Normen
ABGB §1026;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §10;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §23 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
ZustG §9 Abs1;
ABGB §1026;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §10;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §23 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
ZustG §9 Abs1;
Spruch:
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
I.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen, offenkundig unrichtig datierten Bescheid (vom 27. April 2010) wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53, § 66 Abs. 1 und § 67 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 21. September 2010, B 838/10-3).
Mit hg. Verfügung vom 4. Oktober 2010 wurde der Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters gemäß § 34 Abs. 2 VwGG aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen die Beschwerde zur Behebung der ihr anhaftenden Mängel zu ergänzen, und darauf hingewiesen, dass die Versäumung der ihm gesetzten Mängelbehebungsfrist als Zurückziehung der Beschwerde gelte.
Innerhalb der gesetzten zweiwöchigen Frist stellte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter, der sich auf eine ihm für den Verfahrenshilfeantrag erteilte Vollmacht berief, einen mit 21. Oktober 2010 datierten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe. Entsprechend dem unveränderten Wortlaut des Antragsformulars wurde die Verfahrenshilfe "im erforderlichen Umfang, jedenfalls durch Beigebung eines Rechtsanwaltes" begehrt.
Mit hg. Verfügung vom 5. November 2010 wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters gemäß § 63 Abs. 1 und § 66 ZPO iVm § 61 Abs. 1 VwGG aufgetragen, binnen zwei Wochen das zurückgereichte Vermögensbekenntnis vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen sowie zum Zwecke der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Beschwerde bekannt zu geben, ob und wenn ja, aus welchem Grund die Tatsachenannahmen des Bescheides vom 27. April 2010 (insbesondere betreffend die fehlende Aufenthaltsberechtigung sowie die persönlichen, familiären und beruflichen Verhältnisse des Beschwerdeführers) bestritten werden und welche Rechtswidrigkeit dem Bescheid anhaften solle. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass dem Antrag bei nicht fristgerechter oder nicht vollständiger Befolgung der Aufträge nicht stattgegeben werden könne.
Da dem zuletzt genannten hg. Auftrag innerhalb der dafür gesetzten Frist nicht entsprochen wurde, wurde der Antrag auf Verfahrenshilfe mit hg. Beschluss vom 12. Jänner 2011, zugestellt an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 20. Jänner 2011, abgewiesen.
Dem bereits erwähnten, mit hg. Verfügung vom 4. Oktober 2010 erteilten Auftrag, die der Beschwerde anhaftenden Mängel zu beheben, wurde in weiterer Folge nicht entsprochen.
Aufgefordert, zu dem zum Beschwerdeführer bestehenden Vollmachtsverhältnis Stellung zu nehmen, teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 6. April 2011 Folgendes mit:
"Das Vollmachtsverhältnis wurde vom Beschwerdeführer zunächst nach Einlangen der ablehnenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 21.9.2010 auf die Einreichung der Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof eingeschränkt. Ein Auftrag zur Mängelbehebung der abgetretenen Beschwerde wurde dem vormaligen Beschwerdeführer nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hat im November 2010 Österreich verlassen und im Zuge dessen das Vollmachtsverhältnis zur Gänze aufgelöst."
Auf hg. Anfrage teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 27. Juni 2011 unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Wien mit, dass der Beschwerdeführer in Wien 3 aufrecht gemeldet sei. Einem Ladungsbescheid für den 27. April 2011 sei nicht Folge geleistet worden (der Bescheid sei nicht behoben worden). Auf Grund der Sachlage sei gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag erlassen worden. Der derzeitige Aufenthaltsort sei nicht bekannt. Eine Bestätigung über die erfolgte Ausreise sei bis dato nicht vorgelegt worden.
II.
1. Zunächst ist festzuhalten, dass die vom (früheren) Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 6. April 2011 - nach eigenen Angaben bestand zu diesem Zeitpunkt zum Beschwerdeführer kein Vollmachtsverhältnis mehr - abgegebene Erklärung, der Beschwerdeführer habe im November 2010 Österreich verlassen, unter Hinweis auf die erwähnte Stellungnahme der belangten Behörde vom 27. Juni 2011 bisher nicht verifiziert werden konnte und auch keine Bestätigung über die erfolgte Ausreise vorliegt. Die gemäß § 59 Abs. 1 FPG (vgl. nunmehr § 69 Abs. 1 FPG idF BGBl. I Nr. 38/2011) eintretende Rechtsfolge (Gegenstandslosigkeit der Ausweisung), wenn der Betroffene seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen ist, kann der gegenständlichen Beurteilung somit nicht zugrunde gelegt werden.
2. Im Beschwerdefall handelt es sich um eine sogenannte "Sukzessivbeschwerde", die in prozessualer Hinsicht eine Einheit bildet, auch wenn das Verfahren zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof und sodann vor dem Verwaltungsgerichtshof geführt wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 22. Oktober 2008, Zl. 2008/06/0168). Dies gilt auch für das Vollmachtsverhältnis. Wird eine Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, so gilt eine vom Beschwerdeführer erteilte und dem Verfassungsgerichtshof vorgelegte Vollmacht auch für das anschließende verwaltungsgerichtliche Verfahren, es sei denn, aus dem Inhalt der Vollmacht würde sich das Gegenteil ergeben (vgl. den hg. Beschluss vom 15. März 1977, Zl. 0177/77).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Kündigung einer Vollmacht gegenüber der Behörde (dem Verwaltungsgerichtshof) erst wirksam, wenn dies der Behörde (dem Verwaltungsgerichtshof), bei welcher (welchem) der Vertreter eingeschritten ist, mitgeteilt wird (vgl. den hg. Beschluss vom 24. September 2009, Zl. 2009/18/0265, mwN). Die Stellung eines Antrags auf Beigebung eines Verfahrenshelfers ist im Zweifel als Anzeige des Erlöschens des Vollmachtsverhältnisses zum bisherigen Vertreter zu werten (vgl. nochmals den genannten Beschluss, Zl. 2009/18/0265, mit Verweis auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 18. September 2002, 3 Ob 306/02z).
Der vom Beschwerdeführer gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde ist keine Einschränkung der seinem Rechtsvertreter erteilten Vollmacht zu entnehmen. Nach der dargestellten Rechtslage war daher zunächst davon auszugehen, dass das Vollmachtsverhältnis auch für das anschließende verwaltungsgerichtliche Verfahren galt. Als Anzeige des Erlöschens des Vollmachtsverhältnisses zum bisherigen Vertreter - im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof -
war nach der zitierten hg. Judikatur jedoch der am 25. Oktober 2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu werten. Gleichzeitig berief sich aber der Rechtsvertreter in diesem Antrag mit den Ausführungen "Vollmacht für Verfahrenshilfeantrag erteilt" auf eine ihm erteilte Vollmacht.
Eine allgemeine Vertretungsvollmacht im Sinne des - gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden - § 10 AVG schließt im Allgemeinen die Zustellbevollmächtigung ein (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. Juni 2003, Zl. 2003/05/0010, sowie das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2011, Zl. 2009/22/0068, mwN). Beruft sich ein Rechtsanwalt auf die ihm erteilte Vollmacht gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG, ist, sofern kein gegenteiliger Anhaltspunkt vorliegt, davon auszugehen, dass jedenfalls auch eine Zustellbevollmächtigung vorliegt (vgl. erneut den zitierten hg. Beschluss, Zl. 2003/05/0010, mwN).
Ein Anhaltspunkt für eine Einschränkung des im Verfahren über den Verfahrenshilfeantrag zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter bestehenden Vollmachtsverhältnisses etwa dergestalt, dass hg. Zustellungen im Rahmen dieses Verfahrens nicht an den Rechtsvertreter zu erfolgen hätten, war dem Antrag nicht zu entnehmen. Die beim Verwaltungsgerichtshof erst am 7. April 2011 eingelangte Mitteilung des früheren Rechtsvertreters des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom 6. April 2011, wonach das Vollmachtsverhältnis nach Einlangen der ablehnenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 21. September 2010 auf die "Einreichung der Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof" eingeschränkt worden sei, weicht vielmehr von dem im Verfahrenshilfeantrag mitgeteilten Vollmachtsumfang ab.
Aus dem Vorgesagten folgt zum einen, dass der dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bereits am 7. Oktober 2010 (somit vor dem Einlangen des Verfahrenshilfeantrages) zugegangene hg. Auftrag vom 4. Oktober 2010, die der Beschwerde anhaftenden Mängel zu beheben, dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, sodass damit die darin gesetzte Frist in Lauf gesetzt wurde. Die im Schriftsatz des (früheren) Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 6. April 2011 vertretene Ansicht, dass "ein Auftrag zur Mängelbehebung der abgetretenen Beschwerde (…) dem vormaligen Beschwerdeführer nicht gegeben" worden sei, trifft demnach nicht zu.
Zum anderen wurden aber auch sowohl der in der Verfahrenshilfesache mit hg. Verfügung vom 5. November 2010 erteilte Auftrag als auch der hg. Beschluss vom 12. Jänner 2011 betreffend die Abweisung des Verfahrenshilfeantrages - rechtswirksam für den Beschwerdeführer - an dessen Rechtsvertreter zugestellt, weil der im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer lediglich auf die Einbringung des Verfahrenshilfeantrages beschränkte Vollmachtsumfang erst mit Schreiben vom 6. April 2011 mitgeteilt wurde.
Da der Beschwerdeführer der hg. Aufforderung, die Mängel der gegen den angefochtenen Bescheid eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen ist, war die Beschwerde nach § 34 Abs. 2 VwGG als zurückgezogen anzusehen, weshalb das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war.
Wien, am 22. September 2011
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