Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6 Abs2;
62010CJ0436 BLM VORAB;
ABGB §294;
ABGB §297;
ABGB §418;
ABGB §431;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1988 §28;
EStG 1988 §4 Abs1;
KStG 1988 §8 Abs2;
Spruch:
Soweit der angefochtene Bescheid Umsatzsteuer 1999 bis 2001 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gesellschafter der beschwerdeführenden GmbH sind VF und seine Ehefrau AF, die auch Geschäftsführerin ist.
Im Jahr 1998 kaufte die Beschwerdeführerin das Grundstück Gp. 59/12 um 4 Mio S. Das angrenzende Grundstück Gp. 76/3 kaufte AF. Ein weiteres angrenzendes Grundstück gehört dem im Jahr 1997 geborenen Sohn Luca von AF und VF.
In den Jahren 2000 und 2001 errichtete die Beschwerdeführerin auf ihrem Grundstück (Gp. 59/12) und auf jenem ihrer Gesellschafterin AF (Gp. 76/3) ein luxuriöses "Einfamilienhaus" (Wohnnutzfläche ca. 310 m2 zuzüglich "Einliegerwohnung von ca. 75 m2 und Büro von ca. 25 m2) samt Doppelgarage, großzügiger Gartenanlage und Swimmingpool. Auf dem im Eigentum von Luca stehenden angrenzenden Grundstück (Gp. 76/4) errichtete sie eine Sportanlage mit Tennisplatz. Für die Errichtung des Gebäudes und der Außenanlagen wurden dabei ca. 14 Mio S aufgewendet.
Die Beschwerdeführerin aktivierte die Kosten der Herstellung des Gebäudes, der Außenanlage und der Anschaffung der Einrichtungsgegenstände. Sie machte Vorsteuern von ca 2,9 Mio S geltend. Sie vermietete das Gebäude (mit Ausnahme der Einliegerwohnung und des Büros) ab seiner Fertigstellung an VF für Wohnzwecke (als Familienwohnsitz von VF und AF). Die Miete betrug monatlich ca. 45.000 S.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, die Anschaffung bzw. Herstellung des durch die Gesellschafter genutzten Gebäudeteils sei durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Dieser Gebäudeteil gehöre somit nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin. Es stehe daher auch kein Vorsteuerabzug zu.
Der Prüfer traf weiters die Feststellung, die Einliegerwohnung diene laufend der vorübergehenden Beherbergung von Sportlern und sonstigen Entscheidungsträgern, welche die Beschwerdeführerin - zu ihrem Geschäftsgegenstand gehört u.a. die Beratung und Betreuung von Sportlern - als Klienten betreue. Es greife daher das Abzugsverbot der Geschäftsfreundebewirtung nach § 12 Abs. 3 KStG 1988; es lägen nämlich Repräsentationsaufwendungen vor, die nicht zum Vorsteuerabzug führten. Nur der Büroraum mit einer Nutzfläche von 4,9% der Gesamtnutzfläche vermittle das Recht auf Vorsteuerabzug. Die auf das Gebäude entfallenden Umsatzsteuerbeträge seien sohin im Ausmaß von 4,9% als Vorsteuern anzuerkennen.
Den Prüfungsfeststellungen entsprechend erließ das Finanzamt u. a. Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren (Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 1998 und 1999) sowie Körperschaftsteuer 1998 bis 2000, Umsatzsteuer 1998 bis 2001 und Festsetzung der Umsatzsteuer Jänner bis August 2002.
Die Beschwerdeführerin brachte gegen diese Bescheide Berufung ein.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung.
In Bezug auf die Sachbescheide stellte die Beschwerdeführerin sodann den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde u. a. über die Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1998 bis 2000 und Umsatzsteuer 1999 bis 2001.
Die Beschwerdeführerin habe ab dem Jahr 1999 ein "Einfamilienhaus" auf ihrem Grundstück Gp. 59/12 und dem Grundstück von AF (Gp. 76/3) errichtet. Das Grundstück Gp. 76/3 habe sie in der Folge nach Fertigstellung des Gebäudes mit Kaufvertrag vom 22. April 2003 erworben. Antragsteller im Bauverfahren seien VF und AF gewesen. Dies spreche dafür, dass das Haus auf die Bedürfnisse der Gesellschafter zugeschnitten sei. Es handle sich um ein repräsentatives Haus mit Sauna, Solarium, Tennisplatz und Schwimmbecken.
Die Beschwerdeführerin erziele nur geringe Umsätze. VF erziele die Umsätze aus der Vermittlung von Spielern hauptsächlich über eine Gesellschaft, die in der Schweiz angesiedelt sei (S-AG), also nicht über die Beschwerdeführerin. VF habe erklärt, dass der Hauptbeweggrund für die Niederlassung in Österreich darin liege, dass seine Ehefrau aus dem Ort S stamme und sich für S als Wohnort entschieden habe. Außerdem sei der Sitz seiner Schweizer Gesellschaft S-AG in St. Gallen nicht allzu weit entfernt.
Wirtschaftsgüter einer Körperschaft, deren Anschaffung oder Herstellung rein gesellschaftsrechtlich veranlasst sei und die nicht der Einkünfteerzielung der Körperschaft dienten, gehörten nicht zum Betriebsvermögen der Körperschaft, sondern zu ihrem steuerneutralen Vermögen (Hinweis auf Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, Seite 134, und Hofstätter/Reichel, Tz 78 zu § 4 Abs. 1 EStG 1988).
Stelle der Betriebsinhaber einem seiner Arbeitnehmer für dessen Wohnzwecke eine Eigentumswohnung zur Verfügung, so diene diese dann betrieblichen Zwecken, wenn für die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit betriebliche Erwägungen maßgebend seien. Schaffe eine Kapitalgesellschaft eine Eigentumswohnung an, um sie einem Gesellschafter, der auch Arbeitnehmer sein möge, zu Wohnzwecken zu überlassen, sei zu prüfen, ob die Kapitalgesellschaft eine Wohnung dieser Art, Größe und Lage auch zum Zweck der Nutzungsüberlassung an einen fremden Arbeitnehmer angeschafft oder hergestellt hätte. Erweise sich, dass die Kapitalgesellschaft eine derartige Anschaffung oder Herstellung für einen fremden Arbeitnehmer nicht getätigt hätte, sei daraus zu schließen, dass die Anschaffung/Herstellung in Wahrheit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Die Wohnung stelle dann kein steuerliches Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft dar.
Nach Ansicht der belangten Behörde entspreche es der Lebenserfahrung, dass eine Kapitalgesellschaft wie die Beschwerdeführerin ein Einfamilienhaus der gegebenen Art und Größe (bei einem Umsatz von null Euro in den Jahren 1998 und 1999 sowie von bloß ca. 125.000 EUR im Jahr 2000) üblicherweise für fremde Arbeitnehmer nicht anschafft. Die Anschaffung des Hauses halte daher im gegenständlichen Fall dem Fremdvergleich nicht stand. Zudem sei ein Einfamilienhaus dieser Größe nur schwer zu vermieten, da eine Monatsmiete von mehr als 4.100 EUR über dem Durchschnittseinkommen liege und Personen, die sich eine solche Miete leisten könnten, ein Objekt nur mieteten, wenn es genau ihren Wunschvorstellungen entspreche. Ein solches Objekt sei daher mit einem erheblichen Mietausfallsrisiko verbunden.
Außer dem in Rede stehenden Gebäude vermiete die Beschwerdeführerin keine Liegenschaften. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin auf dem Grundstück im Eigentum des Sohnes ihrer Gesellschafter einen Tennisplatz errichtet habe, ohne diese Liegenschaft gemietet bzw. ohne einen anderen zivilrechtlichen Titel geschaffen zu haben, spreche auch dafür, dass das Gebäude lediglich aus "gesellschaftsrechtlichen Gründen" errichtet worden sei.
Zu beachten sei auch, dass die Aufwendungen für Zinsen und Kursdifferenzen (beim Fremdwährungsdarlehen) sowie AfA bis einschließlich 2003 die Einnahmen aus der Vermietung überstiegen hätten. Wenn nicht im Jahr 2004 eine Kapitalerhöhung von ca. 500.000 EUR erfolgt wäre, hätten auch in den Folgejahren die Zinsen samt Kursdifferenzen und AfA die Einnahmen aus der Vermietung überstiegen. Die Beschwerdeführerin sei - zumindest bis zum Jahr 2007 - nicht in der Lage gewesen, die für das Gebäude aufgenommenen Kredite in einem Ausmaß zu bedienen, dass die Aufwendungen geringer gewesen wären als die Mieteinnahmen. Zinsaufwendungen, Kursdifferenzen und AfA hätten die Einnahmen aus der Vermietung im Zeitraum von 1998 bis 2007 um ca. 214.000 EUR überstiegen, im Zeitraum ab dem Vermietungsbeginn im Jahr 2002 immer noch um ca. 11.000 EUR.
Für die Zurechnung des Gebäudes zum steuerneutralen Vermögen sprächen zusammenfassend:
- Ursprünglich seien die später von der Beschwerdeführerin bebauten (und erworbenen) Grundstücke durch AF gekauft worden.
- Die Gesamtkosten hätten ca. 1,45 Mio EUR betragen.
- Die Gesamtfläche des Hauses übersteige 500 m2.
- Es gebe einen Tennisplatz, einen Swimmingpool sowie Sauna und Solarium.
- Ein Grundstück des Sohnes der Gesellschafter werde als Tennisplatz verwendet.
- Die Gesellschafterin AF stamme aus dem Ort, an dem das Gebäude errichtet worden sei.
- Eine Gesellschaft mit den Umsätzen und Gewinnen der Beschwerdeführerin würde niemals eine derartige Investition für fremde Arbeitnehmer tätigen.
- Die Jahresmiete entspreche einer Verzinsung von 3%.
- Es bestehe ein erhebliches Mietausfallsrisiko.
- Die Beschwerdeführerin vermiete keine anderen Immobilien.
- Bis 2007 hätten die Aufwendungen (Zinsen, Kursdifferenz, AfA) die Mieteinnahmen überstiegen.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 iVm § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 seien Repräsentationsaufwendungen (einschließlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden) nicht abzugsfähig. Die im Haus gelegene Einliegerwohnung diene solchen Zwecken und führe daher nicht zu abzugsfähigen Betriebsausgaben.
Die Beschwerdeführerin habe nunmehr mit einer ergänzenden Eingabe bekannt gegeben, dass der Büroraum 6,41% der Fläche des Gesamtgebäudes ausmache. Aufgrund des untergeordneten Ausmaßes des betrieblich genutzten Gebäudeteiles liege insgesamt Privatvermögen der Gesellschaft vor. Allerding stelle die Nutzung des Anteils von 6,41% eine Nutzungseinlage dar. In diesem Ausmaß (und nicht bloß in dem vom Finanzamt anerkannten Ausmaß von 4,9%) würden daher die auf das Gebäude entfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben anerkannt.
Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG seien Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben seien, als nicht für das Unternehmen ausgeführt anzusehen. Ein Gebäude, das betrieblichen und privaten Zwecken diene, werde steuerlich aufgeteilt. Dabei sei jeder einzelne Raum je nach dem Überwiegen seiner Nutzung als betrieblicher oder als privater Raum einzustufen.
Der Anordnung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 zufolge seien in Bezug auf Gebäude, bei welchen einzelne räumliche Teile überwiegend Wohnzwecken des Unternehmers gewidmet seien, die auf diese Räume entfallenden Umsatzsteuern vom Vorsteuerausschluss erfasst.
Der Vorsteuerausschluss für die privaten Wohnzwecken dienenden Gebäudeteile ergebe sich im gegenständlichen Fall aus der Anwendung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994; diese Bestimmung sei gemeinschaftsrechtlich gedeckt.
Da die unternehmerische Nutzung des Haues 6,41% (nicht wie vom Finanzamt angenommen 4,9%) betrage, stehe der Vorsteuerabzug im Ausmaß von 6,41% der auf das Gebäude entfallenden Beträge zu.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben, soweit er über Umsatzsteuer "1999 bis 2002" abspricht. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 7. Juni 2010, B 1322/09, abgelehnt. Mit Beschluss vom 29. Juli 2010 hat er die Beschwerde gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf Vorsteuerabzug für die Jahre "1999 bis 2002" verletzt. Zur Begründung wird ausgeführt, die den Gesellschaftern vermieteten Gebäudeteile vermittelten den Anspruch auf Vorsteuerabzug. Die Beschwerdeführerin erachtet sich zudem im Recht verletzt, dass erst dann über die Berufung betreffend Umsatzsteuer 1999 entschieden werde, wenn die Berufung gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1999 erledigt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Einwand der unerledigten Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid:
Dem Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde hätte über die Berufung gegen die Verfügung der Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1999 entscheiden müssen, bevor sie über die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1999 absprach, ist Folgendes entgegen zu halten:
Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Berufung hinsichtlich Umsatzsteuer 1999 die Verfügung der Wiederaufnahme wie auch den Sachbescheid bekämpft. Das Finanzamt hat über diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung abgesprochen und ihr keine Folge gegeben. In der Folge hat die Beschwerdeführerin nur in Bezug auf die Sachbescheide einen Vorlageantrag gestellt. Solcherart lag eine unerledigte Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid nicht vor, als die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid über die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1999 absprach.
2. Vorsteuerausschluss:
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 Lieferungen oder sonstige Leistungen, "deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind".
Überlässt eine unternehmerisch tätige juristische Person ihrem Dienstnehmer im Hinblick auf das Dienstverhältnis ein Wohnhaus zur Nutzung für seine privaten Wohnzwecke, liegt darin eine steuerpflichtige Überlassung iSd Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (Überlassung für den Bedarf des Personals), was der juristischen Person das Recht auf Vorsteuerabzug für dieses Wohnhaus vermittelt (vgl. EuGH 29. März 2012, C-436/10 , BLM SA).
Der EuGH hat sich im Urteil vom 12. Februar 2009, C-515/07 , Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (VNLTO), mit der umsatzsteuerlichen Behandlung einer juristischen Person befasst, die zugleich einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit nachging. Nur die wirtschaftliche Tätigkeit war vom Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG erfasst. In dieser Rechtssache vertrat bereits Generalanwalt Mengozzi in seinen Schlussanträgen vom 22. Dezember 2008 die Ansicht, dass der juristischen Person (VNLTO) kein Vorsteuerabzug zustehe, soweit (Investitions‑)Güter für die Ausübung nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten (beispielsweise für die Erreichung des satzungsmäßigen Zwecks der juristischen Person) verwendet würden. Der EuGH ist im Urteil VNLTO den Überlegungen des Generalanwaltes gefolgt und hat in Rn 37 ausgesprochen, "dass die Vorsteuer auf Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht zum Abzug berechtigen kann, soweit sie sich auf Tätigkeiten bezieht, die aufgrund ihres nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie fallen; für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger zugleich steuerpflichtigen oder steuerfreien wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Tätigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen auf der Vorstufe nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen den wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind." Im zitierten Urteil führt der EuGH sodann weiter aus:
"39. Im Unterschied zu der Rechtssache Charles und Charles-Tijmens, die sich auf eine Immobilie bezog, die dem Betriebsvermögen zugeordnet war, bevor sie teilweise einer privaten Nutzung zugeführt wurde, die begriffsmäßig ein dem Unternehmen des Steuerpflichtigen völlig fremder Zweck ist, geht es im vorliegenden Fall um die nicht besteuerten Umsätze der VNLTO, die in der Wahrnehmung der allgemeinen Interessen ihrer Mitglieder bestehen und nicht als unternehmensfremd betrachtet werden können, da sie den Hauptzweck dieser Vereinigung darstellen.
40. Deshalb ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie dahin auszulegen sind, dass sie auf die Verwendung von Gegenständen und Dienstleistungen nicht anwendbar sind, die dem Unternehmen für die Zwecke anderer als der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen zugeordnet sind, so dass die Mehrwertsteuer, die aufgrund des Bezugs dieser für solche Umsätze verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen geschuldet wird, nicht abziehbar ist."
Auf der Grundlage des Urteils des EuGH VNLTO hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Juni 2009, 2007/15/0192 (vgl. RdW 2009, 550) ausgesprochen, es sei
"zwischen unternehmensfremden Zwecken im Sinne einer klassischen Privatnutzung einerseits und nichtunternehmerischen, aber nicht unternehmensfremden Zwecken andererseits zu unterscheiden. Soweit ein Gegenstand für nichtunternehmerische, aber nicht unternehmensfremde Zwecke (etwa satzungsmäßige Zwecke einer Körperschaft) Verwendung findet, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug; an diesem Ergebnis ändert es nichts, wenn der Gegenstand daneben zum Teil zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze Verwendung findet.
Bei Körperschaften können unternehmensfremde Zwecke im Wesentlichen bloß in jenem Bereich vorkommen, der ertragsteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert wird (vgl. Korn, Eröffnet der EuGH eine dritte umsatzsteuerliche Sphäre?, ÖStZ 2009, 262 (263); siehe allerdings für Österreich zum Vorsteuerausschluss im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung das hg. Erkenntnis vom 26. März 2007, 2005/14/0091, sowie Ruppe, UStG3, § 12 Tz 121). Auch Generalanwalt Mengozzi erblickt in Rn 55 seiner Schlussanträge den verbleibenden Anwendungsbereich des Art 6 Abs. 2 lit. a der Sechsten Richtlinie bei Körperschaften darin, dass die Körperschaft ein Investitionsgut (für ihre besteuerten Tätigkeiten und gleichzeitig) für den privaten Bedarf eines ihrer Mitglieder anschafft."
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Vorsteuerabzug für den der Gesellschafterin AF überlassenen und von den Gesellschaftern AF und VF für deren private Wohnzwecke genutzten Gebäudeteil mit der Begründung versagt, dass die Anschaffung/Herstellung von vornherein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und somit (als "verdeckte Ausschüttung an der Wurzel") außerbetriebliches Vermögen vorliege.
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 8 Abs. 2 KStG 1988 normiert einen Vorsteuerausschluss im Bereich der Verwendung von Gebäuden durch Kapitalgesellschaften für verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2007, 2005/14/0091; Ruppe/Achatz, UStG4 § 12 Tz 174 ff; Sarnthein, ÖStZ 2009/744, 378). Im gegenständlichen Fall ist sohin entscheidend, ob die belangte Behörde zu Recht von einem durch § 8 Abs. 2 KStG 1988 erfassten Vorgang ausgegangen ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0003, und die dort zitierte Rechtsprechung) ist bei den nicht fremdüblich den Gesellschaftern zur privaten Nutzung überlassenen Gebäuden einer Kapitalgesellschaft zu unterscheiden zwischen jederzeit im betrieblichen Geschehen (zB durch Vermietung) einsetzbaren Gebäuden einerseits und andererseits solchen Gebäuden, die schon ihrer Erscheinung nach (etwa besonders repräsentative Gebäude oder speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestellte Gebäude) für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind, sodass sie - im zweitgenannten Fall - als "verdeckte Ausschüttung an der Wurzel" von vorneherein nicht zum Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft zählen (siehe hiezu auch RdW 2007, 620). In Bezug auf die erstgenannten Gebäude spricht der Umstand, dass sie den Gesellschaftern zu einem unangemessen niedrigen Mietzins vermietet werden, nicht gegen deren Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, sondern führt im Wege einer laufenden verdeckten Ausschüttung zum Ansatz fremdüblicher Betriebseinnahmen (Mieterträge) der Kapitalgesellschaft.
Voraussetzung dafür, in Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung an den Gesellschafter eine verdeckte Ausschüttung (auch eine solche "an der Wurzel") anzunehmen, ist dabei stets, dass die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung einem Fremdvergleich nicht standhält (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0003, und das Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, 2008/13/0046 ).
Die an die Gesellschafterin VF vermieteten und von VF und AF gemeinsam bewohnten Teile des in Rede stehenden "Einfamilienhauses" hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid als "verdeckte Ausschüttung an der Wurzel" dem außerbetrieblichen Vermögen der beschwerdeführenden GmbH zugeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Gebäude stelle ein repräsentatives Haus mit einer Fläche von insgesamt 500 m2 dar, es habe hohe Herstellungskosten, es sei auf die Bedürfnisse der Gesellschafter zugeschnitten, auch auf das Bedürfnis, gerade im Ort S den Wohnsitz zu nehmen. Zudem habe die Beschwerdeführerin auf einem angrenzenden Grundstück, das im Eigentum des Sohnes der Gesellschafter stehe, einen Tennisplatz errichtet. Ein wesentliches Argument der belangten Behörde war in diesem Zusammenhang, dass eine Kapitalgesellschaft wie die Beschwerdeführerin ein solches Gebäude nicht für fremde Arbeitnehmer angeschafft hätte und die Anschaffung des Hauses aus diesem Grund dem Fremdvergleich nicht standhalte. Eine andere Gesellschaft mit den Umsätzen und Gewinnen der Beschwerdeführerin würde eine derartige Investition für fremde Arbeitnehmer nicht tätigen. Zudem sei ein Einfamilienhaus dieser Größe nur schwer zu vermieten.
Die Sachverhaltsgrundlage für eine rechtliche Einstufung eines Gebäudes oder bestimmter Räume eines Gebäudes als außerbetriebliches Vermögen bedarf einer die konkreten Umstände des Einzelfalles würdigenden Begründung im Tatsachenbereich. Dabei bedarf es auch hinreichender Sachverhaltsfeststellungen zur Beurteilung der Fremdüblichkeit der Vermietung, in der Regel auch zur Fremdüblichkeit der Höhe des Mietzinses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0003).
Im gegenständlichen Fall konzentrieren sich die Sachverhaltsfeststellungen auf die Frage, ob das Objekt schon seiner Erscheinung nach auf die private Nutzung durch die Gesellschafter abgestellt ist. Um eine "verdeckte Ausschüttung an der Wurzel" auszumachen und somit außerbetriebliches Vermögen anzunehmen, bedarf es allerdings auch der Feststellungen, dass die Vermietung (insbesondere auch die Höhe des Mietzinses) als solche einem Fremdvergleich nicht standhält (vgl. nochmals die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2010, 2007/15/0003, und vom 19. Oktober 2011, 2008/13/0046).
Die belangte Behörde hat zwar die Feststellung getroffen, dass die Jahresmiete einer Verzinsung von 3% entspreche und zumindest in den ersten Jahren der Vermietung die Aufwendungen für Zinsen und Kursdifferenzen sowie AfA die Einnahmen aus der Vermietung überstiegen hätten. Abgesehen davon, dass der angefochtene Bescheid nicht erläutert, von welcher Basis die 3%ige Verzinsung berechnet worden ist, fehlen aber Feststellungen darüber, welche Miete einer fremdüblichen Gestaltung entsprechen würden und ob die streitgegenständliche Gestaltung der Verhältnisse davon abweicht.
Dem Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0003, ist der Hinweis zu entnehmen, dass die Höhe der angemessenen Miete daraus abgeleitet werden kann, "was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet". Es ist somit eine Renditeberechnung für einen Betrag in Höhe des Verkehrswertes der Immobilie bzw. des Gesamtbetrages der Anschaffungs- und Herstellungskosten (samt allfälliger Sanierungskosten) anzustellen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2011, 2007/15/0255), wobei von einem marktüblich agierenden Immobilieninvestor auszugehen ist.
Für die Frage, ob eine "verdeckte Ausschüttung an der Wurzel" vorliegt, nicht relevant erweist sich die Feststellung der belangten Behörde, dass eine Kapitalgesellschaft wie die Beschwerdeführerin ein solches Gebäude nicht für fremde Arbeitnehmer (als Dienstwohnung) angeschafft hätte und die Anschaffung des Hauses aus diesem Grund dem Fremdvergleich nicht standhalte. Es ist nämlich zu beachten, dass die Vermietung einer Immobilie durch eine Körperschaft selbst dann fremdüblich gestaltet sein könnte, wenn sie die einzige Betätigung einer Körperschaft ist bzw. wenn die Körperschaft gar nicht über Arbeitnehmer verfügt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, 2008/13/0046).
Mangels hinreichender Feststellungen zur Fremdüblichkeit der Gestaltung, auf deren Grundlage erst beurteilt werden kann, ob ein Vorgang iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 vorliegt, erweist sich der angefochtene Bescheid, soweit er vom Beschwerdeumfang erfasst ist, als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch hinsichtlich Umsatzsteuer 2002. Dem Spruch des angefochtenen Bescheides ist jedoch zweifelsfrei zu entnehmen, dass er über Umsatzsteuer 2002 nicht abspricht. Da der Beschwerdeantrag nicht über das Begehren auf Aufhebung des "angefochtenen Bescheides" hinausgeht, hat eine Zurückweisung eines Teiles des Antrages nach § 34 Abs. 1 VwGG zu unterbleiben.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde aus folgendem Grund auch auf den Umstand einzugehen haben, dass ein Teil der in Rede stehenden Baulichkeit auf dem im Eigentum der Gesellschafterin AF stehenden Grundstück (Gp. 76/3) errichtet worden ist:
Eines der Grundprinzipien des österreichischen Sachenrechtes besteht in dem aus dem römischen Recht stammenden Grundsatz "superficies solo cedit" (das Gebäude fällt dem Grundeigentümer zu). Demnach ist ein auf einer Liegenschaft errichtetes Gebäude grundsätzlich unselbständiger und daher sonderrechtsunfähiger Bestandteil der Liegenschaft. Dieser Grundsatz kommt in den §§ 294 und 297 ABGB klar zum Ausdruck. Gebäude sind danach schon unselbständige Bestandteile, wenn sie mit dem Grundstück fest verbunden sind und sie der Erbauer dort belassen will. Vom Fall des Superädifikats abgesehen, kann daher das Eigentum am Grundstück und an einem darauf errichteten Gebäude nicht verschiedenen Personen zustehen. Die Vorschrift des § 418 ABGB ist Ausfluss dieser Konzeption des Bestandteilsrechtes im Bereich der Bauführung auf fremdem Grund. Der Eigentümerkonflikt wird so gelöst, dass das Eigentum am Grund grundsätzlich mit dem am Gebäude zusammenfällt. Wenn daher jemand mit eigenen Materialien ohne Wissen und Willen des Eigentümers auf fremdem Grunde gebaut hat, gilt die allgemeine Regel des § 418 erster Satz ABGB superficies solo cedit. Hingegen gilt nach der Ausnahmebestimmung des § 418 dritter Satz ABGB und als eine der Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz des § 431 ABGB das umgekehrte Prinzip, wonach kraft Gesetzes im Zeitpunkt der Bauführung ein außerbücherlicher originärer Eigentumserwerb des Bauführers an der Grundfläche eintritt, wenn der Grundeigentümer von der Bauführung weiß und sie dem redlichen Bauführer nicht sogleich untersagt. Der Eigentümer eines Grundes kann dann in einem solchen Fall nur den gemeinen Wert für den Grund fordern (vgl. OGH vom 27. April 2001, 7 Ob 222/00y).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die der Bauführung auf dem Grundstück Gp. 76/3 zugrunde liegende Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Gesellschafterin als relevant. Ist nämlich das durch die Bauführung entstandene Gebäude (bis zur späteren Eigentumsübertragung im Jahr 2003) im Eigentum der Gesellschafterin gestanden, so ist zu beachten, dass eine solche Investition grundsätzlich bereits für sich eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter bilden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2012, 2008/15/0315).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid, soweit er Umsatzsteuer 1999 bis 2001 umfasst, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 25. April 2013
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