Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs3
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
BDG 1979 §38
BDG 1979 §40
BDG 1979 §41a, §41d
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs3
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
BDG 1979 §38
BDG 1979 §40
BDG 1979 §41a, §41d
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice.
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. Juni 1996 wurde er gemäß §40 iVm §38 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333/1979 idF der Novelle BGBl. 550/1994,(BDG), von Amts wegen von seiner bisherigen Funktion als Leiter der Abteilung 9 der Landesgeschäftsstelle Wien abberufen und ihm gleichzeitig die Verwendung als Berater im Job-Center International der Regionalen Geschäftsstelle Jugendliche (Verwendungsgruppe A) zugewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die (gemäß §41a BDG eingerichtete) Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (im folgenden kurz: Berufungskommission) gab mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 diesem Rechtsmittel keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.
2. Gegen den zitierten Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet wird.
Der Beschwerdeführer stellt den Antrag,
"den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung verfassungsgesetzlich geschützter Rechte aufzuheben und mir zu Handen meines Vertreters den gesetzlichen Kostenersatz zuzusprechen;
da ich auch in anderen Rechten verletzt bin, beantrage ich für den Fall, daß der Hohe Verfassungsgerichtshof nicht auf Verletzung verfassungsgesetzlich geschützter Rechte durch den angefochtenen Bescheid selbst erkennt, wohl aber im Sinne der obigen Anregung (Anm.: s. u. II.3.a) den letzten Satz des §41a Abs5 BDG 1979 als verfassungswidrig aufhebt, die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach Art144 Abs3
B-VG."
3. Die Berufungskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Darauf replizierte der Beschwerdeführer. Er ergänzt und vertieft die Ausführungen der Beschwerdeschrift.
II. 1. Die für den vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des BDG lauten:
"Versetzung
§38.(1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.
(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung an einen anderen Dienstort auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.
(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbeson-dere vor
- 1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder
- 2. ...
(4) ...
(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.
(7) ..."
"Verwendungsänderung
§40.(1) ...
(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn
- 1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder
- 2. durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere
Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder
- 3. dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.
(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.
(4) ..."
"Berufungskommission
§41a.(1) Beim Bundeskanzleramt ist eine Berufungskommission einzurichten, die aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht.
(2) Der Vorsitzende, seine Stellvertreter und die weiteren Mitglieder der Berufungskommission werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung mit Wirkung vom 1. Jänner für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Mitglieder der Berufungskommission aus der Parlamentsdirektion werden vom Präsidenten des Nationalrates bestellt. Es sind so viele Mitglieder zu bestellen, daß die Berufungen innerhalb der im Abs5 angeführten Frist erledigt werden können. Eine neuerliche Bestellung ist zulässig.
(3) Der Vorsitzende und dessen Stellvertreter müssen Richter, die weiteren Mitglieder rechtskundige Bundesbeamte sein, die je zur Hälfte Vertreter des Dienstgebers und der Dienstnehmer sind.
(4) ...
(5) Die Berufungskommission hat ihre Entscheidungen ohne unnötigen Aufschub, möglichst aber binnen drei Monaten ab Einbringung der Berufung zu treffen. Die Bescheide der Berufungskommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen.
(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§38, 40 und 41 Abs2."
"Abstimmung und Stellung der Mitglieder
§41d.(1) ...
(2) Die Mitglieder der Berufungskommission sind in Ausübung dieses Amtes selbständig und unabhängig.
(3) ..."
2. Die Berufungskommission begründet den bekämpften Bescheid - nach einer Schilderung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage - folgendermaßen:
"Nach der Judikatur ist ein wichtiges dienstliches Interesse (Anm.: i.S. des §38 Abs2 BDG) dann gegeben, wenn der vorliegende Sachverhalt den Schluß rechtfertigt, daß der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgaben bei dem betreffenden Bediensteten nicht oder nicht mehr gegeben ist und daher der Bedienstete demnach die ihm obliegenden Aufgaben nicht erfüllen will oder aus inneren oder äußeren Gründen nicht mehr erfüllen kann.
Im vorliegenden Fall besteht das wichtige dienstliche Interesse an der Änderung der Verwendung des BW
(= Berufungswerbers - das ist der Beschwerdeführer des verfassungsgerichtlichen Verfahrens) darin, daß durch sein Verhalten im Zusammenhang mit den Förderfällen R... und S... das Vertrauen in den BW als Führungskraft verloren gegangen ist.
Mit Schreiben vom 2. Mai 1995 an die Abteilung 3 der Landesgeschäftsstelle Wien erteilte der Landesgeschäftsführer des Arbeitsmarktservice Wien folgende Weisung:
'Betreff: Aktion 8000 - Unabhängige Initiative
Informationsvielfalt
Restforderungen
Es wird angewiesen, daß die offenen Restbeträge nicht ausbezahlt werden.'
Eine Durchschrift dieses Schreibens erging an die Abteilung 9 mit folgendem handschriftlichen Vermerk des Landesgeschäftsführers vom 2. Mai 1995:
'Abtl.9: keine weiteren Förderungen durchführen.'
Hintergrund dieser Weisungen bildete der durch eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten KISS vom 26. April 1995 (Nr. 1034/J) sowie die Medienberichterstattung bekanntgewordene Verdacht, daß die Täter des Anschlages auf die 380 kV-Leitung in Ebergassing im Umfeld des Vereins 'UII' zu finden seien.
Zu diesem Zeitpunkt wurden noch drei Beschäftigungsverhältnisse zu dem Verein 'UII' im Rahmen der Aktion 8000 vom Arbeitsmarktservice gefördert:
Name Förderzeitraum
E... 1.7.1994 - 30.6.1995
H... 1.5.1994 - 30.4.1995
K... 1.6.1994 - 31.5.1995
Drei weitere Dienstverhältnisse zum Verein 'UII', die im Rahmen der Aktion 8000 gefördert wurden, waren zwar bereits beendet, aber noch nicht abgerechnet:
Name Förderzeitraum offener Betrag
R... 1.10.1993 - 30.9.1994 S 15.041,--
S... 1.10.1993 - 30.9.1994 S 15.041,--
W... 1. 7.1993 - 30.6.1994 S 15.641,--
Trotz der Weisung des Landesgeschäftsführers vom 2. Mai 1995
an die Abteilung 3, die laufenden Zahlungen an den Verein 'UII'
zu stoppen, wurde in den Förderfällen E..., H... und K... jeweils
noch der 11. Teilbetrag der Förderung zur Auszahlung gebracht.
Am 6. September 1995 fand die Sachbearbeiterin der Abteilung 9, Frau B..., auf ihrem Schreibtisch eine schriftliche Weisung des BW mit folgendem Inhalt:
'Kannst Du bitte die UII-Akte R.../S... abrechnen!'
Auf dem gleichen Blatt Papier war noch eine weitere Weisung betreffend den Verein 'Infrastruktur' enthalten:
'Alex
Infrastruktur!!
Dringend
Bitte überprüfen, ob die von K... W... am 29. Mai 1995
verfügte Einstellung der Auszahlung bei 'Infrastruktur' erfolgt
ist. (nur erkundigen!!)
Siehe auch Zahlungen in BH-Liste für UII'
Aufgrund dieser für Frau B... laut Niederschrift vom 22. Mai
1996 eindeutigen Weisung führte sie umgehend die Abrechnung der
Förderakte R... und S... durch und leitete die Akte zur
Auszahlung der offenen Restbeträge an die Abteilung 3 weiter.
Nicht mehr eindeutig angeben konnte Frau B..., ob sie dabei die schriftliche Weisung des Landesgeschäftsführers vom 2. Mai 1995 vergessen hatte oder ob sie - aufgrund der nunmehrigen Weisung ihres Vorgesetzten - der Meinung war, daß inzwischen eine Änderung der Weisungsgrundlage eingetreten sei.
Der BW erklärte dazu in der Niederschrift vom 22. Mai 1996
sowie in der Stellungnahme vom 10. Juni 1996, seine Weisung hätte
sich darauf bezogen, die Förderfälle S... und R... abzurechnen,
d. h. die Abrechnung im Hinblick auf eine eventuelle Rückforderung
zu überprüfen. Aufgrund der möglicherweise unklaren Anweisung
hätte Frau B... irrtümlich aber tatsächlich die Endabrechnung
gleich erledigt und weitergeleitet.
Der schriftlichen Weisung des BW, die Akte R... und S...
abzurechnen, ist keine Einschränkung zu entnehmen, lediglich eine
rechnerische Überprüfung ohne jede weitere Veranlassung
durchzuführen. Im Gegensatz dazu ist die zweite Weisung
betreffend den Verein Infrastruktur wesentlich vorsichtiger
formuliert ('überprüfen', 'nur erkundigen!!'), sodaß hier nie die
Gefahr bestand, daß Frau B... irrtümlich eine Anweisung tätigt.
Aus dieser unterschiedlichen Gestaltung der beiden Weisungen muß
geschlossen werden, daß die erste Weisung (Abrechnung der
UII-Akte R... und S...) vom BW tatsächlich im Sinne einer
Endabrechnung und Anweisung an den Förderungsempfänger gemeint war, da der BW ansonsten auch zur ersten Weisung nähere Angaben oder Einschränkungen gemacht hätte. Dem BW hätte bei der Weisungserteilung klar sein müssen, daß seine Mitarbeiterin den Terminus 'abrechnen' im Sinne einer Endabrechnung und anschließenden Anweisung des Restbetrages verstehen wird. Bei der Beurteilung des Inhaltes der Weisung des BW kommt es nicht auf die objektive Bedeutung der Worte an, sondern darauf, wie die spezielle Person, an die die Weisung gerichtet war (Frau B...), diese verstehen mußte, da bei der Erteilung einer Weisung an eine bestimmte Person dem Weisungsgeber immer auch bewußt sein muß, wie diese Person die Weisung verstehen wird.
Daß Frau B... tatsächlich keinerlei Zweifel am Inhalt der
Weisung hatte, ergibt sich nicht nur aus der Niederschrift vom
22. Mai 1996 mit ihr, sondern auch aus dem Umstand, daß sie keine
Rücksprache mit dem BW hielt, sondern die Weisung sofort
ausführte. Da Frau B... auch die Ermächtigung zur selbständigen
Behandlung dieser Angelegenheit hatte, mußte ihr klar sein, daß
ihr Vorgesetzter die Akten R... und S... vor der Weiterleitung an
die Abteilung 3 nicht mehr sehen wird. Umsomehr hätte sie daher im Fall von aufgetauchten Zweifeln am Inhalt der Weisung mit dem BW Kontakt aufgenommen.
Daher erweisen sich die Ausführungen des BW, wie er die Weisung eigentlich gemeint habe bzw. daß es sich allenfalls um ein Mißverständnis mit seiner Mitarbeiterin gehandelt hätte, als verfehlt, sondern es ist von einer klaren und eindeutigen Weisung auszugehen, die der BW seiner Mitarbeiterin schriftlich erteilt hat.
Offen bleibt daher nur die Frage, ob sich der BW mit seiner Weisung, die Förderakte R... und S... abzurechnen, bewußt über die Weisung des Landesgeschäftsführers vom 2. Mai 1995 hinweggesetzt hat oder ob diese weisungswidrige Handlung unbeabsichtigt erfolgt ist. Dem kommt aber keine entscheidende Bedeutung zu, da in beiden Fällen ein wichtiges dienstliches Interesse an der Abberufung des BW von der Leitungsfunktion besteht.
Im Fall eines bewußten Verstoßes gegen die Weisung des Landesgeschäftsführers ist es offensichtlich, daß dieser Umstand zu einer schweren Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Landesgeschäftsführer und dem BW führen muß, welche eine weitere Verwendung des BW in der Leitungsfunktion nicht mehr zuläßt (vgl. VwGH 2. März 1981, Zl. 12/3011/80).
Aber auch in dem Fall, daß die weisungswidrige Handlung des BW unbeabsichtigt erfolgt ist, muß dies im vorliegenden Fall zu einer schweren Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Landesgeschäftsführer und dem BW führen. Dies deshalb, da es sich bei den Förderungen an den Verein 'UII' nicht um irgendwelche Dutzendfälle handelte, sondern um solche, die bereits breites politisches und mediales Aufsehen erregt hatten. Es gab zu diesen Förderungen bereits mehrere parlamentarische Anfragen von Nationalratsabgeordneten an den Bundesminister für Arbeit und Soziales und auch eine breite mediale Berichterstattung, insbesondere ab dem Zeitpunkt, als der Verdacht eines Zusammenhanges zwischen den mutmaßlichen Tätern des Sprengstoffanschlages auf die 380 kV-Leitung in Ebergassing und dem Verein 'UII' auftauchte (Ende April 1995). Der BW gibt selbst in seiner Stellungnahme vom 10. Juni 1996 (Seite 3 unten) an, daß die Abteilung 9 im Laufe des Sommer/Herbstes 1995 zahlreiche parlamentarische Anfragen betreffend die Förderung 'dubioser Vereine' bearbeitet und an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weitergeleitet habe sowie daß der Dienstbetrieb durch die Revisionstätigkeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und der Bundesgeschäftsstelle stark dominiert worden sei. Aufgrund dieser Umstände mußte dem BW klar sein, daß es sich bei den Förderfällen R... und S... nicht um irgendwelche x-beliebigen Förderungen handelte, sondern um solche von größerer Tragweite für die öffentliche Reputation des Arbeitsmarktservice. Eine Einrichtung wie das Arbeitsmarktservice, die im wesentlichen - neben einem Bundesbeitrag - aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert wird, kann es sich nicht erlauben, diese Mittel fragwürdigen Vereinen - wenn auch nur mittelbar über die Förderung von Beschäftigungsverhältnissen - zukommen zu lassen. Sobald daher begründete Zweifel an der Förderungswürdigkeit bzw. Zweckmäßigkeit einer Förderung auftauchen, muß alles Notwendige veranlaßt werden, um den Schaden möglichst gering zu halten. Daher auch die rasche Reaktion des Landesgeschäftsführers am 2. Mai 1995 (die parlamentarische Anfrage wurde am 26. April 1995 eingebracht), der mittels schriftlicher Weisung die Auszahlung aller offenen Restbeträge an den Verein 'UII' zu stoppen versuchte.
Dieser Hintergrund mußte auch dem BW als Leiter der für Förderungen im Rahmen der Aktion 8000 zuständigen Abteilung bekannt sein. Geht man daher von einer nicht vorsätzlichen Mißachtung der Weisung des Landesgeschäftsführers aus, kommt man nicht umhin, das Verhalten des BW in dieser Angelegenheit als grob fahrlässig zu beurteilen. Es liegt daher auch in diesem Fall eine schwere Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Landesgeschäftsführer und dem BW vor, die ein wichtiges dienstliches Interesse an der Abberufung des BW von seiner Leitungsfunktion bewirkt. In diesem Fall liegt das wichtige dienstliche Interesse nicht in einem bewußten weisungswidrigen Verhalten begründet, sondern darin, daß dem BW die Fähigkeit zur Wahrnehmung der Leitungsfunktion fehlt. Auch in Zeiten einer großen Arbeitsbelastung, auf die der BW mehrmals verweist, wird von einer Führungskraft erwartet, daß sie in der Lage ist, Prioritäten zu setzen und unwichtige von wichtigen Akten zu trennen. Ist diese Fähigkeit nicht gegeben und wird der Bedienstete trotzdem in der Funktion belassen, müßten sich dessen Vorgesetzte alle heiklen Angelegenheiten vorbehalten, um nicht selbst bei einem allfälligen weiteren Fehlverhalten (mit)verantwortlich zu werden.
Wenn der BW in der Stellungnahme vom 10. Juni 1996 sowie in
der Berufung darauf hinweist, dem Bund sei durch die
weisungswidrige Auszahlung der Förderungen kein Schaden
entstanden, da die Förderungswerber einen gültigen Rechtsanspruch
auf die Förderung hatten, ist darauf hinzuweisen, daß der BW
dieses Argument selbst entkräftet, wenn er ausführt, bei der
Erteilung der Weisung an Frau B... am 6. September 1995 hätten
diese Überlegungen überhaupt keine Rolle gespielt. Wenn diese
Überlegungen für den BW laut eigener Aussage nämlich zum
Zeitpunkt der Weisungserteilung an Frau B... keine Rolle gespielt
haben, können sie auch nicht nachträglich als Rechtfertigung für das weisungswidrige Handeln des BW dienen.
Ebensowenig läßt sich für den Standpunkt des BW gewinnen, wenn er darauf verweist, bei der Anweisung der Förderung in den Fällen R... und S... hätten auch Bedienstete der Abteilung 3 des Arbeitsmarktservice Wien weisungswidrig gehandelt bzw. wäre die Anweisung nie erfolgt, wenn die Abteilung 3 korrekt gehandelt hätte. Der Hinweis darauf, daß auch andere Personen ein Fehlverhalten gesetzt hätten, vermag das Fehlverhalten des BW nicht zu kompensieren. Allenfalls könnte man, wie es der BW in der Berufung tut, darin ein Indiz dafür erblicken, daß der BW nicht bewußt gegen die Weisung des Landesgeschäftsführers verstoßen habe. Dem kommt aber keine entscheidende Bedeutung zu, da - wie bereits oben ausgeführt - im gegenständlichen Fall sowohl ein bewußtes als auch ein unbewußtes Fehlverhalten ein wichtiges dienstliches Interesse an der Abberufung begründen.
Genausowenig vermag der Umstand, daß der BW in einem anderen Förderungsfall (Verein 'Infrastruktur' - ...) die Weisung des Landesgeschäftsführers umgehend befolgt hat, an der Beurteilung etwas zu ändern. Im vorliegenden Fall geht es eben gerade um die Beurteilung jener Weisung, die nicht befolgt wurde und nicht um jene, die befolgt wurde, was ja auch den Regelfall darstellen sollte.
Dagegen ist dem BW darin zuzustimmen, daß dem angefochtenen Bescheid des Amtes des Arbeitsmarktservice Wien nicht eindeutig entnommen werden kann, ob dem BW auch die Nichteinstellung der Förderungen E..., H... und K... im Mai und Juni 1995 (mit)angelastet wird. Angesichts des Umstandes, daß die schriftliche Weisung des Landesgeschäftsführers vom 2. Mai 1995, die offenen Förderungen zu stoppen, ausdrücklich an die Abteilung 3 gerichtet war und diese Abteilung auch allein in der Lage gewesen wäre, durch Kontaktaufnahme mit der Buchhaltung diese Anweisungen zu stoppen, kann dem BW in diesem Zusammenhang kein Vorwurf gemacht werden.
Zusammenfassend ergibt sich somit, daß das wichtige dienstliche Interesse an der Abberufung des BW von seiner Funktion als Leiter der Abteilung 9 der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien gegeben ist, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war."
3. Der Beschwerdeführer wendet dagegen in der Beschwerdeschrift ein:
a) Die Berufungskommission könne nicht als Kollegialorgan iS des Art133 Z4 B-VG angesehen werden, weil ihr die dafür erforderliche Unabhängigkeit fehle:
"Es sind vor allem zwei Bestimmungen, die eine nachhaltige Einschränkung der Unabhängigkeit bewirken, nämlich die Bestimmung des §41b Abs2 BDG 1979, wonach die Mitgliedschaft zur Berufungskommission bereits ab Einleitung eines Disziplinarverfahrens ruht und die Bestimmung des §41c Abs2 leg.cit., wonach ein Mitglied jedes der Dreiersenate der belangten Behörde 'als Vertreter des Dienstgebers' dem Ressort des Berufungswerbers angehören muß. Das bedeutet naturgemäß gleichzeitig, daß dieses Mitglied von jenem Ressort stammt, von welchem auch die Erlassung des erstinstanzlichen und durch die Berufung angefochtenen Bescheides ausgegangen ist."
Jene Kommissionsmitglieder, die nicht Richter sind, seien von ihrem "Entsendungsressort" abhängig. Der Ressortleiter könne jene Mitglieder auswählen und entsenden, von denen er annehme, daß sie in seinem Sinn entscheiden werden.
Der Beschwerdeführer regt an, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des letzten Satzes des §41a Abs5 BDG einzuleiten:
"Es wird sich ergeben, daß dieser Satz verfassungswidrig ist. In Konsequenz daraus und davon ausgehend, daß die belangte Behörde entsprechend den obigen Ausführungen nicht als Kollegialbehörde im Sinne des Art133 Ziff. 4 B-VG gewertet werden kann, wird sich erweisen, daß die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gegeben ist. Allenfalls wolle das Gesetzesprüfungsverfahren über die §§41a (mit Ausnahme der Verfassungsbestimmung laut dessen Abs6) bis 41f BDG 1979 einleitet werden; ausgehend von der Aufhebung dieser Bestimmungen wird sich erweisen, daß mich der angefochtene Bescheid im verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt."
b) Der Beschwerdeführer meint weiters, daß die Behörde bei der Gesetzesanwendung Willkür geübt habe.
Er habe nur die Abrechnung, nicht aber auch die Ausbezahlung von Förderungsgeldern veranlaßt. Daß die Gelder - weisungswidrig - dennoch ausbezahlt wurden, habe nicht er zu verantworten. Zusammenfassend ergebe sich,
"1. daß es bereits völlig realitätswidrig ist, mir überhaupt einen erheblichen Fehler vorzuwerfen,
2. daß aber die Behauptung, es liege eine grobe Fahrlässigkeit, bzw. ein so schwerwiegendes Fehlverhalten vor, daß ich dadurch das Vertrauen des Vorgesetzten verloren hätte, so weit von jeder Realität entfernt ist, daß eine solche Beurteilung und darauf aufbauende Entscheidungsfindung mit einem objektiven Entscheidungswillen denkbarerweise nicht mehr vereinbart werden kann, sodaß
3. mit der getroffenen Entscheidung Willkür geübt wurde, was auch in den oben dargestellten Aspekten des Verfahrens und der Bescheidbegründung, insbesondere im Übergehen wesentlichster Umstände und in der Verwendung denkgesetzwidriger Argumente seinen Ausdruck findet."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässi-ge - Beschwerde erwogen:
1.a) Der Beschwerdeführer wurde - entgegen seiner Meinung - nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Die zuständige Behörde hat nämlich eine Sachentscheidung getroffen.
Ob ihre Bescheide (auch) beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden können, hat mit dem vom Beschwerdeführer herangezogenen Grundrecht nichts zu tun.
b) Der Beschwerdeführer bezweifelt (mit der oben zu II.3.a. wiedergegebenen Begründung) die Verfassungsmäßigkeit des §41a Abs5 letzter Satz BDG, der die Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausschließt.
Im Hinblick auf den - obgleich bloß bedingt gestellten - Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, ist die zitierte Bestimmung präjudiziell. Der Verfassungsgerichtshof hat daher auf die ob ihrer Verfassungsmäßigkeit vorgebrachten Bedenken einzugehen.
Er teilt diese Bedenken nicht:
Die Berufungskommission entspricht formell allen von Art133 Z4 B-VG an eine solche "Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag" gestellten Anforderungen. Damit ist - weil eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausdrücklich für zulässig erklärt wird - dem letzten Halbsatz dieser Verfassungsnorm zufolge die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Der Bestimmung des §41a Abs5 letzter Satz BDG hätte es also gar nicht bedurft. Dessen Aufhebung würde daher im übrigen auch keine inhaltliche Änderung der bestehenden Rechtslage bewirken.
Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die Berufungskommission keine dem Art133 Z4 B-VG entsprechende Behörde sei. Er legt dieser Behauptung jedoch eine Prämisse zugrunde, die über die Erfordernisse des Art133 Z4 B-VG hinausgeht. Der in dieser Bestimmung normierten Voraussetzung der Weisungsungebundenheit sämtlicher Mitglieder ist durch §41d Abs2 BDG jedenfalls entsprochen ("Die Mitglieder der Berufungskommission sind in Ausübung dieses Amtes selbständig und unabhängig."). Ob die Berufungskommission darüber hinaus auch unabhängig im Sinne der an ein Tribunal gem. Art6 EMRK zu stellenden Anforderungen ist, kann im Hinblick darauf, daß die Versetzung eines Beamten nicht von Art6 EMRK erfaßt wird, dahingestellt bleiben. (Zur Qualifikation von Behörden nach Art133 Z4 B-VG als Tribunal s. z. B. VfSlg. 10639/1985; 12462/1990, S 110; 12470/1990, S 160 f.; VfGH 25.9.1995, B614/94, Pkt. II.1.)
2.a) Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (so insbesondere gegen §38 BDG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 24.9.1996 B2450/95).
b) Sohin könnte der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Berufungskommission Willkür geübt hätte. Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, läßt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980; VfGH 25.11.1996 B2326/96 u.a. Zlen.).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1982).
c) Keiner dieser Mängel liegt aber hier vor. Weder hat sich für den Verfassungsgerichtshof ergeben, daß das Ermittlungsverfahren an einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel leide, noch kann von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage oder von einer Willkür indizierenden denkunmöglichen Gesetzesanwendung die Rede sein:
Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, daß ein wichtiges dienstliches Interesse an einer (qualifizierten) Änderung der Verwendung eines Beamten dann vorliegt, wenn das Vertrauen der Dienstbehörde in den Beamten als Führungskraft verloren ging, ist zumindest vertretbar.
Die Behörde konnte aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wenigstens denkmöglich annehmen, daß ein solcher Fall hier vorliegt, weil der Beschwerdeführer die weisungswidrige Ausbezahlung von Förderungsgeldern (das noch dazu in einer Sache, die besonderes öffentliches Interesse fand) zu verantworten hat.
3. Die getroffene behördliche Entscheidung ist also nicht mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel belastet. Ob der Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zugrundeliegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, daß eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfGH 24.9.1996 B2450/95; 25.11.1996 B2326/96 u.a. Zlen.).
4. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerdeschrift vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Auf den Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war nicht einzugehen, weil dieser Antrag nur für den Fall gestellt wird, daß der Verfassungsgerichtshof den letzten Satz des §41a Abs5 BDG aufheben sollte. Der Verfassungsgerichtshof hat sich - wie oben zu III.1. dargetan wurde - nicht veranlaßt gesehen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung einzuleiten.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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