VwGH 2010/22/0134

VwGH2010/22/013418.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des D, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 13. Juli 2010, Zl. E1/80/2/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
NAG 2005 §44 Abs4;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
NAG 2005 §44 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen ghanaischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus Österreich aus.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am 30. Dezember 2002 illegal eingereist sei und am 3. Jänner 2003 einen Asylantrag gestellt habe. Dieser sei mit Bescheid vom 2. Juli 2003 gemäß "§§ 7 und 8 Asylgesetz 1997" in erster Instanz abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Berufung habe der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Jänner 2009 als unbegründet abgewiesen, der Verfassungsgerichtshof habe die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt. Das "negativ abgeschlossene" Asylverfahren sei am 26. Jänner 2009 in Rechtskraft erwachsen. Seither sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht mehr rechtmäßig.

Der Beschwerdeführer habe am 12. Oktober 2009 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 44 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG (laut vorgelegten Verwaltungsakten: § 44 Abs. 4 NAG) gestellt. Der Beschwerdeführer hätte sich bereits seit der asylbehördlichen Entscheidung in erster Instanz bewusst sein müssen, dass ihm in Österreich kein weiterer Verbleib aus asylrechtlichen Gründen gewährt werde, was sich im weiteren Instanzenzug bestätigt habe.

Der Beschwerdeführer habe kein Familienleben in Österreich, habe am Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können und großteils von der öffentlichen Hand gelebt. Seit 1. Jänner 2008 sei er als Selbständiger gemeldet, habe jedoch seit 1. Juni 2009 keine Beiträge bezahlt. Nachweise über Grundkenntnisse der deutschen Sprache habe der Beschwerdeführer nicht vorlegen können. Der Beschwerdeführer habe seine ersten 28 Lebensjahre in seinem Heimatland verbracht, wo sich auch seine Eltern und sein mittlerweile 9-jähriger Sohn aufhielte. Der Beschwerdeführer halte telefonischen Kontakt zu seinem Vater.

Der Beschwerdeführer sei vom Bezirksgericht S im Oktober 2009 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Die Ausweisung sei zur Erreichung der in Art. 8 EMRK genannten Ziele zulässig, weil der Asylantrag nicht gerechtfertigt gewesen sei, der Beschwerdeführer sich nicht im österreichischen Arbeitsmarkt habe integrieren können, keine weiteren "Integrationskomponenten" bestünden, der Beschwerdeführer erst vor drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei und in seinem Heimatstaat seine Eltern sowie sein Sohn lebten, während in Österreich keine privaten oder familiären Bindungen bestünden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde und er bringt auch nicht vor, über eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich zu verfügen. Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG in der Stammfassung erfüllt sei, keinen Bedenken.

An der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG vermag auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 4 NAG nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2011, Zl. 2010/22/0120 u.a., mwN). Die belangte Behörde war daher - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - nicht verpflichtet, mit der Erlassung der gegenständlichen Ausweisung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufenthaltstitelverfahrens zuzuwarten.

Soweit der Beschwerdeführer damit argumentiert, sämtliche Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 NAG zu erfüllen, was die belangte Behörde als Vorfrage hätte prüfen müssen, ist ihm entgegenzuhalten, dass für die Frage der Zulässigkeit einer Ausweisung unter dem Blickwinkel des § 66 FPG und für die Frage des Vorliegens eines (wegen des erreichten hohen Integrationsgrades) besonders berücksichtigungswürdigen "Altfalles" im Sinne des § 44 Abs. 4 NAG jeweils ein unterschiedlicher Beurteilungsmaßstab gilt (siehe dazu grundlegend Punkt 4.3.3. der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 22. Oktober 2009, ZL. 2009/21/0293). Gemäß § 44 Abs. 5 NAG begründen Anträge gemäß Abs. 4 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Doch sind sie für die Frage bedeutsam, ob während des bei der Niederlassungsbehörde anhängigen Verfahrens eine zwangsweise Durchsetzung des Ausreisebefehls zulässig ist (vgl. das schon angeführte Erkenntnis vom 22. Juli 2011, mwN).

Auch das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung nach § 66 FPG ist nicht zu beanstanden.

Die belangte Behörde berücksichtigte, dass der Beschwerdeführer seit 30. Dezember 2002 in Österreich aufhältig ist, hier allerdings kein Familienleben besteht, dass er sich in den österreichischen Arbeitsmarkt nicht eingliedern konnte und seit 1. Jänner 2008 als Selbständiger gemeldet ist. Besonderes Augenmerk durfte die belangte Behörde darauf richten, dass der lange inländische Aufenthalt bis zur rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages nur vorläufig rechtmäßig war und sich der Beschwerdeführer von seinem unsicheren Aufenthaltsstatus auszugehen hatte. Soweit der Beschwerdeführer von der belangten Behörde die Überprüfung verlangt, ob die von ihm im Asylverfahren vorgetragenen Fluchtgründe doch vorgelegen wären, kommt er damit nicht darüber hinweg, dass ihm auf Grund der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages die Ungewissheit seines weiteren rechtlichen Schicksals vor Augen trat. Mag der Beschwerdeführer auch subjektiv auf den Erfolg seiner Rechtsmittel gehofft haben, so ist kein Grund ersichtlich, dass er deswegen auf einen dauerhaften Verbleib in Österreich hätte vertrauen dürfen. Eine rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung lastete die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht an und wäre für die Beurteilung nach § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG auch nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, Zl. 2009/21/0348, mwN). Die lange Dauer des Asylverfahrens verstärkt zwar das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet, ändert jedoch nichts am öffentlichen Interesse an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Vorschriften. Dieses erfordert grundsätzlich, dass Fremde nach Ablehnung ihrer Asylanträge den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise wiederherstellen.

Da der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen in Österreich aufweist, über keine entscheidungswesentliche berufliche Integration im Inland verfügt und nicht unbescholten ist, durfte die belangte Behörde das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich gegenüber dem besagten öffentlichen Interesse in den Hintergrund stellen, zumal der Beschwerdeführer 28 Jahre in seiner Heimat lebte und er dort Familienangehörige hat.

Der Mängelrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, den der Verurteilung zu Grunde liegenden Strafakt beizuschaffen, fehlt es an der Darstellung der Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensfehlers, weil nicht ersichtlich ist, zu welchen anderen oder zusätzlichen Feststellungen die belangte Behörde dadurch hätte kommen können und welchen Einfluss das auf das Ergebnis des angefochtenen Bescheides hätte.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Oktober 2012

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