VwGH 2007/07/0126

VwGH2007/07/012626.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach J S, vertreten durch M in B, vertreten durch Dr. Peter H. Jandl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. Juni 2007, Zl. WA1-W-42399/001-2006, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei:

Marktmühle E KG in P, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Florianigasse 5), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs3;
WRG 1959 §38;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs3;
WRG 1959 §38;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft H. (BH) die wasserrechtliche Bewilligung zur Befestigung des Unterwerkskanals oberhalb der Brücke zum Bauhof mit betonierter Sohle und mit betonierten Uferstützmauern sowie die Überplattung des Unterwerkskanals oberhalb der Brücke auf einer Länge von im Mittel 9 m auf dem (in ihrem Eigentum stehenden) Grundstück Nr. 294, KG G.

Aufgrund einer für 22. August 2005 angesetzten mündlichen Verhandlung erhob der Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei mit Schriftsatz vom 18. August 2005 Einspruch gegen die beantragten Baumaßnahmen und führte u.a. aus, dass diese seine Rechte als Grundeigentümer beeinträchtigen würden, indem entgegen seinem Willen Teile seiner Liegenschaft beansprucht würden. Der Grenzverlauf zwischen der EZ 1203 (der mitbeteiligten Partei) und der EZ 42 (des Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei) sei eine spruchentscheidende Vorfrage. Lege man die wasserrechtlichen Konsenspläne aus dem Jahre 1978 als Urkunde für den Grenzverlauf zugrunde, dann würden wesentliche Teile der linksufrig beantragten Baulichkeiten und Anschüttungen jedenfalls auf der Liegenschaft des Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei herzustellen sein, wozu er keinesfalls die Zustimmung erteile.

Aufgrund der Einwendungen des Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei, der jedoch an der Verhandlung nicht teilnahm, wurde vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagen, u.a. folgende Auflage in den Bewilligungsbescheid aufzunehmen:

"Die linke Stützmauer ist auf Eigengrund an das linke Widerlager der Brücke unter Einlegung eines elastischen Fugenbandes anzuschließen. In diesem Bereich ist 2 m über der Werkskanalsohle eine Entwässerungsöffnung mit mindestens 0,03 m2 Größe vorzuschreiben."

Im Zuge des Parteiengehörs zum Verhandlungsprotokoll gab der Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei eine weitere Stellungnahme mit Schriftsatz vom 14. September 2005 ab, in der er u. a. darauf hinwies, dass es unterlassen wurde festzustellen, wo die Grundgrenze verlaufe. In den Antragsplänen sei die Grundgrenze zwischen den Grundstücken der EZ 42 und EZ 1203 nicht eingetragen. Die Behörde könne daher nicht die spruchentscheidende Frage lösen, ob alle Grundeigentümer, auf deren Liegenschaft Baumaßnahmen ausgeführt würden, dem Antrag zustimmten. Als Eigentümer der linken Uferböschung verweigere der Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei jeglicher Veränderung auf seinem Grund die Zustimmung. Als Beweis seines Eigentümerstatus verweise er auf den zur Errichtung der EZ 1203, KG G., geschlossenen Kaufvertrag, der im Grundbuch H. erliege. Der Erstbesitzer von EZ 1203 habe den Gewässerrand im Unterwasserkanal unwidersprochen als Grenzverlauf anerkannt. Es habe somit zwischen dem Verkäufer (= Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei) und dem Käufer Konsens bestanden, dass unabhängig von einem bestimmten Ausmaß der von EZ 42, KG G., abzutrennenden und zu verkaufenden Liegenschaft der beabsichtigte Grenzverlauf durch den linken Wasserrand des Unterwerkskanals gebildet werde.

Der Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei ist noch vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides verstorben.

Mit Bescheid der BH der vom 14. September 2006 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Befestigung des Unterwerkskanals oberhalb der Brücke zum Bauhof mit betonierter Sohle und mit betonierten Uferstützmauern sowie die Überplattung des Unterwerkskanals oberhalb der Brücke auf einer Länge von im Mittel 9 m auf dem Grundstück Nr. 294, KG G., nach Maßgabe der im Abschnitt A) enthaltenen Projektsumschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B) angeführten Auflagen und Bedingungen gemäß § 38 WRG 1959 erteilt.

Unter Spruchpunkt B 1 wurde folgende Auflage vorgeschrieben:

"1. Die linke Stützmauer ist auf Eigengrund an das linke Widerlager der Brücke

unter Einlegung eines elastischen Fugenbandes anzuschließen. In diesem Bereich ist 2 m über der Werkskanalsohle eine Entwässerungsöffnung mit

mindestens 0,03 m2 Größe vorzuschreiben."

Ferner wurden die Einwendungen des Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, in welcher sie u.a. vorbrachte, die antragsgegenständliche Liegenschaft EZ 1203 sei durch Abschreibung der im Eigentum der beschwerdeführenden Partei befindlichen Liegenschaft EZ 42 eröffnet worden. Gemäß Kaufvertrag sei kein bestimmtes Ausmaß vereinbart worden; es habe aber Konsens darüber bestanden, dass das linke Ufer des M-Baches (Kleinkraftwerk) die gemeinsame Grundgrenze bilden solle. Anlässlich des Hochwassers im August 2002 sei das gesamte Areal überflutet worden. Der M-Bach sei insbesondere im verfahrensgegenständlichen Bereich durch Geröll und Schlamm zugeschüttet worden. Die Ufermauern, die nach Plänen des DI H. im Jahre 1977 hergestellt und 1983 nachträglich wasserrechtlich bewilligt worden seien, seien nicht zerstört worden. Die Uferbefestigung zwischen den 1977 betonierten Uferteilen sei ebenfalls nicht zerstört worden (Beweis: Beweissicherungsfotos der Gewässeraufsicht und des DI B.). Der durch das Hochwasser verlegte M-Bach sei durch ein näher genanntes Abbruch- und Erdbewegungsunternehmen ausgebaggert worden, wobei augenscheinlich die linke Ufermauer auf weite Strecken entfernt worden sei, um den Abflussquerschnitt zu vergrößern. Bei den Ausbaggerungsarbeiten habe der Eigentümer der EZ 42 gemäß der im Kaufvertrag vereinbarten und im Lastenblatt C der EZ 42 verbücherten Servitut dem Kleinkraftwerksbetreiber auf EZ 1203 den Zutritt zum linken Ufer gewähren müssen. Im antragsgegenständlichen Teil des M-Baches sei die linke und die rechte Uferbefestigung entfernt worden und durch etwa doppelt so hohe, auf Kosten der EZ 42 den Abflussquerschnitt verbreiternde Stahlbetonwände ersetzt worden.

Die Antragspläne würden nicht den konsensgemäßen Bestand des M-Bachquerschnittes vermerken, weshalb die durch das Projekt beabsichtigten Veränderungen des Konsenses nicht beurteilbar seien. Die Antragspläne würden nicht den Verlauf der Grundgrenze zu EZ 42 darstellen, weshalb die spruchentscheidende Frage, inwieweit der "Nachbargund" (offenbar gemeint: die Liegenschaft der beschwerdeführenden Partei) von Baumaßnahmen betroffen sei, nicht beurteilbar sei. Insbesondere werde für die Errichtung eines (unmittelbar bei der Gemeindebrücke) auf das "Grst. 292/1" (gemeint wohl: Grst. Nr. 296/1 der beschwerdeführenden Partei) hineinreichenden Teils der linken Ufermauer keine Zustimmung erteilt. Die Behörde erster Instanz entschlage sich unzulässiger Weise der Verpflichtung zur Lösung der Vorfrage (betreffend den genauen Grenzverlauf) indem sie die Feststellung eines spruchentscheidenden Sachverhaltes mit der Bescheidauflage B 1) umgehe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2007 wurde die dagegen erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, aus den Projektsunterlagen gehe hervor, dass im südwestlichen Bereich des Grundstückes 294, KG G, eine Überbauung des M-Baches im Anschluss an die bestehende Brücke derart erfolgen solle, dass auf Stützwände beidseits des Gewässers eine Fertigteil-Stahlbetondecke aufgelegt werde. Die Seiten der Überbauung sollten bis zur Unterkante der Brücke aufgemauert und die Fläche mit Erdreich gefüllt sowie gärtnerisch gestaltet werden. Der Kanal solle bei Hochwasser geschlossen werden. Zweck der Baumaßnahme sei die Herstellung einer Zufahrt für die Pflege der östlichen Böschung und Uferzone des Gewässers. Von der Bauausführung seien keine fremden Rechte betroffen und die Zufahrt erfolge ausschließlich über Eigengrund (Technischer Bericht von Zivilingenieur S. vom 2. Mai 2005 samt Beilagen).

Zum Vorbringen der fehlenden Grundeigentümerzustimmung durch den Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei bzw. durch die beschwerdeführende Partei als Eigentümerin der Grundstücke zu EZ 41, insbesondere zu Grundstück Nr. 292/1, KG G., werde festgehalten, dass das beantragte Projekt lediglich die Grundstücke Nrn. 292/2, 292/3 und 294, alle KG G., alle im Eigentum der mitbeteiligten Partei, die gleichzeitig Antragstellerin sei, betreffe. Bewilligt werden könne nur das eingereichte Projekt, eine allfällige davon abweichende Ausführung auf anderen Grundstücken könne erst im Überprüfungsverfahren erfolgreich geltend gemacht werden.

Gleiches gelte für eine von der wasserrechtlichen Bewilligung abweichende Ausführung von Anlagenteilen.

Dem Einreichprojekt sei eine Kopie des vom Amtssachverständigen erstellten Vermessungsplanes vom 3. November 2004 beigelegt gewesen. Auf diesem Plan sei auch der Verlauf der Grundgrenze zur EZ 42 erkennbar. An der Richtigkeit dieses Planes werde seitens der belangten Behörde nicht gezweifelt.

Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Geländeanhebung auf der EZ 42 sei nicht Projektgegenstand und könne daher nicht erfolgreich vorgebracht werden.

Die belangte Behörde habe ihrer Entscheidung die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Ausführungen des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik zugrunde gelegt.

Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik habe in seinem in der mündlichen Verhandlung am 22. August 2005 abgegebenen Gutachten u.a. ausgeführt, dass im Hochwasserfall über den gegenständlichen Werkskanal kein Abfluss stattfinde. Weiters habe er festgehalten, dass bei extremen Hochwässern eine Überflutung der Bundesstraße X auch zu einem Abfluss in den Werkskanal führe, die Bundesstraße X jedoch außerhalb des 100-jährlichen Hochwasserabflussgebietes liege. Aus diesem Grund sei aus seiner Sicht der verfahrensgegenständliche Werkskanal auch nicht abflusswirksam. Fachlich sei eindeutig festzustellen, dass die geplante Baumaßnahme außerhalb der 100-jährlichen Abflusszone liege und daher keine Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss habe.

Weiters habe der Amtssachverständige für Wasserbautechnik in seinem Gutachten vom 10. Februar 2006 ausführlich zu den mit Schreiben vom 8., 15. und 17. August 2005 sowie vom 14. und 15. September 2005 vorgebrachten Einwendungen Stellung genommen. Der Amtssachverständige sei darin zusammengefasst zu dem Ergebnis gelangt, dass "das beantragte Bauwerk keine Behinderung des Hochwasserabflusses verursachen (könne, weshalb) es wasserfachlich positiv zu begutachten" sei.

Aufgrund der Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen gelange die belangte Behörde zu der Ansicht, dass die Überplattung zu keiner Vergrößerung der Nachteile im Hochwasserfall für die Grundstücke der EZ 42, somit u.a. für das Grundstück Nr. 292/1, KG G., führe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei replizierte, worauf die mitbeteiligte Partei erneut Stellung nahm und die beschwerdeführende Partei dann eine weitere Stellungnahme einbrachte sowie in einem als "Beweismittelvorlage" bezeichneten Schriftsatz u.a. einen Aussetzungsbescheid der BH vom 27. Juni 2008 vorlegte, in welchem die BH "das Verfahren aufgrund des Antrages der (beschwerdeführenden Partei) vom 4.8.2007 um Untersagung der Weiterarbeit an der wasserrechtlich bewilligten Stützmauer und Erteilung des Auftrages den Überbau zu beseitigen … bis zur rechtskräftigen Beendigung des beim (Bezirksgericht H.) anhängigen Grenzstreitverfahrens" ausgesetzt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

Nach § 38 Abs. 3 WRG 1959 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 gilt als Hochwasserabflussgebiet (Abs. 1) das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.

Die beschwerdeführende Partei wendet u.a. sowohl eine Beeinträchtigung ihres Grundeigentums durch eine zu ihrem Nachteil veränderte Hochwasserabflusssituation als auch eine zu ihrem Nachteil erfolgende Verschlechterung der Abflussverhältnisse von Niederschlagswässern ein, die durch den Bau der verfahrensgegenständlichen Anlage im Hochwasserabflussbereich des K-Bachs und durch die Bewilligung herbeigeführt werde.

Eine Bewilligung nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 darf nur erteilt werden, wenn durch die nach dieser Gesetzesstelle bewilligungspflichtige Anlage weder öffentliche Interessen beeinträchtigt noch fremde Rechte verletzt werden. Eine Verletzung des Grundeigentums der vom Vorhaben betroffenen Partei zufolge Verschärfung der Hochwassergefahr durch die Errichtung von Baumaßnahmen im Hochwasserabflussgebiet kommt nur dann in Betracht, wenn deren Liegenschaft durch die Auswirkungen einer durch das Projekt bedingten Änderung der Hochwasserabfuhr größere Nachteile im Hochwasserfall als zuvor erfahren würde, wobei als Beurteilungsmaßstab ein 30-jährliches Hochwasser heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, Zl. 2003/07/0131, m. w.N.).

Eine Beeinträchtigung einer Liegenschaft durch vom Projekt verursachte größere Nachteile im Hochwasserfall als zuvor muss, um die Abweisung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung für das Projekt zu rechtfertigen, mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit im Verfahren hervorkommen (vgl. das soeben zitierte Erkenntnis vom 25. März 2004, m.w.N.).

Im erstinstanzlichen Bescheid gelangte die BH gestützt auf die beiden darin weitgehend wiedergegebenen Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 22. August 2005 sowie vom 10. Februar 2006 zu dem Ergebnis, dass das beantragte Bauwerk keine Behinderung sowohl des Hochwasserabflusses als auch der Abflussverhältnisse von Niederschlagswässern verursachen könne, wobei letzteres u.a. durch die Auflage unter Spruchpunkt B 1 hintangehalten werden solle.

Dem Gutachten eines Sachverständigen kann auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Die Behörde hat vorliegende Gutachten auf ihre Vollständigkeit (also, ob sie Befund und Gutachten im engeren Sinn enthalten) und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat die Behörde nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2009, Zl. 2009/09/0097, m.w.N.).

Den fachkundigen Ausführungen des Sachverständigen wurde im Verfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet und es ist nicht erkennbar, inwieweit die Kritik an der behaupteten (ausschließlichen) Zugrundelegung der 100-jährlichen Hochwasserspiegellage anstatt der im WRG 1959 statuierten 30- jährlichen Hochwasserspiegellage geeignet ist, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Insbesondere ist die beschwerdeführende Partei darauf hinzuweisen, dass sich der Amtssachverständige in seinen Ausführungen (auf die die belangte Behörde ihre Feststellungen stützte) sowohl auf 30-jährliche Hochwässer als auch auf 100- jährliche Hochwässer bezieht und in keinem Fall eine Beeinträchtigung angenommen hat. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass ein 30-jährliches Hochwasser zu mehr Beeinträchtigungen für die im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehenden Grundstücke führen könnte als ein 100-jährliches Hochwasser und es wird dies im Übrigen auch in der Beschwerde selbst nicht behauptet.

Ergänzend sei auch angemerkt, dass selbst aus den erst nach Abschluss des wasserrechtlichen Verfahrens vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen (Eingabe vom 20. September 2007) betreffend eine Neuberechnung des HQ 30 und des HQ 100 aus der HQ 30 betreffenden Unterlage nicht ersichtlich ist, dass das Grundstück der beschwerdeführenden Partei betroffen wäre.

Weiters regt die beschwerdeführende Partei an, § 38 Abs. 3 WRG 1959 beim Verfassungsgerichtshof in Prüfung zu ziehen, weil die darin statuierte Regelung über das zu berücksichtigende Hochwasserabflussgebiet Eigentumsrechte nicht hinreichend schütze. Die Umschreibung des maßgeblichen Hochwasserabflussgebietes auf bei 30-jährlichen Hochwässern überflutete Gebiete möge zwar "im Grünland und bei sehr großen, volkswirtschaftlich bedeutsamen Wasserbauvorhaben als Eigentumsbeschränkung zumutbar" sein, "bei einer Kleinwasserkraftanlage, deren wirtschaftliche Bedeutung verschwindend gering (sei) im Verhältnis zu den Schäden, die im Falle einer Überflutung im Bauland und insbesondere wie hier eines im örtlichen Raumordnungsprogramm seit Jahrzehnten als Betriebsbaugebiet ausgewiesenem und auch einschlägig bebauten Baugrundes verursacht werden", erscheine jedoch als nicht gedeckter Eingriff in das Eigentumsrecht.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Normbedenken nicht.

§ 38 WRG 1959 dient der vorbeugenden Verhinderung von

zusätzlichen Hochwassergefahren. Die Bewilligung ist aber nicht nur dann zu versagen, wenn zusätzliche Hochwassergefahren zu befürchten sind, sondern auch bei Beeinträchtigungen sonstiger öffentlicher oder fremder Rechte (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG, K 12 zu § 38 WRG 1959). Die Umschreibung des Hochwasserabflussgebietes in § 38 Abs. 3 WRG 1959 ist gleichzeitig auch Maßstab für die Berührung fremder Rechte durch ein Projekt. Erhöhen die Auswirkungen eines Wasserbauvorhabens die Gefahren einer Überschwemmung im 30- jährlichen Hochwasserabflussbereich nicht, sind sie irrelevant (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG, K 11 zu § 38 WRG 1959).

Insoweit die beschwerdeführende Partei vermeint, dass § 38 Abs. 3 WRG 1959 anstatt auf bloß 30-jährliche Hochwässer vielmehr auf 100-jährliche Hochwässer wie in der - hier nicht präjudiziellen - Bestimmung des § 15 Abs. 3 Z 1 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-23, abstellen müsste, so vermag sie mit diesem Umstand noch keine begründeten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 38 Abs. 3 WRG 1959 aufzuzeigen, zumal es nach dem WRG 1959 nicht um den Gesichtspunkt einer Baulandeignung eines bestimmten Grundstückes oder einer Teilfläche eines Grundstückes geht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als inhaltlich rechtswidrig:

Wie bereits dargelegt, haben sowohl der Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei als auch die beschwerdeführende Partei selbst mehrfach im Zuge des Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, dass ein Teil der bereits errichteten Maßnahmen (linke Ufermauer) auf ihrem Grundstück zu liegen kommt, weil die Grenzen im Vertrag so vereinbart worden seien, dass der Grenzverlauf zwischen der Liegenschaft der beschwerdeführenden Partei und jener der mitbeteiligten Partei bei der Wasserlinie beim linken Ufer des Unterwerkskanals liege.

Damit hat sich jedoch die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt. Auch die von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz unter Spruchpunkt B 1 aufgenommene Auflage, dass die Maßnahmen auf Eigengrund zu errichten sind, kann die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht begründen, weil sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtene Bescheides ausdrücklich auf den von der mitbeteiligten Partei eingereichten Projektsplan und insbesondere auf den diesem Plan zugrunde liegenden Lageplan der Abteilung Vermessung des Amtes der NÖ. Landesregierung vom 3. November 2004 beruft. Die Richtigkeit dieses Planes wurde jedoch im Zuge des Verwaltungsverfahrens sowohl vom Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei als auch von dieser selbst (durch Hinweis auf einen anderen vertraglich vereinbarten Grenzverlauf zwischen den Grundstücken der beschwerdeführenden Partei und der mitbeteiligten Partei) bestritten.

Zwar befindet sich die projektierte und teilweise von der mitbeteiligten Partei schon vor Projektsbewilligung realisierte Anlage laut Plan ausschließlich auf deren Grund. Sollte die Anlage, so wie sie laut Plan bewilligt wurde, errichtet werden, ist bei dem behaupteten anderen Verlauf der Grundgrenze aber nicht ausgeschlossen, dass die bewilligte Anlage zumindest teilweise auf Fremdgrund der beschwerdeführenden Partei - noch dazu ohne deren Zustimmung - errichtet wird, was im Widerspruch zur Auflage gemäß Spruchpunkt B 1 stünde. Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid daher als rechtswidrig. Außerdem war nach der Aktenlage bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ein Teil der Maßnahmen - vor allem wesentliche Teile der Ufermauer - bereits errichtet. Diesbezüglich konnte sich die belangte Behörde nicht darauf zurückziehen, dass die Rechtmäßigkeit dieser Errichtung erst im Überprüfungsverfahren zu beurteilen sein wird.

Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Mai 2011

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