Normen
ASVG §293 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2009/I/122;
ASVG §293 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2009/I/122;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. April 2010 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Marokko, vom 14. September 2009 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 und 11 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 (StbG), ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG dürfe die Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert sei. Wann ein hinreichend gesicherter Lebensunterhalt vorliege, ergebe sich aus § 10 Abs. 5 StbG. Der Beschwerdeführer habe Einkommensnachweise bis Dezember 2009 vorgelegt, die Berechnung des erforderlichen Soll-Einkommens sei daher für den Zeitraum von 1. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2009 erfolgt. Dabei sei die Berechnung von Jänner bis September 2007 für ein Ehepaar mit einem Kind und ab Oktober 2007 - aufgrund der Geburt des zweiten Kindes des Beschwerdeführers - für ein Ehepaar mit zwei Kindern vorgenommen worden. Ausgehend von den monatlichen Richtsätzen gemäß § 293 ASVG (für das Jahr 2007 für Ehepaare EUR 1.091,14 und für jedes Kind EUR 76,09; für Jänner bis Oktober 2008 für Ehepaare EUR 1.120,-- und für jedes Kind EUR 78,29; ab November 2008 für Ehepaare EUR 1.158,08 und für jedes Kind EUR 80,95) ergebe sich im genannten Zeitraum ein erforderliches Soll-Einkommen von EUR 45.480,55. Aus den vorgelegten Einkommensnachweisen gehe hervor, dass der Beschwerdeführer von Jänner 2007 bis Dezember 2009 ein Ist-Einkommen von EUR 20.705,90 erreicht habe. Die Differenz auf das zu erreichende Soll-Einkommen betrage somit EUR 24.774,65. Zudem wären vom Betrag des Ist-Einkommens noch regelmäßige Aufwendungen abzuziehen. Da der Beschwerdeführer jedoch das vorgeschriebene Soll-Einkommen nicht erreicht habe, sei auf eine Berechnung der regelmäßigen Aufwendungen verzichtet worden. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 8. März 2010 sei dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben worden, zu diesem Sachverhalt eine Stellungnahme abzugeben, wovon er aber nicht Gebrauch gemacht habe.
Der Beschwerdeführer erfülle somit die in § 10 Abs. 5 StbG definierten Kriterien für einen gesicherten Lebensunterhalt nicht. Davon ausgehend könne auch ein positiv zu beurteilendes Gesamtverhalten gemäß § 11 StbG keine Änderung in der Beurteilung herbeiführen. Das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers werde daher nicht weiter beurteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 122/2009) ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt der letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen.
Gemäß § 11 StbG ist bei Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz das Gesamtverhalten des Fremden im Hinblick auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß seiner Integration zu berücksichtigen. Zu dieser zählt insbesondere die Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie an den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft.
Gemäß § 64a Abs. 7 StbG trat § 10 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 mit 1. Jänner 2010 in Kraft.
In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe bei der Berechnung des Einkommens des Beschwerdeführers "zB das Kinderbetreuungsgeld" unberücksichtigt gelassen, welches allein EUR 17.848,85 betrage. Unterlagen dazu seien der belangten Behörde vorgelegt worden. Zudem habe der Beschwerdeführer in den Jahren 2008 bis 2010 eine Ausbildung "als Nachwuchstrainer" absolviert, wozu eine Teilnahmebestätigung vorgelegt worden sei. Während dieser Ausbildung habe der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nachgehen können, weshalb sich der Durchrechnungszeitraum zur Berechnung des Durchschnittseinkommens verringere. Hätte die belangte Behörde gemäß § 11 StbG das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers beurteilt, wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass er auch in der Zeit, in der er eine Ausbildung zum Landesverbandstrainer absolviert habe, ausreichend verdient habe. Insgesamt sei er bereits seit 15 Jahren in Österreich und dabei imstande gewesen, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu bestreiten. Er habe die letzten zehn Jahre vor Antragstellung ausreichend verdient und keine Schulden. Schließlich könne es dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen, dass die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung bis zur Gesetzesnovelle im Jahr 2010 zugewartet habe, da er bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 2009 alle Kriterien erfüllt habe.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistung der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, Zl. 2010/01/0057, mwN).
Bei einem gemeinsamen Haushalt ist unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltseinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2009/01/0026, mwN).
Aufgrund der durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 (BGBl. I Nr. 122/2009) normierten Änderungen in § 10 Abs. 5 StbG ist nunmehr bei der Ermittlung des Einkommens der Durchschnitt der letzten drei Jahre zum Entscheidungszeitpunkt heranzuziehen. Das so errechnete Durchschnittseinkommen (des Zeitraumes von drei Jahren) ist dem Durchschnitt der für diesen Zeitraum maßgeblichen Richtsätze nach § 293 ASVG gegenüber zu stellen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, Zl. 2010/01/0057).
Ausgehend von § 64a Abs. 7 StbG hat die belangte Behörde - da vor dem 1. Jänner 2010 auch kein Zusicherungsbescheid gemäß § 20 Abs. 1 StbG erlassen wurde (vgl. § 64a Abs. 9 StbG) - das Verfahren zutreffend nach den Bestimmungen des StbG in der novellierten Fassung zu Ende geführt. Das Vorbringen, dies dürfe dem Beschwerdeführer "nicht zum Nachteil gereichen", ist aber schon insofern nicht nachvollziehbar, als die belangte Behörde es angesichts der Höhe des festgestellten Einkommens ohnehin für entbehrlich erachtet hat, die gemäß § 10 Abs. 5 StbG in der novellierten Fassung vorgesehenen Abzüge regelmäßiger Aufwendungen von den festen und regelmäßigen Einkünften des Beschwerdeführers vorzunehmen.
Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer lebe mit seiner Ehefrau und (seit Oktober 2007) zwei Kindern im gemeinsamen Haushalt, sowie die davon ausgehenden Berechnungen des notwendigen Familieneinkommens (anhand der Richtsätze gemäß § 293 ASVG) werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Soweit er aber vorbringt, die belangte Behörde habe bei der Berechnung seines tatsächlichen Einkommens "zum Beispiel" das Kinderbetreuungsgeld unberücksichtigt gelassen (die belangte Behörde stellt ein entsprechendes Vorbringen im Verwaltungsverfahren in ihrer Gegenschrift allerdings in Abrede), kann dies die Beschwerde schon insofern nicht zum Erfolg führen, als selbst bei Einbeziehung des genannten Betrages das von der belangten Behörde angenommene "Soll-Einkommen" nicht erreicht würde. Dass die belangte Behörde zu Unrecht weitere Einkünfte unberücksichtigt gelassen hätte, bei deren Einbeziehung das erforderliche Haushaltseinkommen im maßgeblichen Zeitraum (den letzten drei Jahren vor Erlassung des angefochtenen Bescheides) erreicht worden wäre, wird in der Beschwerde nicht konkret behauptet.
Dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2008 bis 2010 eine "Ausbildung" absolviert hat, ändert nichts daran, dass das erforderliche Haushaltseinkommen im maßgeblichen Zeitraum objektiv nicht erreicht wurde.
Schließlich kann nach dem Gesagten auch im Rahmen einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers gemäß § 11 StbG nicht vom Erfordernis abgesehen werden, die hinreichende Sicherung des Lebensunterhalts durch Einkünfte in Höhe der genannten Richtsätze nachzuweisen.
Da somit ausgehend vom angenommenen "Soll-Einkommen" kein Zweifel besteht, dass die (durchschnittlichen) Einkünfte des Beschwerdeführers nicht die erforderlichen Richtsätze erreicht haben, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 15. März 2012
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