Normen
BewG 1955 §19;
BewG 1955 §50 Abs1;
BewG 1955 §51 Abs1;
EStG §108e;
BewG 1955 §19;
BewG 1955 §50 Abs1;
BewG 1955 §51 Abs1;
EStG §108e;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde im Sinne des § 290 Abs. 1 BAO einheitlich über die gemäß § 277 BAO zum gemeinsamen Verfahren verbundenen Berufungen der Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Feststellung des Einheitswertes des Grundvermögens zum 1. Jänner 2004 vom 28. Juli 2005 ab.
Mit dem Einheitswertbescheid des Finanzamtes sei - so die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - den in einem Antrag auf Wertfortschreibung zum 1. Jänner 2004 gestellten Begehren auf Ausklammerung des Wertes einer Siloanlage vom bisher unter EW-AZ 17/xxx (für ein Lagerhausobjekt) festgestellten Gebäudewert nicht Rechnung getragen worden. Nach dem Vorbringen in den Berufungen sei zusammengefasst "der Silo" vor allem aus folgenden Gründen als Betriebsvorrichtung und nicht als Gebäude zu beurteilen:
- "Ein selbständiges Bauwerk könne nicht in seine Teile zerlegt werden (Einheitlichkeit der Zuordnung).
- Nur wenn sämtliche Merkmale des Gebäudebegriffes gegeben seien, so sei das Bauwerk insgesamt ein Gebäude und keine Betriebsvorrichtung.
- Die Beziehung zum Betrieb eines Gewerbes sei wesentlich stärker ausgeprägt als die Beziehung zum Grundstück.
- Es sei nur eine eingeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit für Menschen gegeben (sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht als auch hinsichtlich der Nutzungsintensität).
- Die Standfestigkeit als Mitvoraussetzung liege nicht vor (Teile der Umschließungen könnten nicht stehen bleiben, wenn die Betriebsvorrichtung herausgelöst würde). Dazu wurde eine Stellungnahme der Bautechnik GmbH vom 11. August 2005 vorgelegt."
Im Rahmen der Berufungsverhandlung hätten die Beschwerdeführerinnen zudem beantragt, das Maschinenhaus als Betriebsvorrichtung zu beurteilen und ebenfalls bei der Berechnung des Einheitswertes nicht zu berücksichtigen. Nach Schluss der Berufungsverhandlung sei den Beschwerdeführerinnen nochmals Gelegenheit gegeben worden, zur beabsichtigten Erledigung durch die belangte Behörde Stellung zu nehmen, wonach der Einheitswertbescheid des Finanzamtes zwar hinsichtlich einer "Doppelerfassung" von Gebäudeteilen abzuändern sei, nicht aber wegen der Beurteilung des "Silos" und des "Maschinenhauses" als Betriebsvorrichtungen.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides beschrieb die belangte Behörde ausführlich das um das Jahr 1962 errichtete Lagerhausobjekt, das einen Getreidesilo (mit insgesamt 18 Zellen zur Lagerung des Getreides), ein Maschinenhaus (mit Verladezellen und einem Nachbunker für die Reinigungsanlage), eine Lagerhalle sowie eine Verladerampe umfasse. Im Maschinenhaus (bestehend aus Keller, Erdgeschoß und vier Stockwerken) seien "Aspirateure (Gebläse), Reinigungsmaschinen, Entstaubungsanlagen usw."
untergebracht.
Nach einer Darstellung der Beweiswürdigung hielt die belangte Behörde zur bewertungsrechtlichen Beurteilung fest, dass zum Grundvermögen nach § 51 Abs. 1 BewG nicht die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art zählten, die zu einer Betriebsanlage gehörten, auch wenn sie wesentliche Bestandteile seien. Zur Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen sei vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehörten und demgemäß ein Bauwerk, das alle Begriffsmerkmale eines Gebäudes erfülle, keine Betriebsvorrichtung sein könne.
Die Silozellen dienten unmittelbar dem im Gebäude ausgeübten Betriebszweck (Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, insbesondere Getreide). Bei den Silozellen selbst handle es sich um Betriebsvorrichtungen. Für die bewertungsrechtliche Beurteilung sei es allerdings nicht entscheidend, ob die Silozellen selbst Betriebsvorrichtungen seien, sondern ob sich die Betriebsvorrichtungen in einem Gebäude befänden. Bei der Ermittlung des Gebäudewertes nach § 53 Abs. 3 BewG sei der nach dieser Bestimmung zu ermittelnde umbaute Raum nicht um im nutzbaren Raum aufgestellte Betriebsvorrichtungen zu vermindern. Beim gegenständlichen Getreidesilo bildeten die Abgrenzungen der Betriebsvorrichtungen (somit die Umschließungen der Silozellen) nicht zugleich auch die Wände und die Decke des gesamten Bauwerkes. Oberhalb der Silozellen befänden sich noch die beiden Obergeschoße sowie die sogenannte "Laterne". Außerdem stelle nur ein Teil der seitlichen Umschließung der Silozellen zugleich auch die äußeren Umschließungen der Baulichkeit dar. Auf der dem Maschinenhaus zugewandten Seite befänden sich zwischen den Silozellen und der Außenumschließung der Stiegenaufgang und der Aufzug. Dieses Stiegenhaus und der Aufzug dienten nicht nur dem Zugang zu den beiden Obergeschoßen, der "Laterne" und der Terrasse des Siloteiles, sondern bildeten auch die einzige Zugangsmöglichkeit zu den oberen Stockwerken des Maschinenhauses. Die beiden Obergeschoße des "Siloteiles" könnten ebenso wie das Stiegenhaus und das Maschinenhaus auch während der Einlagerung von Getreide in den Silozellen von Menschen betreten werden. Ob sich in diesen Gebäudeteilen auch Maschinen befänden, die unmittelbar dem Betriebszweck dienten, sei für die bewertungsrechtliche Beurteilung des gesamten Bauwerkes nicht entscheidend. Unterhalb der Silozellen befänden sich das Erdgeschoß (sogenanntes "Rampengeschoß") und der Keller, wobei auch in diesen beiden Ebenen während des Betriebes der Aufenthalt von Menschen möglich sei. Im Erdgeschoß des "Siloteiles" sei weiters ein Verbindungsgang, der den Durchgang von bzw. zum Maschinenhaus und zur Lagerhalle (in dem sich der Schaltraum befinde) ermögliche. Da es für die Qualifikation als Gebäude nur auf die "Gestattung des nicht nur vorübergehenden Aufenthaltes von Menschen" ankomme, sei es nicht entscheidend, wie lange sich während der Betriebszeiten tatsächlich üblicherweise Menschen in den Räumlichkeiten oberhalb und unterhalb der Silozellen sowie im Maschinenhaus aufhielten. Es komme vielmehr nur darauf an, ob die bauliche Gestaltung dieser Bereiche (z.B. durch Raumhöhe, Eintrittsmöglichkeit durch Türen, Temperatur, Beleuchtung - in diesen Bereichen erfolge auch ein Lichteinfall durch Fenster) den Aufenthalt von Menschen während der Betriebszeit "nicht nur vorübergehend" zulasse. Die während des Betriebsablaufes durch Lärm oder Staub gegebene Beeinträchtigung des Aufenthaltes könne außerdem durch Schutzmaßnahmen (etwa Staubmasken und Gehörschutz) gemildert werden und schwanke auch während der Betriebszeiten. Insgesamt erfüllten mit Ausnahme der eigentlichen Silozellen alle restlichen Teile der Baulichkeit (sowohl in der Lagerhalle, im Siloteil als auch im Maschinenhaus) das Kriterium der "Gestattung des nicht nur vorübergehenden Aufenthaltes von Menschen".
Unbestritten sei, dass die gesamte Baulichkeit (Lagerhalle, Siloteil und Maschinenhaus) mit dem Grund und Boden fest verbunden und auf Grund der Bauweise von entsprechender Beständigkeit sei. Die Außenmauern des Siloteiles gewährten sowohl den betrieblichen Abläufen als auch den in die betrieblichen Abläufe eingebundenen Menschen Schutz gegen äußere Einflüsse. Den Konstruktionselementen der Silozellen komme nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung eine statische Funktion für die Baulichkeit zu, weshalb jene Silozellenumschließungen, die gleichzeitig auch die äußere Umschließung des Siloteiles darstellten, trotz der auch gegebenen betrieblichen Funktion als Teil des Gebäudes anzusehen seien. Da sich auch oberhalb der Silozellen noch Räumlichkeiten befänden, die den Aufenthalt von Menschen gestatteten, und die Außenumschließung des Bauwerkes nicht ausschließlich durch Umschließungen der Silozellen gebildet werde, könne das Silobauwerk auch nicht bewertungsrechtlich "in ein 'Gebäude' und einen darauf aufsitzenden Teil Betriebsvorrichtung aufgeteilt werden".
In den beiden inhaltsgleich abgefassten Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführerinnen im Recht "auf Ausklammerung von sonstigen Vorrichtungen (Betriebsvorrichtungen) im Zusammenhang mit der Bewertung von Grundstücken" sowie "auf Durchführung eines einwandfreien (fairen) Verfahrens" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Durch die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. zuletzt etwa den hg. Beschluss vom 20. Juni 2012, 2012/17/0144, mwN).
Mit dem in Ausführung des Beschwerdepunktes geltend gemachten Recht "auf Durchführung eines einwandfreien (fairen) Verfahrens" wird ein subjektives Recht nicht bestimmt bezeichnet (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 2002, 2002/15/0068, vom 15. Dezember 2010, 2007/13/0064, und vom 29. April 2012, 2011/13/0126, jeweils mwN).
Somit verbleibt als tauglicher Beschwerdepunkt das Recht "auf Ausklammerung von sonstigen Vorrichtungen (Betriebsvorrichtungen) im Zusammenhang mit der Bewertung von Grundstücken".
Nach § 51 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Umzäunungen sowie Weg- und Platzbefestigungen sind bei gewerblich genutzten Grundstücken stets als Vorrichtungen anzusehen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein selbständiges Grundstück im Sinne dieses Bundesgesetzes.
Bewertungsrechtlich ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Gebäude jedes Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umfriedung Personen, Tieren oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Zutritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Juni 1956, 345/56, VwSlg 1449/F, vom 21. Dezember 1956, 1391/54, und vom 19. Februar 1991, 91/14/0031). Dass nach dem hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, 2006/15/0156, VwSlg 8165/F, die aus § 51 Abs. 1 BewG abgeleitete Unterscheidung zwischen Gebäude und "Betriebsvorrichtungen" für Zwecke der Investitionszuwachsprämie nach § 108e EStG 1988 nicht anwendbar ist, bedeutet entgegen der in den Beschwerden vertretenen Auffassung nicht, dass die erwähnte Definition des Gebäudes im Rahmen der Einheitsbewertung dem Grunde nach überholt oder nicht mehr maßgebend wäre.
Gebäude oder Gebäudeausstattungen können nicht Betriebsvorrichtungen sein (vgl. z.B. Thormann, Die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, Wien 1981, S. 137, mwN). Die Gebäudeeigenschaft schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Anlagen als Betriebsvorrichtungen zu behandeln sind (vgl. z.B. Kotschnigg, Zur Abgrenzung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen im BewG, ÖStZ 1990, S. 26).
Können Ringöfen und Trockenkammeranlagen mit den sie umschließenden Mauern als technische und wirtschaftliche Einheit angesehen werden, bilden diese nach der Vorschrift des § 50 Abs. 1 BewG Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens sind. Ihr Wert ist bei der Einheitsbewertung der sie umfassenden Gebäude nicht zu erfassen, und zwar auch dann nicht, wenn die Gebäude mit diesen Betriebsvorrichtungen zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden und vermöge ihrer technischen Verbindung mit den Öfen (Trockenkammern) für sich selbst - ohne diese Betriebsvorrichtungen - baulich nicht bestehen könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1957, 1735/53, VwSlg 1711/F). Die einheitliche Verbindung mit den umschließenden Mauern eines Gebäudes hindert somit nicht die Qualifikation von Einbauten als Betriebsvorrichtung, bewirkt aber auch für sich noch nicht, dass auch das umfassende Gebäude selbst zur Betriebsvorrichtung würde.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die eingebauten Silozellen, somit den Silo im engeren Sinn, als Betriebsvorrichtung gewertet. Die belangte Behörde hat aber weiters festgestellt, dass das Bauwerk nicht nur aus den Silozellen besteht, sondern sich oberhalb der Silozellen noch zwei Obergeschoße samt einer so genannten "Laterne" befinden, die - ebenso wie das unterhalb der Silozellen liegende Erdgeschoß ("Rampengeschoß") - auch von Menschen betreten werden können. Dasselbe gilt für den zwischen den Silozellen und der Außenumschließung gelegenen Stiegenaufgang (samt Aufzug) zu den beiden Obergeschoßen und das Maschinenhaus, deren obere Stockwerke zudem nur über das Stiegenhaus bzw. den Aufzug erreicht werden können. Im Erdgeschoß des "Siloteiles" liegt außerdem ein Verbindungsgang, der den Durchgang zwischen Siloteil, Maschinenhaus und Lagerhalle ermöglicht.
Zur Qualifikation eines Bauwerkes reicht es aus, wenn dieses den Eintritt von Menschen objektiv gestattet, sodass es insoweit auch nicht auf den Zweck der gesamten Baulichkeit ankommt, der nach dem Beschwerdevorbringen der "Lagerung und Gesunderhaltung des Getreides" diene. Dass die "Nutzungsintensität bei den genannten Gebäudewerkteilen" nach den Beschwerden "eine äußerst geringe" sei (u.a. in der Regel nur Aufenthalt zu Kontrollgängen von "bis zu max. fünf Minuten"), ist in Bezug auf eine objektive Aufenthaltsmöglichkeit nicht von wesentlicher Bedeutung. Da es - wie oben erwähnt - einer Qualifikation als Gebäude nicht entgegen steht, wenn die Außenmauern zum Teil zugleich die Umschließung eingebauter Betriebsvorrichtungen bilden, lässt sich für die Beschwerdeführerinnen auch aus ihren Vorbringen nichts gewinnen, wonach "aufgrund einer angestellten Berechnung das Ausmaß der Silozellen an der Gesamtkubatur des Silogebäudes allein 66,9 % ausmacht, unter Einrechnung auch des Maschinenhauses (wesentlich niedriger) noch immer deutlich über der Hälfte" oder die restlichen Gebäudeteile bei einer Herauslösung der Silozellen als "Torso" jedwede Verwendungsmöglichkeit verlieren würden. In Bezug auf eine notwendige feste Verbindung des Bauwerkes mit dem Boden von einiger Beständigkeit ist es weiters nicht von Relevanz, ob die von der belangten Behörde u.a. getroffene Feststellung, dass "sämtliche drei erwähnten Gebäude in Gleitbauweise" errichtet worden seien, laut Beschwerdevorbringen "völlig unrichtig" sei, in Gleitbauweise vielmehr nur das Silobauwerk errichtet worden sei, bei der (unstrittig als Gebäude bewerteten) Lagerhalle und beim Maschinenhaus jedoch weitgehend Ziegelbauweise gegeben sei.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 31. Juli 2012
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)