Normen
AVG §56;
GdO OÖ 1990 §101;
GdO OÖ 1990 §102;
GdO OÖ 1990 §103 Abs1;
GdO OÖ 1990 §106;
GdO OÖ 1990 §98 Abs2;
VVG §1;
VVG §10;
VwRallg;
AVG §56;
GdO OÖ 1990 §101;
GdO OÖ 1990 §102;
GdO OÖ 1990 §103 Abs1;
GdO OÖ 1990 §106;
GdO OÖ 1990 §98 Abs2;
VVG §1;
VVG §10;
VwRallg;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde gegen die drittangefochtene Erledigung (vom 20. Jänner 2010) wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerden gegen den erst- und den zweitangefochtenen Bescheid werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ. 1 des Grundbuches F., die unter anderem aus dem Grundstück Nr. 519 besteht, gelegen im Gebiet der Gemeinde S (in der Folge kurz: Gemeinde). Der Zweitbeschwerdeführer ist der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin.
Die Vorgeschichte der Beschwerdefälle ist den hg. Erkenntnissen vom 28. September 1999, Zl. 99/05/0137, vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0161, vom 14. Dezember 2004, Zl. 2004/05/0016, und dem hg. Beschluss vom 30. April 2009, Zl. 2007/05/0289, zu entnehmen.
Daraus ist festzuhalten, dass der Gemeinderat der Erstbeschwerdeführerin mit Berufungsbescheid vom 6. November 1998 auftrug,
1. den entlang der Gemeindestraße Grundstück Nr. 1154/1, KG
F. (idF. meist kurz: Weggrundstück), zum Grundstück Nr. 519, KG F., hin auf eine Länge von ca. 170 m errichteten Zaun von etwa 1,5 m Höhe, bestehend aus 47 Stück Holzstehern und Maschendrahtzaun, sowie die vier massiven, weiß-rot-lackierten Eisenstangen von ca. 1,5 m Höhe binnen drei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen, sowie
2. die entlang des unter 1. beschriebenen Zaunes in einer Entfernung von ca. 0,7 bis 1 m nordöstlich von diesem gepflanzten Obstbäume ebenfalls binnen drei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen oder auf einen Mindestbestand von 3 m vom nächstgelegenen Fahrbahnrand zu versetzen.
Im Übrigen wurde die Berufung vom 19. November 1997 gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 7. November 1997 abgewiesen.
Die Vorstellung der Erstbeschwerdeführerin blieb erfolglos, ihre Beschwerde wurde mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 28. September 1999 als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 ersuchte der Bürgermeister die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft E (Vollstreckungsbehörde, kurz: BH) um die Vollstreckung des Berufungsbescheides vom 6. November 1998 (Titelbescheid). In der Folge ordnete die BH mit Bescheid vom 12. April 2002 die Ersatzvornahme und die Vorauszahlung der Kosten in Höhe von EUR 4.680,-- an. Dies führte zu einem Exekutionsverfahren, die Erstbeschwerdeführerin erhob Einwendungen (§ 35 EO) gegen den betriebenen Anspruch (damals: Kostenvorauszahlungsauftrag), denen von der belangten Behörde keine Folge gegeben wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003 als unbegründet abgewiesen. Im hg. Beschwerdeverfahren Zl. 2004/05/0016 ging es um die Frage der Zustimmung der Straßenbehörde zur Zulässigkeit der Errichtung eines Zauns und der Pflanzung von Obstbäumen an einer öffentlichen Straße (um die Erteilung der Zustimmung zur Errichtung des Zaunes bzw. für die Pflanzung von Bäumen in einem geringeren Abstand als im § 18 Abs. 1 bzw. § 19 Abs. 1 Oö. Straßengesetz 1991 vorgesehen). Der Antrag der Erstbeschwerdeführerin blieb erfolglos. Ihre Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2004 als unbegründet abgewiesen.
Schließlich wurde mit dem hg. Beschluss vom 30. April 2009 ein Begehren auf Wiederaufnahme des mit dem hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2004 abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zurückgewiesen.
Unstrittig ist, dass die Erstbeschwerdeführerin dem Beseitigungsauftrag bislang nicht nachgekommen und das verwaltungsbehördliche Verfahren zur Vollstreckung des Entfernungsauftrages nach wie vor anhängig ist. Die Beschwerdeführer erachten (nach wie vor) den Beseitigungsauftrag als rechtswidrig und trachten danach, die Vollstreckung hintanzuhalten. Im Lichte dieses Bestrebens sind die verschiedenen nun beschwerdegegenständlichen Anträge im Verwaltungsverfahren zu sehen.
a) Zum Beschwerdeverfahren Zl. 2010/06/0035:
Diesem Beschwerdeverfahren liegen Anträge des Zweitbeschwerdeführers vom 28. August 2009, der Erstbeschwerdeführerin vom 5. September 2009 sowie beider Beschwerdeführer vom 17. September 2009 und 19. Oktober 2009 zu Grunde.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 6. November 2009 hat
die BH wie folgt entschieden:
"BESCHEID
Auf Grund der Anträge von Frau (Erstbeschwerdeführerin) und Herrn (Zweitbeschwerdeführer), ergeht von der Bezirkshauptmannschaft E als Organ der Landesverwaltung nachstehender
SPRUCH
Die Anträge von Herrn (Zweitbeschwerdeführer) vom 28. August 2009, von Frau (Erstbeschwerdeführerin) vom 5. September 2009, der Ehegatten (Beschwerdeführer) vom 17. September 2009 und der Ehegatten (Beschwerdeführer) vom 19. Oktober 2009 mit dem wesentlichen Inhalt, die Bezirkshauptmannschaft E möge feststellen, dass es sich bei dem (Weggrundstück), um eine öffentliche Straße oder nicht um eine öffentliche Straße handelt, sowie mit dem Inhalt, die Bezirkshauptmannschaft E möge das Vollstreckungsverfahren einstellen, werden zurückgewiesen."
Zur Begründung heißt es, in den genannten Anträgen sei die Feststellung begehrt worden, dass es sich bei dem Weggrundstück um eine öffentliche Straße bzw. nicht um eine öffentliche Straße handle. Auf Grund der Bestimmung des § 3 des Öö. Straßengesetzes sei in allen Angelegenheiten, welche die Verkehrsflächen der Gemeinde beträfen, der Bürgermeister zuständige Behörde. Es handle sich um Angelegenheiten im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.
Die Beschwerdeführer hätten auch beantragt, die BH möge das Vollstreckungsverfahren einstellen. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b VVG obliege der Bezirksverwaltungsbehörde die Vollstreckung der von den Gemeindebehörden erlassenen Bescheiden, auf Ersuchen dieser Behörden. Die BH habe damit keine Möglichkeit, von sich aus Verwaltungsvollstreckungsverfahren einzustellen.
Sämtliche andere Vorbringen in den Eingaben zielten darauf ab, eine in dem Gesetz nicht vorgesehene Kompetenz der BH zur Feststellung der Eigenschaft des fraglichen Grundstückes herbeizuführen, und seien deshalb miterledigt. Die von den Beschwerdeführern immer wieder vorgebrachte Behauptung, die BH hätte auf Grund einer Selbstanzeige ein Verwaltungsstrafverfahren durchführen müssen, sei nicht zutreffend. Wie bereits im Schreiben vom 21. Mai 2002 mitgeteilt worden sei, erfülle das Aufstellen des Weidezaunes innerhalb des Schutzbereiches der Straße keinen strafbaren Tatbestand im Sinne des Oö. Straßengesetzes. Dass für die Errichtung des Zaunes eine baurechtliche Bewilligungs- oder Anzeigepflicht bestünde, sei von den Gemeindeorganen bislang nicht festgestellt worden. Es liege damit weder eine Übertretung des Oö. Straßengesetzes noch eine Übertretung der Oö. Bauordnung vor. Ein Strafverfahren könne daher von der BH nicht durchgeführt werden. Die sogenannten Selbstanzeigen stellten lediglich den gänzlich untauglichen Versuch dar, über konstruierte Umwege die im Gesetz nicht vorgesehene Kompetenz der BH zur Feststellung der Eigenschaft der Straße zu begründen.
Die Beschwerdeführer beriefen mit Schriftsatz vom 23. November 2009.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 17. Dezember 2009 hat
die belangte Behörde wie folgt entschieden:
"Bescheid
Über die von (Beschwerdeführer) gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft E vom 06. November 2009, GZ.: BauR01-7-97- 2001, rechtzeitig eingebrachte Berufung ergeht von der Oö. Landesregierung als Berufungsbehörde im Rahmen der Landesvollziehung nachstehender
Spruch:
Der Berufung der obgenannten Einschreiter gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft E vom 06. November 2009, Zl. BauR01-7- 97-2001, wird mit der Feststellung, dass die Einschreiter durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden, keine Folge gegeben."
Nach zusammengefasster Wiedergabe des Verfahrensganges heißt es, die Beschwerdeführer hätten in ihrer Berufung sinngemäß im Wesentlichen Folgendes vorgebracht: Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sei insofern gegeben, als die Erstbehörde nicht ermittelt hätte, ob das Weggrundstück als eine Straße für allgemeine Zwecke dienlich sein könne, wie dieses Grundstück derzeit genutzt werde, ob der Weidezaun eine bauliche Anlage sei und ob aus diesen Gründen die Ersatzvornahme einzustellen und folglich die "exekutierten Kosten" zurückzuerstatten seien. Insofern die Gemeinde für diese Feststellung zuständig sei, hätten die Anträge an die Gemeindebehörden weitergeleitet werden müssen. Weiters sei die BH auch für den Vollzug verkehrsrechtlicher Vorschriften zuständig. Jedenfalls hätte die Behörde über alle gestellten Anträge auch absprechen müssen. Unberücksichtigt geblieben seien insbesondere die Selbstanzeige, durch die Errichtung eines Weidezaunes verdächtigt zu sein, eine Verwaltungsübertretung nach der Oö. Bauordnung begangen zu haben, und das Auskunftsbegehren hinsichtlich einer Nutzung des Weggrundstückes für Zwecke der Landwirtschaft. Zur Feststellung der Eigenschaft dieses Grundstückes wäre es auch geboten gewesen, auf die Bestimmungen des StVO einzugehen. Gemäß dem bereits durchgeführten Verfahren betreffend dieses Weggrundstück sei davon ausgegangen worden, dass es sich dabei um eine Straße handle, obwohl es sich letztlich als Wiese darstelle. Den Beschwerdeführern sei es im Rahmen der Möglichkeiten der Rechtsordnung gestattet, den tatsächlichen Sachverhalt feststellen zu lassen. Dieses Recht möge ihnen erlaubt sein, weil die Ersatzvornahme mehr als sieben Jahre lang nicht durchgeführt worden sei. Wenn die Behörde über zwar der Sache nach unterschiedliche Anträge zugleich entscheide und über weitere Anträge nicht, sei die Behörde ihrer Entscheidungspflicht nicht nachgekommen. Ob das Weggrundstück eine Straße sei, hätte die BH auch als Verkehrsbehörde zu prüfen gehabt. Weiters sei im Spruch des Bescheides auch nicht darauf eingegangen worden, aus welchen Gründen die BH das Feststellungsbegehren zurückgewiesen habe. Da die Behörde die Ersatzvornahme mehr als sieben Jahre nicht vollzogen habe, hätten die Beschwerdeführer berechtigte Zweifel über die Eigenschaft des öffentlichen Gutes als Straße. Auch ob der Weidezaun überhaupt eine bauliche oder sonstige Anlage sei, sei nicht abgeklärt worden, sodass berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vollstreckbarkeit des Entfernungsauftrages bestünden.
Dem sei zu entgegnen, dass die Feststellung, ob das Weggrundstück eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde sei, jedenfalls nicht in die sachliche Zuständigkeit der BH falle, weshalb der diesbezüglich gestellte Antrag daher schon deshalb zurückzuweisen gewesen sei. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer sei damit nicht erfolgt.
Soweit in diesem Zusammenhang auf die Zuständigkeit der Gemeinde verwiesen worden sei, sei darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation des Weggrundstückes als öffentliche Straße bereits mehrfache Entscheidungen durch die Gemeindeorgane gefällt worden und letztlich auch durch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt worden seien. Insbesondere habe der Entfernungsauftrag nur unter der Voraussetzung erlassen werden können, dass das betreffende Weggrundstück eine öffentliche Verkehrsfläche sei, und es sei dies im Rahmen dieser Verfahren unter Einholung eines Gutachtens auch hinreichend festgestellt worden. Für die belangte Behörde sei es daher als erwiesen anzusehen, dass das Grundstück, ungeachtet seines gegenwärtigen Zustandes im Sinne des § 5 Abs. 2 Oö. Straßengesetz 1991, jedenfalls bis zum Beweis des Gegenteils eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde (Gemeindestraße) darstelle und diesbezüglich auf Grund der bereits ergangenen Entscheidungen auch von einer bereits entschiedenen Sache auszugehen sei. Für die BH sei es daher auch gar nicht zulässig gewesen, über die den Gegenstand des Antrages bildende Rechtsfrage einen gesonderten Feststellungsbescheid zu erlassen, weil diese Frage im Rahmen eines anderes Verfahrens bereits entschieden worden sei, sodass der betreffende Antrag auch deshalb zurückzuweisen gewesen sei. Das Begehren, diese Anträge allenfalls zuständigkeitshalber an die Gemeindeorgane abzutreten, gehe insofern ins Leere, als das bloße Vorhandensein privater Interessen nicht hinreiche, im Verwaltungsverfahren die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu begehren, wenn, wie im Beschwerdefall, auf Grund der diesbezüglich bereits rechtskräftig ergangenen Bescheide die Öffentlichkeit der Verkehrsfläche des Weggrundstückes ohnedies schon eindeutig festgestellt worden sei.
Soweit die Beschwerdeführer den Antrag gestellt hätten, das laufende Vollstreckungsverfahren betreffend die Entfernung des Zaunes und der Bäume einzustellen und die Behörde diesen Antrag ebenfalls zurückgewiesen habe, sei damit auch keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer erkennbar, zumal das Vollstreckungsbegehren der Gemeinde nach wie vor aufrecht sei und somit die Voraussetzungen für die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens weiterhin gegeben seien. Insbesondere seien die Beschwerdeführer ihrer Verpflichtung zur Entfernung dieser Anlagen bis jetzt nicht nachgekommen. Dass die Vollstreckung sich aus den verschiedensten Gründen bereits über Jahre hinziehe, sei aus rechtlicher Sicht für die Weiterführung des Verfahrens nicht von Belang.
Zum Vorbringen hinsichtlich der Selbstanzeige, durch die Errichtung eines Weidezaunes verdächtig zu sein, eine Verwaltungsübertretung nach der Oö. Bauordnung begangen zu haben, sei darauf zu verweisen, dass den Beschwerdeführern im Zusammenhang mit einer Anzeige einer allenfalls strafbaren Handlung keine Rechte dahingehend zustünden, dass es in dieser Angelegenheit tatsächlich zu einer Strafverfolgung zukomme, und es stehe ihnen auch kein Recht zu, darüber einen Feststellungsbescheid zu begehren. Eine Verletzung ihrer Rechte sei daher auch insofern nicht eingetreten. Nur der Vollständigkeit halber sei zu bemerken, dass im bekämpften erstinstanzlichen Bescheid darauf verwiesen worden sei, dass im Zusammenhang mit der Aufstellung des Zaunes kein strafbarer Tatbestand vorliege.
Ebenso gehe schließlich auch der Einwand, die BH hätte sich als Verkehrsbehörde damit auseinander setzen müssen, ob das gegenständliche Weggrundstück für den öffentlichen Verkehr "zulässig" sei, ins Leere, zumal diese Frage schon straßenrechtlich hinlänglich geklärt worden sei.
Auch wenn sich die Behörde erster Instanz mit einzelnen Anträgen der Beschwerdeführer nur am Rande auseinander gesetzt habe, sei eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid nicht erkennbar, weshalb der Berufung keine Folge zu geben gewesen sei.
Die Fertigungsklausel des erstangefochtenen Bescheides lautet: Für den Landeshauptmann / im Auftrag: (Name des Genehmigenden).
Dagegen richtet sich die zur Zl. 2010/06/0035 protokollierte Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführer haben repliziert.
2. Zum Beschwerdeverfahren Zlen. 2010/06/0051 und 0052:
Auf Grund des Vorbringens und der vorgelegten Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Mit dem Antrag vom 7. Dezember 2009 begehrten die Beschwerdeführer, die belangte Behörde möge in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes
1. feststellen, dass das Weggrundstück keine öffentliche Straße im Sinne des Oö. Straßengesetze 1991 sei,
2. und folglich den Bescheid des Bürgermeisters vom 7. November 1997 in der Fassung vom 6. November 1998 ersatzlos aufheben oder für nichtig erklären.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid (vom 7. Jänner 2010) hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer vom 7. Dezember 2009 auf Feststellung, dass das Weggrundstück keine öffentliche Straße im Sinne des Oö. Straßengesetzes 1991 sei, als unzulässig zurückgewiesen.
Zur Begründung heißt es nach Rechtsausführungen und einer Darlegung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Erlassung von Feststellungsbescheiden, das Begehren beziehe sich darauf, dass dem Weggrundstück (öffentliches Gut) nicht die Qualifikation einer öffentlichen Straße im Sinne des § 2 Z 3 Oö. Straßengesetz 1991 zukomme. Dieses Begehren beziehe sich aber auf eine rechtserhebliche Tatsache und nicht auf ein Recht oder Rechtsverhältnis. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei aber die bescheidmäßige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen nur dann zulässig, wenn sie durch eine Vorschrift ausdrücklich vorgesehen sei. Eine solche Regelung gebe es im Oö. Straßengesetz 1991 nicht. Im Übrigen sei die Erlassung eines Feststellungsbescheides auch dann unzulässig, wenn die zum Gegenstand des Antrages gemachte Frage in der Begründung eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides bereits beantwortet worden sei. Im Beschwerdefall sei aber die Frage der Öffentlichkeit des Weggrundstückes bereits rechtskräftig entschieden worden, weshalb dies nicht später im Wege eines Feststellungsbescheides neuerlich entschieden werden könne. Damit erübrige sich auch eine Auseinandersetzung mit dem damit verbundenen weiteren Antrag, den Bescheid des Bürgermeisters vom 7. November 1997 in der Fassung des Berufungsbescheides vom 6. November 1998 ersatzlos aufzuheben oder für nichtig zu erklären, weil die begehrte Feststellung, das Weggrundstück sei keine öffentliche Straße, aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Abgesehen davon stehe gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch auf die Ausübung des der Behörde gemäß Abs. 2 bis 4 dieses Paragraphen zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes zu. Danach bestehe kein subjektives Recht auf ein Tätigwerden der in Anspruch genommenen Behörde.
Mit der drittangefochtenen Erledigung vom 20. Jänner 2010, die weder als Bescheid bezeichnet noch bescheidmäßig gegliedert ist (dem Aufbau nach handelt es sich um einen Brief), teilte die belangte Behörde dem Gemeinderat mit, in einem Schreiben vom 7. Jänner 2010 hätten die Beschwerdeführer einen auf § 68 AVG gestützten Antrag auf Aufhebung des Beseitigungsauftrages vom 6. November 1998 eingebracht. Hiefür sei die belangte Behörde aber unzuständig, denn einerseits sei der Entfernungsauftrag vom Gemeinderat und nicht von der belangten Behörde erlassen worden, andererseits sei die belangte Behörde im Beschwerdefall auch keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 68 AVG.
Da die belangte Behörde daher für die Behebung des Entfernungsauftrages vom 6. November 1998 gemäß § 68 AVG unzuständig sei, werde das Begehren dem Gemeinderat gemäß § 6 Abs. 1 AVG zuständigkeitshalber weitergeleitet.
Gegen den zweitangefochtenen Bescheid und die drittangefochtene Erledigung richten sich die zu den Zlen. 2010/06/0051 und 0052 protokollierten Beschwerden wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Anträge sei gegeben, es komme ihnen gemäß § 68 AVG ein Recht auf Ausübung des Aufsichtsrechtes in der von ihnen angestrebten Weise zu, der zweitangefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil über das Begehren auf Aufhebung bzw. Nichtigerklärung des Beseitigungsauftrages nicht abgesprochen worden sei, es sei auch rechtswidrig gewesen, das Begehren dem Gemeinderat weiterzuleiten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:
Beim Weggrundstück handelt es sich um öffentliches Gut der Gemeinde, dessen rechtliche Eigenschaft als öffentliche Verkehrsfläche von den Beschwerdeführern bestritten wird. Sie streben eine entsprechende Negativ-Feststellung an, dies, wie sich aus dem gesamten Vorbringen ergibt, mit dem verfahrensrechtlichen Ziel, dass dadurch der Entfernungsauftrag nicht mehr vollstreckbar wäre oder sonstwie gegenstandslos würde.
Dazu ist generell Folgendes zu bemerken:
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beseitigungsauftrag an die Erstbeschwerdeführerin ergangen ist und der Zweitbeschwerdeführer auch gar nicht Eigentümer des betroffenen Grundstückes ist. Er ist daher nicht Partei des Vollstreckungsverfahrens und es kommt ihm dazu kein Mitspracherecht zu. Soweit er danach trachtet, durch Anträge unmittelbar in das Vollstreckungsverfahren einzugreifen, sind solche Anträge unzulässig.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides, im hier gegebenen Zusammenhang des Entfernungsauftrages, im nachfolgenden Vollstreckungsverfahren nicht mehr hinterfragt werden kann (siehe beispielsweise die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, in E 42 ff zu § 10 VVG wiedergegebene Judikatur). Soweit die Beschwerdeführer danach trachten, dies darzutun, ist ihnen zu erwidern, dass ihnen hiefür im Lichte der Beschwerdefälle nur die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Titelverfahrens zur Verfügung stünde. Ist dies wegen Zeitablaufes (Ablauf der Frist des § 69 Abs. 2 AVG) nicht mehr möglich, so hat es damit sein Bewenden. Das sich daraus ergebende Hindernis, die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides zu hinterfragen, kann zulässigerweise nicht durch Feststellungsbegehren umgangen werden. Zu Einwendungen gegen den Anspruch wegen nachträglicher Sachverhaltsänderung hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits eingangs genannten Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0161, Stellung genommen. Ergänzend ist zu bemerken, dass aus der im Verwaltungsverfahren auch angestrebten Feststellung, das Weggrundstück sei keine öffentliche Straße im Sinne der StVO, für die Frage der Vollstreckbarkeit des Beseitigungsauftrages überhaupt nichts zu gewinnen ist, weil es hier nicht um Fragen der StVO geht.
Im Fall der zur Zl. 2010/06/0035 protokollierten Beschwerde ist zunächst zu klären, worüber die Behörde erster Instanz mit dem Bescheid vom 6. November 2009 entschieden hat. In Frage stehen nach dem Beschwerdevorbringen Begehren, die aus Landesgesetzen, aber auch aus Bundesgesetzen (StVO, VStG) abgeleitet werden. Wie sich aus dem Bescheid ergibt, erging dieser von der BH "als Organ der Landesverwaltung", demnach nicht als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung. Im maßgeblichen Spruch ist weiters näher umschrieben, worüber entschieden wurde. Aus dem maßgeblichen Spruch kann nicht abgeleitet werden, dass die BH mit dem erstinstanzlichen Bescheid auch auf das VStG und die StVO gestützte Ansprüche abgesprochen hätte. Dass in der Begründung des Bescheides darauf Bezug genommen wurde, vermag daran nichts zu ändern.
Aus dem Berufungsbescheid vom 17. Dezember 2009 (erstangefochtener Bescheid) ergibt sich unmissverständlich, dass die Landesregierung entschieden hat (siehe die Wiedergabe in der Sachverhaltsdarstellung), der Umstand, dass in der Fertigungsklausel der Landeshauptmann angeführt ist, ist als Versehen zu qualifizieren, dem im Beschwerdefall keine entscheidende Bedeutung zukommt (siehe dazu beispielsweise die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, in E 55 f zu § 18 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Es trifft im Übrigen nicht zu, dass die belangte Behörde mit dem erstangefochtenen Bescheid auf ein Begehren auf Auskunft betreffend einen Bescheid des UVS eingegangen wäre und damit über dieses Begehren entschieden hätte.
In den diesem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren galt das Oberösterreichische Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84 (Oö. Straßengesetz 1991) in der Fassung LGBl. Nr. 61/2008. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. a leg. cit. ist Behörde im Sinne dieses Landesgesetzes, sofern nicht ausdrücklich anders geregelt, in Angelegenheiten, die Verkehrsflächen der Gemeinde betreffen, der Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat.
Soweit allgemein die Feststellung begehrt wird, es handle sich bei dieser Verkehrsfläche der Gemeinde um keine öffentliche Straße im Sinne des Oö. Straßengesetzes 1991, hat hierüber (mangels abweichender Bestimmung in diesem Gesetz) der Bürgermeister der Gemeinde zu entscheiden. Zutreffend hat die BH erkannt, dass sie hiezu unzuständig ist (was gleichermaßen für die Landesregierung gilt).
Dadurch, dass die BH mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 6. November 2009 das Feststellungsbegehren der Beschwerdeführer zurückwies (und es nicht an den Bürgermeister weiterleitete) und die belangte Behörde mit dem erstinstanzlichen Bescheid diese Entscheidung bestätigte, wurden die Beschwerdeführer in keinen Rechten verletzt, weil das Begehren nicht fristgebunden ist und sie die Möglichkeit haben, sofern nicht ohnedies schon geschehen, es beim Bürgermeister einzubringen.
Das gilt sinngemäß hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides, wozu noch kommt, dass hiezu ausdrücklich die Zuständigkeit der belangten Behörde als Aufsichtsbehörde in Anspruch genommen und ein Konnex mit dem Begehren auf Aufhebung bzw. Nichtigerklärung des Entfernungsauftrages hergestellt wurde. Wie die belangte Behörde im zweitangefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, kommt nach § 68 Abs. 7 AVG auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 dieses Paragraphen zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes niemandem ein Anspruch zu, das heißt, es gibt keinerlei Anspruch auf Ausübung dieses Aufsichtsrechtes (vgl. dazu beispielsweise die in Walter/Thienel, aaO, in E 223 ff zu § 68 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).
Dies gilt gleichermaßen für die Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde. Dieses Aufsichtsrecht ist in den §§ 97 bis 109 der OÖ Gemeindeordnung 1990, LGBl. Nr. 91/1990 (Oö. GemO 1990; im Beschwerdefall in der Fassung LGBl. Nr. 102/2009), geregelt. Nach § 98 Abs. 2 GemO steht auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes außer in den Fällen des § 102 (betrifft die Vorstellung) niemandem ein Rechtsanspruch zu; in den Fällen des § 106 (Genehmigungspflicht von Maßnahmen der Gemeinde) steht nur der Gemeinde ein Rechtsanspruch zu. Wenn es daher in § 103 Abs. 1 leg. cit. heißt, außer den Fällen der §§ 101 (Verordnungsprüfung) und 102 könnten rechtskräftige Bescheide sowie Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen der Gemeindeorgane, die den Wirkungsbereich der Gemeinde überschritten oder Gesetze oder Verordnungen verletzten, von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen oder "über Antrag" aufgehoben werden, so bedeutet "Antrag" in diesem Zusammenhang angesichts der Bestimmung des § 98 Abs. 2 leg. cit. nur "Anregung", ein Anspruch auf Aufhebung wird damit nicht eingeräumt (siehe dazu auch Putschögl / Neuhofer, Oö Gemeindeordnung 19903, S 428).
Es kann daher auch nicht unter Bedachtnahme auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur angestrebten Feststellung (es handle sich bei dem Grundstück um keine öffentliche Straße) abgeleitet werden.
Im Übrigen wäre der zweitangefochtene Bescheid auch nicht deshalb rechtswidrig und daher aufzuheben, wie die Beschwerdeführer vermeinen, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, damit über das Begehren auf Aufhebung bzw. Nichtigerklärung des Entfernungsauftrages abzusprechen, weil eine unterbliebene Entscheidung nicht mit Bescheid-Beschwerde (eben mangels Bescheides) bekämpft werden kann.
Die drittangefochtene Erledigung, mit welcher das Begehren der Beschwerdeführer dem Gemeinderat gemäß § 6 AVG weitergeleitet wurde, ist nach Form und Inhalt nicht als Bescheid zu qualifizieren, es hat auch die Weiterleitung nicht bescheidmäßig zu erfolgen (siehe dazu die in Walter/Thienel, aaO, in E 44 zu § 6 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Ist aber die drittangefochtene Erledigung kein Bescheid, hat dies zur Folge, dass die dagegen gerichtete Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 6. November 2009 wurde auch das Begehren auf Einstellung des Vollstreckungsverfahrens zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers erfolgte dies schon deshalb zu Recht, weil er, wie schon dargelegt, nicht Partei des Vollstreckungsverfahrens ist und ihm daher keinerlei Mitspracherecht zukommt. Was die Erstbeschwerdeführerin anlangt, hat die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen, dass die Vollstreckung des Entfernungsauftrages über Begehren der Gemeinde in einem in weiterer Folge amtswegigen Verfahren zu erfolgen hat. Der in der Beschwerde geltend gemachte Umstand, das Vollstreckungsverfahren sei nun lange Jahre anhängig, ist kein Grund, dieses einzustellen, weil es hiezu an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage mangelt.
Zusammenfassend war daher die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen; die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Da sich hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides schon aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war letztere Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 18. Mai 2010
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