Normen
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §61;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §61;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 16. August 2007 verhängte die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer wegen Jugendstraftaten insgesamt sechsmal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt worden sei, und zwar
- am 9. Mai 2000 wegen schwerer Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB unter Vorbehalt des Ausspruchs über die Strafe gemäß § 13 Abs. 1 JGG
- am 19. Februar 2001 wegen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 und 129 Z 1 StGB sowie wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten
- am 3. September 2001 wegen Körperverletzung und wegen schwerer Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagessätzen und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten
- am 2. September 2002 wegen Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 100 Tagessätzen
- am 28. Mai 2003 wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten und
- am 16. März 2005 wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB, wegen Raufhandels nach § 91 Abs. 2 StGB und wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten.
Im Hinblick auf diese Verurteilungen sei der Aufenthaltsverbotstatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt und es sei im Hinblick auf das - im Einzelnen dargestellte - strafrechtliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers vom Vorliegen einer Gefährlichkeitsprognose im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG auszugehen. § 66 FPG stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes aus näher angeführten Gründen nicht entgegen, und zwar ungeachtet dessen, dass sich der Beschwerdeführer seit 1991 in Österreich aufhalte, hier die Volksschule, die Hauptschule und den Polytechnischen Lehrgang besucht habe, eine Niederlassungsbewilligung beschränkt, gültig vom 17. Juni 2007 bis 17. Dezember 2007 besitze und mit seinen Eltern und fünf Geschwistern - allerdings in getrennten Haushalten - in Österreich lebe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2007, B 1781/07, ab und trat sie in der Folge dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Dieser hat über die Beschwerde erwogen:
Die belangte Behörde hat (siehe oben) festgestellt, dass der Beschwerdeführer über eine Niederlassungsbewilligung beschränkt, gültig vom 17. Juni 2007 bis 17. Dezember 2007, verfüge. Aus den Verwaltungsakten lässt sich weiter entnehmen, dass dem Beschwerdeführer davor eine - verlängerte - Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 FrG" mit Gültigkeit vom 16. Juni 2005 bis 16. Juni 2007 erteilt worden war.
Gemäß § 61 Z 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 FPG wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre.
Gemäß § 54 Abs. 1 FPG können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn (Z 1) nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre oder (Z 2) der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.
Das bedeutet, dass die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes auf Grund eines Sachverhaltes, der die Versagung des dem Fremden zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gerechtfertigt hätte, nur zulässig ist, wenn dieser Sachverhalt erst nach Erteilung des Titels eingetreten oder der Behörde bekannt geworden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 2006, Zl. 2006/18/0117, vom 11. Dezember 2007, Zl. 2007/18/0699, und vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0149).
Das gegenständliche Aufenthaltsverbot fußt auf den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers bzw. auf dem diesen Verurteilungen zu Grunde liegenden Fehlverhalten. Dieses Fehlverhalten - die letzte Verurteilung datiert vom 16. März 2005 - wäre allenfalls gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz der Erteilung von Aufenthaltstiteln entgegengestanden, dennoch wurde dem Beschwerdeführer noch danach jedenfalls die bis zum 17. Dezember 2007 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt. Davon ausgehend hätte sich die belangte Behörde nach dem Vorgesagten mit Blick auf § 61 Z 2 FPG damit auseinander setzen müssen, ob der Niederlassungsbehörde dabei der maßgebliche Sachverhalt bekannt war, wofür allerdings nicht nur spricht, dass die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers (naturgemäß) dem Strafregister zu entnehmen waren, sondern auch, dass die letzte Niederlassungsbewilligung nur mit halbjähriger Gültigkeitsdauer ausgestellt wurde. Dieser Prüfungsverplichtung ist die belangte Behörde in offenkundiger Verkennung der Rechtslage nicht nachgekommen, weshalb der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die - zusätzlich verzeichnete - Umsatzsteuer in der Pauschalierung bereits enthalten ist.
Wien, am 18. Dezember 2008
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