VwGH 2008/08/0097

VwGH2008/08/009729.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des S in S, vertreten durch Dr. Hubert Köllensperger, Rechtsanwalt in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 44, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. März 2008, Zl. SV(SanR)-411320/11-2008-Bb/Pü, betreffend Zurückweisung eines Einspruches, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §412;
AußStrG §120;
AVG §63;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
GSVG 1978 §194;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
ASVG §412;
AußStrG §120;
AVG §63;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
GSVG 1978 §194;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid sowie dem im Akt befindlichen Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 13. Juni 2007, Zl. 17 P 125/03s-231, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2007 stellte der Beschwerdeführer bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) einen Antrag auf neuerliche Einleitung eines Verwaltungsverfahrens hinsichtlich des Beginnes bzw. des Bestandes der Pflichtversicherung und der daraus folgenden Beitragspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG für den Zeitraum vom 1. Jänner 1998 bis zum 31. Dezember 2000.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes (BG) Wels vom 13. Juni 2007 wurde Dr. C gemäß § 120 Außerstreitgesetz als einstweiliger Sachwalter für den Beschwerdeführer für die Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden ab dem 1. Juli 2007 bestellt.

Mit Bescheid vom 20. August 2007 wies die SVA den Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurück. Dieser Bescheid erging unmittelbar an den Beschwerdeführer und nicht an dessen Sachwalter. Mit Schriftsatz vom 16. September 2007 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Einspruch.

Mit dem angefochtenen Bescheid, ergangen an den Beschwerdeführer zu Handen seines Sachwalters, wies die belangte Behörde diesen Einspruch mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die einstweilige Sachwalterbestellung zwar schon mit Wirkung vom 1. Juli 2007 erfolgt sei, dass die SVA von dieser aber erst am 4. Februar 2008 Kenntnis erlangt habe. Mangels Kenntnis der Sachwalterbestellung habe die SVA den Bescheid vom 20. August 2007 dem Beschwerdeführer selbst zugestellt. Der Bescheid sei an einen untauglichen Adressaten ergangen, weshalb kein rechtsgültiger Bescheid vorliege, gegen welchen Einspruch erhoben werden könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 1 Zustellgesetz (ZustG) ist "Empfänger" im Sinne des ZustG die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll.

Gemäß § 7 Abs. 1 ZustG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 10/2004 gilt, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 9 Abs. 1 ZustG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 lautete:

"(1) Ist ein Zustellungsbevollmächtiger bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 entfiel § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustG ersatzlos.

Gemäß § 120 Außerstreitgesetz hat das Gericht, wenn es das Wohl der betroffenen Person erfordert, dieser zur Besorgung dringender Angelegenheiten längstens für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Sachwalter mit sofortiger Wirksamkeit zu bestellen. Ein Rekurs dagegen hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. Feil/Marent, Außerstreitgesetz2, S 300f, Rz 1ff. zu § 120 AußStrG).

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde, dass die einstweilige Sachwalterbestellung vom 13. Juni 2007 zulässig war, und bringt vor, dass er sie mit Rekurs bekämpft habe. Er bestreitet aber nicht die sonstigen Feststellungen der belangten Behörde, insbesondere nicht diejenigen zur Zustellung des Bescheides der SVA vom 20. August 2007.

Als Empfänger eines einem Besachwalterten zuzustellenden Schriftstückes ist sein gesetzlicher Vertreter, somit der Sachwalter, zu bezeichnen (vgl. den Beschluss des Obersten Gerichthofes vom 21. September 2006, Zl. 8 Ob 96/06k, mwN).

Im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf kann die Zustellverfügung hinsichtlich des erstinstanzlichen Bescheides nicht den Sachwalter des Beschwerdeführers als Empfänger bezeichnet haben, da der erstinstanzliche Bescheid zwar erst nach dem Beschluss des BG Wels genehmigt worden ist, die Bestellung des einstweiligen Sachwalters der SVA aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Der Beschwerdeführer bestreitet diese Umstände auch nicht.

Der erstinstanzliche Bescheid konnte dem Beschwerdeführer persönlich auf Grund der wirksamen Sachwalterbestellung keinesfalls mehr rechtswirksam zugestellt werden.

Eine Heilung durch analoge Anwendung des § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 auf gesetzliche Vertreter, wie sie vom Verwaltungsgerichtshof zur damaligen Rechtslage vertreten wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zl. 97/19/1271), scheidet aus, weil durch den ersatzlosen Entfall der genannten Bestimmung durch diese Novelle deren analoger Anwendung die Grundlage entzogen worden ist (vgl. dazu die schon zitierten Beschlüsse des Obersten Gerichthofes vom 21. September 2006, Zl. 8 Ob 96/06k, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 2005, Zl. 2005/12/0029).

Der erstinstanzliche Bescheid wurde dem Beschwerdeführer somit nicht rechtswirksam zugestellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt, wenn in einem Einparteienverfahren die behördliche Erledigung nicht wirksam zugestellt worden ist, mangels Erlassung kein anfechtbarer Bescheid vor. Die Erhebung einer Berufung nach §§ 63 ff AVG setzt nämlich zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1987, Zl. 86/02/0198, mwN). Nichts anderes kann für die Erhebung eines Einspruches gemäß § 194 GSVG iVm § 412 ASVG gelten. Die Zurückweisung des Einspruches durch die belangte Behörde erfolgte somit jedenfalls zu Recht.

Bemerkt wird, dass im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde den Einspruch zurückgewiesen und darüber keine meritorische Entscheidung getroffen hat, eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten auch dann nicht vorliegen kann, wenn der Einspruch von ihm persönlich eingebracht und von seinem Sachwalter nicht genehmigt worden sein sollte (vgl. hingegen die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, S. 281, unter E 126 zitierte hg. Rechtsprechung). Auch in diesem Fall wäre nämlich allenfalls nur eine den Einspruch zurückweisende Entscheidung in Frage gekommen (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, S. 281, unter E 124 zitierte hg. Judikatur).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Oktober 2008

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