VwGH 2008/21/0607

VwGH2008/21/060724.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der K, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 23. September 2008, Zl. 146.671/7-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293;
FrÄG 2009;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ASVG §293;
FrÄG 2009;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, die 1940 geborene Beschwerdeführerin habe ihren die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Sohn als Zusammenführenden namhaft gemacht. Dieser habe zwar eine Haftungserklärung abgegeben, sie erweise sich aber als nicht tragfähig. Der Sohn der Beschwerdeführerin könne sich nämlich nur mit jenem Betrag, der über sein pfändungsfreies Existenzminimum hinausgehe, gegenüber der Beschwerdeführerin verpflichten. Ausgehend von einem monatlichen Nettolohn von EUR 2.053,58 mache das erwähnte pfändungsfreie Existenzminimum aber angesichts der Sorgepflichten für Ehegattin und ein Kind EUR 1.542,50 aus, wozu noch - näher berechnete - Mietkosten in Höhe von EUR 173,61 hinzuzuzählen seien. Somit seien EUR 1.716,11 für den Lebensunterhalt des Sohnes der Beschwerdeführerin und seiner Familie erforderlich, weshalb die für die Beschwerdeführerin notwendigen EUR 747,-- nicht erreicht würden. Insoweit ermangle es daher an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung, weshalb gemäß § 47 Abs. 3 NAG kein Aufenthaltstitel erteilt werden dürfe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Die belangte Behörde verkannte zunächst, dass sie hinsichtlich der Deckung des Bedarfs für den Sohn der Beschwerdeführerin und für seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau sowie das - nach der Aktenlage 1999 geborene - Kind auf den Ausgleichszulagenrichtsatz abzustellen gehabt hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, Zlen. 2009/21/0304 und 0305; siehe zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010, Zl. 2008/21/0012). Demnach wäre in Bezug auf den Bedarf des Sohnes der Beschwerdeführerin und seiner Ehefrau vom Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG auszugehen gewesen. Dieser hatte nach der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2007 bei Erlassung des bekämpften Bescheides EUR 1.120,-- betragen. Unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für ein minderjähriges Kind erhöht sich dieser Betrag nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG um EUR 78,29 auf EUR 1.198,29. Zur Deckung des Lebensbedarfs der Beschwerdeführerin selbst hätte - insoweit ist die belangte Behörde im Recht - ein dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechender Betrag von (damals) EUR 747,-- zur Verfügung stehen müssen. Auf Basis der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage hätte damit zur Aufbringung der notwendigen Mittel ein monatliches Einkommen des Sohnes der Beschwerdeführerin von EUR 1.945,29 ausgereicht. Auch die Ansicht, Mietbelastungen des Zusammenführenden seien den erforderlichen Mitteln hinzuzurechnen, ist nämlich nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 verfehlt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. April 2009, Zl. 2008/22/0711, insbesondere Punkt 5.4. der Entscheidungsgründe).

Selbst nach den dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Tatsachenannahmen bezog der Sohn der Beschwerdeführerin ein den zuvor genannten Betrag übersteigendes monatliches Durchschnittseinkommen, weshalb die belangte Behörde nicht von mangelnder Tragfähigkeit der von ihm abgegebenen Haftungserklärung hätte ausgehen dürfen. In diesem Zusammenhang ist weiter anzumerken, dass die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin ungeachtet der Bezugnahme auf § 47 Abs. 3 NAG im Spruch des bekämpften Bescheides der Sache nach - der Beschwerdeführerin stehen als Einkünfte nur die Unterhaltsleistungen ihres Sohnes zur Verfügung - auf § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG beruhte. Die belangte Behörde hätte daher jedenfalls auch eine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vornehmen müssen.

Aus den dargestellten Gründen ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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