VwGH 2010/10/0110

VwGH2010/10/011024.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des M-Vereins in Wien, vertreten durch Dr. Peter Vögel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 5. März 2010, Zl. BMUKK- 32.046/0007-III/3/2010, betreffend Entziehung des Öffentlichkeitsrechts für eine private Volksschule, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §46;
BSchulAufsG §18 Abs1;
BSchulAufsG §18 Abs2;
BSchulAufsG §18 Abs3;
BSchulAufsG §2;
BSchulAufsG §3;
B-VG Art81a Abs5;
PrivSchG 1962 §14 Abs1 lita;
PrivSchG 1962 §14 Abs1 litb;
PrivSchG 1962 §14;
PrivSchG 1962 §16 Abs1;
PrivSchG 1962 §16;
PrivSchG 1962 §23 Abs2 litb;
AVG §1;
AVG §46;
BSchulAufsG §18 Abs1;
BSchulAufsG §18 Abs2;
BSchulAufsG §18 Abs3;
BSchulAufsG §2;
BSchulAufsG §3;
B-VG Art81a Abs5;
PrivSchG 1962 §14 Abs1 lita;
PrivSchG 1962 §14 Abs1 litb;
PrivSchG 1962 §14;
PrivSchG 1962 §16 Abs1;
PrivSchG 1962 §16;
PrivSchG 1962 §23 Abs2 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. März 2010 hat die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur der vom Beschwerdeführer geführten privaten Volksschule an einer bestimmt genannten Anschrift gemäß § 16 Privatschulgesetz, BGBl. Nr. 244/1962 (PrivSchG), das Öffentlichkeitsrecht mit sofortiger Wirkung entzogen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der vom Beschwerdeführer geführten Schule mit der gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung "Volksschule" sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juni 2008 das Öffentlichkeitsrecht ab dem Schuljahr 2007/2008 auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen verliehen worden.

Der Stadtschulrat für Wien habe als zuständige Schulaufsichtsbehörde den Bericht vom 19. Oktober 2009 vorgelegt, wonach an der genannten Volksschule erhebliche Mängel festgestellt worden seien, welche den Entzug des Öffentlichkeitsrechtes indizierten. Dabei handle es sich um folgende Mängel:

"1. Die Privatschule wurde schulstufenübergreifend geführt, obwohl dafür keine Schulversuchsgenehmigung existiert. Schülerinnen und Schüler wurden durch nicht genehmigte Lehrerinnen und Lehrer unterrichtet, sondern durch Lehrer der am selben Standort geführten Privatschule mit eigenem Organisationsstatut.

2. Gemäß vorgelegter Schülerliste waren Schullaufbahnverluste mit bis zu drei Jahren zu verzeichnen. Dieser Umstand könnte daraus resultieren, dass Anträge zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs seitens der Schulleitung nicht gestellt wurden. Dieser Verdacht wurde dadurch untermauert, dass der Lehrplan für Sonderschulen in der Schule keinerlei Anwendung fand.

3. Entscheidungen gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG wurden nicht ausgestellt.

4. Statt der üblichen nach Schulstufen gegliederten Jahresplanungen lagen für drei Schulstufen zusammengefasste Lernzielkataloge ('Pensenbücher') vor. Dies erfolgte für die 1.-3. sowie für die 4.-6. Schulstufe. Auch hieraus war erkennbar, dass die 4. Klasse Volksschule rechtswidriger Weise gemeinsam mit der am selben Standort geführten Privatschule mit eigenem Organisationsstatut geführt wurde.

5. Es wurden weder Schulnachrichten noch Zeugnisse ausgegeben. Für die Führung des Pensenbuches als alternative Leistungsbeurteilung existierte jedoch kein Schulversuch.

6. Die Durchführung von Schularbeiten entsprach nicht dem Schulunterrichtsgesetz bzw. der Leistungsbeurteilungsverordnung. Die Schularbeiten in der 4. Schulstufe wurden nicht gemeinsam im Klassenverband abgehalten, ebenso erfolgte keine Beurteilung nach der fünfstufigen Beurteilungsskala der LBVO, sondern nur mit 'Lernziel erreicht' oder 'Lernziel nicht erreicht'. Auch wurden die Schularbeiten den Erziehungsberechtigten nicht gemäß § 7 Abs. 10 LBVO zur Kenntnis übermittelt.

7. Es gab für die Schule weder einen Schulleiter noch eine Schulleiterin."

Auf Grund dieser Mängel sei dem Beschwerdeführer am 3. November 2009 gemäß § 16 Abs. 1 PrivSchG folgender Mängelbeseitigungsauftrag erteilt worden:

"1. Die Volksschule des (Beschwerdeführers) ist in Entsprechung der schulorganisationsrechtlichen Vorschriften für Volksschulen zu führen.

2. Hinsichtlich jener SchülerInnen, bei welchen der Verdacht eines sonderpädagogischen Förderbedarfs besteht, ist seitens der Schulleitung das in § 8 Schulpflichtgesetz 1985 vorgesehene Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfes einzuleiten.

3. Die in § 70 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 idgF, vorgesehenen Verfahren sind in Entsprechung dieser Bestimmung durchzuführen.

4. Es ist eine nach Schulstufen gegliederte Jahresplanung für die erste bis vierte Schulstufe durchzuführen und dem Stadtschulrat für Wien vorzulegen.

5.a. Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sind die Schülerstammblätter sämtlicher die Volksschule im Schuljahr 2009/10 besuchenden SchülerInnen vorzulegen.

b. In Folge sind Schulnachrichten und Zeugnisse in Entsprechung der Bestimmungen des Schulunterrichtsgesetzes und der Zeugnisformularverordnung, BGBl. Nr. 415/1989 idgF, auszustellen.

6. Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sind die Schularbeitentermine des ersten Semesters bekanntzugeben. Die Schularbeiten sind entsprechend den Bestimmungen des Schulunterrichtsgesetzes und der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO), BGBl. Nr. 371/1974 idgF, durchzuführen.

7. LeiterIn und KlassenlehrerInnen sind dem Stadtschulrat für Wien anzuzeigen.

Zur Behebung der Mängel werden folgende Fristen gesetzt:

1., 2., 4. und 7. bis spätestens 14.12.2009.

3. ab sofort

5.a. und 6. bis spätestens 11.11.2009.

5.b. zeitgerecht (siehe Schulzeitgesetz) Bei Nichtbehebung der Mängel binnen Frist ist

mit dem Entzug des Öffentlichkeitsrechtes zu rechnen."

Am 18. Dezember 2009 habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine Beweisaufnahme vor Ort stattgefunden. Zu deren Ergebnis habe der Beschwerdeführer Stellung genommen. Die nachfolgenden Feststellungen stützten sich neben dieser Stellungnahme auf die Inspektionsberichte vom 23. September 2009 und 26. Oktober 2009 sowie auf das Ergebnis der von der belangten Behörde vor Ort durchgeführten Beweisaufnahme vom 18. Dezember 2009. Dem weiteren Inspektionsbericht vom 15. Jänner 2010 könne nur eine untergeordnete Beweiskraft beigemessen werden, zumal dieser Bericht zahlreiche Unschlüssigkeiten und auch Fehler enthalte. So sei etwa die Schlussfolgerung nicht nachvollziehbar, dass durch eine "klar gegliederte Jahresplanung" die schulstufenadäquate Vermittlung des Lehrstoffes nachgewiesen werden könne. Weiters verweise dieser Bericht zur ehrenamtlichen Verwendung von Frau V. auf eine Beilage, welche jedoch nicht Frau V., sondern Frau Mag. S. als ehrenamtliche Helferin ausweise. Die in diesem Inspektionsbericht vertretene Auffassung, der Volksschullehrplan betreffend den Pflichtgegenstand "Bewegung und Sport" (der auch Geräteturnen umfasse) könne auch in einem Turnsaal ohne jegliche Geräte umgesetzt werden, erwecke überdies Zweifel an der Fachkompetenz und/oder der Objektivität des Berichtverfassers.

Folgender Sachverhalt werde festgestellt:

Die erste bis dritte Schulstufe würden gemeinsam geführt, obwohl ein entsprechender Schulversuch nicht bewilligt worden sei. Der vorgelegte Schulversuchsantrag datiere mit 8. Februar 2010 und sei daher für das laufende Schuljahr weit verspätet.

Die vierte Schulstufe werde gemeinsam mit der ersten und zweiten Klasse der am selben Standort befindlichen Statutschule geführt. Bei der Beweisaufnahme vor Ort am 18. Dezember 2009 seien lediglich neun Kinder als Schüler der vierten Schulstufe vorgestellt worden, die sich in einem Klassenraum unter Leitung einer Lehrerin befunden hätten. Nach der Schülerliste besuchten jedoch 17 bzw. 22 Schüler diese Schulstufe. Den Ausführungen in der Stellungnahme, wonach die anderen Kinder im Turnsaal gewesen wären, könne kein Glauben geschenkt werden. Erst etwa eine Stunde nach dem Besuch der vierten Schulstufe hätten die ersten Kinder den Turnsaal aufgesucht. Eine Teilung des Unterrichts in einerseits Mathematik und andererseits Bewegung und Sport sei weder aus einem Stundenplan noch sonst ersichtlich und sei auch nicht glaubwürdig. Darüber hinaus werde auch auf der Website der Schule angekündigt, dass die vierte Klasse der Volksschule gemeinsam mit den ersten beiden Klassen der Unterstufe der Statutschule geführt werde.

Es werde Schülern erlaubt, während des laufenden Schuljahres in die nächsthöhere Schulstufe der Volksschule aufzusteigen. Dieser Vorwurf könne durch die Stellungnahme nicht entkräftet werden, wonach Schüler, die nach dem Aufsteigen in eine höhere Schulstufe noch ein paar Lernziele nachzuholen hätten, im Verwaltungsprogramm noch mit der alten Schulstufe geführt würden. Diese Vorgangsweise sei rechtlich nicht gedeckt und auf Grund fehlender Schülerstammblätter nicht belegbar.

Am Ende des Schuljahres 2008/09 seien 30,6 % der Schüler nicht zum Aufsteigen berechtigt gewesen. Der Durchschnitt an öffentlichen Volksschulen schwanke bundesweit zwischen 0,5 und 0,6 %.

Es sei dem Stadtschulrat nicht angezeigt worden, dass zwei seinerzeit genehmigte Lehrerinnen nicht mehr an der Schule unterrichteten.

Laut Auskunft der dem Beschwerdeführer "zuzurechnenden" Frau Mag. W. anlässlich der Beweisaufnahme vom 18. Dezember 2009 seien zwei Kinder wegen sonderpädagogischen Förderbedarfs mündlich der Schulaufsicht gemeldet worden. Bei der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs handle es sich jedoch um ein Verwaltungsverfahren, welches bei der Behörde anhängig zu machen sei. Laut Auskunft des zuständigen Bezirksschulinspektors seien keine Anträge auf Zuerkennung eines derartigen Förderbedarfs gestellt worden.

Es existiere keine gegliederte Jahresplanung für die einzelnen Schulstufen. Die schulstufenübergreifende Lernzielauflistung mit farblicher Kennzeichnung der den einzelnen Schulstufen zugeordneten Bereiche stelle lediglich eine Auflistung von Lernzielen ohne jegliche jahresplanerische Struktur dar. Bei einer ordnungsgemäßen Jahresplanung handle es sich um die Konkretisierung des Lehrplanes für die jeweilige Schulstufe bezogen auf ein Unterrichtsjahr mit einer zeitlichen Anordnung der Lehrstoffe nach Gegebenheiten des Jahreskreises unter Berücksichtigung der regionalen und örtlichen Bedingungen mit der Möglichkeit von Querverbindungen zwischen den verschiedenen Unterrichtsgegenständen. Eine solche Planung liege nicht vor.

Es existierten keine Stundenpläne, welche zumindest die Aufteilung des Unterrichtes im Gesamtunterricht und andere Fächer enthielten.

Aktuelle Schülerstammblätter würden im Verlauf des Schulbesuches nicht geführt. Die Daten würden lediglich elektronisch verarbeitet und bei Übertritt des betreffenden Schülers in eine andere Schule ausgedruckt.

Vor Übermittlung des Mängelbeseitigungsauftrages habe es keine Termine für Schularbeiten gegeben. Erst nachträglich seien die zweite Deutschschularbeit für den 11. Jänner 2010 und die zweite Mathematikschularbeit für den 13. Jänner 2010 festgesetzt worden. Tatsächlich habe am 11. Jänner 2010 jedoch eine Mathematikschularbeit stattgefunden, welche nach dem Angabezettel erst die erste Schularbeit in diesem Semester gewesen sei. Da die ordnungsgemäße Durchführung von Schularbeiten bis 11. November 2009 eingefordert worden sei, sei nicht nachvollziehbar, dass die Schularbeit vom 11. Jänner 2010 - wie in der Stellungnahme ausgeführt - für einige Kinder die erste, für andere jedoch bereits die zweite gewesen sein solle.

Bis zumindest zum 18. Dezember 2009 seien keine Klassenbücher geführt worden.

Es seien insgesamt sieben Lehrerinnen und Lehrer rückwirkend ab Dezember 2009 zur Verwendung angezeigt worden, jedoch hätten bei einigen Anträgen wesentliche Beilagen gefehlt. Die Verwendung der Lehrerinnen V. und Mag. S. sei bereits durch rechtskräftige Bescheide der belangten Behörde untersagt worden. Die diese betreffenden neuerlichen Anträge seien zurückgewiesen worden; die aufschiebende Wirkung einer Berufung sei aberkannt worden. Dennoch seien diese Lehrerinnen eingesetzt worden.

An Ausstattungsgegenständen des Turnsaales existierten lediglich eine einzige Matte, einige Bälle und Springschnüre sowie einige wenige andere Handgeräte. Der vorgebrachte Umstand, dass die Geräte bereits bestellt worden seien, könne nichts daran ändern, dass derzeit ein lehrplankonformer Unterreicht nicht umgesetzt werden könne.

Die Bestimmungen der Leistungsbeurteilungsverordnung betreffend Schularbeiten würden nicht eingehalten. Die im Rahmen des Inspektionsberichtes vorgelegte Schularbeit, auf welche in der Stellungnahme verwiesen werde, sei weder lehrplankonform noch weise sie eine Notenbeurteilung auf.

Ein Kind sei entgegen den Bestimmungen des Schulpflichtgesetzes vorzeitig in die Schule aufgenommen worden.

Es bestehe weder ein Klassen- noch ein Schulforum. Nach der Stellungnahme gebe es zwar eine Leiterin und eine Vertreterin des "Elternforums", dies sei jedoch nicht geeignet, die gesetzlich vorgesehenen Gremien zu ersetzen.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die gegenständliche Volksschule in zahlreichen Belangen die gesetzlichen Bedingungen nicht erfülle. Selbst die Möglichkeit, verbesserbare Mängel innerhalb einer zumutbaren Frist zu beheben, sei nicht wahrgenommen worden. Es werde systematisch ein rechtskonformer Schulbetrieb konterkariert, indem etwa Personen, welche als Lehrerinnen bereits rechtskräftig untersagt worden seien, immer wieder als Lehrerinnen angezeigt würden, offenbar um auf diese Weise zu versuchen, die Unterrichtstätigkeit (kurzfristig) zu legalisieren. Zahlreiche Aussagen von Mag. W. legten den Verdacht nahe, dass unter dem Deckmantel der gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung "Volksschule" eine "Montessori-Schule", also eine freie Schule, basierend auf den Grundsätzen der Montessori-Pädagogik, geführt werden solle. Die belangte Behörde verkenne nicht, dass auch Volksschulen gemäß den Grundsätzen der Pädagogik Maria Montessoris geführt werden könnten, jedoch seien dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung "Volksschule" bzw. in eine Volksschule mit Öffentlichkeitsrecht sei zu wahren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Normen haben (auszugsweise) folgenden

Wortlaut:

Privatschulgesetz, BGBl. Nr. 244/1962 (PrivSchG):

"§ 5. (1) Für die pädagogische und schuladministrative Leitung der Privatschule ist ein Leiter zu bestellen,

  1. a) der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt,
  2. b) der die Eignung zum Lehrer in sittlicher und gesundheitlicher Hinsicht aufweist,

    c) der die Lehrbefähigung für die betreffende oder eine verwandte Schulart oder eine sonstige geeignete Befähigung nachweist und

    d) in dessen Person keine Umstände vorliegen, die nachteilige Auswirkungen auf das österreichische Schulwesen erwarten lassen.

(4) Die an der Schule verwendeten Lehrer haben ebenfalls die im Abs. 1 lit. a bis d genannten Bedingungen zu erfüllen.

§ 11. (1) Die Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung durch Privatschulen ist nur mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde zulässig.

(2) Die Bewilligung ist auf Ansuchen des Schulerhalters zu erteilen, wenn

a) die Organisation einschließlich des Lehrplanes und die Ausstattung der Privatschule im wesentlichen mit gleichartigen öffentlichen Schulen übereinstimmt und an der Schule nur schulbehördlich approbierte Lehrbücher, soweit eine solche Approbation vorgesehen ist, verwendet werden,

b) der Leiter und die Lehrer die Lehrbefähigung für die betreffende Schulart besitzen, wobei jedoch die zuständige Schulbehörde vom Nachweis der Lehrbefähigung für Lehrer absehen kann, wenn Mangel an entsprechend lehrbefähigten Lehrern besteht und ein sonstiger ausreichender Befähigungsnachweis erbracht wird, und

c) glaubhaft gemacht wird, dass die Führung der Privatschule für mehrere Jahre mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit sichergestellt ist.

§ 14. (1) Privatschulen, die gemäß § 11 eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen, ist das Öffentlichkeitsrecht zu verleihen, wenn

a) der Schulerhalter (bei juristischen Personen dessen vertretungsbefugte Organe), der Leiter und die Lehrer Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht bieten und

b) der Unterrichtserfolg jenem an einer gleichartigen öffentlichen Schule entspricht.

§ 16. (1) Wenn die im § 14 genannten Voraussetzungen während der Dauer des Öffentlichkeitsrechtes nicht mehr voll erfüllt werden, ist dem Schulerhalter unter Androhung des Entzuges beziehungsweise der Nichtweiterverleihung des Öffentlichkeitsrechtes eine Frist bis längstens zum Ende des darauffolgenden Schuljahres zur Behebung der Mängel zu setzen. Werden die Mängel innerhalb der gesetzten Frist nicht behoben, so ist das Öffentlichkeitsrecht zu entziehen beziehungsweise nicht weiterzuverleihen.

§ 23. …

(2) Der Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur ist in erster Instanz zuständig

b) für die Verleihung und den Entzug des Öffentlichkeitsrechtes, …"

Bundes-Schulaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 240/1962 (BSchAufsG):

"§ 2. Schulbehörden des Bundes.

Die Schulverwaltung und Schulaufsicht des Bundes wird vom zuständigen Bundesminister, den ihm unterstehenden Landesschulräten und den diesen unterstehenden Bezirksschulräten besorgt.

§ 18. Schulinspektion.

(1) Die Schulinspektion ist von den Landesschulräten und Bezirksschulräten durch die Beamten des Schulaufsichtsdienstes und Lehrer, die mit Schulaufsichtsfunktionen betraut sind, auszuüben.

(2) Andere Organe der Landesschulräte und Bezirksschulräte dürfen, abgesehen vom Präsidenten des Landesschulrates, dem Unterricht an einer Schule nur in Anwesenheit eines Beamten des Schulaufsichtsdienstes oder eines Lehrers, der mit Schulaufsichtsfunktionen betraut ist, beiwohnen.

(3) Der zuständige Bundesminister hat - soweit Angelegenheiten des Geschäftsverteilungsplanes nicht berührt werden - durch allgemeine Weisung nähere Bestimmungen über die Durchführung der Schulinspektion nach den Erfordernissen einer möglichst wirksamen Aufsicht über die betreffenden Schulen und einer entsprechenden Beratung der Lehrer (insbesondere in den ersten Jahren ihrer Lehrtätigkeit) zu erlassen.

…"

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die belangte Behörde habe durch die Beweisaufnahme an Ort und Stelle vom 18. Dezember 2009 unzulässigerweise in die Kompetenz des Schulaufsichtsdienstes gemäß § 18 BSchAufsG eingegriffen, um einen ihr nicht genehmen Inspektionsbericht zu ignorieren. Dies stelle einen Akt der Willkür, jedenfalls aber einen "tiefgreifenden Verfahrensmangel" dar, dem auch Relevanz zukomme, weil die Inspektion durch den zuständigen Bezirksschulinspektor erst nach der behördlichen Beweisaufnahme stattgefunden habe und der von der belangten Behörde als nur untergeordnet beweiskräftig bezeichnete Inspektionsbericht vom 15. Jänner 2010 auf die von der Behörde festgestellten Mängel eingehe. Schon "nach grundlegenden logischen Gesichtspunkten" könne diesem Bericht nicht das Ergebnis der früheren Beweisaufnahme entgegengehalten werden.

Dem ist zu entgegnen, dass der belangten Behörde gemäß § 23 Abs. 2 lit. b PrivSchG u.a. die Kompetenz für den Entzug des Öffentlichkeitsrechts von Privatschulen zukommt. Im Zuge des der Entziehung vorangehenden Verwaltungsverfahrens steht es der belangten Behörde nach dem Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel gemäß § 46 AVG frei, sich im Zuge eines Lokalaugenscheins ein Bild etwa über die räumliche Ausstattung, die in der Schule vorhandenen Aufzeichnungen, die unterrichtenden Lehrer u.ä. zu verschaffen. Dabei handelt es sich nicht um eine - gemäß § 18 Abs. 3 BSchAufsG einer möglichst wirksamen Aufsicht und entsprechenden Beratung der Lehrer dienende - "Schulinspektion" im Sinne von § 18 Abs. 1 leg. cit. Das Verbot des § 18 Abs. 2 BSchAufsG, dem Unterricht ohne Beisein eines Beamten des Schulaufsichtsdienstes (oder mit Schulaufsichtsfunktion betrauten Lehrers) beizuwohnen, richtet sich ausdrücklich an "andere Organe der Landesschulräte und der Bezirksschulräte" (mit Ausnahme des Präsidenten des Landesschulrates) und nicht - wie z.B. die Zuständigkeitsregelung des § 3 leg. cit. - an die "Schulbehörden des Bundes", wozu gemäß § 2 leg. cit. auch der zuständige Bundesminister gehört. Durch § 18 Abs. 2 BSchAufsG wird insbesondere das dem zuständigen Bundesminister und den von ihm entsendeten Organen zustehende Recht, sich vom Zustand und von den Leistungen aller dem Bundesministerium im Wege der Landesschulräte (bzw. Stadtschulrat für Wien) unterstellten Schulen zu überzeugen (Art. 81a Abs. 5 B-VG), nicht berührt (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht12 (2009) S. 133, FN 5 zu § 18 BSchAufsG). Sollte die die Erhebungen führende Bedienstete der belangten Behörde daher tatsächlich dem Unterricht "beigewohnt" haben, so wäre dies nicht unzulässig gewesen.

Mit dem Vorbringen, dass der Inhalt des Inspektionsberichtes vom 15. Jänner 2010 berücksichtigt hätte werden müssen, macht der Beschwerdeführer schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel geltend, weil er zum Inhalt dieses Berichtes lediglich vorbringt, dass darin auf die vorgehaltenen Mängel eingegangen und die Beibehaltung des Öffentlichkeitsrechts befürwortet werde, ohne dies näher zu konkretisieren.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass es nicht angehe, die Entziehung auf Mängel zu stützen, die zwar nicht innerhalb der gesetzten Frist, aber doch bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides behoben worden seien, ist ihm zu entgegnen, dass sich die belangte Behörde nur in Bezug auf die Unterlassung der Durchführung von Schularbeiten mit gehöriger Ankündigung und in ausreichender Anzahl sowie die Unterlassung der Führung von Klassenbüchern auf eine nicht fristgerechte - aber letztlich doch erfolgte - Mängelbehebung gestützt hat. Diese beiden Mängel sind jedoch - wie noch auszuführen sein wird - für die Entziehung des Öffentlichkeitsrechtes nicht maßgeblich. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, welche anderen von der belangten Behörde herangezogenen Mängel noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides behoben worden seien.

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die - unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass sich die von der belangten Behörde herangezogenen Mängel auf Bereiche beziehen, die für die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes für Privatschulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung gemäß § 14 Abs. 1 iVm § 11 PrivSchG relevant sind, er bringt jedoch vor, diesen Mängeln komme weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit ein derartiges Gewicht zu, das den Entzug des Öffentlichkeitsrechts während des Schuljahres rechtfertigen könne, zumal die Mängel bisher von der Schulaufsicht trotz Kenntnis nicht beanstandet worden seien.

Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides werden an der gegenständlichen Schule die ersten drei Schulstufen gemeinsam geführt, ohne dass ein entsprechender Schulversuch bewilligt worden wäre. Die vierte Schulstufe wird unzulässigerweise gemeinsam mit den beiden ersten Schulstufen einer Statutschule geführt. Schülern wird während des Schuljahres der Aufstieg in die nächsthöhere Klasse gestattet. Es unterrichten zum Teil Lehrer, deren Verwendung rechtskräftig untersagt worden ist. Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs werden nicht durchgeführt. Die Ausstattung des Turnsaales lässt einen lehrplankonformen Unterricht im Unterrichtsgegenstand "Bewegung und Sport" nicht zu. Die Schularbeiten sind nicht lehrplankonform und weisen keine Notenbeurteilung auf. Ein Schüler wurde entgegen den Bestimmungen des Schulpflichtgesetzes 1985 vorzeitig aufgenommen.

Dabei handelt es sich um gravierende Mängel, die den Schluss rechtfertigen, dass keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht geboten wird (§ 14 Abs. 1 lit. a PrivSchG). Darüber hinaus ist auf Grund dieser Mängel und der unstrittigen Tatsache, dass 30,6 % der Volksschüler am Ende des vergangenen Schuljahres nicht zum Aufsteigen berechtigt waren, die Annahme gerechtfertigt, dass der Unterrichtserfolg nicht jenem an einer gleichartigen öffentlichen Schule entspricht (§ 14 Abs. 1 lit. b PrivSchG). Somit werden die in § 14 PrivSchG genannten Voraussetzungen nicht mehr voll erfüllt. Da die Mängel trotz einer entsprechenden Fristsetzung nicht behoben wurden, hat die belangte Behörde das Öffentlichkeitsrecht zu Recht gemäß § 16 Abs. 1 PrivSchG entzogen, wobei dahinstehen kann, ob auch noch weitere Mängel vorliegen.

Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass das Öffentlichkeitsrecht während des laufenden Schuljahres und nicht an dessen Ende entzogen wurde, macht er schon deswegen keine (aktuelle) Rechtsverletzung geltend, weil der Verwaltungsgerichtshof der vorliegenden Beschwerde mit Beschluss vom 15. Juni 2010, Zl. AW 2010/10/0016, aufschiebende Wirkung insoweit zuerkannt hat, als die Wirkungen des angefochtenen Bescheides bis zum Ablauf des Schuljahres 2009/2010 aufgeschoben wurden. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang befürchteten "tiefgreifenden Folgen vor allem für die Schulkinder, die die Entziehung des Öffentlichkeitsrechts während des Schuljahres mit sich bringt", sind daher nicht eingetreten.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Oktober 2011

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