VwGH 2007/12/0138

VwGH2007/12/013813.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der Dr. S O in W, vertreten durch Onz - Onz - Kraemmer - Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 2. Juli 2007, Zl. BMUKK-5721.040961/0004-III/5/2007, betreffend amtswegige Wiederaufnahme der Anerkennung einer Lehramtsprüfung nach § 4a BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs3;
BDG 1979 §4a Abs1 idF 1995/043;
BDG 1979 §4a Abs2 idF 1994/389;
BDG 1979 §4a Abs3 idF 2003/I/130;
BDG 1979 §4a Abs4 idF 2003/I/130;
AVG §37;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs3;
BDG 1979 §4a Abs1 idF 1995/043;
BDG 1979 §4a Abs2 idF 1994/389;
BDG 1979 §4a Abs3 idF 2003/I/130;
BDG 1979 §4a Abs4 idF 2003/I/130;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Die 1961 geborene Beschwerdeführerin ist deutsche Staatsangehörige und lebt seit 1992 in Österreich.

1987 hat sie vor dem Landeslehrerprüfungsamt im Ministerium für Kultus und Sport des Landes Baden-Württemberg die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien für die Fächer Chemie und Biologie abgelegt; darüber wurde ihr ein Zeugnis vom 12. Juni 1987 ausgestellt. Die praktische Ausbildung (den sogenannten Vorbereitungsdienst) hat die Beschwerdeführerin hingegen nicht absolviert. Ferner hat sie an der Universität Konstanz Chemie und Biologie studiert, im Jahr 1991 wurde ihr der akademische Grad "Doktor der Naturwissenschaften" verliehen. Nach ihrer Übersiedlung war die Beschwerdeführerin - soweit den Verwaltungsakten und ihrem Vorbringen zu entnehmen ist - in Österreich als Ingenieurkonsulentin tätig.

Mit schriftlicher Eingabe vom 1. Februar 2007 (durch Ausfüllen eines diesbezüglichen Formulares) bewarb sich die Beschwerdeführerin beim Stadtschulrat für Wien um die Aufnahme als Lehrerin für Chemie und Biologie an einer allgemeinbildenden höheren Schule (ohne jedoch eine konkrete Schule zu nennen). Diesem Ansuchen legte sie ihre Zeugnisse über die in Deutschland absolvierte Ausbildung bei, darunter auch das Zeugnis über die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. In diesem Zeugnis werden die absolvierten Prüfungen sowie die dabei erreichten Noten angeführt und abschließend ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin "damit in diesen Fächern die wissenschaftliche Befähigung für den Unterricht auf allen Stufen der Gymnasien nachgewiesen" habe.

Mit Schreiben vom selben Tag übermittelte der Stadtschulrat für Wien diese Zeugnisse an die belangte Behörde mit dem Ersuchen um Überprüfung, ob die Beschwerdeführerin berechtigt ist, an einer AHS die Unterrichtsgegenstände Chemie und Biologie zu unterrichten.

Mit Bescheid vom 1. März 2007 sprach die belangte Behörde die Anerkennung des Lehramtszeugnisses aus dem Jahr 1987 nach § 4a Abs. 4 BDG 1979 aus; den Verwaltungsakten ist nicht zu entnehmen, dass vor Erlassung dieses Bescheides ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden wäre, die belangte Behörde hat die Durchführung eines solchen auch nicht vorgebracht. Der genannte Bescheid lautet auszugsweise:

"BESCHEID

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur entscheidet über Ihren Antrag gemäß § 4a Absatz 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979, in der derzeit geltenden Fassung, wie folgt:

SPRUCH

Ihr am Landeslehrerprüfungsamt Baden-Württemberg (Deutschland) am 12. Juni 1987 erworbenes Diplom (Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien) in den Fächern 'Chemie' und 'Biologie' wird gemäß § 4a Absatz 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979, in der derzeit geltenden Fassung, als Ausbildung, die den Zugang zum Lehrberuf vermittelt und dem Beruf eines Lehrers im österreichischen öffentlichen Schuldienst entspricht, anerkannt.

BEGRÜNDUNG

Sie haben sich um die Stelle eines Lehrers im Bereich des Stadtschulrates für Wien beworben und die Zeugnisse der Universität Konstanz und des Landeslehrerprüfungsamtes Baden-Württemberg (Deutschland) zwecks Anerkennung vorgelegt.

Ihr nach Absolvierung des Studiums an der Universität Konstanz und der Wissenschaftlichen Prüfung (12. Juni 1987) am Landeslehrerprüfungsamt Baden-Württemberg (Deutschland) in den Fächern 'Chemie' und 'Biologie' erworbenes Diplom kann mit einem Lehramts-Diplomstudium aus den Unterrichtsgegenständen 'Chemie' und 'Biologie und Umweltkunde' (Mag.rer.nat.) für mittlere und höhere Schulen in Österreich verglichen werden, sodass die spruchgemäße Anerkennung vorzunehmen war.

..."

Auf Grund eines Hinweises der Beschwerdeführerin nach Ausfolgung dieses Bescheides leitete die zuständige Fachabteilung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur nachträglich ein Ermittlungsverfahren ein, in dem Stellungnahmen anderer Fachabteilungen desselben Bundesministeriums sowie des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung eingeholt wurden und eine E-mail-Anfrage an das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg betreffend die Lehrbefähigung der Beschwerdeführerin in Deutschland für Gymnasien gestellt wurde. In einer formlosen E-mail einer Mitarbeiterin des genannten Ministeriums vom 9. Mai 2007 wurde mitgeteilt, die Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien umfasse in Baden-Württemberg (und etwa ähnlich in ganz Deutschland) ein wissenschaftliches Studium an einer Universität im Umfang von ca. 5 Jahren und einen 1,5 bis 2jährigen Vorbereitungsdienst. Am Ende des Studiums stehe die

  1. 1. Staatsprüfung, am Ende des Vorbereitungsdienstes die
  2. 2. Staatsprüfung. Erst letztere berechtige dazu, sich um die Einstellung in den Staatsdienst zu bewerben. Die Beschwerdeführerin habe offensichtlich nur Studium und

    1. Staatsprüfung absolviert. Ihr fehle nach hiesigem Maßstab die pädagogische, fachdidaktische und schulpraktische Ausbildung. Die wissenschaftliche Ausbildung in den Fächern sei abgeschlossen.

Parallel zu diesem Ermittlungsverfahren fand ein Schriftverkehr zwischen dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde statt; in einem Schreiben vom 1. Juli 2007 führte der Rechtsvertreter aus, die Beschwerdeführerin habe keinen Antrag auf Anerkennung ihres Diploms gestellt. Sie habe sich trotz der überschießenden Fassung des Anerkennungsbescheides weiterhin um die Zulassung zum österreichischen Unterrichtspraktikum bemüht. In verschiedenen - im genannten Schreiben referierten - Gesprächen der Beschwerdeführerin mit dem zuständigen Referenten sei ihr die Zulassung zum Lehramt auch ohne Absolvierung des Unterrichtspraktikums in Aussicht gestellt worden. Da diesbezüglich noch keine Erledigung ergangen sei, stellte der Beschwerdevertreter verschiedene Anfragen betreffend die Zulassung zum Unterrichtspraktikum und zu gemeinschaftsrechtlichen Fragen der Diplomanerkennung. In einem (nach Abfertigung des angefochtenen Bescheides verfassten) Antwortschreiben vom 24. Juli 2007 wird ausgeführt, dass "nachfolgende Ermittlungen" (gemeint: nach Erlassung des Bescheides über die Diplomanerkennung) ergeben hätten, dass die Lehrerausbildung der Beschwerdeführerin in Deutschland nicht abgeschlossen sei. Die Diplomanerkennung nach § 4a BDG 1979 setze jedoch eine abgeschlossene Ausbildung voraus. Über die Zulassung zum Unterrichtspraktikum sei in einem gesonderten Verfahren vom Stadtschulrat zu entscheiden, wobei Voraussetzung dafür die Absolvierung bestimmter näher genannter inländischer Hochschulabschlüsse sei.

Der angefochtene Bescheid vom 2. Juli 2007 verfügt in seinem Spruchpunkt 1.) die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Diplomanerkennung betreffend des 1987 von der Beschwerdeführerin erworbenen Zeugnisses; mit Spruchpunkt 2.) wird der Antrag der Beschwerdeführerin (im Rahmen ihrer Bewerbung vom 1. Februar 2007) auf Anerkennung ihres in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Zeugnisses über die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern "Chemie" und "Biologie" abgewiesen. In der Begründung wird das Verwaltungsgeschehen dargestellt und insbesondere auf die per E-mail erteilte Auskunft des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg hingewiesen. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften wird Folgendes ausgeführt:

"Im Sinne der Richtlinie 89/48/EWG sind, nach einem absolvierten, mindestens dreijährigen Hochschulstudium (und allfälligen Zusatzausbildungen) erworbene Diplome, die den Berufszugang ('final product') im Herkunfts- bzw. Ausbildungsstaat vermitteln, im Aufnahmestaat, unter Auferlegung allfälliger Ausgleichsmaßnahmen, anzuerkennen.

Aufgrund der derzeit absolvierten Prüfungen bzw. erworbenen Ausbildung liegt, wie oben beschrieben eruiert werden konnte, derzeit keine Lehrbefähigung in der Bundesrepublik Deutschland für das Lehramt an Gymnasien (welches die Absolvierung der 1. und 2. Staatsprüfung erfordert) in den Fächern 'Chemie' und 'Biologie' vor und es sind somit die Voraussetzungen zu einer Anerkennung gemäß § 4a Absatz 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz aufgrund der Richtlinie 89/48/EWG nicht gegeben.

Diese Tatsache wurde dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur erst nach Erlassung des Anerkennungsbescheides bekannt, sodass gemäß § 69 AVG vorzugehen war."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin die Verletzung in ihrem Recht auf Unterbleiben der Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens sowie hilfsweise in ihrem Recht auf Anerkennung eines in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Hochschuldiploms geltend macht und dem angefochtenen Bescheid sowohl Rechtswidrigkeit seines Inhaltes wie auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorwirft.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt sowie eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat dazu unaufgefordert eine weitere Stellungnahme abgegeben.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.1. Zur Rechtslage:

§ 69 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (AVG), lautet (Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 158/1998):

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem."

§ 4a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), lautet (eingefügt durch BGBl. Nr. 389/1994; Abs. 1 idF BGBl. Nr. 43/1995, Abs. 2 idF BGBl. Nr. 389/1994; Abs. 3 und Abs. 4 idF BGBl. I Nr. 130/2003):

"Diplomanerkennung

§ 4a. (1) Für Inländer und für sonstige Personen mit der Staatsangehörigkeit eines Landes, dessen Angehörigen Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im Rahmen der europäischen Integration dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie Inländern, gelten hinsichtlich der besonderen Ernennungserfordernisse ergänzend die Abs. 2 bis 5.

(2) Personen mit einem Diplom, das zum unmittelbaren Zugang zu einem Beruf im öffentlichen Dienst des Herkunftslandes berechtigt, erfüllen die entsprechenden besonderen Ernennungserfordernisse für eine Verwendung, die diesem Beruf im wesentlichen entspricht, wenn

  1. 1. diese Entsprechung gemäß Abs. 4 festgestellt worden ist und
    1. 2. a) eine Anerkennung gemäß Abs. 4 ohne Festlegung zusätzlicher Erfordernisse ausgesprochen worden ist oder

      b) die in der Anerkennung gemäß Abs. 4 festgelegten zusätzlichen Erfordernisse erbracht worden sind.

(3) Diplome nach Abs. 2 sind

1. Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise gemäß Art. 1 Buchstabe a der Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (89/48/EWG, ABl. Nr. L 19/1989, S 16, in der Fassung der Richtlinie 2001/19/EG , ABl. Nr. L 206/2001, S 1),

2. Diplome, Prüfungszeugnisse oder Befähigungsnachweise gemäß Art. 1 Buchstabe a bis c der Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (92/51/EWG, ABl. Nr. L 209/1992, S 25, in der Fassung der Richtlinie 2001/19/EG , ABl. Nr. L 206/2001, S 1) und

3. Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise gemäß Art. 9 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, ABl. Nr. L 114/2002, S 6, BGBl. III Nr. 133/2002.

(4) Der Leiter der Zentralstelle hat auf Antrag eines inländischen Bewerbers oder auf Antrag eines anderen Bewerbers gemäß Abs. 1 um eine Inländern nicht vorbehaltene Verwendung im Einzelfall zu entscheiden,

1. ob ein im Abs. 2 genannter Beruf im öffentlichen Dienst des Herkunftslandes der angestrebten Verwendung im wesentlichen entspricht und

2. ob, in welcher Weise und in welchem Umfang es die Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Verwendung verlangt, für die Anerkennung zusätzliche Erfordernisse gemäß Art. 4 der im Abs. 3 Z 1 genannten Richtlinie oder gemäß Art. 4, 5 oder 7 der im Abs. 3 Z 2 genannten Richtlinie festzulegen.

(5) Auf das Verfahren gemäß Abs. 4 ist das AVG anzuwenden. Der Bescheid ist abweichend von § 73 Abs. 1 AVG spätestens vier Monate nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen des Betreffenden zu erlassen."

Nach § 285 BDG 1979 sind - soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist - Bundesgesetze, auf die im BDG 1979 verwiesen wird, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Punkt 23 der Anlage 1 zum BDG 1979 regelt die Ernennungsvoraussetzungen für Lehrer der Verwendungsgruppe L1 (an mittleren und höheren Schulen, soweit sie nicht in den folgenden Verwendungen erfasst werden). Erfordernis ist für diese Personengruppe nach Abs. 1 der gleichnamigen Spalte dieser Bestimmung (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 176/2004) eine den Unterrichtsgegenständen entsprechende abgeschlossene Universitätsausbildung (Lehramt) durch den Erwerb eines Diplomgrades in zwei Unterrichtsfächern gemäß § 87 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 bzw. § 66 Abs. 1 UniStG. Nach Abs. 7 der genannten Bestimmung ist für Lehrer der allgemeinbildenden Unterrichtsgegenstände an mittleren und höheren Schulen zusätzlich die erfolgreiche Absolvierung des Unterrichtspraktikums nach den Bestimmungen des Unterrichtspraktikumsgesetzes, BGBl. Nr. 145/1988, erforderlich.

Nach § 40 Abs. 2 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86 (VBG) idF BGBl. Nr. 389/1994 (zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 165/2005), gelten die im § 4a, im § 202 BDG 1979 und in der Anlage 1 zum BDG 1979 sowie in den hiezu ergangenen Übergangsbestimmungen über die Ernennungserfordernisse für Lehrer als Bestimmungen über die Einreihung in die Entlohnungsgruppen lpa (ab 1. Oktober 2007 Dph), l1, l2 und l3. Hiebei entspricht u.a. die Verwendungsgruppe L1 der Entlohnungsgruppe l1.

II.2. Vorab ist festzuhalten, dass die belangte Behörde - ohne Rücksicht darauf, ob eine Anstellung in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis nach dem BDG 1979 oder in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis nach dem VBG angestrebt wird - nach § 4a Abs. 4 BDG 1979 jedenfalls zur Entscheidung über eine Diplomanerkennung zuständig ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 99/12/0229 = VwSlg. 15.994/A, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die belangte Behörde ist daher auch nach § 4a Abs. 4 BDG 1979 iVm § 69 Abs. 4 AVG zur Entscheidung über die Wiederaufnahme eines diesbezüglichen Verfahrens zuständig.

Die vorliegende Beschwerde macht geltend, dass die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme nicht vorliegen. Mit diesem Vorbringen ist sie im Recht:

Die Voraussetzungen, unter denen die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftigen Bescheid abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens zulässig ist, sind in § 69 Abs. 1 AVG geregelt; dass die Tatbestände der Z. 1 bzw. der Z. 3 dieser Bestimmung erfüllt wären, hat die belangte Behörde nicht vorgebracht, auch dem vorliegenden Verwaltungsakt sind dafür keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Der angefochtene Bescheid selbst stützt sich ausschließlich auf den Wiederaufnahmstatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 3 AVG.

Voraussetzung für eine Wiederaufnahme ist nach dieser Bestimmung das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel, d. h. solcher, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im wiederaufzunehmenden Verfahren bereits vorlagen, jedoch nicht berücksichtigt wurden (vgl. die Nachweise zur ständigen Rechtsprechung bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, 1998, S. 1491 ff).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die amtswegige Wiederaufnahme eines durch Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ferner voraus, dass die Behörde am Unterbleiben der Berücksichtigung des neu hervorgekommenen Beweismittels bzw. der neu hervorgekommenen Tatsache kein Verschulden trifft (vgl. grundlegend das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1949, Zl. 528/48 = VwSlg. 827/A, sowie die weiteren Nachweise zur Rechtsprechung bei Walter/Thienel, aaO, S. 1514 ff). Die amtswegige Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ist daher ausgeschlossen, wenn die Behörde die neue Tatsache bzw. das neue Beweismittel bereits im durchgeführten Verfahren hätte erheben bzw. aufnehmen können. Bei dem auch bei der amtswegigen Wiederaufnahme beachtlichen Verschulden im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG handelt es sich um Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB. Ein solches Verschulden kann in einem Verfahrensmangel gelegen sein, der zur Folge hatte, dass die erst nachträglich hervorgekommene Tatsache nicht schon im abgeschlossenen Verfahren verwertet werden konnte (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2004, Zl. 2002/01/0458, und vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0011). Im Ermittlungsverfahren unterlaufene Fehler schließen die Annahme einer unverschuldeten Unkenntnis einer Tatsache auf Seiten der Behörde und damit die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter Berufung auf § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, Zl. 94/08/0290).

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde auf Grund der Bewerbung der Beschwerdeführerin vom 1. Februar 2007 um die Anstellung als Lehrerin an einer allgemeinbildenden höheren Schule vom Vorliegen eines Antrages auf Diplomanerkennung im Sinne des § 4a Abs. 4 BDG 1979 ausgegangen. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Annahme der belangten Behörde zutraf; ausgehend von dieser Deutung des Anbringens der Beschwerdeführerin hätte die belangte Behörde jedoch vor dem Ausspruch über die Diplomanerkennung gemäß § 37 iVm § 39 AVG von Amts wegen den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermitteln müssen; wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 99/12/0229 = VwSlg. 15.994/A, ausgesprochen hat, wären somit in einem Verfahren zur Diplomanerkennung nach § 4a Abs. 4 BDG 1979 Feststellungen darüber zu treffen gewesen, welches Maß an Kenntnissen und Fähigkeiten die Beschwerdeführerin nach der Art und der Dauer ihrer Ausbildung erlangt hat, an welchen Schultypen (Formen) sie auf Grund dieser Ausbildung in Deutschland im öffentlichen Dienst unterrichten darf, und wie sich dies zu der angestrebten Verwendung in Österreich verhält und ob nicht allfällige Ausbildungsdefizite (im Rahmen der durch die in § 4a BDG 1979 genannten Richtlinien vorgegebenen Grenzen) ausgeglichen werden können. In diesem Zusammenhang wären insbesondere auch Feststellungen über den Inhalt der einschlägigen ausländischen (deutschen) Rechtsvorschriften zu treffen gewesen; wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, ist auch der Inhalt fremden Rechts Gegenstand des erforderlichen Ermittlungsverfahrens (vgl. die Nachweise der Rechtsprechung bei Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, 2005, Rz 3 zu § 37). Der Bescheid vom 1. März 2007 über die Anerkennung des Zeugnisses der Beschwerdeführerin über ihre Lehramtsprüfung aus dem Jahr 1987 wurde jedoch ohne jegliches weitere Ermittlungsverfahren allein auf Grund der von ihr vorgelegten Unterlagen erlassen.

Angesichts des Fehlens jeglichen Ermittlungsverfahrens vor Erlassung dieses Anerkennungsbescheides liegen jedoch die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme des Anerkennungsverfahrens nach § 69 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 3 AVG nicht vor:

Die im angefochtenen Bescheid angeführte E-mail-Auskunft des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport vom 9. Mai 2007 sowie die darin genannten Auskünfte anderer Fachabteilungen und Bundesministerien sind Beweismittel, die erst nach Erlassung des rechtskräftigen Anerkennungsbescheides geschaffen wurden und daher eine Wiederaufnahme keinesfalls rechtfertigen können.

Soweit sich die belangte Behörde auf den Umstand beruft, dass die Beschwerdeführerin - nach Annahme der belangten Behörde - in Deutschland nicht zur Berufsausübung befugt ist, liegt darin eine Tatsache, die schon vor Erlassung des Anerkennungsbescheides vorlag und deren späteres Hervorkommen daher - wenn sie zutrifft - eine Wiederaufnahme rechtfertigen könnte. Ob diese Auffassung der belangten Behörde über die Berufsbefugnis der Beschwerdeführerin in Deutschland zutrifft, kann jedoch dahingestellt bleiben: Es ist nämlich kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass es der belangten Behörde unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, schon vor Erlassung des Anerkennungsbescheides Erhebungen zu den entscheidungswesentlichen Umständen durchzuführen, wie sie sie nachträglich begonnen hat (vgl. dazu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0048). Dass die von der belangten Behörde als Grund für die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Anerkennungsverfahrens und die Abweisung des (nach ihrer Annahme vorliegenden) Anerkennungsantrages ins Treffen geführten Umstände nicht schon bei Erlassung des Anerkennungsbescheides berücksichtigt wurden, ist allein auf den Umstand zurückzuführen, dass sie ausschließlich auf Grund der ihr vorliegenden Unterlagen entschieden hat und es entgegen § 37 iVm § 39 AVG unterlassen hat, vor ihrer Entscheidung die ihr möglichen und zumutbaren Ermittlungen darüber anzustellen, ob die gesetzlich geforderten Tatbestandsvoraussetzungen für die Anerkennung des Prüfungszeugnisses der Beschwerdeführerin tatsächlich vorlagen.

Schon allein aus diesem Grund lagen die Voraussetzungen für die mit Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Bescheides verfügte Wiederaufnahme des Diplomanerkennungsverfahrens nicht vor. Da mit der Aufhebung des Ausspruches über die Wiederaufnahme auch die Grundlage für die neuerliche Sachentscheidung in Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides wegfällt, ist auch dieser mit Rechtswidrigkeit belastet. Daher braucht auf weitere inhaltliche Mängel des angefochtenen Bescheides sowie die dem Wiederaufnahmeverfahren anzulastenden Verfahrensverletzungen ebenso wenig eingegangen zu werden, wie auf das weiter gehende Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Zulassung zum Unterrichtspraktikum.

Aus den genannten Gründen war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zur Gänze aufzuheben.

III. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere auf deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 13. März 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte