Normen
AsylG 1997 §19;
AsylG 2005 §19 Abs2;
AsylG 2005 §19 Abs4;
VwRallg;
AsylG 1997 §19;
AsylG 2005 §19 Abs2;
AsylG 2005 §19 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, reiste zufolge den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde am 11. Juli 2003 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14. Juli 2003 einen Asylantrag. Der diesen Antrag abweisende Bescheid des Bundesasylamtes erwuchs mit 3. September 2003 in Rechtskraft. Mit Eingabe vom 20. Oktober 2003 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Mit Bescheid vom 17. November 2003 erkannte das Bundesasylamt diesem Antrag die aufschiebende Wirkung zu und wies ihn gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ab. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am 21. August 2009 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG und den Zusatzantrag gemäß § 19 Abs. 8 Z 7 NAG, es möge die Heilung des Mangels der Nichtvorlage des Reisepasses und der Geburtsurkunde zugelassen werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag samt Zusatzantrag ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der rechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers nur die Zeiträume "vom 14.7.2003 (Asylantragstellung) bis 3.9.2003 (Rechtskraft des negativen Bescheides) und vom 17.11.2003 bis einschließlich 1.12.2003 (Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung vom 20.10.2003)" umfasse. Da gegen den abweislichen Bescheid gemäß § 71 AVG keine Berufung erhoben worden sei, sei die Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides vom 19. August 2003 wieder gegeben gewesen. Da der Beschwerdeführer somit lediglich vom 14. Juli bis zum 3. September 2003 und vom 17. November bis zum 1. Dezember 2003 auf Grund der asylrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, sei die Voraussetzung des § 44 Abs. 4 Z 2 NAG, wonach mindestens die Hälfte der Zeit des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig sein müsse, nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerde entgegen dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift rechtzeitig erhoben worden ist, weil ein fristgerechter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt worden war.
Die Beschwerde ist aber nicht berechtigt:
Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 44 Abs. 4 NAG (in der Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011) setzt unter anderem voraus, dass der Antragsteller nachweislich seit dem 1. Mai 2004 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist (Z 1) und mindestens die Hälfte des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist (Z 2).
Der Beschwerdeführer hielt sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung seit rund sieben Jahren durchgängig im Bundesgebiet auf. Sein Aufenthalt müsste daher während mindestens dreieinhalb Jahren rechtmäßig gewesen sein, um die Voraussetzung des § 44 Abs. 4 Z 2 NAG zu erfüllen. Dazu beruft er sich in erster Linie auf seine vorläufige asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung. Diese war im Beschwerdefall auf Grund der zeitlichen Lagerung des Asylverfahrens nach § 19 Asylgesetz 1997 - AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2001 zu beurteilen. Die genannte Bestimmung lautet wie folgt:
"Vorläufige Aufenthaltsberechtigung
§ 19. (1) Asylwerber, die sich - sei es auch im Rahmen einer Vorführung nach Anreise über einen Flugplatz oder nach direkter Anreise aus dem Herkunftsstaat (§ 17 Abs. 1) - im Bundesgebiet befinden, sind vorläufig zum Aufenthalt berechtigt, es sei denn, ihr Antrag wäre wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Vorgeführte Asylwerber dürfen jedoch dazu verhalten werden, sich zur Sicherung einer Zurückweisung während der der Grenzkontrolle folgenden Woche an einen bestimmten Ort im Grenzkontrollbereich oder im Bereich des Bundesasylamtes aufzuhalten; solche Asylwerber dürfen jedoch jederzeit ausreisen.
(2) Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, haben die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird. Die Behörde hat solchen Asylwerbern, deren Antrag zulässig, aber nicht offensichtlich unbegründet ist, unverzüglich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung der Bescheinigung zuzuerkennen.
(3) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist Asylwerbern, denen die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt, von Amts wegen zu bescheinigen. Der Bundesminister für Inneres hat mit Verordnung das Aussehen der Bescheinigung festzulegen.
(4) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung endet, wenn das Asylverfahren eingestellt oder rechtskräftig abgeschlossen ist. Die Bescheinigung ist dann vom Bundesasylamt oder von der Fremdenpolizeibehörde einzuziehen. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, solche Bescheinigungen abzunehmen. Diese sind unverzüglich - im Wege jener Fremdenpolizeibehörde erster Instanz, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Organ eingeschritten ist - dem Bundesasylamt vorzulegen."
Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung des illegal eingereisten Beschwerdeführers begann demnach gemäß § 19 Abs. 2 AsylG mit der behördlichen Zuerkennung durch Aushändigung der Bescheinigung (also frühestens zugleich mit der Asylantragstellung am 14. Juli 2003, nach der Aktenlage aber erst am 7. August 2003) und endete gemäß § 19 Abs. 4 AsylG mit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylverfahren im September 2003 rechtskräftig abgeschlossen und sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist im Dezember 2003 rechtskräftig abgewiesen wurde. Er weist aber darauf hin, dass die Bundespolizeidirektion Salzburg in der Begründung ihres Ausweisungsbescheides vom 11. August 2009 davon ausgegangen sei, der Aufenthalt des Beschwerdeführers wäre (erst) ab dem "Widerruf" der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung am 13. August 2007 unrechtmäßig gewesen; auch die belangte Behörde hätte bei Vornahme entsprechender Ermittlungen zu diesem Ergebnis gelangen müssen.
Die von der Bundespolizeidirektion Salzburg vertretene Rechtsansicht, dass die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst mit dem Widerruf geendet habe, ist aber unzutreffend: Gemäß § 19 Abs. 4 AsylG endet die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nämlich -
unabhängig davon, ob sie gemäß Abs. 1 ohne weiteres ex lege oder gemäß Abs. 2 erst durch Aushändigen der Bescheinigung entstanden ist - ex lege, wenn das Asylverfahren eingestellt oder rechtskräftig abgeschlossen ist (so der Sache nach schon das hg. Erkenntnis vom 1. August 2000, 89/21/0515, in dem ausdrücklich auf das Datum der Erlassung des den Asylantrag abweisenden Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenats abgestellt wurde); dazu bedarf es weder eines Widerrufs, noch wirkt die in § 19 Abs. 4 AsylG vorgesehene Einziehung der Bescheinigung durch das Bundesasylamt oder die Fremdenpolizeibehörde bzw. die Abnahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes konstitutiv (vgl. in diesem Sinn auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Stammfassung, 686 BlgNR 20. GP 25, wonach die Einziehung von Bescheinigungen "nach Erlöschen der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung" vorgesehen ist, um Missbrauchsmöglichkeiten entgegenzuwirken). Die Aufenthaltsberechtigung endet demnach auch dann mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens, wenn eine Einziehung oder Abnahme der Bescheinigung - etwa wegen unbekannten Aufenthalts des betreffenden Fremden - oder die Eintragung des "Widerrufs" im Asylwerberinformationssystem (AIS) nicht oder nicht sogleich erfolgt.
Nach dem Gesagten war der Beschwerdeführer auf Grund der vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigung nur während eines Zeitraums von wenigen Wochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Entgegen der Beschwerdeansicht konnte ihm weder der Umstand, dass der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist im Ausweisungsverfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, noch das Stellen des Antrages gemäß § 44 Abs. 4 NAG (vgl. dazu § 44 Abs. 5 NAG sowohl in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 als auch in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009) ein darüber hinausgehendes Aufenthaltsrecht verschaffen. Dass der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel oder eine andere Aufenthaltsberechtigung verfügt hätte, behauptet er nicht.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Erteilungsvoraussetzung des § 44 Abs. 4 Z 2 NAG verneint. Auf die Frage, ob die weiteren Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel - insbesondere das Vorliegen eines "besonders berücksichtigungswürdigen Falles" im Hinblick auf den erreichten Grad der Integration - erfüllt gewesen wären, musste bei diesem Ergebnis nicht mehr eingegangen werden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. November 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
