VwGH 2009/12/0077

VwGH2009/12/007712.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des F S in S, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Garnisongasse 11/1, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 19. März 2009, Zl. 0061B-HÖP/09, betreffend Nebengebühren, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §49;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1 Abs1;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1 Abs2;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1 Abs3;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1;
BDG 1979 §49;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1 Abs1;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1 Abs2;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1 Abs3;
Wochendienstzeit verlängerte PTV 1982 §1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Obermonteur in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen.

In seiner Eingabe vom 26. September 2008 brachte er zusammengefasst vor, in einem Schreiben vom 29. Juni 2005 sei von der damaligen Leiterin der belangten Behörde die Dienstanweisung erfolgt, dass er ab 8. Juli 2005 bei einem namentlich genannten Unternehmen Dienst zu verrichten habe, unter gleichzeitiger Garantie, dass mit dieser Dienstzuteilung keine dienstrechtlichen Änderungen verbunden seien. Dieses Unternehmen sei am 1. Oktober 2005 an ein anderes Unternehmen verkauft worden. In der Praxis sei es so, dass er einen finanziellen Verlust dadurch erleide, dass ihm "die zugewiesene Firma" eine neue Pausenregelung auferlege. Allein im Monat Oktober 2005 habe er gegenüber der "P Regelung" ein Minus von etwa 1,54 Stunden verzeichnet, dies, obwohl er seinen Dienst genauso verrichte wie bei der P GmbH. Auch Sozialleistungen, die von dieser Gesellschaft ihren Beamten gewährt würden, bekomme er nicht. Er beantrage daher, ihn als "P Beamten entsprechend dem Gehaltsgesetz und der Nebengebührenregelung zu entlohnen" und ihm seine Ansprüche ab Oktober 2005 bis laufend nachzuzahlen. Für den Fall der Ablehnung ersuche er um bescheidmäßige Erledigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde wie folgt ab (Schreibung im Original; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Ihr Antrag vom 26.09.2008 auf 'bescheidmäßige Feststellung der Kürzung der Nebengebühren' bzw. auf Entlohnung entsprechend dem Gehaltsgesetz und der Nebengebührenregelung und Nachzahlung der Ansprüche ab Oktober 2005 wird abgewiesen."

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

"...

In Ihrem Antrag bringen Sie vor, dass Sie einen finanziellen Verlust dadurch erleiden würden, dass Ihnen die R. GmbH einerseits eine neue Pausenregelung auferlegt habe (Punkt 1.) sowie bisher gewährte Sozialleistungen vorenthalte (Punkt 2.).

Die Behörde geht davon aus, dass mit der 'neuen Pausenregelung' die Wendezeitenanrechnung und mit 'Sozialleistungen' die sog. Essensbons gemeint sind.

Punkt 1.: Die Wendezeitberechnung erfolgt auf Grundlage der Verordnung der Bundesregierung vom 22. Dezember 1981, BGBl Nr. 17/1982. Auf diesen Umstand wird auch in der Lenkerdienstvorschrift A 24 hingewiesen.

Die Verordnung BGBl Nr. 17/1982 und die auf diese Verordnung verweisenden Bestimmungen der Lenkerdienstvorschrift A 24 werden von der R. GmbH vollständig eingehalten.

Wendezeiten gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982, die im Einzelfall 30 Minuten nicht überschreiten, werden jedes Mal voll als Dienstzeit angerechnet.

Hinsichtlich der Wendezeiten, die 30 Minuten überschreiten, sieht die Verordnung BGBl Nr. 17/1982 unterschiedliche Rechtsfolgen betreffend Wendezeiten am Dienstort und Wendezeiten außerhalb des Dienstortes (sog. auswärtige Wendezeiten) vor.

Für Wendezeiten außerhalb des Dienstortes gibt es in der Verordnung BGBl Nr. 17/1982 keine entsprechende explizite Regelung. Hier greift daher die allgemeine Regelung des § 1 Abs. 3 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982, die für Wendezeiten am Dienstort sowie für Wendezeiten außerhalb des Dienstortes gleichermaßen gilt. Auswärtige Wendezeiten werden daher grundsätzlich bis zur Dauer von 30 Minuten voll auf die Dienstzeit angerechnet. Überschreiten sie eine Dauer von 30 Minuten, sind sie demnach überhaupt nicht mehr auf die Dienstzeit anrechenbar. Aus diesem Grund erhält der Beamte bei auswärtigen Wendezeiten eine Pauschalvergütung, die etwaige Einbußen ausgleicht.

Wendezeiten am Dienstort werden gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982 wie folgt auf die Dienstzeit angerechnet: eine Stunde voll, ab der zweiten bis zum Ablauf der dritten Stunde zur Hälfte und darüber hinaus nicht mehr, wobei hier sämtliche Wendezeiten eines Tages, die 30 Minuten überschreiten, aufsummiert werden. Die Aufsummierung aller im Einzelfall 30 Minuten überschreitenden Wendezeiten eines Tages durch die R. GmbH ist bereits eine für den Beamten besonders günstige Interpretation der grundsätzlich auf die Wochendienstzeit abstellenden Absätze 1 bis 3 des § 1 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982. Tatsächlich befände sich eine Aufsummierung aller im Einzelfall 30 Minuten überschreitenden Wendezeiten einer Woche durch die R. GmbH auch noch im rechtlich zulässigen Rahmen.

Die Wendezeiten werden von der R. GmbH daher nicht unrichtig abgerechnet. Die Abrechnung der Wendezeiten erfolgt auf Grund der rechtlichen Vorgaben. Innerhalb der diesbezüglichen Bestimmungen gibt es keinen Hinweis darauf, dass jede einzelne Wendezeit am Dienstort gesondert abgerechnet werden muss. Obwohl basierend auf der Verordnung BGBl Nr. 17/1982 sogar eine wöchentliche Aufsummierung der Wendezeiten als geboten erscheint, nimmt die R. GmbH zu Gunsten der Beamten lediglich eine Aufsummierung der täglichen Wendezeiten vor.

Schließlich ist dazu auszuführen, dass es im öffentlichen Dienst, basierend auf dem in der Verfassung verankerten Legalitätsprinzip, anders als in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis, kein Gewohnheitsrecht und damit auch kein Entstehen einer betrieblichen Übung gibt.

Zu Punkt 2.: Richtig ist, dass die bei der P. GmbH verwendeten Beamten viermal jährlich im Nachhinein Essensbons erhalten. In der diesbezüglichen Richtlinie heißt es jedoch, dass die Beteilung mit Essensbons eine freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers ist, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die bei der R. GmbH verwendeten Beamten erhalten seit dem Zeitpunkt ihrer Verwendung ebendort keine Essensbons mehr.

Rechtlich ist dazu auszuführen, dass die Ausgabe von Essensbons bis 30.09.2005 als freiwillige Sozialleistung erfolgte, auf die kein Rechtsanspruch besteht bzw. jemals bestand. Die Essensbons wurden immer unter dem Vorbehalt der Widerruflichkeit und Freiwilligkeit gewährt. Im Übrigen kann ein Beamter im öffentlichen Dienst auch diesbezüglich keinen durch betriebliche Übung entstandenen Anspruch auf die Ausgabe von Essensbons geltend machen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in Ansehung der Frage der Überstundenvergütung in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2010/12/0001, zu Grunde lag. Aus den dort dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, als sie es in Verkennung der Rechtslage (§ 49 Abs. 1 BDG 1979) insbesondere unterließ, Feststellungen über den für den Beschwerdeführer geltenden Dienstplan zu treffen.

Die Ausführungen der belangten Behörde zur der Frage der Gebührlichkeit von Essensbons sind zwar nicht zu beanstanden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. September 2009, Zl. 2008/12/0188); da der angefochtene Bescheid aber nicht in trennbare Bescheidpunkte gegliedert ist, war er infolge der oben aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 12. Mai 2010

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