VwGH 2008/13/0117

VwGH2008/13/011731.7.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerden der R GmbH und der R Vermögensverwaltung reg. Gen.m.b.H., beide in B, vertreten durch die MULTICONT Revisions- und Treuhand Ges.m.b.H., Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 21. April 2008, GZ. RV/0435-W/06 und GZ. RV/1594-W/07, betreffend Feststellung des Einheitswertes des Grundvermögens (einschließlich der Betriebsgrundstücke) zum 1. Jänner 2004 (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG), zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §19;
BewG 1955 §50 Abs1;
BewG 1955 §51 Abs1;
EStG §108e;
BewG 1955 §19;
BewG 1955 §50 Abs1;
BewG 1955 §51 Abs1;
EStG §108e;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde im Sinne des § 290 Abs. 1 BAO einheitlich über die gemäß § 277 BAO zum gemeinsamen Verfahren verbundenen Berufungen der Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Feststellung des Einheitswertes des Grundvermögens zum 1. Jänner 2004 vom 28. Juli 2005 ab.

Mit dem Einheitswertbescheid des Finanzamtes sei - so die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - den in einem Antrag auf Wertfortschreibung zum 1. Jänner 2004 gestellten Begehren auf Ausklammerung des Wertes einer Siloanlage vom bisher unter EW-AZ 17/xxx (für ein Lagerhausobjekt) festgestellten Gebäudewert nicht Rechnung getragen worden. Nach dem Vorbringen in den Berufungen sei zusammengefasst "der Silo" vor allem aus folgenden Gründen als Betriebsvorrichtung und nicht als Gebäude zu beurteilen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Durch die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. zuletzt etwa den hg. Beschluss vom 20. Juni 2012, 2012/17/0144, mwN).

Mit dem in Ausführung des Beschwerdepunktes geltend gemachten Recht "auf Durchführung eines einwandfreien (fairen) Verfahrens" wird ein subjektives Recht nicht bestimmt bezeichnet (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 2002, 2002/15/0068, vom 15. Dezember 2010, 2007/13/0064, und vom 29. April 2012, 2011/13/0126, jeweils mwN).

Somit verbleibt als tauglicher Beschwerdepunkt das Recht "auf Ausklammerung von sonstigen Vorrichtungen (Betriebsvorrichtungen) im Zusammenhang mit der Bewertung von Grundstücken".

Nach § 51 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Umzäunungen sowie Weg- und Platzbefestigungen sind bei gewerblich genutzten Grundstücken stets als Vorrichtungen anzusehen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein selbständiges Grundstück im Sinne dieses Bundesgesetzes.

Bewertungsrechtlich ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Gebäude jedes Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umfriedung Personen, Tieren oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Zutritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Juni 1956, 345/56, VwSlg 1449/F, vom 21. Dezember 1956, 1391/54, und vom 19. Februar 1991, 91/14/0031). Dass nach dem hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, 2006/15/0156, VwSlg 8165/F, die aus § 51 Abs. 1 BewG abgeleitete Unterscheidung zwischen Gebäude und "Betriebsvorrichtungen" für Zwecke der Investitionszuwachsprämie nach § 108e EStG 1988 nicht anwendbar ist, bedeutet entgegen der in den Beschwerden vertretenen Auffassung nicht, dass die erwähnte Definition des Gebäudes im Rahmen der Einheitsbewertung dem Grunde nach überholt oder nicht mehr maßgebend wäre.

Gebäude oder Gebäudeausstattungen können nicht Betriebsvorrichtungen sein (vgl. z.B. Thormann, Die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, Wien 1981, S. 137, mwN). Die Gebäudeeigenschaft schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Anlagen als Betriebsvorrichtungen zu behandeln sind (vgl. z.B. Kotschnigg, Zur Abgrenzung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen im BewG, ÖStZ 1990, S. 26).

Können Ringöfen und Trockenkammeranlagen mit den sie umschließenden Mauern als technische und wirtschaftliche Einheit angesehen werden, bilden diese nach der Vorschrift des § 50 Abs. 1 BewG Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens sind. Ihr Wert ist bei der Einheitsbewertung der sie umfassenden Gebäude nicht zu erfassen, und zwar auch dann nicht, wenn die Gebäude mit diesen Betriebsvorrichtungen zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden und vermöge ihrer technischen Verbindung mit den Öfen (Trockenkammern) für sich selbst - ohne diese Betriebsvorrichtungen - baulich nicht bestehen könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1957, 1735/53, VwSlg 1711/F). Die einheitliche Verbindung mit den umschließenden Mauern eines Gebäudes hindert somit nicht die Qualifikation von Einbauten als Betriebsvorrichtung, bewirkt aber auch für sich noch nicht, dass auch das umfassende Gebäude selbst zur Betriebsvorrichtung würde.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die eingebauten Silozellen, somit den Silo im engeren Sinn, als Betriebsvorrichtung gewertet. Die belangte Behörde hat aber weiters festgestellt, dass das Bauwerk nicht nur aus den Silozellen besteht, sondern sich oberhalb der Silozellen noch zwei Obergeschoße samt einer so genannten "Laterne" befinden, die - ebenso wie das unterhalb der Silozellen liegende Erdgeschoß ("Rampengeschoß") - auch von Menschen betreten werden können. Dasselbe gilt für den zwischen den Silozellen und der Außenumschließung gelegenen Stiegenaufgang (samt Aufzug) zu den beiden Obergeschoßen und das Maschinenhaus, deren obere Stockwerke zudem nur über das Stiegenhaus bzw. den Aufzug erreicht werden können. Im Erdgeschoß des "Siloteiles" liegt außerdem ein Verbindungsgang, der den Durchgang zwischen Siloteil, Maschinenhaus und Lagerhalle ermöglicht.

Zur Qualifikation eines Bauwerkes reicht es aus, wenn dieses den Eintritt von Menschen objektiv gestattet, sodass es insoweit auch nicht auf den Zweck der gesamten Baulichkeit ankommt, der nach dem Beschwerdevorbringen der "Lagerung und Gesunderhaltung des Getreides" diene. Dass die "Nutzungsintensität bei den genannten Gebäudewerkteilen" nach den Beschwerden "eine äußerst geringe" sei (u.a. in der Regel nur Aufenthalt zu Kontrollgängen von "bis zu max. fünf Minuten"), ist in Bezug auf eine objektive Aufenthaltsmöglichkeit nicht von wesentlicher Bedeutung. Da es - wie oben erwähnt - einer Qualifikation als Gebäude nicht entgegen steht, wenn die Außenmauern zum Teil zugleich die Umschließung eingebauter Betriebsvorrichtungen bilden, lässt sich für die Beschwerdeführerinnen auch aus ihren Vorbringen nichts gewinnen, wonach "aufgrund einer angestellten Berechnung das Ausmaß der Silozellen an der Gesamtkubatur des Silogebäudes allein 66,9 % ausmacht, unter Einrechnung auch des Maschinenhauses (wesentlich niedriger) noch immer deutlich über der Hälfte" oder die restlichen Gebäudeteile bei einer Herauslösung der Silozellen als "Torso" jedwede Verwendungsmöglichkeit verlieren würden. In Bezug auf eine notwendige feste Verbindung des Bauwerkes mit dem Boden von einiger Beständigkeit ist es weiters nicht von Relevanz, ob die von der belangten Behörde u.a. getroffene Feststellung, dass "sämtliche drei erwähnten Gebäude in Gleitbauweise" errichtet worden seien, laut Beschwerdevorbringen "völlig unrichtig" sei, in Gleitbauweise vielmehr nur das Silobauwerk errichtet worden sei, bei der (unstrittig als Gebäude bewerteten) Lagerhalle und beim Maschinenhaus jedoch weitgehend Ziegelbauweise gegeben sei.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 31. Juli 2012

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