VwGH 2008/22/0388

VwGH2008/22/038824.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des F, bei Einbringen der Beschwerde vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 5. Mai 2006, Zl. 314.330/4-III/4/05, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §12 Abs1;
AuslBG §12 Abs4;
AuslBG §24;
NAG 2005 §41 Abs1;
NAG 2005 §41 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AuslBG §12 Abs1;
AuslBG §12 Abs4;
AuslBG §24;
NAG 2005 §41 Abs1;
NAG 2005 §41 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. Mai 2006 wies die Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) den am 2. Februar 2002 gestellten Erstantrag des Beschwerdeführers, eines aus dem Kosovo stammenden Staatsangehörigen von "Serbien und Montenegro", auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als "Schlüsselkraft - selbständig" gemäß § 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die § 13 Abs. 1 und 2, § 41 Abs. 1 und 2 NAG sowie § 5 Abs. 2, § 12 Abs. 1 und 4 und § 24 AuslBG aus, im Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien sei festgestellt worden, dass auf Grund der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Unternehmen kein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital erfolge und keine neuen Arbeitsplätze in großer Anzahl geschaffen oder gesichert würden. Da die beabsichtigte Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht von gesamtwirtschaftlichem Nutzen sei, sei somit gemäß § 24 AuslBG ein negatives Gutachten ergangen.

"Seitens des Amtes der Wiener Landesregierung" sei daher ein abweisender Bescheid zu erlassen gewesen.

Von der Berufungsbehörde sei der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom 5. April 2006 aufgefordert worden, zu dem negativen Gutachten Stellung zu nehmen und diverse entscheidungsrelevante Unterlagen vorzulegen. Da der Beschwerdeführer in seinem Berufungsantrag überdies das Vorliegen humanitärer Gründe angeführt habe, sei er aufgefordert worden, insbesondere die Ausführungen, er habe kriegsbedingt seine Familie verloren, beispielsweise durch die Vorlage entsprechender Beweise - etwa Sterbeurkunden - zu präzisieren.

Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung auch nachgekommen, hinsichtlich der humanitären Gründe seien jedoch weder eine Stellungnahme abgegeben noch die geforderten Unterlagen vorgelegt worden.

In der Stellungnahme vom 18. April 2006 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, entgegen dem Gutachten des AMS Wien würden in der B. GmbH Arbeitskräfte in einem für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen maßgeblichen Umfang beschäftigt. Eine betriebliche Struktur, welche auf eine wirtschaftliche Unabhängigkeit und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens hinweise, werde mit den vorgelegten Unterlagen belegt.

Die "Geschäftsführerentnahme vor Steuer" betrage EUR 2.800,--.

Weiters führte die belangte Behörde aus, es sei ersichtlich, dass es sich bei der B. GmbH um ein sehr gut funktionierendes Unternehmen mit entsprechender Auftragslage handle, das 15 Mitarbeiter beschäftige. Der Beschwerdeführer sei Einzelgeschäftsführer und Alleininhaber des Unternehmens, gewerberechtlicher Geschäftsführer sei ein österreichischer Staatsbürger. Aus dem Dienstnehmerverzeichnis sei zwar ersichtlich, dass das Unternehmen 15 Mitarbeiter beschäftige, es habe jedoch kein direkter Zusammenhang in der Schaffung und Sicherung dieser Arbeitsplätze auf Grund der Mitarbeit des Beschwerdeführers im Unternehmen nachgewiesen werden können. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht möglich gewesen, der belangten Behörde Unterlagen bzw. sonstige Beweise für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen seiner Erwerbstätigkeit vorzulegen. Überdies habe der belangten Behörde aus den vorgelegten Unterlagen und den getätigten Ausführungen kein Transfer von Investitionskapital durch die Person des Beschwerdeführers nachgewiesen werden können. Es dürfte sich im gegenständlichen Fall also nur um die Schaffung des eigenen Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer handeln. Die belangte Behörde komme daher ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen gemäß § 24 AuslBG nicht vorlägen bzw. künftig nicht vorliegen würden.

Zu den Behauptungen humanitärer Gründe habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er bereits im Jahr 1996 als jugendlicher Asylwerber eingereist sei, da er Angst vor politischer Verfolgung und Schikanen durch die Behörden auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit in seiner Heimat gehabt habe. Er habe seine Familie kriegsbedingt praktisch verloren und sei daher als Jugendlicher nach Österreich geflüchtet. Am 19. Juni 1996 habe er beim Bundesasylamt Traiskirchen einen Asylantrag gestellt, der am 6. September 2002 "rechtskräftig negativ abgeschlossen" worden sei. Der Beschwerdeführer sei in Österreich vollständig sozial integriert, spreche deutsch und habe sich eine wirtschaftliche Existenz geschaffen.

Der Aufforderung der belangten Behörde, die humanitären Aspekte zu präzisieren und Nachweise über den Verlust seiner Familie vorzulegen, sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers als Asylwerber im Inland nur einen vorläufigen bzw. vorübergehenden Charakter gehabt habe, könne daraus weder eine bereits erfolgte Niederlassung noch eine tatsächliche Integration und auch kein humanitärer Grund abgeleitet werden. Das Fehlen von Anknüpfungspunkten im Heimatland und die Integration in Österreich seien von vornherein nicht geeignet, einen Grund im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG aufzuzeigen.

Bei Abwägung der privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK habe die belangte Behörde keine zu berücksichtigenden familiären Bindungen zum Bundesstaat vorfinden können. Das öffentliche Interesse zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele sei daher höher zu werten als die nachteiligen Folgen einer Verweigerung des Aufenthaltstitels auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde argumentiert u.a. damit, dass die Stellungnahme der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 23. April 2005 in sich widersprüchlich sei. Einerseits werde festgehalten, es sei nicht davon auszugehen, dass in der B. GmbH Arbeitskräfte in einem für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen maßgeblichen Umfang beschäftigt würden, andererseits werde es auf Grund des guten Rufes des Unternehmens für möglich gehalten, dass in Hinkunft noch mehr Arbeitskräfte beschäftigt würden. Da die belangte Behörde diese Stellungnahme dem bekämpften Bescheid zu Grunde gelegt habe, sei auch die Entscheidung der belangten Behörde nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Die belangte Behörde habe selbst festgestellt, dass es sich bei der B. GmbH um ein sehr gut funktionierendes Unternehmen mit entsprechender Auftragslage handle, welches 15 Mitarbeiter beschäftige. Dies stehe im Widerspruch zu den weiteren Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach es sich bei der Gründung der Gesellschaft offenbar nur um die Schaffung des eigenen Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer gehandelt haben dürfte. Als Geschäftsführer habe er eine zentrale Funktion im Unternehmen und akquiriere praktisch alle Aufträge. Der Bestand des Unternehmens, also insbesondere von 15 österreichischen Arbeitsplätzen, hänge von seiner Möglichkeit zur Mitarbeit im Unternehmen ab.

Diese Ausführungen sind geeignet, zumindest die Schaffung und Sicherung hier bestehender Arbeitsplätze darzutun und damit das angeführte Gutachten nach § 24 AuslBG zu entkräften bzw. zu widerlegen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, 2007/21/0255). Die weiteren Ausführungen in der Stellungnahme des Arbeitsmarktservice Wien, der Beschwerdeführer habe langjährige praktische Erfahrung als Stuckateur und Restaurator und wirke selbst bei der Planung und Durchführung mit sowie, er bringe Erfahrung für die Montage von Spezial-Deckenkonstruktionen mit, es gebe auf Grund der Spezialkenntnisse und besonderer Erfahrung mit Restaurierungen wenige Mitbewerber, im Unternehmen werde teilweise künstlerische Handarbeit geleistet und im Jahr 2005 werde ein Umsatz von zwei Millionen Euro erwartet sowie - in der ergänzenden Stellungnahme vom 10. Mai 2005 - auf Grund des guten Rufes der B. GmbH sei zu erwarten, dass in Hinkunft noch mehr Arbeitskräfte beschäftigt würden, sind jedenfalls nicht geeignet, die in der Stellungnahme gezogenen Schlussfolgerungen, Arbeitskräfte in einem für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen maßgeblichen Umfang würden nicht beschäftigt, zu stützen.

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid auf das mangelhafte Gutachten gestützt. Der Beschwerdeführer macht zu Recht geltend, dass die Feststellungen der belangten Behörde, wonach die B. GmbH ein sehr gut funktionierendes Unternehmen mit entsprechender Auftragslage sei und 15 Mitarbeiter beschäftige, der Beschwerdeführer Einzelgeschäftsführer und Alleininhaber sei, jedoch kein direkter Zusammenhang in der Schaffung und Sicherung der Arbeitsplätze auf Grund der Mitarbeit des Beschwerdeführers im Unternehmen und kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen seiner Erwerbstätigkeit nachgewiesen worden sei, es dürfte sich nur um die Schaffung seines eigenen Arbeitsplatzes handeln, nicht nachvollziehbar sind.

Da es dem angefochtenen Bescheid somit an schlüssig begründeten Feststellungen fehlt, die die oben dargestellte Ansicht der belangten Behörde tragen, leidet der angefochtene Bescheid an einem wesentlichen Verfahrensmangel (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, 2004/21/0038). Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Februar 2009

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