VwGH 2010/21/0187

VwGH2010/21/018715.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des I in T, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. April 2010, Zl. Sich40- 27466-2009, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §44 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, reiste am 28. Oktober 2002 nach Österreich ein und stellte hier einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde erstinstanzlich am 26. Juni 2003 gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 abgewiesen, einer dagegen erhobenen Berufung gab der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Juli 2009 keine Folge.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. September 2009 gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ausgewiesen. Gegen den diese Entscheidung bestätigenden Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 1. April 2010 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diese mit Erkenntnis vom heutigen Tag, zur Zl. 2010/21/0139, als unbegründet abwies.

Bereits im September 2009 hatte der Beschwerdeführer den nunmehr gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG gestellt, den die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (die belangte Behörde) mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 21. April 2010, gestützt auf die genannte Bestimmung (in der Fassung vor dem FrÄG 2011), abwies. Als weitere Rechtsgrundlagen nannte die belangte Behörde § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG sowie § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG.

Die belangte Behörde führte aus, dass der Beschwerdeführer über kein Einkommen und keine eigene Krankenversicherung verfüge. Er habe daher eine Haftungserklärung seiner ehemaligen Arbeitgeberin G. vorgelegt, die als Patenschaftserklärung behandelt werde. Diese habe sich jedoch als nicht tragfähig erwiesen. Eine dann weiter vorgelegte Haftungs- bzw. Patenschaftserklärung einer anderen Person sei "nicht gewertet" worden, da gemäß § 2 Abs. 6 NAG pro Antrag nur jeweils eine Haftungs- oder Patenschaftserklärung zulässig sei.

Was den Grad der Integration des Beschwerdeführers in Österreich anlange, so habe er "bis dato" keine Deutschprüfung auf dem "Niveau A 2" vorlegen können. Der Beschwerdeführer habe zwar auf Grund seiner Aufenthaltsdauer "bereits einen gewissen Grad der Kenntnis der deutschen Sprache", ihm wäre es aber auf jeden Fall zumutbar gewesen, eine entsprechende Deutschprüfung zu machen und "vorzulegen". Wie sich aus dem den Beschwerdeführer betreffenden Versicherungsdatenauszug ergebe, habe er - so die belangte Behörde weiter - zwischen dem 2. Jänner 2005 und dem 2. Oktober 2006 tageweise bei G. gearbeitet. Zwischen dem 15. Mai 2008 und dem 31. Oktober 2008 sowie im Zeitraum 15. Mai 2009 bis 31. Oktober "2010" (gemeint: 2009) sei er durchgehend bei G. beschäftigt gewesen und habe in dieser Zeit auch über ein eigenes Einkommen und über eine eigene Krankenversicherung verfügt. Während seines Aufenthalts im Bundesgebiet habe er (jedoch) keine Berufsausbildung gemacht bzw. an irgendwelchen Weiterbildungskursen teilgenommen.

Insgesamt seien im Fall des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde zusammenfassend - keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe erkennbar, die eine Bewilligung seines Antrages rechtfertigen könnten.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers nach § 44 Abs. 4 NAG zum einen deshalb abgewiesen, weil sie - mangels Vorlage einer tragfähigen Patenschaftserklärung - die Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 NAG (und damit in Verbindung auch jene nach § 11 Abs. 2 Z 1 NAG) als nicht erfüllt erachtete. Zum anderen gelangte die belangte Behörde aber zum Ergebnis, dass kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliege, sodass die Ausstellung des begehrten Aufenthaltstitels auch deshalb nicht in Betracht komme.

Was Letzteres anlangt, so hält der Beschwerdeführer der behördlichen Beurteilung im Ergebnis entgegen, dass er am öffentlichen bzw. gesellschaftlichen Leben teilnehme, dass er bis 31. Oktober 2009 einer Beschäftigung nachgegangen sei und die Zusage habe, nach Erhalt eines Aufenthaltstitels wieder "bei dieser Firma" arbeiten zu können, dass er in den Zeiten, in denen er nicht gearbeitet habe, von der Familie seiner Arbeitgeberin G. - von dieser stammt auch die vorgelegte Haftungs- bzw. Patenschaftserklärung - erhalten worden sei und dass er entgegen der Annahme der belangten Behörde die "Deutschprüfung A 2" absolviert habe.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Behauptung über das Vorliegen einer Zusage zur Arbeitsaufnahme nach Erteilung eines Aufenthaltstitels eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung darstellt (§ 41 VwGG). Bezüglich seiner Beschäftigungssituation tritt der Beschwerdeführer im Übrigen der behördlichen Feststellung über Arbeitszeiten von Jänner 2005 bis Oktober 2006 sowie in den Zeiträumen vom 15. Mai 2008 bis zum 31. Oktober 2008 sowie vom 15. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 nicht entgegen. Im Hinblick darauf liegt aber jedenfalls keine ausgeprägte berufliche Integration vor. Auf eine schulische oder berufliche Aus- oder Weiterbildung in Österreich beruft sich der Beschwerdeführer gar nicht. Von daher erreichen die im Beschwerdefall vorliegenden integrationsbegründenden Umstände aber - auch unter Bedachtnahme auf den rund siebeneinhalbjährigen Aufenthalt und selbst bei Vorliegen guter Deutschkenntnisse (ob der Beschwerdeführer eine Prüfung abgelegt hat, ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht entscheidend) - noch keinen solchen Grad, dass von einem besonders berücksichtigungswürdigen Fall auszugehen wäre (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Konstellation das hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, Zl. 2011/22/0178).

Dass der Beschwerdeführer über keine (nennenswerten) familiären Beziehungen in Österreich verfügt, führt nicht schon für sich betrachtet zu diesem Ergebnis. Das hat - anders als der Beschwerdeführer offenkundig meint - auch die belangte Behörde nicht zum Ausdruck gebracht. Dass derartige Beziehungen integrationsverstärkend wirken können und damit gegebenenfalls zu Gunsten des betreffenden Fremden in die Beurteilung nach § 44 Abs. 4 NAG einzubeziehen sind, steht freilich außer Frage (in diesem Sinn schon das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/21/0270). Auf solche integrationsverstärkenden Gesichtspunkte kann sich der Beschwerdeführer aber nicht berufen.

Nach dem Gesagten kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen "Altfalles" im Sinn des § 44 Abs. 4 NAG verneinte. Auf die Frage, ob sie zu Recht das Nichtvorliegen der Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Z 1 und Z 4 NAG annahm, braucht bei diesem Ergebnis nicht mehr eingegangen zu werden. Dass sie im Zuge ihres Verfahrens eine Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich einholte, entspricht - anders als der Beschwerdeführer meint - dem Gesetz (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/21/0382).

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 15. Dezember 2011

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