausgeschriebenen Leistungen eindeutig, vollständig und neutral beschrieben sind bzw. nicht so umschrieben sind, dass bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbsvorteile genießen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. April 2013, Zl. 2011/04/0042, mwN).

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Inanspruchnahme von Mitteln der Wohnbauförderung für die Errichtung eines Wohnheims als berechtigtes Interesse der erstmitbeteiligten Partei ansah. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf ihre - auch ohne Inanspruchnahme von Wohnbauförderung - bestehende wirtschaftliche Chance auf Zuschlagserteilung verweist, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:

Die belangte Behörde hat zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Entscheidung der erstmitbeteiligten Partei, das Projekt unter Inanspruchnahme von Mitteln der Wohnbauförderung durchzuführen, nicht allein der dadurch erzielbare Preis maßgeblich war. Ausschlaggebend war vielmehr auch, dass die Mieter der betreuten Wohnungen, deren Interessen die erstmitbeteiligte Partei in den Blick nehmen durfte, nur dann uneingeschränkt Wohnbeihilfe beziehen können, wenn der Bau unter Inanspruchnahme von Wohnbauförderung errichtet worden ist.

Auch die Entscheidung der erstmitbeteiligten Partei, die Förderung - angesichts des damit verbundenen Aufwandes - nicht selbst zu beantragen bzw. abzuwickeln, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sachlich rechtfertigbar. Ausgehend davon vermag der Verwaltungsgerichtshof in einer Festlegung des Auftragsgegenstandes, der zufolge die Beantragung und administrative Abwicklung der Wohnbauförderung durch den Auftragnehmer erfolgen soll, keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu erkennen. Auch erscheint fallbezogen durch den in Frage kommenden Bieterkreis ein echter Wettbewerb gewährleistet.

3.3. Auch mit ihrem Argument, eine Vorgabe, der zufolge der Bieter eine gemeinnützige Bauvereinigung sein müsse, stehe nicht mit den Eignungskriterien gemäß den §§ 70 ff BVergG 2006 in Einklang, zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gegenständlich wurde seitens der erstmitbeteiligten Partei die Entscheidung getroffen, die Beantragung und Abwicklung der Wohnbauförderung nicht selbst vorzunehmen, sondern (mit) auszuschreiben und somit zum Bestandteil des Auftragsgegenstandes zu machen. Auch wenn diese Festlegung (auf Grund der Bestimmungen des WGG) zur Folge hat, dass sich fallbezogen nur gemeinnützige Bauvereinigungen am Vergabeverfahren beteiligen können, handelt es sich dabei nicht um eine Eignungsanforderung, sondern um eine Vorgabe betreffend die zu erbringende Leistung. Somit ist diese Auftraggeberfestlegung auch nicht daran zu messen, ob es sich um ein zulässiges Eignungskriterium iSd BVergG 2006 handelt. Da die Anforderung an die Bieter hinsichtlich der Möglichkeit, Wohnbauförderung zu erhalten, aus einer als zulässig erachteten Umschreibung des Leistungsgegenstandes resultiert, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Vorgehensweise der erstmitbeteiligten Partei auch keinen Verstoß gegen § 19 Abs. 3 BVergG 2006, wonach eine Beschränkung der Teilnahme auf einzelne Berufsstände unzulässig sei, zu erkennen.

3.4. Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass die gegenständlichen Bau- und Dienstleistungen "nicht untrennbar miteinander verbunden" seien und eine getrennte Vergabe aus Gründen der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit "unter Umständen" sogar geboten wäre.

Gemäß § 22 Abs. 1 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17 idF BGBl. I Nr. 86/2007, können Leistungen gemeinsam oder getrennt vergeben werden. Für die Gesamtvergabe oder getrennte Vergabe von Leistungen sind wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte, wie zB die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausführung und einer eindeutigen Gewährleistung, maßgebend. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 8. Oktober 2010, Zl. 2007/04/0188, unter Bezugnahme auf den Erwägungsgrund 9 zur Richtlinie 2004/18/EG ("Diese Richtlinie bezweckt nicht, eine gemeinsame oder eine getrennte Vergabe vorzuschreiben.") festgehalten, dass der öffentliche Auftraggeber selbst entscheiden kann, ob er ein Vergabevorhaben in einem oder getrennt vergeben will. Die Beschwerdeführerin vermag mit dem dargestellten Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass die von der erstmitbeteiligten Partei getroffene Entscheidung, die nachgefragte Leistung zur Gänze aus einer Hand zu beziehen, unsachlich oder willkürlich wäre. Auch wird nicht erfolgreich dargetan, dass die Ermessensentscheidung zugunsten einer Gesamtvergabe nach wirtschaftlichen oder technischen Gesichtspunkten nicht vertretbar wäre.

3.5. Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung des vorliegenden Auftragsgegenstandes ein Schaden nicht entstehen oder drohen könnte, weil sie nicht in der Lage gewesen wäre, die nachgefragte Leistung in ihrer Gesamtheit - somit einschließlich der Beantragung und Abwicklung von Wohnbauförderung für das zu errichtende Wohnheim - zu erbringen.

3.6. Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Nichtigerklärungsanträge (Spruchpunkt I.) und die davon abhängende Abweisung des Antrags auf Pauschalgebührenersatz (Spruchpunkt II.) richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Zur Festsetzung der Pauschalgebühr (Spruchpunkt III.):

Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen die Festsetzung der Höhe der Pauschalgebühr und insbesondere gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass die Regelung der Pauschalgebührenreduktion gemäß § 19 Z 6 S.VKG 2007 auf Nachprüfungsanträge eingeschränkt sei. Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogene Argument, § 19 Z 6 S.VKG 2007 beziehe sich nur auf Nachprüfungsanträge, findet im Wortlaut dieser Bestimmung keine Deckung. Jedenfalls in einer Konstellation, in der keine Verhandlung durchgeführt wurde, führt die Zurückziehung eines Feststellungsantrags vor Erlassung des Bescheides zu einer Reduktion der Pauschalgebühr. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift - abweichend von ihrer Begründung im angefochtenen Bescheid - nunmehr vorbringt, dass im vorliegenden Fall die Verhandlung uneingeschränkt für alle Anträge des Beschwerdeführers anberaumt worden sei, weshalb § 19 Z 6 S.VKG 2007 nicht zur Anwendung komme, ist ihr - abgesehen davon, dass die Gegenschrift nicht der Ergänzung der Begründung des angefochtenen Bescheides dient (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 97/06/0048) - entgegenzuhalten, dass die Anberaumung der mündlichen Verhandlung laut Verwaltungsakt für "den Antrag betreffend die Nichtigerklärung von Entscheidungen" erfolgt ist. Davon ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, die Feststellungsanträge seien davon umfasst gewesen, nicht zu teilen.

Bereits ausgehend davon war der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Gemäß § 50 VwGG war der Beschwerdeführerin ungeachtet dessen, dass der angefochtene Bescheid nur teilweise aufgehoben wurde, der Aufwandersatz im beantragten Umfang zuzusprechen.

Wien, am 26. Februar 2014

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