VwGH 2007/21/0245

VwGH2007/21/024523.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des G K in W, geboren 1970, vertreten durch Mag. Lukas Leszkovics, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Am Hof 13/2/39, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. März 2007, Zl. Fr-5454/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §21 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z7;
GrundversorgungsG Bund 2005;
VwRallg;
AsylG 1997 §21 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z7;
GrundversorgungsG Bund 2005;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 15. Februar 1970 geborene Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 23. Juni 1999 nach Österreich ein. Der in der Folge vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag wurde im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Juni 2000 abgewiesen und die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone festgestellt. Nachdem gegen den Beschwerdeführer auch eine Ausweisung ergangen war, stellte er am 27. Juni 2001 neuerlich einen Asylantrag, der wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Eine dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. November 2004 abgewiesen.

Bereits davor war gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24. Mai 2004 wegen seiner Mittellosigkeit ein in Rechtskraft erwachsenes Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden. Der Beschwerdeführer befand sich vom 20. Mai 2004 bis 4. Oktober 2004 und vom 4. Februar 2006 bis 27. Juli 2006 zur Sicherung seiner Abschiebung in Schubhaft. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde jedoch vom Generalkonsulat der Republik Sierra Leone mit Schreiben vom 23. Juni 2004 und vom 1. März 2006 jeweils mit der Begründung verweigert, die sierraleonische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers sei - wegen zu geringer Ortskenntnisse, Fehlens von Dokumenten und mangels Angaben des Beschwerdeführers betreffend allfälliger Verwandter oder Bekannter in Sierra Leone - nicht hinreichend bewiesen.

Der Beschwerdeführer reiste am 3. Oktober 2006 mit dem Zug von Wien in die Tschechische Republik und wies sich bei der Grenzkontrolle in Hohenau mit einem österreichischen Reisepass, lautend auf eine andere, in Freetown am 23. Juli 1984 geborene Person aus. Nachdem dem Beschwerdeführer die Ausreise gestattet worden war, wurde ihm jedoch von der tschechischen Grenzpolizei am Bahnhof Breclav nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung die Einreise verweigert und er wurde noch am selben Tag von Österreich rückübernommen. Bei der anschließenden Befragung gab der Beschwerdeführer an, das vorgelegte Reisedokument sei auf seinen Namen ausgestellt. Erst kurz vor der erkennungsdienstlichen Behandlung (etwa vier Stunden später) gestand er dann zu, dass es sich um einen fremden, angeblich am 30. September 2006 in einer Telefonzelle gefundenen Reisepass handle. Aus der in der Folge über ihn verhängten Schubhaft wurde der Beschwerdeführer am 24. Oktober 2006 wieder entlassen, nachdem das Generalkonsulat der Republik Sierra Leone neuerlich mit derselben Begründung wie bisher die Ausstellung eines Heimreisedokumentes für den Beschwerdeführer abgelehnt hatte.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 12. März 2007 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 4. Oktober 2006, mit dem gegen ihn gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 6 und 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, ab.

Dabei nahm die belangte Behörde als erwiesen an, der Beschwerdeführer habe gegenüber Organen einer österreichischen Behörde nach seiner Rückübernahme aus Tschechien durch die abermalige Legitimation mit einem fremden Ausweis unrichtige Angaben zu seiner Person gemacht, um sich durch das Vortäuschen der österreichischen Staatsbürgerschaft den Weiterverbleib in Österreich zu sichern. Dadurch habe er den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 6 FPG verwirklicht. Die Verschleierung der wahren Identität stelle eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geschaffenen Regelungen komme aber aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu.

Trotz der dem Beschwerdeführer gewährten Grundversorgung (pro Monat EUR 160,-- für Verpflegung, EUR 110,-- für Miete) gehe die belangte Behörde davon aus, dass er nicht im Besitz von ausreichenden Mitteln zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes sei. Der dem Beschwerdeführer von der Caritas - für Arbeitstätigkeiten - "innerhalb eines mehrmonatigen Zeitraums" ausbezahlte Betrag von EUR 400,-- sei aufgrund der Geringfügigkeit keineswegs geeignet, seinen Lebensbedarf zu decken. Selbst wenn der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf Grundversorgung hätte, bestätige die Gewährung von "Bundesbetreuung" geradezu seine Mittellosigkeit im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 7 FPG. Der Beschwerdeführer sei auch nicht mehr Asylwerber, weshalb ihm "die besondere Unterstützungswürdigkeit in einem Asylverfahren" fehle, welche die Aufenthaltsbeendigung nicht im Sinne des Gesetzes erscheinen ließe. Zur faktischen Unmöglichkeit der Abschiebung sei dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass er offensichtlich eine falsche Staatsangehörigkeit vorspiegle. Das ergebe sich eindeutig aus den Stellungnahmen der Vertretungsbehörde, wonach er die Staatsangehörigkeit von Sierra Leone anlässlich der mit ihm geführten Gespräche gegenüber dem Generalkonsulat nicht habe hinreichend beweisen können. Von mittellosen Personen gehe aber die Gefahr aus, dass sie sich den Unterhalt unredlich verschaffen oder einer Gebietskörperschaft finanziell zur Last fallen könnten.

Die belangte Behörde ging in der weiteren Begründung angesichts des Aufenthalts des Beschwerdeführers seit Mitte 1999 von einem durch das Aufenthaltsverbot bewirkten Eingriff in sein Privatleben aus. Mangels jeglicher familiärer Bindungen wiege das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich aber nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Das Privatinteresse des Beschwerdeführers habe daher hinter dem genannten öffentlichen Interesse zurückzutreten.

Abschließend verwies die belangte Behörde hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes darauf, dass es für jenen Zeitraum zu erlassen sei, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise die Voraussetzungen für seine Erlassung weggefallen seien. Im vorliegenden Fall könne vor Ablauf der für das Aufenthaltsverbot festgesetzten Frist von zehn Jahren nicht erwartet werden, dass die maßgeblichen Gründe wegfielen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Nach § 60 Abs. 2 FPG hat (unter anderem) als bestimmte, die erwähnte Gefährdungsprognose rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen (Z 6) oder wenn ein Fremder - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 7).

In der Beschwerde wird zunächst die von der belangten Behörde angenommene Verwirklichung des erwähnten Tatbestandes der Z 6 bestritten. Der Beschwerdeführer habe sich zwar nach seiner Rückführung durch die tschechische Grenzpolizei im Rahmen der Vernehmung durch österreichische Grenzkontrollorgane mit einem fremden Reisepass ausgewiesen. Das sei aber nicht zu dem Zweck erfolgt, sich die Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung für das österreichische Bundesgebiet zu verschaffen. Es fehle somit am zweiten wesentlichen Tatbestandselement.

Bei diesen Ausführungen wird nicht ausreichend darauf Bedacht genommen, dass es sich um einen österreichischen Reisepass und um die Identitätsüberprüfung durch Grenzkontrollorgane gehandelt hat. Die Situation ist daher - anders als der Beschwerdeführer meint - nicht mit einer Personenkontrolle im Inland, bei der irgendein fremder Ausweis vorgezeigt wird, vergleichbar. In Bezug auf das in der Beschwerde angesprochene Tatbestandselement ist nämlich in der vorliegenden Konstellation zu beachten, dass die erfolgreiche Vortäuschung einer österreichischen Staatsbürgerschaft schon per se die "Verschaffung einer Aufenthaltsberechtigung" im Sinne der zitierten Bestimmung bewirkt. Dass die Absicht des Beschwerdeführers auch darauf gerichtet war, hat die belangte Behörde aber mit einer - vom Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehenden - im Ergebnis nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung angenommen. Auszugehen ist nämlich davon, dass für den Beschwerdeführer aufgrund des beendeten Asylverfahrens und des gültigen Aufenthaltsverbotes seit mehreren Jahren die Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes bestand und ihm bei Offenlegung seiner Personalien ein neuerlicher Versuch der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat nach Anhaltung in Schubhaft drohte. Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde sehr wohl aus dem Vortäuschen einer unrichtigen Identität als österreichischer Staatsbürger den Schluss ziehen, diese falschen Angaben des Beschwerdeführers hätten den Zweck gehabt, dass er als Österreicher unbehelligt im Bundesgebiet Aufenthalt nehmen dürfe. Demzufolge ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe hierdurch den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 6 FPG verwirklicht.

In der Beschwerde wird auch die behördliche Annahme bestritten, der Beschwerdeführer sei im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 7 FPG mittellos. Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass seine Abschiebung "rechtlich und faktisch" unmöglich sei. Er sei daher "schutzbedürftig" und habe Anspruch auf Grundversorgung, die ihm auch tatsächlich gewährt werde. Im Ergebnis sei der Unterhalt des Beschwerdeführers durch Unterkunft, Verpflegung und Taschengeld sichergestellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch die Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2006/18/0215).

Diesen Nachweis hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht, weil er (auch in der Beschwerde) nicht aufzeigt, in welchen Zeiträumen und in welchem Umfang er mit eigenen Einkünften rechnen könne und inwieweit diese gesichert seien. Insbesondere wird der Einschätzung der belangten Behörde, die Zahlungen aus Tätigkeiten für die Caritas seien nur geringfügig und zur Unterhaltssicherung unzureichend, nicht entgegengetreten. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Einwand, der Beschwerdeführer habe wegen der Unmöglichkeit seiner Abschiebung Anspruch auf Grundversorgung, vermag aber die behördliche Annahme der Mittellosigkeit im Sinn des § 60 Abs. 2 Z 7 FPG nicht zu entkräften. Der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, bestätigt nämlich geradezu die Beurteilung, der genannte Tatbestand sei erfüllt (vgl. das zum inhaltsgleichen § 36 Abs. 2 Z 7 Fremdengesetz 1997 ergangene hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0083, Punkt 1. der Entscheidungsgründe; siehe daran anschließend etwa auch das Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/18/0176, Punkt II.1.3. der Entscheidungsgründe).

In dem genannten Erkenntnis Zl. 2004/21/0083 hat der Verwaltungsgerichtshof unter Punkt 2. seiner Begründung näher dargetan, dass dem Gesetzgeber, der durch die Gewährung von Bundesbetreuung die Förderungswürdigkeit bestimmter Asylwerber während des Asylverfahrens anerkannt hat, nicht unterstellt werden könne, er hätte gleichzeitig die sofortige Beendigung von deren Aufenthalt als im Interesse der öffentlichen Ordnung geboten angeordnet. Davon ausgehend kam der Verwaltungsgerichtshof für die Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1997 zu dem Ergebnis, es könne nicht als rechtmäßig angesehen werden, wenn die Fremdenpolizeibehörde von ihrer Ermächtigung zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen Mittellosigkeit gegen einen - zu ergänzen: nicht ohnehin von der Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 erfassten - Asylwerber Gebrauch mache, dem andererseits mit Hilfe der Bundesbetreuung eine Grundversorgung in Österreich ermöglicht werde. In diesem Fall sei - so nicht andere Gründe als die Mittellosigkeit des Asylwerbers für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprächen - die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht als im Sinn des Gesetzes gelegen zu werten.

Diese Überlegungen lassen sich entgegen der Meinung in der Beschwerde aber nicht auf jene Fremden übertragen, deren Asylverfahren bereits rechtskräftig negativ beendet ist, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen und gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahmen zulässig sind; dies gilt umso mehr, wenn ihnen - wie dem Beschwerdeführer - bereits eine Ausreiseverpflichtung auferlegt wurde. In Bezug auf die Frage der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes wegen Mittellosigkeit unterscheidet sich diese Situation nämlich nicht von der eines anderen unrechtmäßig aufhältigen Fremden, dem von der öffentlichen Hand Unterstützungsleistungen (wie etwa Sozialhilfe) gewährt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung kommt daher dem vormals durchgeführten Asylverfahren und der Art der Unterstützungsleistung in Form der Grundversorgung keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. in diesem Sinn bereits Punkt III.2.2. der Entscheidungsgründe des schon erwähnten Erkenntnisses vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/18/0176, und daran anschließend das Erkenntnis vom 5. September 2006, Zl. 2005/18/0659).

In den weiteren Ausführungen wendet sich die Beschwerde gegen die Gefährdungsprognose iSd § 60 Abs. 1 FPG und meint, der Beschwerdeführer habe seit seiner Einreise 1999 kein die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdendes Verhalten gezeigt, obwohl er sich seit etwa acht Jahren unter "mittellosen Verhältnissen" im Bundesgebiet aufhalte. Auch die Verwendung eines fremden Reisepasses im Herbst 2006 könne daran nichts ändern, "zumal diesbezüglich die Unschuldsvermutung bis zur rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung gilt". Der von der belangten Behörde gezogene Schluss, dass die Mittellosigkeit zur Setzung unredlicher (strafbarer) Handlungen führen könnte, sei schon deshalb unzutreffend, weil der Beschwerdeführer grundversorgt werde.

Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde in Bezug auf die Verwendung eines fremden Reisepasses nicht auf die Verwirklichung eines gerichtlichen Straftatbestandes, sondern auf die eine Gefährdung im Sinne des § 60 Abs. 1 FPG indizierende Verwirklichung des Tatbestandes der Z 6 des § 60 Abs. 2 FPG abgestellt hat. Die diesbezüglichen Sachverhaltsannahmen sind aber unbestritten. Es bedarf auch keiner weiteren Erörterung, dass sich aus diesem fremdenrechtlich verpönten Verhalten die Gefahr eines neuerlichen Zuwiderhandelns gegen die Fremdenrechtsordnung ableiten lässt. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer seinerzeit illegal nach Österreich gekommen war, ohne dass dies - wie die erfolglos gebliebenen Asylanträge zeigen - durch Asyl- oder Refoulementgründe gerechtfertigt gewesen wäre. Überdies ist der Beschwerdeführer auch nach Beendigung seiner Asylverfahren seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Soweit der Beschwerdeführer aber die Annahme der belangten Behörde, er komme tatsächlich gar nicht aus Sierra Leone, bestreitet, legt er nicht dar, aus welchen Gründen es ihm dann bisher nicht gelungen ist, das Generalkonsulat der Republik Sierra Leone von seiner Herkunft aus diesem Land zu überzeugen, und was er diesbezüglich von sich aus unternommen hat. Zusammenfassend lässt sich daher keineswegs sagen, der Beschwerdeführer habe sich in Bezug auf die Fremdenrechtsordnung wohlverhalten; vielmehr sind dem seit (zumindest) Ende 2004 unrechtmäßig aufhältigen Beschwerdeführer - wie aufgezeigt - diesbezüglich in mehrfacher Hinsicht eine entsprechende Gefährdungsprognose rechtfertigende Zuwiderhandlungen anzulasten. In Bezug auf die Mittellosigkeit genügt es darauf zu verweisen, dass sich die Gefahr der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft durch die Inanspruchnahme der Leistungen aus der Grundversorgung bereits verwirklicht hat. Das rechtfertigte jedenfalls bereits eine auf die Mittellosigkeit gestützte Prognosebeurteilung iSd § 60 Abs. 1 FPG, ohne dass es darüber hinaus noch konkreter Anhaltspunkte für das Bestehen der Gefahr einer illegalen Mittelbeschaffung bedurft hätte.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Ausweisung darf nach § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen. Gemäß § 60 Abs. 6 FPG gilt das sinngemäß auch für Aufenthaltsverbote.

Bei dieser Interessenabwägung hat die belangte Behörde ausreichend auf den relativ langen Aufenthalt des unbescholtenen Beschwerdeführers in Österreich Bedacht genommen und zu Recht einen durch das Aufenthaltsverbot bewirkten Eingriff in sein Privatleben angenommen. Sie hat aber auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Bindungen verfügt. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, der Beschwerdeführer hätte seinen bisherigen Aufenthalt für eine nachhaltige soziale Integration, insbesondere zur Etablierung am Arbeitsmarkt, genützt. Es trifft aber auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0311). Gleiches gilt für das öffentliche Interesse an der Vermeidung von finanziellen Belastungen von Gebietskörperschaften. Angesichts dessen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht höher bewertete als die genannten öffentlichen Interessen an seiner Aufenthaltsbeendigung. Im Ergebnis ist daher weder die Folgerung der belangten Behörde, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten, noch die nach § 66 Abs. 2 FPG vorgenommene Abwägung zu beanstanden.

Schließlich zeigt die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt des Ermessens keine Gründe auf, wonach dessen Ausübung durch die Behörde nicht dem Gesetz entsprochen hätte.

Aber auch die mit zehn Jahren festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, aus welchen Gründen - entgegen der Meinung der belangten Behörde - zu einem früheren Zeitpunkt mit dem Wegfall der Voraussetzungen für seine Erlassung zu rechnen wäre, zumal hier immerhin zwei Aufenthaltsverbotstatbestände verwirklicht sind.

Soweit in der Beschwerde noch Begründungsmängel geltend gemacht werden, ergibt sich deren Nichtvorliegen schon aus den obigen Ausführungen. In der Beschwerde gerügten Verfahrensmängeln (behauptete Verletzung der Manuduktionspflicht in Bezug auf Belege betreffend die Grundversorgung) fehlt die Relevanz. Gleiches gilt schließlich für die angebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 23. Oktober 2008

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