VwGH 2008/01/0344

VwGH2008/01/034419.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der M H (geboren 1973) in R, vertreten durch Dr. Gertraude Carli, Rechtsanwältin in 8230 Hartberg, Raimund-Obendrauf-Straße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. November 2007, Zl. 303.326-2/3E-XVIII/60/07, betreffend § 68 Abs. 1 AVG sowie § 10 Abs. 1 und Abs. 4 Asylgesetz 2005, zu Recht erkannt:

Normen

32004L0083 IntSchutz Staatenlose Flüchtlinge RL Art2;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z16;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §8;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §68 Abs1;
EMRK Art3;
VwRallg;
32004L0083 IntSchutz Staatenlose Flüchtlinge RL Art2;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z16;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §8;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §68 Abs1;
EMRK Art3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Nach der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

1. Die Beschwerdeführerin ist (ausgehend vom Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) Staatsangehörige von Serbien und stammt aus dem Kosovo. Sie reiste erstmals am 12. März 2006 gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag erstmals einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. April 2007 wurde dieser Antrag im Instanzenzug gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), abgewiesen, gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, nicht zuerkannt und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien "Gebiet Kosovo" ausgewiesen.

Mit hg. Beschluss vom 3. Mai 2007, Zl. 2007/01/0455, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG iVm Art. 129c Abs. 1 B-VG abgelehnt.

3. In der Folge reiste die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Kindern am 9. Mai 2007 nach Italien aus, kehrte aber dann wieder in das Bundesgebiet zurück und stellte am 30. Juni 2007 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Hiezu gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, sie halte bezüglich ihrer Fluchtgründe ihre im Jahr 2006 gemachten Angaben aufrecht und gebe nur an, dass sie unter keinen Umständen in ihre Heimat zurückkehren könne. An ihrer Situation im Kosovo habe sich nichts geändert, sie sehe einfach keinen Ausweg und "müsste mit den Kindern Selbstmord begehen", denn sie "hätten kein Haus, wenn sie nach Hause gingen". Auch brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie selbst krank sei und unter starken Kopfschmerzen leide. Sie wäre bereits seit ihrer Überstellung nach Graz im März 2006 bei einer näher bezeichneten Ärztin in Behandlung gewesen.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Oktober 2007 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien" ausgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, sie sei psychisch krank und stehe bei einer Psychiaterin in Behandlung. Ihr Haus sei während der kriegerischen Auseinandersetzung völlig zerstört worden, sie habe also keine wie immer geartete wirtschaftliche Grundlage im Kosovo. Sie nehme schwerste Beruhigungstabletten und habe bereits Selbstmordabsichten geäußert. Auch sei ärztlich bestätigt, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in den Kosovo "aus ärztlicher Sicht nicht positiv aufgenommen werden würde". Jedenfalls wären bei der Beschwerdeführerin "posttraumatische Belastungsstörungen" gegeben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. November 2007 wurde diese Berufung gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG 2005 mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen wird.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der maßgebliche Sachverhalt in einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG relevanten Weise geändert habe. So stütze sich die Beschwerdeführerin im zweiten Asylverfahren auf ein Vorbringen, über welches bereits im ersten Asylverfahren rechtskräftig abgesprochen worden sei. Soweit die Beschwerdeführerin ausführe, dass sie im Kosovo keine wie immer geartete wirtschaftliche Grundlage habe, da ihr Haus während der kriegerischen Auseinandersetzung völlig zerstört worden wäre, sei auf die bereits im ersten Asylverfahren getroffenen Feststellungen zu verweisen. Auch sei eine relevante Änderung der allgemeinen Lage in Serbien, Provinz Kosovo, seit Rechtskraft des das erste Asylverfahren abschließenden Bescheides nicht notorisch. Da sohin Identität der Sache vorliege, habe das Bundesasylamt den neuerlichen "Asylantrag" der Beschwerdeführerin zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Zur verfügten Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie schließe sich den Ausführungen des Bundesasylamtes an, wonach die Beschwerdeführerin über keinen sonstigen Aufenthaltstitel verfüge und kein Familienbezug im Sinn des Art. 8 EMRK zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich gegeben sei.

Auch liege kein Anhaltspunkt für die Notwendigkeit eines Aufschubs der Durchführung der Ausweisung nach § 10 Abs. 3 AsylG 2005 vor, da im Zulassungsverfahren eine Untersuchung durch eine Fachärztin für Psychiatrie erfolgt sei, nach welcher bei der Beschwerdeführerin eine "belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung" vorliege, welche als "mittelgradige Depression" bezeichnet worden sei. Die Frage, ob im Falle einer Überstellung nach Serbien die reale Gefahr bestehe, dass sich die Krankheit der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer psychischen Störung in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtern würde, sei von der Gutachterin mit "nein" beantwortet worden. Daher erreiche die fachärztlich festgestellte psychische Erkrankung der Beschwerdeführerin nicht jene Schwere, welche per se die reale Gefahr einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Außerlandesschaffung der Beschwerdeführerin mit sich brächte. Zum anderen verfüge die Beschwerdeführerin im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsversorgung im Kosovo auch über eine ärztliche und medikamentöse Basisversorgung.

Der neuerlichen Ausweisung stehe auch nicht eine "res iudicata" entgegen. Soweit dem Asylwerber zwischen dem "Erstverfahren" und der Zurückweisung wegen entschiedener Sache kein (relevantes) Aufenthaltsrecht zukomme, sei eine wegen entschiedener Sache zurückweisende Entscheidung nur dann mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn im "Erstverfahren" keine Ausweisung ausgesprochen worden sei, weil hiezu noch keine gesetzliche Ermächtigung bestanden habe oder sich der Sachverhalt im Hinblick auf § 10 Abs. 2 AsylG 2005 entscheidungsrelevant geändert habe oder der Asylwerber das Bundesgebiet verlassen habe und somit die Ausweisungsentscheidung im "Erstverfahren" konsumiert habe. Zu unterbleiben habe eine asylrechtliche Ausweisung auch dann, wenn diese, obwohl rechtlich möglich, im "Erstverfahren" unterblieben sei und es seither zu keiner entscheidungsrelevanten Änderung des Sachverhalts gekommen sei. Im vorliegenden Fall habe sich zwar der Sachverhalt seit der im ersten Asylverfahren verfügten Ausweisung nicht entscheidungsrelevant verändert, jedoch habe die Beschwerdeführerin das Bundesgebiet ihrem Vorbringen zufolge damals verlassen und somit die Ausweisungsentscheidung des ersten Asylverfahrens "konsumiert", jedoch sei die Beschwerdeführerin im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur "Zwei-Staaten-Theorie" lediglich in die Provinz Kosovo auszuweisen gewesen.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Rechtslage:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 75/2007 (im Folgenden: AsylG 2005), lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

...

9. die Statusrichtlinie: die Richtlinie 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12;

...

13. ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten;

14. ein Asylwerber: ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens;

15. der Status des Asylberechtigten: das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt;

16. der Status des subsidiär Schutzberechtigen: das vorübergehende, verlängerbare Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt;

...

23. ein Folgeantrag: jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag;

...

Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

...

Verbindung mit der Ausweisung

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

  1. 1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
  2. 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

    3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

    4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

(2) Ausweisungen nach Abs. 1 sind unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

(3) Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Statusrichtlinie (§ 2 Abs. 1 Z 9 AsylG 2005) lauten:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

...

e) «Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz» einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland oder, bei einem Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Artikel 15 zu erleiden, und auf den Artikel 17 Absätze 1 und 2 keine Anwendung findet und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will;

f) «subsidiärer Schutzstatus» die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen durch einen Mitgliedstaat als Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat;

g) «Antrag auf internationalen Schutz» das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie ersucht;"

2. Allgemein zur entschiedenen Sache nach § 68 Abs. 1 AVG:

2.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

2.2. § 68 Abs. 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. Dabei kommt es allein auf den normativen Inhalt des bescheidmäßigen Abspruches des rechtskräftig gewordenen Vorbescheides an (vgl. zu allem etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2005/11/0102, mwN).

2.3. Bei der Prüfung, ob eine relevante Sachverhaltsänderung behauptet wird, ist - nach wie vor - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "glaubhaften Kern" maßgeblich.

Danach kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz zukäme. Die Behörde hat sich mit der behaupteten Sachverhaltsänderung bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der (neuerlichen) Antragstellung insoweit auseinander zu setzen, als von ihr - gegebenenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - festzustellen ist, ob die neu vorgebrachten Tatsachen zumindest einen (glaubhaften) Kern aufweisen, dem für die Entscheidung Relevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, mwN; zum "glaubhaften Kern" im Asylverfahren nach AsylG 1997 vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2006, Zl. 2006/19/0380, mwN).

3. Gegenstand eines Antrages auf internationalen Schutz und Identität der Sache:

3.1. Ein Antrag auf internationalen Schutz wird in § 2 Z 13 AsylG 2005 als "das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen" definiert. Weiters gilt der Antrag nach dieser Bestimmung "als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten".

Die Gesetzesmaterialien (vgl. RV 952 BlgNR XXII. GP, 30f) führen zu dieser Bestimmung aus:

"Der Passus 'Antrag auf internationalen Schutz' entspricht der Statusrichtlinie (Art. 2 lit. g) und wurde zum Zweck der Einheitlichkeit übernommen. Der gegenständliche Begriff bezeichnet das Ersuchen eines Fremden oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt.

Zur Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz - der inhaltlich dem bisherigen Asylantrag entspricht - reicht es aus, wenn der Fremde vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, einer Sicherheitsbehörde oder einer Erstaufnahmestelle - auf welche Art auch immer - um Schutz vor Verfolgung ersucht; ersucht der Fremde vor einer anderen Behörde um Schutz, hat diese die Sicherheitsbehörde oder ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen.

Nur durch diesen weiten Ansatz der Definition des Antrags auf internationalen Schutz kann den internationalen und europarechtlichen Verpflichtungen entsprochen werden."

3.2. Der Gesetzgeber wollte - wie in den Erläuterungen ausdrücklich ausgeführt wird - mit dem "Antrag auf internationalen Schutz" die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie umsetzen. Diese legt neben dem Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. den 16. Erwägungsgrund zur Statusrichtlinie) für alle Mitgliedsstaaten erstmals gemeinsame Mindestnormen zur Erlangung eines subsidiären Schutzstatus fest, der das Schutzregime der Flüchtlingskonvention ergänzen soll (24. Erwägungsgrund zur Statusrichtlinie; zu den Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie vgl. deren Art. 2 lit. e und Art. 15). Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus zu erlangen, sieht die Statusrichtlinie in ihrem Art. 2 lit. g einen (einheitlichen) Antrag auf internationalen Schutz vor, der beide Schutzinstrumente (Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutzstatus) umfasst.

Im österreichischen Asylrecht war schon vor Inkrafttreten des AsylG 2005 ein "subsidiärer Schutz" vorgesehen (§ 8 Abs. 1 AsylG in der Fassung der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101; auf vergleichbare Schutzregelungen in den zeitlich davor liegenden Asylgesetzen braucht hier nicht näher eingegangen werden). Dem Asylwerber stand jedoch kein Antragsrecht in Bezug auf diesen subsidiären Schutz zu. Er hatte lediglich die Möglichkeit, um Asyl anzusuchen. Im Falle der Abweisung des Asylantrages war -von Amts wegen - zu prüfen, ob dem Asylwerber subsidiärer Schutz zuzuerkennen ist.

Mit dem durch das AsylG 2005 aus dem Gemeinschaftsrecht übernommenen "Antrag auf internationalen Schutz" erfuhr die Rechtslage insofern eine Änderung, als nun der Antrag des Asylwerbers nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Asylantrag), sondern hilfsweise für den Fall der "Nichtzuerkennung" dieses Status auch auf die Gewährung des subsidiären Schutzstatus gerichtet ist (insoweit treffen die Erläuterungen, nach denen der Antrag auf internationalen Schutz "dem bisherigen Asylantrag entspricht" nicht zu). Dem Asylwerber kommt also nach dem AsylG 2005 ein Antragsrecht in Bezug auf den subsidiären Schutz zu, das in seinem Antrag auf internationalen Schutz mitenthalten ist. Ein gesonderter Antrag auf subsidiären Schutz ist im Gesetz hingegen nicht vorgesehen (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 73, und Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht ?2005?, 73, Rz 153).

3.3. Die dargestellte Rechtslage hat auch Auswirkungen auf die Frage, welche Sachverhaltsänderungen den Asylwerber dazu berechtigten, einen Folgeantrag bei den Asylbehörden zu stellen.

Da sich der Antrag auf internationalen Schutz - wie gezeigt - auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, bei den Asylbehörden geltend zu machen, zumal nur sie dem Asylwerber diesen Schutzstatus zuerkennen können.

Die zur Rechtslage des § 8 Asylgesetz 1997 ergangene gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 2004, Zl. 2004/01/0280, mwN) ist daher im Anwendungsbereich des AsylG 2005 nicht mehr zutreffend. Vielmehr sind für Folgeanträge nach dem AsylG 2005 die Asylbehörden auch dafür zuständig, Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen.

4. Zur Beurteilung des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz im Beschwerdefall:

4.1. Ausgehend von dem bisher Gesagten hat die belangte Behörde im Beschwerdefall den neuerlichen Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Juni 2007 auf internationalen Schutz zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen:

4.2. So brachte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den Status der Asylberechtigten lediglich vor, dass sie ihre im ersten Asylverfahren gemachten Angaben aufrecht erhalte und "man ihre Gründe ja von ihrem ersten Asylverfahren kenne". Ein geänderter Sachverhalt ist diesem Vorbringen nicht einmal ansatzweise zu entnehmen.

4.3. Im Hinblick auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten brachte die Beschwerdeführerin im zweiten Verfahren vor den Asylbehörden zunächst vor, ihre Situation im Kosovo habe sich nicht geändert, ihr Haus sei während der kriegerischen Auseinandersetzung völlig zerstört worden, sie habe also keine wie immer geartete wirtschaftliche Grundlage im Kosovo. Auch diesem Vorbringen kann kein - gegenüber dem ersten Verfahren -

geänderter Sachverhalt entnommen werden.

Darüber hinaus brachte die Beschwerdeführerin neu vor, sie sei psychisch krank und stehe bereits seit März 2006 bei einer Ärztin bzw. Psychiaterin in Behandlung. Sie nehme "schwerste Beruhigungstabletten" zu sich und habe bereits Selbstmordabsichten für den Fall einer Rückkehr in den Kosovo geäußert. Es sei davon auszugehen, dass sie sich in einem "psychischen Ausnahmezustand" befinde und eine Rückkehr in den Kosovo aus ärztlicher Sicht "nicht positiv aufgenommen werden würde". Jedenfalls wären bei ihr "posttraumatische Belastungsstörungen" gegeben.

Die belangte Behörde hat die Auffassung vertreten, dass die vorgebrachte Gesundheitsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren (wonach bei der Beschwerdeführerin eine "belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung" und "mittelgradige Depression" vorliege und bei einer Überstellung "nach Serbien" keine reale Gefahr eines lebensbedrohlichen Zustandes oder einer Krankheit in lebensbedrohendem Ausmaße bestehe) im Hinblick auf die im Kosovo bestehende Gesundheitsversorgung nicht jene Schwere erreiche, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde.

Diese Auffassung ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nicht zu beanstanden (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2008, B 2400/07, in dem ausgehend vom Fall D. v. The United Kingdom (EGMR vom 2. Mai 1997, Appl. 30.240/96) ausführlich auf Rechtsprechung des EGMR verwiesen wird, nach der nur besondere Umstände ("exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 3 EMRK begründen können; vgl. darüber hinaus auch das Urteil des EGMR vom 27. Mai 2008, N.

v. The United Kingdom, Appl. 26.565/05, Randnrn. 42ff).

5. Zur Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005:

5.1. Die belangte Behörde begründete die (im Verhältnis zum ersten Asylverfahren) neuerliche Ausweisung der Beschwerdeführerin damit, dass die Ausweisung im vorangegangenen Asylverfahren durch das anschließende Verlassen des Bundesgebietes "konsumiert" worden sei. Nur deshalb sei sie im gegenständlichen Folgeverfahren neuerlich zu verfügen, weil sich die Verhältnisse nicht geändert hätten.

Damit ist sie - jedoch nur im Ergebnis - im Recht.

5.2. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die gegenständliche Ausweisung die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte der Beschwerdeführerin verletzt, zumal (nach den dem Verwaltungsgerichtshof in den Verfahren VH 2007/01/0819 bis 0822 vorgelegten Bescheiden der belangten Behörde betreffend die minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin) ihre im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen ebenfalls ausgewiesen wurden und keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür dargetan wurden, die eine Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des geschützten Rechtes auf Privatleben unzulässig machen würde.

Auch das behauptete (vorübergehende) Ausweisungshindernis nach § 10 Abs. 3 AsylG 2005 (Verletzung von Art. 3 EMRK) liegt nach dem bisher Gesagten nicht vor (vgl. zur Abgrenzung von Durchführungsaufschub und subsidiärem Schutz das Erkenntnis des VfGH vom 1. Oktober 2007, G 179/07 u.a).

5.3. Darüber hinaus kann dahin stehen, ob die Auffassung der belangten Behörde zur Gegenstandslosigkeit der Ausweisung zu Recht besteht.

Die belangte Behörde irrt allerdings, wenn sie davon ausgeht, dass - ausgenommen den Fall des oben angesprochenen Verlassens des Bundesgebietes - eine neuerliche Ausweisung nur dann stattzufinden hätte, wenn sich der Sachverhalt seit der im ersten Asylverfahren getroffenen Ausweisungsentscheidung im Hinblick auf § 10 Abs. 2 AsylG 2005 entscheidungsrelevant geändert hat. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Einleitungssatz AsylG 2005 ("Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden ...") verlangt vielmehr die Verbindung einer ab- oder zurückweisenden Entscheidung der Asylbehörden mit einer Ausweisung in allen Fällen, in denen kein Ausweisungshindernis nach § 10 Abs. 2 oder 3 AsylG 2005 vorliegt. Dass bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache nach § 68 Abs. 1 AVG, welche auch unter den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 fällt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 2008, Zl. 2007/19/0466), zusätzlich zu prüfen wäre, ob eine bereits verfügte Ausweisung einer neuerlichen Ausweisung entgegen stünde, ist § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht zu entnehmen. Auch die Materialien lassen nicht erkennen, dass der Gesetzgeber bei Folgeanträgen auf eine Ausweisung verzichten wollte, wenn sich der Sachverhalt insoweit nicht relevant geändert hat (diese gehen vielmehr "in Aufrechterhaltung des mit der Asylgesetznovelle 2003 eingeführten, verwaltungsökonomischen Systems davon aus, dass im Regelfall ab- und zurückweisende Asylentscheidungen in einem mit einer Ausweisung zu verbinden sind" vgl. RV 952 BlgNR XXII. GP, 39).

Somit war im gegenständlichen Fall die Zurückweisung des neuen Antrages auf internationalen Schutz jedenfalls mit einer Ausweisung zu verbinden.

6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Februar 2009

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