VwGH 2011/01/0217

VwGH2011/01/021720.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der H O in S, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 28. April 2011, Zl. 20052-22139/7-2011, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2009/I/122;
StbG 1985 §10 Abs5;
ASVG §293;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2009/I/122;
StbG 1985 §10 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.211,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der Türkei, vom 21. Juli 2010 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 39 iVm § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 122/2009; im Folgenden: StbG) ab. Weiters wurden die Erstreckungsanträge der am 16. August 1996 und am 30. Mai 2007 geborenen minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, die gemäß § 293 ASVG erforderlichen Richtsätze würden durch "die Einkünfte der Familie O" nicht erreicht, der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin sei somit nicht gesichert. Bei einem gemeinsamen Haushalt von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten sei unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltseinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreiche. Die Berechnung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG für den Zeitraum von März 2008 bis Februar 2011 - durch Gegenüberstellung der Richtsätze gemäß § 293 ASVG für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar mit zwei Kindern mit den tatsächlichen Einkünften abzüglich der Miete, wobei einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt bleibe - habe ergeben, dass die tatsächlichen Einkünfte der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes die erforderlichen Richtsätze im Durchschnitt der letzten drei Jahre um monatlich EUR 346,01 nicht erreicht hätten.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt der letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen.

Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, die von der belangten Behörde angenommenen Differenzbeträge seien nicht nachvollziehbar. Nach der eigenen Berechnung der Beschwerdeführerin ergebe sich - unter Berücksichtigung des "Karenzgeldes", des Kinderabsetzbetrages und der Familienbeihilfe für zwei Kinder - für das (gesamte) Jahr 2008 ein Einkommen von EUR 20.053,61, für das Jahr 2009 ein Einkommen von EUR 15.403,92 und für das Jahr 2010 ein Einkommen von EUR 14.125,28. Das Jahr 2011 sei (bis dahin) zu kurz, um das Einkommen der Beschwerdeführerin beurteilen zu können. Insgesamt würden die Einkünfte in der Höhe von EUR 49.564,81 somit das von der belangten Behörde anhand der Richtsätze herangezogene notwendige Einkommen (EUR 12.852,60 für 2008, EUR 15.839,76 für 2009 und EUR 16.077,24 für 2010, insgesamt somit EUR 44.769,60) übersteigen. Die Familienbeihilfe sei im Staatsbürgerschaftsverfahren der Person, zu deren Haushalt die Kinder gehörten, für die sie gewährt werde, zu berücksichtigen, insbesondere wenn der Antrag "mit Erstreckung auf die Kinder" gestellt werde. Es verstehe sich von selbst, dass die Familienbeihilfe ihrem Zweck zufolge nicht für den Fremden ausgegeben werden solle, sondern für die Kinder.

Zu diesem Vorbringen ist Folgendes auszuführen:

Zunächst kann der belangten Behörde - entgegen dem Beschwerdevorbringen, das Jahr 2011 sei bis zum Entscheidungszeitpunkt zur Beurteilung des Einkommens der Beschwerdeführerin noch "zu kurz" gewesen - nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Einkommen der Beschwerdeführerin im Zeitraum März 2008 bis Februar 2011 den für diesen Zeitraum maßgeblichen Richtsätzen gegenüberstellte, der Beschwerdeführerin zu dieser Berechnung Parteiengehör gewährte und diese sodann ihrer Entscheidung (dem Bescheid vom 28. April 2011) zugrunde legte. Aus der Bestimmung des § 10 Abs. 5 StbG, wonach vom Staatsbürgerschaftswerber feste und regelmäßige Einkünfte zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt der letzten drei Jahre nachzuweisen sind, kann nämlich nicht abgeleitet werden, dass die Berechnung dieser Einkünfte ausschließlich für ganze Jahre vorzunehmen ist (vgl. zur Berechnung des gesicherten Lebensunterhalts gemäß § 10 Abs. 5 StbG idF BGBl. I Nr. 122/2009 das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, Zl. 2010/01/0057).

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Berechnung den von der belangten Behörde angenommenen Richtsätzen für März bis Dezember 2008 (zehn Monate) fälschlich ihr Einkommen für das gesamte Jahr 2008 (zwölf Monate) gegenüberstellt.

Die von der belangten Behörde angenommenen Einkünfte der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes (das "Familieneinkommen") werden von der Beschwerde nicht konkret bestritten, sondern als Ausgangswerte der eigenen Berechnung herangezogen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist darin nach der Berechnung der belangten Behörde das Kinderbetreuungsgeld aber bereits enthalten.

In der Beschwerde wird jedoch vorgebracht, dass auch die Familienbeihilfe - über deren Bezug durch den Ehemann der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren eine Bestätigung vorgelegt wurde - sowie der Kinderabsetzbetrag als (weiteres) Einkommen der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen gewesen wären.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG sind zur Berechnung des Lebensunterhalts eines Staatsbürgerschaftswerbers eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen heranzuziehen, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen müssen. Zur Frage, ob die Familienbeihilfe als Einkommen im Sinn des § 10 Abs. 5 StbG anzusehen ist, ist somit zunächst festzuhalten, dass diese keine Sozialhilfeleistung im Sinn dieser Bestimmung darstellt.

Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift auf das hg. Erkenntnis vom 22. März 2011, Zl. 2007/18/0689. In diesem Erkenntnis, dem die Ausweisung einer Fremden nach Nichtverlängerung ihrer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mangels hinreichend gesichertem Lebensunterhalt zugrunde lag, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Berücksichtigung der dem Sohn der Fremden für seine minderjährigen Kinder ausbezahlten Familienbeihilfe bei der Beurteilung der Tragfähigkeit seiner für seine Mutter abgegebenen Haftungserklärung (zur Bestimmung des § 11 Abs. 5 NAG) ausgeführt:

"Gemäß der vorliegend relevanten Bestimmung des § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. 376 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 24. August 2007 geltenden Fassung BGBl I Nr. 24/2007 (im Folgenden: FLAG), hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in Abs. 1 leg. cit. genanntes Kind (hier: minderjährige Kinder iSd § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.) grundsätzlich die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Gemäß § 12a FLAG gilt die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dient die Familienbeihilfe sowohl der Familienförderung als auch - was bei getrennter Haushaltsführung Bedeutung erlangt - als Instrument steuerlicher Entlastung des Unterhaltspflichtigen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom 19. Juni 2002, VfSlg. 16.562).

Ferner hat der Verfassungsgerichtshof die Berücksichtigung der Familienbeihilfe (beim Einkommen des Hilfeempfängers) zur (teilweisen) Finanzierung von Maßnahmen der Sozial- und Behindertenhilfe zwar grundsätzlich - nämlich dann, wenn durch die Maßnahme der Lebensunterhalt (einschließlich Unterbringung und Verpflegung) vollends gesichert ist - als zulässig erkannt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 1996, VfSlg. 14.563, mwN; vgl. in diesem Zusammenhang zu einem Fall der Grundsicherung auch das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2010, Zl. 2008/10/0126, sowie die darin zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes).

Im vorliegenden Verfahren ist jedoch die Frage zu beantworten, ob die dem Sohn der Beschwerdeführerin für seine minderjährigen Kinder ausbezahlte Familienbeihilfe zur Gewährleistung des notwendigen Unterhaltes der Beschwerdeführerin herangezogen werden darf.

Der Verfassungsgerichtshof hat im bereits zitierten Erkenntnis VfSlg. 14.563/1996 darauf hingewiesen, dass die Familienbeihilfe als Betreuungshilfe gedacht ist, die ausschließlich für jene Person, für die sie bezahlt wird, zu verwenden ist.

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2005/10/0194, mwN, ausgesprochen, dass die Familienbeihilfe ausschließlich für den Unterhaltsberechtigten zu verwenden ist und der vom Gesetzgeber mit den Regelungen des FLAG verfolgte Zweck in einem Beitrag zu den mit der Versorgung, Erziehung und Berufsausbildung von Kindern verbundenen Lasten durch die öffentliche Hand liegt. Ferner hat er im Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, Zl. 2006/10/0200, judiziert, dass der Grundbetrag der Familienbeihilfe gewährt wird, um einen Beitrag zu den Aufwendungen zu leisten, die mit dem Kindesunterhalt im Allgemeinen verbunden sind.

Mit Erkenntnis vom 18. Februar 2010, 2009/22/0026, hat der Verwaltungsgerichtshof das Kinderbetreuungsgeld als einen bei der Berechnung des 'Haushaltseinkommens' gemäß § 11 Abs. 5 NAG zu berücksichtigenden Einkommensbestandteil qualifiziert und dies unter anderem unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes damit begründet, dass das Kinderbetreuungsgeld jenen Eltern(teilen) gewährt werden soll, die bereit sind, die Berufstätigkeit im Hinblick auf die Kinderbetreuung einzuschränken oder gänzlich aufzugeben. Diese Begründung ist auf die Familienbeihilfe, die - wie dargelegt - andere Zwecke verfolgt, jedoch nicht übertragbar.

Der gesetzgeberische Wille, die Familienbeihilfe ausschließlich für jene Personen zu verwenden, für die sie bezahlt wird, erlaubt es somit - in einem Fall wie dem vorliegenden - nicht, bei der Prüfung des Nachweises ausreichender Unterhaltsmittel für den Fremden (hier: der 'Tragfähigkeit' der Haftungserklärung des Zusammenführenden) die dem Zusammenführenden für seine minderjährigen Kinder gewährte Familienbeihilfe zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf den beschriebenen Zweck der Familienbeihilfe führt auch die in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits dargelegte Intention des Gesetzgebers des § 11 Abs. 5 NAG, die (lediglich) in der Sicherstellung der Deckung des Unterhaltes des Nachziehenden ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen und nicht in einer Schutzfunktion gegenüber dem Zusammenführenden besteht, dem nicht abgesprochen werden kann, zugunsten des nachziehenden Angehörigen seine eigenen Bedürfnisse auf das Mindestmaß zu beschränken und sein darüber hinausgehendes Einkommen zur Verfügung zu stellen (vgl. erneut das hg. Erkenntnis, Zl. 2008/22/0632), zu keinem anderen Ergebnis.

Zu beachten ist jedoch, dass gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a Einkommenssteuergesetz 1988 (EStG), BGBl. Nr. 400 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 24/2007, einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich EUR 50,90 für jedes Kind zusteht. Auf diesen - im angefochtenen Bescheid ebenfalls erwähnten - Kinderabsetzbetrag treffen die obigen zur Familienbeihilfe getroffenen Überlegungen nicht zu, weshalb er bei der Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens iSd § 11 Abs. 5 NAG berücksichtigt werden kann."

Zusammengefasst geht der Verwaltungsgerichtshof zu den Bestimmungen des NAG somit davon aus (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 10. Mai 2011, Zl. 2007/18/0754, und vom 22. September 2011, Zl. 2009/18/0121), dass aufgrund der Zweckbindung der Familienbeihilfe für den Unterhalt der Kinder, für die sie gewährt wird, die dem Zusammenführenden für seine minderjährigen Kinder gewährte Familienbeihilfe (auch in dem über den maßgeblichen Richtsätzen des § 293 ASVG liegenden Ausmaß) nicht zum Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel für einen "nachziehenden" Fremden (zur Beurteilung der Tragfähigkeit der Haftungserklärung des Zusammenführenden) herangezogen werden darf.

Nun trifft es zu, dass der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. Nr. 37/2006, mit der auch die Bestimmungen des StbG über den hinreichend gesicherten Lebensunterhalt novelliert wurden, unter anderem das Ziel zugrunde lag, das StbG an das NAG anzupassen, so dass es zu keinen Wertungswidersprüchen kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2012, Zl. 2009/01/0036, mit Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, ErlRV 1189 BlgNR 22. GP, S. 3). Ebenso wird in den Erläuterungen zur Novellierung des § 10 Abs. 5 StbG durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I Nr. 122, ausgeführt, diese Änderungen folgten der korrespondierenden Bestimmung des § 11 Abs. 5 NAG (ErlRV 330 BlgNR 24. GP, S. 56).

Im gegenständlichen Fall ist zur Frage der Übertragbarkeit der Judikatur zu § 11 Abs. 5 NAG auf die Rechtslage nach § 10 Abs. 5 StbG allerdings zu berücksichtigen, dass dem zitierten Erkenntnis vom 22. März 2011, Zl. 2007/18/0689, insofern eine andere Konstellation zugrunde lag, als es dort - wie dargestellt - um einen "Nachzugsfall" (Versagung einer Niederlassungsbewilligung - Angehöriger nach § 47 Abs. 3 NAG) ging. Der Unterhalt der volljährigen Nachziehenden musste in dem dort zugrunde liegenden Fall - mangels Anwendbarkeit des "Familienrichtsatzes" gemäß § 293 ASVG - jedenfalls in Höhe des einfachen Ausgleichszulagenrichtsatzes zur Verfügung stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0632). Soweit der Unterhalt der Fremden von ihrem Sohn bestritten wurde, war bei der Prüfung der Tragfähigkeit seiner Haftungserklärung zu beachten, dass ihm und seiner Familie seinerseits ein Einkommen in Höhe des "Haushaltsrichtsatzes" gemäß § 293 ASVG zu verbleiben hatte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637).

Diese spezielle (niederlassungsrechtliche) Fallkonstellation berücksichtigend kann aber - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die dargestellte Einschränkung, wonach die Familienbeihilfe bei der Prüfung des Nachweises ausreichender Unterhaltsmittel für einen Fremden aufgrund ihrer Zweckbindung außer Betracht zu bleiben hat, auf den Anwendungsbereich des StbG dort nicht übertragen werden, wo es nicht um die Gewährung von Unterhalt an eine nicht dem Haushalt (von Ehegatten und Kindern), für den der Lebensunterhalt nach dem Familienrichtsatz des § 293 ASVG zu beurteilen ist, angehörende Person geht, sondern allein das für den Staatsbürgerschaftswerber selbst maßgebliche Haushaltseinkommen zu beurteilen ist, wird hier doch - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - die Familienbeihilfe unzweifelhaft für die im selben Haushalt lebenden Kinder (die zudem hier die Erstreckung der der Beschwerdeführerin zu verleihenden Staatsbürgerschaft beantragt haben) verwendet. Eine Unterscheidung zwischen dem Einkommen, das dem Staatsbürgerschaftswerber zur Verfügung stehen muss, und jenem, das dem Haushalt, in dem die Kinder leben, für die Familienbeihilfe bezogen wird, zu verbleiben hat, ist hier nicht möglich.

Aus dem Zweck der Familienbeihilfe, wonach sie ausschließlich für jene Personen zu verwenden ist, für die sie bezahlt wird, ergibt sich somit im Ergebnis dann keine Einschränkung ihrer Berücksichtigung für das maßgebliche Einkommen gemäß § 10 Abs. 5 StbG iVm § 293 ASVG, wenn der hinreichend gesicherte Lebensunterhalt des Staatsbürgerschaftswerbers anhand des Einkommens jenes (desselben) Haushaltes zu beurteilen ist, in dem auch die Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird, leben.

Ist aber aus der dargestellten Rechtsprechung, wonach hinsichtlich der Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Beurteilung des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes zu bedenken ist, dass diese ihrem Zweck zufolge allein für jene Personen zu verwenden ist, für die sie bezahlt wird, nichts zu gewinnen, ist nicht ersichtlich, dass die Familienbeihilfe vom (weiten) Begriff der eigenen Einkünfte ("eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen") in § 10 Abs. 5 StbG nicht umfasst wäre, beinhaltet diese Bestimmung doch eine ausdrückliche Einschränkung nur für die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften (vgl. zur Berücksichtigung der Familienbeihilfe als Einkommen gemäß § 10 Abs. 5 StbG auch - allerdings ohne nähere Begründung - Fessler/Keller/Pommerening-Schober/Szymanski, Staatsbürgerschaftsrecht, 7. Auflage (2006), S. 105).

Da die belangte Behörde somit bei der Berechnung des für den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin maßgeblichen Haushaltseinkommens die Familienbeihilfe - sowie den Kinderabsetzbetrag, wobei nach Berechnung der belangten Behörde in der Gegenschrift bei dessen Berücksichtigung ein monatlicher Fehlbetrag von (nur mehr) EUR 229,21 im Durchschnitt der letzte drei Jahre gegeben sei - fälschlich nicht berücksichtigt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - im beantragten Ausmaß - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. Juni 2012

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