VwGH 2008/21/0533

VwGH2008/21/05338.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des L in L, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Fromherz und Mag. Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Juli 2007, Zl. St 180/07, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Ukraine, gemäß den §§ 31, 53 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung führte sie aus, der - im Jänner 2001 in das Bundesgebiet eingereiste - Beschwerdeführer habe um Gewährung von Asyl ersucht. Der Asylantrag sei mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Juni 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen worden. Gleichzeitig sei gemäß § 8 leg. cit. ausgesprochen worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine zulässig sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 21. März 2007 (Zl. 2006/19/0590) die Behandlung einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt.

Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt - so argumentierte die belangte Behörde nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsvorschriften weiter - gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, sodass die Ausweisung zu deren Wahrung dringend geboten sei. Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme nämlich ein hoher Stellenwert zu. Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei überdies dadurch erheblich verletzt worden, dass sich der Beschwerdeführer bei seiner Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe (wird näher ausgeführt).

Da sich der Beschwerdeführer bereits rund sechseinhalb Jahre lang im Bundesgebiet aufgehalten habe, er dabei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen (zuletzt seit fast 15 Monaten "bei der Firma" C., wo er innerhalb kürzester Zeit zum Vorarbeiter aufgestiegen sei) nachgegangen sei, die deutsche Sprache erlernt und Kontakt zu seinen österreichischen Freunden gepflogen habe, sei ihm eine diesen Umständen entsprechende Integration zuzubilligen. Durch die Ausweisung werde somit in erheblicher Weise in sein Privatleben eingegriffen. Jedoch sei das Gewicht der Integration dadurch maßgebend gemindert, dass sein Aufenthalt während des Asylverfahrens nur auf Grund eines derartigen Antrages, der sich letztlich als unberechtigt erwiesen habe, temporär zulässig gewesen sei. Auch seine Unbescholtenheit könne das persönliche Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht maßgeblich verstärken.

Insgesamt folgerte die belangte Behörde hieraus, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht so stark ausgeprägt seien, dass sie schwerer zu gewichten wären als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Unter Berücksichtigung, dass dem Beschwerdeführer von vornherein habe bewusst gewesen sein müssen, nur über eine temporäre Aufenthaltsberechtigung für die Dauer des Asylverfahrens zu verfügen, erachtete sie die Ausweisung vor dem Hintergrund der Beeinträchtigung des als sehr hoch zu bewertenden öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen iSd § 66 Abs. 1 FPG für dringend geboten und - auch unter der schon erwähnten Annahme eines maßgeblichen Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers - für zulässig. Ebenso seien keine besonderen Umstände zu ersehen, die eine Ermessensübung zu seinen Gunsten begründen könnten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2008, B 1543/07-7, ablehnte und sie mit gesondertem Beschluss vom 19. August 2008 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist. Sie behauptet auch nicht, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG - insbesondere die Erteilung eines Aufenthaltstitels - beim Beschwerdeführer vorläge. Dafür finden sich nach der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte, sodass keine Bedenken gegen die behördliche Annahme bestehen, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei im vorliegenden Fall verwirklicht.

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass die belangte Behörde die durch einen Schlepper unterstützte Einreise maßgebend zu seinem Nachteil gewertet habe. Dem ist insoweit beizupflichten, als dem Gesichtspunkt, dass der Beschwerdeführer (bezogen auf den Bescheiderlassungszeitpunkt) vor rund sechseinhalb Jahren mit Hilfe eines Schleppers eingereist ist, jedenfalls nach so langer Zeit für die Frage der aktuellen Berechtigung einer Ausweisung keine Bedeutung mehr zukommt. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde lässt sich nicht - wie sie im angefochtenen Bescheid formulierte - "unter Berücksichtigung" des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 2005, Zl. 2004/21/0242, vertreten, sondern sie steht vielmehr im ausdrücklichen Widerspruch zu den diesbezüglichen Erwägungen in dem genannten Erkenntnis. Auf die dortigen Entscheidungsgründe kann insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden (vgl. daran anschließend zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2008/21/0089, mwN).

Ungeachtet dessen erweist sich die Ausweisung des Beschwerdeführers jedoch nicht als rechtswidrig. Der Beschwerdeführer vermag persönliche Interessen an einem Verbleib in Österreich nämlich in erster Linie aus seinem inländischen Aufenthalt seit Jänner 2001 und dabei wiederholt ausgeübten Berufstätigkeiten abzuleiten. Zwar handelt es sich dabei um einen relativ langen Zeitraum, in dem er sich während der Dauer des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hatte, doch musste er sich auf Grund der ihm bekannten Gegebenheiten der Unsicherheit seines weiteren rechtlichen Schicksal bewusst gewesen sein. Im Übrigen wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde ohnehin nicht zum Vorwurf gemacht, er sei für die (lange) Dauer des Asylverfahrens verantwortlich. Es entspricht aber der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, dass das Interesse eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht maßgeblich gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die integrationsbegründenden Umstände (hier weiters das Erlernen der deutschen Sprache und der Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises in Österreich) während eines Aufenthaltes erworben wurden, der sich auf einen (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag gründet (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0654, mwN).

Überdies fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer keine Angehörigen in Österreich hat. Auch verwies die belangte Behörde zutreffend auf den hohen Stellenwert, der den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden in Österreich regelnden Bestimmungen zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2008/21/0285).

Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, vermag weder das persönliche Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken, noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0277, mwN).

Somit bestehen keine Bedenken gegen die behördliche Ansicht, dass die Ausweisung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nach § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten sei. Auch ist kein ausreichend gewichtiger Grund ersichtlich, den die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 8. Juli 2009

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