VwGH 2009/09/0043

VwGH2009/09/004329.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des FS in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 18. November 2008, Zl. 78/54-DOK/05, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §76 Abs2;
BDG 1979 §115;
BDG 1979 §117 Abs1;
BDG 1979 §117 Abs2;
BDG 1979 §117 Abs3;
BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1;
BDG 1979 §95 Abs2;
B-VG Art20 Abs1;
VStG §3;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §76 Abs2;
BDG 1979 §115;
BDG 1979 §117 Abs1;
BDG 1979 §117 Abs2;
BDG 1979 §117 Abs3;
BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1;
BDG 1979 §95 Abs2;
B-VG Art20 Abs1;
VStG §3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 12. Mai 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

1. am 26. und 27. sowie 28. Oktober 2004 die ihm dienstlich zugewiesenen Gegenstände, Pistole Glock 17, Magazin und Munition, sowie Pfefferspray, nicht wie vom Postenkommandanten, Abteilungsinspektor G.L. angeordnet, auf einem Gendarmerieposten (entweder B oder P), sondern angeblich bei sich zu Haus in einem Waffenschrank verwahrt;

2. am 28. Oktober 2004 seinen privaten Personenkraftwagen der Marke Fiat Tipo, Kennzeichen XX, dazu benützt, um an diesem Tag zum Unterricht im Rahmen der beruflichen Fortbildungswoche im Bildungszentrum T zu fahren und nach Beendigung des Unterrichtstages von dort mit seinem privaten Personenkraftwagen wieder wegzufahren, obwohl er laut Befehl des Bezirksgendarmeriekommandos und laut Dienstvorschreibung Nr. 486 des Gendarmeriepostens X bei Wien als Mitfahrer im Streifenwagen des Gendarmeriepostens P vorgesehen bzw. eingeteilt gewesen sei;

3. am 28. Oktober 2004 um 23.30 Uhr seinen Personenkraftwagen der Marke Fiat Tipo, Kennzeichen XX, außer Dienst und in Zivil, im Ortsgebiet von B nächst dem Gewerbelagerweg 25 - mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,33 mg/l - gelenkt, und

4. am 9. November 2004 um 23.27 Uhr während seines Krankenstandes denselben Personenkraftwagen im Ortsgebiet von B bis vor das Haus Gewerbelagerweg 20 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, nämlich mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,72 mg/l, gelenkt.

Er habe dadurch über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit hinaus seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 hinsichtlich der Verpflichtung zur Erhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung sowie nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 hinsichtlich der Befolgung von Weisungen in Verbindung mit Punkt 61 der Dienstvorschrift für die Pistole Glock 17 und 19, sowie § 11 Abs. 1 der Richtlinien für das Fahrzeugwesen der österreichischen Bundesgendarmerie im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt.

Über den Beschwerdeführer wurde wegen dieser Dienstpflichtverletzungen die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.200,-- verhängt.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. September 2005 keine Folge und bestätigte das angefochtene Disziplinarerkenntnis dem Grunde und der Höhe nach.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob mit Erkenntnis vom 29. November 2007, Zl. 2005/09/0155, den genannten Bescheid in seinem Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe bereits in seiner Berufung vorgebracht, es seien die Strafbemessung berührende Umstände der Schuldfrage unberücksichtigt geblieben, da seine Zurechnungsfähigkeit im Tatzeitpunkt infolge seiner depressiven Erkrankung vermindert gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus:

"Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen zwar - soweit es die rein physiologischen Befindlichkeiten des Beschwerdeführers betraf - inhaltlich auseinander gesetzt, doch hätte sie die Frage einer Beeinträchtigung der Diskretionsund/oder Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers zu den relevanten Tatzeiten durch krankhafte Zustände nicht ohne Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beurteilen dürfen, weil es sich dabei um eine medizinische Frage handelt, die nicht ohne Sachkenntnis und bloß auf Grund eigener Wahrnehmung umfassend beantwortet werden konnte. Jedenfalls unrichtig ist die Meinung der belangten Behörde, eine bloße Behauptung gesundheitlicher Beeinträchtigung verpflichte sie dann nicht zu amtswegigem Vorgehen, wenn sie selbst diese Behauptungen nicht objektivieren könne. Vielmehr hätte sie zur Frage der eingeschränkten Schuldfähigkeit und/oder des Vorliegens schuldmildernder Umstände ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen."

Mit dem in Beschwerde gezogenen (Ersatz-)Bescheid vom 18. November 2008 gab die belangte Behörde nach einer am 18. November 2008 durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung der Berufung Folge und verhängte über den Beschuldigten wegen der genannten (bereits in Rechtskraft erwachsenen) Schuldsprüche die Disziplinarstrafe des Verweises (Spruchpunkt 1). An Verfahrenskosten erster Instanz habe der Beschuldigte EUR 50,-- zu ersetzen (Spruchpunkt 2). Im Berufungsverfahren seien insgesamt EUR 930,66 als dem Beschuldigten aufzuerlegende Verfahrenskosten entstanden (Spruchpunkt 3).

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Unrechtsgehalt (das objektive Gewicht) der beiden Verstöße gegen die rechtswirksam erteilten Weisungen (Spruchpunkte 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) sei beträchtlich, weil Verletzungen der Dienstpflicht gemäß § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerstwiegenden Verfehlungen gegen die Pflichten eines Beamten zählen würden. Die Befolgung von dienstlichen Anordnungen sei für den ordnungsgemäßen, effizienten und gefahrlosen Ablauf des Dienstes insbesondere im Bereich der Exekutive von essentieller Bedeutung. Im Rahmen der Strafbemessung sei neben der Tatwiederholung als erschwerend zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer insgesamt mehrere, gegen unterschiedliche Rechtsgüter gerichtete Dienstpflichtverletzungen zur Last lägen.

Als gewichtigster strafmildender Umstand sei zu berücksichtigen, dass zu den Tatzeitpunkten zwar nicht die Diskretionsfähigkeit des Beschwerdeführers, sehr wohl jedoch seine Dispositionsfähigkeit krankheitsbedingt (Vorliegen eines chronifizierten depressiven Syndroms mit einer zumindest mittelschweren depressiven Symptomatik in Kombination mit einer sich daraus sekundär ergebenden symptomatischen Alkoholkrankheit, verbunden mit reflektorischem Trinken) eingeschränkt gewesen sei und somit von seiner verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen werden müsse. Allerdings sei eine besondere Einschränkung der Dispositionsfähigkeit bei den zur Rede stehenden Weisungsverstößen insofern zu relativieren, als der Beschwerdeführer hinsichtlich der Aufbewahrung der Dienstwaffe samt Munition zu Hause und hinsichtlich des Fahrens zur Schulungsveranstaltung im Bildungszentrum Traiskirchen mit dem Privat-Pkw statt - wie angeordnet - mit einer Kollegin im Dienstwagen durchaus imstande gewesen sei, persönliche Zweckmäßigkeitserwägungen betreffend seine Handlungsweisen anzustellen.

Neben seinen - über das psychiatrische Krankheitsbild hinausgehenden - weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die bereits zu den Tatzeitpunkten vorgelegen hätten (Schlafprobleme, orthopädische Probleme wie Bandscheibenvorfall) seien zu seinen Gunsten weiters sein Geständnis heranzuziehen sowie die Tatsache, dass ihm insgesamt vier Belobigungen und drei Belohnungen erteilt worden seien. Er habe sich vor den verfahrensgegenständlichen Taten wohlverhalten und auch nach Tatbegehung ein mittlerweile jahrelanges Wohlverhalten an den Tag gelegt.

Schließlich sei zu Gunsten des Beschwerdeführers ins Kalkül zu ziehen, dass die im Bereich der Bundesgendarmerie in Geltung gestandene Dienstvorschrift betreffend die Verwahrung der Dienstwaffe und der Munition auf der Dienststelle mittlerweile nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre.

Zu den in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüchen gemäß Spruchpunkt 3 und 4 des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer wegen des in Spruchpunkt 3 dargestellten Verhaltens mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 16. November 2004 gemäß § 14 Abs. 8 und § 37a Führerscheingesetz zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 218,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verurteilt worden sei. Wegen des im Spruchpunkt 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses beschriebenen Verhaltens sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 9. Dezember 2004 gemäß § 5 Abs. 1 und § 99 Abs. 1a StVO zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 872,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verurteilt worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 29. November 2004 sei dem Beschwerdeführer im Hinblick auf sein von den Spruchpunkten 3 und 4 des erstinstanzlichen Bescheides umfassten Verhaltens im Straßenverkehr außerdem die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen A, B bis einschließlich 9. März 2005 entzogen sowie weiters das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ebenfalls bis einschließlich 9. März 2005 untersagt worden.

§ 95 Abs. 3 BDG 1979 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 147/2008) gehe für Fälle, in denen sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt beziehe, noch über die Betonung spezialpräventiver Gesichtspunkte in § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG hinaus. Eine Disziplinarstrafe sei demnach "nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten". Die Verhängung einer Disziplinarstrafe zusätzlich zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafe sei nur zulässig, wenn und soweit dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich sei, also wenn und soweit die gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe für sich allein nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten ließe, dass der Beamte keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen werde.

Die objektive Schwere (der Unrechtsgehalt) der von den Spruchpunkt 3 und 4 des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses umfassten, verwaltungsstrafbehördlich bereits geahndeten Verhaltensweisen des Beschwerdeführers sei zwar beträchtlich, im konkreten Fall erscheine aber - insbesondere unter Berücksichtigung der krankheitsbedingt verminderten Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers zu den Tatzeitpunkten -

die Inangriffnahme einer effizienten fachkundigen sowohl ärztlichen als auch psychotherapeutischen Behandlung des Beschwerdeführers wesentlich besser geeignet, das Ziel der Spezialprävention, diesen von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, zu erreichen. Da hier demnach die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe nur das Mittel zweiter Wahl wäre, die erwünschte spezialpräventive Wirkung zu erzielen, sei gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 von der Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe abzusehen.

Unter Berücksichtigung der mangelnden spezialpräventiven Notwendigkeit der Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 3 und 4 des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche sowie bei Abwägung der vorliegenden Erschwerungs- und Milderungsgründe sei die im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis verhängte Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von EUR 1.200,-- nicht tat-, vor allem aber nicht schuldangemessen und somit nicht gerechtfertigt. Die Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 sei ausreichend, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Einer strengeren disziplinarrechtlichen Sanktion bedürfe es nicht.

Zu Spruchpunkt 2 des in Beschwerde gezogenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Verfahrenskosten erster Instanz bestünden darin, dass hinsichtlich des Senatsmitgliedes AC Fahrtkosten und Tagesgebühren in Höhe von EUR 39,30 sowie hinsichtlich der Schriftführerin Sabine Z Fahrtkosten und Tagesgebühren in Höhe von EUR 27,30, sohin insgesamt EUR 66,60 angefallen seien. Von diesen im Bereich der Disziplinarkommission erster Instanz entstandenen Verfahrenskosten werde dem Beschwerdeführer ein anteiliger Ersatz in Höhe von EUR 50,-- auferlegt.

Zu Spruchpunkt 3 des in Beschwerde gezogenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass sich die im Berufungsverfahren angefallenen Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt EUR 930,66 sich gemäß den der belangten Behörde vorgelegten, dem Grunde und der Höhe nach als richtig anerkannten Honorarnoten bzw. Aufwendungen des Sachverständigen Dr. HK und Dr. KS zusammensetzten.

Im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten (er sei nicht verheiratet und habe keine Sorgepflichten) und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei es ihm zumutbar, gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 den von ihm verursachten Aufwand des Disziplinarverfahrens erster Instanz (anteilig) und zweiter Instanz (in voller Höhe) zu tragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift erwogen hat:

Die Beschwerde, die sich gegen den Strafausspruch und die Kostenentscheidung der belangten Behörde richtet, wendet sich gegen die Feststellung des angefochtenen Bescheides, wonach zwar nicht die Diskretionsfähigkeit des Beschwerdeführers, sehr wohl jedoch seine Dispositionsfähigkeit zu den Tatzeitpunkten krankheitsbedingt eingeschränkt gewesen sei und somit von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen werden müsse. Dr. KS sei in seinem Privatgutachten vom 6. Oktober 2008 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer zu den Tatzeitpunkten nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Unterlassungen bzw. die Konsequenzen seines Fehlverhaltens in ausreichender Weise einzusehen, weshalb von einer krankheitsbedingten aufgehobenen Schuldfähigkeit auszugehen sei. In der Berufungsverhandlung vom 18. November 2008 habe der (fachkundige) Zeuge Dr. S.-S. angegeben, dass sich der Beschwerdeführer zu den Tatzeitpunkten in einem schweren depressiven Zustand in Form einer "Major Depression" befunden habe. Zu deren Krankheitsbild zähle, dass verschiedene Dinge, wie etwa Befehle von Dienstvorgesetzten, nicht ins Bewusstsein eindrängen. Der Antrieb, etwas als Weisung anzunehmen und in diesem Sinne eine Handlung in die Tat umzusetzen, sei gestört. Der (fachkundige) Zeuge sei von einer krankheitsbedingt aufgehobenen Schuldfähigkeit ausgegangen und habe der gutachterlichen Einschätzung des Dr. S zugestimmt. Hätte sich die belangte Behörde mit diesen Beweisergebnissen auseinander gesetzt, so hätte sie erkannt, dass der Beschwerdeführer "zu den Tatzeitpunkten nicht mehr die Fähigkeit hatte, das Unrechtsbewusstsein zu erkennen und dementsprechend den Vorschriften folgend zu handeln".

Zu diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinen Schuldsprüchen in Rechtskraft erwachsen ist. Soweit der Beschwerdeführer daher behauptet, er sei unfähig gewesen, das Unrecht seiner Tat einzusehen (Diskretionsunfähigkeit) und nach dieser Einsicht zu handeln (Dispositionsunfähigkeit), weshalb er nicht zurechnungsfähig gewesen sei (vgl. § 11 StGB), verkennt er, dass die Zurechnungsfähigkeit Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Die Bindungswirkung der ihm gegenüber rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche umfasst auch die Feststellungen zum "inneren Tatbestand" (Schuldform) und zur "Zurechnungsfähigkeit", soweit sie dem Spruch zu Grunde gelegt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2009/09/0209, mwN).

Im Übrigen geht die belangte Behörde aber ohnehin von Umständen aus, die einem Schuldausschließungsgrund nahe kommen (§ 34 Abs. 1 Z 11 StGB), hat sie doch festgestellt, dass die Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers zu den Tatzeitpunkten krankheitsbedingt eingeschränkt war.

Die Beschwerde vermeint weiters, dass die belangte Behörde gemäß § 115 BDG 1979 von der Verhängung einer Strafe hätte absehen müssen, weil von einer verminderten Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen sei und die Dienstvorschrift betreffend Verwahrung der Dienstwaffe und Munition dem Rechtsbestand zwischenzeitig nicht mehr angehöre.

Gemäß § 115 BDG 1979 kann im Falle eines Schuldspruchs von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beamten von weiteren Verfehlungen abzuhalten. Die erstgenannte Voraussetzung, dass durch das Absehen von der Strafe dienstliche Interessen nicht verletzt werden, ist von der belangten Behörde zutreffend als nicht erfüllt angesehen worden, weil die Gehorsamspflicht eine der wichtigsten Pflichten eines Beamten ist und die unberechtigte Nichtbefolgung einer Weisung einen Verstoß gegen eine grundsätzliche Bestimmung des Dienstrechts darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zl. 2001/09/0023). Im Übrigen hat die belangte Behörde ohnehin die geringste im Gesetz vorgesehene Disziplinarstrafe, nämlich einen Verweis im Sinn des § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979, verhängt.

Dem Beschwerdevorbringen, der Strafausspruch beziehe sich auch auf die rechtskräftigen Schuldsprüche nach Spruchpunkt 3 und 4 des rechtskräftigen erstinstanzlichen Straferkenntnisses, womit in Ansehung der Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Mödling eine nicht gerechtfertigte Doppelbestrafung vorliege, ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde in ausführlicher Auseinandersetzung mit § 95 Abs. 3 BDG 1979 (in der Fassung BGBl. Nr. 16/1994) zum Ergebnis gelangt ist, dass für die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe hinsichtlich der Spruchpunkte 3 und 4 des erstinstanzlichen rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses keine spezialpräventive Notwendigkeit bestehe. Die belangte Behörde begründete ihre Strafbemessung daher ausschließlich mit den Schuldsprüchen im Spruchpunkt 1 und 2 des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses. Ihr kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie nach sorgfältiger Abwägung der straferschwerenden und der strafmildernden Umstände letztlich die Erteilung eines Verweises als tat- und schuldangemessen erachtet hat. Die Länge des Verfahrens hat die belangte Behörde der Sache nach dadurch berücksichtigt, dass sie das mehrjährige Wohlverhalten des Beschwerdeführers als strafmildernd gewertet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2006/09/0230).

Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich gegen die Kostenentscheidung der belangten Behörde und bringt vor, die Gebühren für Sachverständigengutachten, die die Strafbemessung zu seinen Gunsten beeinflusst hätten, hätten der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung gedient und könnten daher nicht als ein von ihm verursachter Verfahrensaufwand im Sinn des § 117 Abs. 2 BDG angesehen werden. Wegen des Entlastungscharakters der Gutachter seien die Kosten nicht ihm aufzuerlegen.

Gemäß § 117 Abs. 1 BDG sind die Kosten des Verfahrens einschließlich der Reisegebühren und der Gebühren für Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher vom Bund zu tragen, wenn das Verfahren eingestellt (Z 1), der Beamte freigesprochen (Z 2) oder gegen den Beamten eine Disziplinarverfügung erlassen wird (Z 3). Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG ist im Erkenntnis auszusprechen, ob und inwieweit der Beamte mit Rücksicht auf den von ihm verursachten Verfahrensaufwand, seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit die Kosten des Verfahrens zu ersetzen hat, wenn über ihn eine Disziplinarstrafe verhängt wurde. Dasselbe gilt, wenn im Schuldspruch von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wird.

Die belangte Behörde hatte über die Kostenersatzpflicht sowohl in Bezug auf das Verfahren erster sowie in Bezug auf jenes zweiter Instanz zu entscheiden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 95/09/0166). Zu den Verfahrenskosten zählen insbesondere die Gebühren für Zeugen, nichtamtliche Sachverständige und Dolmetscher (§ 117 Abs. 1 BDG), die für ihre Tätigkeit im Disziplinarverfahren die im Gebührenanspruchsgesetz vorgesehenen Gebührensätze in Anspruch nehmen können (§ 117 Abs. 3 BDG).

Gemäß § 105 Z. 1 BDG iVm § 52 Abs. 2 AVG kann die Disziplinarbehörde nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist. Dass keine dieser Voraussetzungen vorgelegen ist, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Der Beschwerdeführer hat durch das ihm zur Last gelegte Verhalten, weswegen er schuldig gesprochen bzw. bestraft worden ist, das deswegen eingeleitete Disziplinarverfahren und insbesondere den zur Feststellung der subjektiven Vorwerfbarkeit der Tat erforderlichen Verfahrensaufwand adäquat verursacht. Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auch die im Bescheid genannten Verfahrenskosten iSd § 117 Abs. 2 BDG als vom Beschwerdeführer verursacht angesehen hat. Ein Verschulden des Beschwerdeführers wird von dieser Gesetzesstelle nicht verlangt (vgl. hingegen etwa § 76 Abs. 2 AVG). Im Hinblick auf die rechtskräftigen Schuldsprüche sowie die erfolgte Bestrafung, seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann der belangten Behörde hinsichtlich des Kostenzuspruches kein Ermessensfehler vorgeworfen werden, zumal ein Teilfreispruch nicht erfolgt ist und für eine "entsprechende Trennung auch bei der Auswirkung auf die Straffrage" im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers keine gesetzliche Grundlage besteht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. April 2011

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