VwGH 2010/12/0140

VwGH2010/12/014015.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, in der Beschwerdesache des R E in W, vertreten durch die Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 10. März 2010, Zl. 96, 97/13-BK/09, betreffend Feststellung i.A. Weisungen (mitbeteiligte Partei: C K), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §73 Abs2;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §40;
BDG 1979 §41a Abs5;
BDG 1979 §41a Abs6;
BDG 1979 §41a;
BDG 1979 §41d Abs2;
B-VG Art133 Z4;
B-VG Art20 Abs2 Z3;
B-VG Art20;
VwGG §34 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §40;
BDG 1979 §41a Abs5;
BDG 1979 §41a Abs6;
BDG 1979 §41a;
BDG 1979 §41d Abs2;
B-VG Art133 Z4;
B-VG Art20 Abs2 Z3;
B-VG Art20;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer ist Vorstand der Universitätsklinik für X an der Medizinischen Universität Wien.

Der Mitbeteiligte steht als definitiv gestellter Universitätsassistent in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und an der Universitätsklinik für X an der Medizinischen Universität Wien in Verwendung.

Der Beschwerdeführer verfügte gegenüber dem Mitbeteiligten in den Jahren 2007 und 2008 schriftliche Anordnungen betreffend die Nichtheranziehung zu Operationen, Ausbildungsassistenzen, Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdiensten und im Patientenbetrieb. In seinen Eingaben vom 31. Jänner 2008 und 6. Mai 2008 beantragte der Mitbeteiligte, es möge festgestellt werden, dass die Befolgung der Dienstanweisung des Beschwerdeführers nicht zu seinen Dienstpflichten zähle. Mangels Erlassung eines Bescheides durch das Amt der Medizinischen Universität (Wien) begehrte er mit Devolutionsantrag vom 26. November 2008 beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, "über den Antrag vom 31. Jänner 2008 zu entscheiden". Mit einem weiteren Devolutionsantrag vom 26. November 2008 begehrte er beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, über den Antrag vom 6. Mai 2008 zu entscheiden. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung übermittelte die beiden Devolutionsanträge gemäß § 6 Abs. 1 AVG zuständigkeitshalber der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt, die mit dem angefochtenen Bescheid den Devolutionsanträgen stattgab und feststellte, dass die Befolgung der den Feststellungsanträgen vom 31. Jänner und 6. Mai 2008 zu Grunde liegenden Weisungen des Beschwerdeführers nicht zu den Dienstpflichten des Mitbeteiligten gehörten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer einerseits Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die diese mit Beschluss vom 21. September 2010, B 1210/10, mit folgender tragenden Begründung zurückwies:

"Zur Erhebung einer solchen Beschwerde ist nur berechtigt, wer durch den angefochtenen Bescheid in irgendeinem subjektiven Recht verletzt worden sein kann, wenn mithin die bescheidmäßige Anordnung oder Feststellung die subjektive Rechtssphäre des Einschreiters berührt (vgl. zB VfSlg. 11.764/1988, 14.575/1996, 17.587/2005). Die für die Beschwerdeberechtigung maßgebende Möglichkeit, durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde in der Rechtssphäre verletzt zu werden, kann nur bei Personen vorliegen, denen an der im konkreten Verwaltungsverfahren behandelten Sache die Stellung einer Partei zugekommen ist (vgl. zB VfSlg. 14.183/1995, 15.733/2000).

Gegenstand des Verfahrens vor der Berufungskommission war die Frage, ob die Befolgung der Weisungen des nunmehrigen Beschwerdeführers zu den Dienstpflichten dessen Mitarbeiters gehört. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Feststellungsanträge wurden nicht vom Beschwerdeführer, sondern von dessen Mitarbeiter gestellt.

Adressat des Bescheides ist mit Blick auf den Bescheidinhalt und die dem Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften, aus denen kein subjektives Recht des Beschwerdeführers (als Privatperson) auf Beteiligung am Verfahren betreffend die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Verpflichtung des Mitarbeiters des Beschwerdeführers abzuleiten ist, der Mitarbeiter des Beschwerdeführers, nicht jedoch der Beschwerdeführer, der nicht Partei des Administrativverfahrens vor der Berufungskommission war.

Da der bekämpfte Bescheid mithin nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers (als Privatperson) eingreift bzw. ausschließlich die Rechtssphäre dessen Mitarbeiters gestaltet, wogegen in der Rechtssphäre des Beschwerdeführers - wenn überhaupt - bloß Reflexwirkungen auftreten, fehlt dem Beschwerdeführer die Legitimation zur Beschwerdeführung (vgl. zB VfSlg. 14.335/1995, 14.932/1997, 17.321/2004; VfGH 11.6.1990, B417/90; 30.9.1997, B2405/97; 15.6.2009, B579/09; 10.3.2010, B1589/09). Der Inhalt des bekämpften Bescheides erlaubt es nicht, im Beschwerdeführer auch - neben dessen Mitarbeiter - einen Adressaten des Bescheides zu erblicken.

Da der angefochtene Bescheid sohin nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreift, fehlt ihm die Legitimation zur Beschwerdeerhebung."

Andererseits erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 10. März 2010 die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, die zunächst zu ihrer Zulässigkeit vorbringt (Schreibung im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1) Gemäß § 41 a BDG ist eine Berufungskommission eingerichtet, die gemäß § 41 a (6) BDG über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide entscheidet. Gegen solche Entscheidungen ist gemäß § 41 a (5) BDG die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Hier hat die Berufungsbehörde aber nicht über eine Berufung über einen in erster Instanz ergangenen Bescheid entschieden, sondern vielmehr aufgrund von Devolutionsanträgen, infolge der die Zuständigkeit gemäß § 1 (1) DVG und § 73 AVG auf die Berufungskommission übergegangen ist. Demnach

das Erfordernis einer Weisungsfreistellung durch den einfachen Gesetzgeber annehmen wollte (vgl. dazu näher Fischerlehner, Weisungsfreie Verwaltungsbehörden nach Art. 20 B-VG idF der B-VGN 2008, JBl 2010, 417 ff, (422ff); Horvath, Die Weisungsfreistellung von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag nach der B-VG Novelle BGBl. I 2008/2, ZfV 2010, 749 ff (752ff)), hat doch der einfache Gesetzgeber in § 41d Abs. 2 BDG 1979 eine derartige Regelung getroffen (vgl. zur Auslegung dieser Bestimmung in diesem Sinn das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1997, B 4768/96 = VfSlg. 14.854).

Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt den Begriff "Angelegenheiten" in § 41a Abs. 6 BDG 1979 weit aus; danach zählt dazu auch die Entscheidung über die Frage, ob eine bestimmte Personalmaßnahme mit Bescheid zu verfügen wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2010, Zl. 2006/12/0194, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dieser Kommission auf Grund ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde auch die Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG zu (vgl. auch § 41f Abs. 1 Z. 1 BDG 1979), die im Devolutionsweg angerufen werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts stellt eine im Devolutionsweg ergangene Entscheidung nicht eine Rechtsmittelentscheidung, sondern eine erstinstanzliche Entscheidung dar. Da es sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen in erster Instanz ergangenen Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt handelt, der eine Angelegenheit im Sinn des § 41a Abs. 6 BDG 1979 betrifft, lagen sämtliche Voraussetzungen für eine Zuständigkeit der Berufungskommission vor. Damit ist aber die vorliegende Angelegenheit von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen (vgl. den zitierten Beschluss vom 28. Jänner 2010, mwN).

Soweit die vorliegende Beschwerde Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des § 41a Abs. 6 BDG 1979 hegt, vermag der Verwaltungsgerichtshof diesen schon deshalb nicht zu folgen, weil die Bestimmung des § 41a Abs. 6 BDG 1979 ihrerseits im Verfassungsrang steht und die Beschwerde nicht darlegt, welchen Grundprinzipien der Verfassung diese Bestimmung widerspräche.

Soweit sich die Beschwerde der Sache nach gegen einen Ausschluss des Rechtszuges an den Verwaltungsgerichtshof wendet, ergibt sich die mangelnde Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für Beschwerden gegen Bescheide der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt schon aus Art. 133 Z. 4 B-VG und dem Umstand, dass eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausdrücklich für zulässig erklärt wird, sodass der (einfachgesetzlichen) Bestimmung des § 41a Abs. 5 letzter Satz BDG 1979 im vorliegenden Zusammenhang keine normative Bedeutung zukommt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1997, B 4768/96 = VfSlg. 14.854). Die Berufungskommission ist auch nach den ihr nach § 41a Abs. 6 BDG 1979 zugewiesenen Aufgaben ausschließlich zur Rechtskontrolle berufen, nicht aber auch (zusätzlich) mit Aufgaben der Verwaltungsführung betraut. Ihre Anrufung im Devolutionsweg nach § 73 Abs. 2 AVG in (soweit hier von Interesse) Angelegenheiten der §§ 38 und 40 BDG 1979 ändert daran nichts, weil es sich auch dabei um eine Aufgabe der Rechtskontrolle (hier: um die nachträgliche Prüfung einer in Weisungsform vorgenommenen Personalmaßnahme an Hand des Gesetzes auf Grund eines Feststellungsantrags des betroffenen Beamten) handelt.

Die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde war daher schon deshalb - ohne dass auf die Frage der Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof eingegangen zu werden brauchte - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 15. Dezember 2010

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