VwGH 2007/01/1415

VwGH2007/01/141515.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des R B in S, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Mag. Werner Diebald und Mag. Kuno O. E. Krommer, Rechtsanwälte in 8580 Köflach, Rathausplatz 1-4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. November 2007, Zl. FA7C - 11-234/2005-74, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

EheG §55a;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs4 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
EheG §55a;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs4 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde 1971 in Halfeti in der Türkei geboren. Er hat seit 20. April 1999 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 12. Dezember 2003 die österreichische Staatsbürgerin MS. Am 1. März 2003 beantragte er bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 2005 (erlassen am 12. September 2005) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die Verleihung der Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass er innerhalb von zwei Jahren ab Erhalt des Bescheides das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband nachweist.

Am 6. März 2006 legte der Beschwerdeführer die Genehmigung (des Innenministeriums der Republik der Türkei vom 13. Februar 2006) zum Austritt aus dem türkischen Staatsverband vor.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 2006 wurde dem Beschwerdeführer "mit Wirkung vom 16. Mai 2006" die österreichische Staatsbürgerschaft nach § 11a StbG verliehen. Im Zuge der Verleihung wurde er am 16. Mai 2006 niederschriftlich befragt, wobei er mit seiner Unterschrift unter anderem bestätigte, dass er gemäß § 11a Abs. 1 StbG mit seiner Ehegattin derzeit im gemeinsamen Haushalt lebe.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 17. August 2006 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit MS gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden (Rechtskraft: infolge Rechtsmittelverzichtes am 17. August 2006, materiell rechtskräftig am 11. September 2006). In der Begründung wurde ausgeführt, die Ehe sei unheilbar zerrüttet, die eheliche Gemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben. Der letzte gemeinsame Aufenthaltsort (Ehewohnung) sei Voitsberg, Hauptplatz 25, gewesen. Dem gleichzeitig (am 17. August 2006) vor dem Bezirksgericht Voitsberg geschlossenen Vergleich zufolge war der Beschwerdeführer Mieter der Ehewohnung; er verblieb (als Mieter) in dieser; MS war bereits ausgezogen und hatte die Wohnung von ihren Fahrnissen geräumt.

Am 20. Dezember 2006 heiratete der Beschwerdeführer (wie sich aus der Mitteilung des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Februar 2007 ergab) die - aus seinem Geburtsort Halfeti stammende - türkische Staatsangehörige HG.

Am 9. Mai 2007 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich befragt, wobei er Folgendes angab (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler hier und im Folgenden im Original):

"Ich habe am 12.12.2003 Frau MS geheiratet. Aufgrund dieser Ehe habe ich am 16. Mai 2006 die österreichische Staatsbürgerschaft erworben. Diese Ehe habe ich aufgrund des Scheidungsurteils vom 17.8.2006 aufgelöst.

Zum Scheidungsurteil gebe ich an, dass ich deshalb geschieden wurde, weil die eheliche Gemeinschaft mehr als 6 Monaten aufgehoben war. Dazu gebe ich noch an, dass der gemeinsame Haushalt bereits seit 6 oder 7 Monate aufgehoben war. Frau S (gemeint: MS) hat mir in dieser Zeit auch keine Zahlungen geleistet und wir haben daher auch keinen gemeinsamen Haushalt gehabt.

Nachdem ich die Entlassung aus dem türkischen Staatsverband am 06.03.2006 vorgelegt habe, habe ich es unterlassen darauf hinzuweisen, dass der gemeinsame Haushalt bereits aufgelassen war bzw. dieser gerade aufgelöst wurde.

Mir ist bekannt, dass ich in der Niederschrift anlässlich der Ablegung meines Gelöbnisses am 16.05.2006 angegeben habe mit Frau S (gemeint: MS) im gemeinsamen Haushalt zu leben, obwohl dies zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der Fall war."

Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 16. Mai 2007 gab MS Folgendes an:

"Ich bin am 14.08.2006 von meinem Ehemann geschieden worden, wobei ich nochmals erkläre, dass der gemeinsame Haushalt auch 6 Monate vorher bereits aufgehoben war. Ich bin Ende Jänner Anfang Februar 2006 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und habe meine Sachen mitgenommen.

Nachdem ich selbst verdiene haben wir auch keinen gemeinsamen Haushalt geführt. Mein Mann hat sein Geld gehabt und ich habe mein Geld gehabt. Damit ist auch eine gemeinsame Haushaltsführung nicht notwendig gewesen."

Mit Schreiben vom 24. Mai 2007 (zugestellt am 25. Mai 2007) gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur beabsichtigten Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens und der Abweisung des Verleihungsansuchens Parteiengehör.

Daraufhin erstattete zunächst MS mit Eingabe vom 30. Mai 2007 (eingelangt bei der belangten Behörde am 8. Juni 2007) folgende schriftliche Stellungnahme:

"Erst jetzt hatte ich Zeit meine Niederschrift genau durch zu lesen. Es ist mir bedauerlicher Weise aufgefallen, dass einige von mir erwähnte, wichtige Details darin fehlen.

Die Protokollierung, daß meine Ehe am 14.08.06 gescheiden wurde ist falsch.

Wie Sie auch dem Gerichtsurteil entnehmen können, wurden wir am 17.08.06 geschieden.

Die Protokollierung, daß unser gemeinsamer Haushalt sechs Monate vor der Scheidung bereits aufgehoben war ist insofern nicht richtig, als das ich Ihnen mehrmals erklärt habe, dass ich zwischenzeitlich trotz ehelicher Probleme immer wieder mit meinem Ex-Gatten zusammen gelebt habe.

Zudem schließt die Tatsache, daß ich mit meinen Sachen aus unserer gemeinsamen Wohnung ausgezogen bin, ein damaliges Zusammenleben nicht aus.

Da wir uns beide schlußendlich im August 06 einig waren uns scheiden zu lassen, gingen wir zu Gericht und es wurde uns dort erklärt, daß wir formal erklären müssen, daß unsere eheliche Gemeinschaft seit mehr als sechs Monaten aufgehoben ist, ansonsten eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich wäre.

All diese Details wurden von mir genau so geschildert, fehlen aber vollends in meiner Niederschrift.

Ich bitte Sie um Korrektur bzw. Kenntnisnahme und verbleibe mit freundlichen Grüßen"

In seiner Stellungnahme im Zuge des Parteiengehörs vom 3. Juli 2007 führte der Beschwerdeführer - nunmehr rechtsfreundlich vertreten - im Wesentlichen aus, im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft sei die Ehe (mit MS) aufrecht gewesen, er habe mit der Ehegattin im gemeinsamen Haushalt in Voitsberg gelebt. Im Sommer 2005 "kriselte es in meiner Ehe"; im August 2006 seien er und die Ehegattin einig geworden, die Ehe "rasch scheiden zu lassen". Seitens des Bezirksgerichtes Voitsberg seien sie über die Prozessvoraussetzung aufgeklärt worden. Um den Voraussetzungen des § 55a Ehegesetz Genüge zu tun, hätten sie am 17. August 2006 vor dem Bezirksgericht Voitsberg angegeben, dass die eheliche Gemeinschaft seit mehr als sechs Monaten aufgehoben sei. Tatsächlich sei die eheliche Gemeinschaft erst am 7. August 2006 aufgehoben worden; die Ehegattin sei am Vorabend des 8. August 2006 aus der gemeinsamen Wohnung auszogen. Da er am 20. Dezember 2006 wieder geheiratet habe, habe er sich "aus Furcht vor einer Rechtsunwirksamkeit meiner Ehescheidung und der daraus drohenden Doppelehe" am 9. Mai 2007 hinreißen lassen, zu bekräftigen, dass die Voraussetzungen für eine Ehescheidung gemäß § 55a Ehegesetz zum 17. August 2006 vorgelegen seien. Auf Grund seiner Abstammung und Deutschkenntnisse sei es ihm schwer gefallen, "juristisches Amtsdeutsch" zu verstehen; deshalb und wegen seiner Nervosität habe er der Amtshandlung vom 9. Mai 2007 "kaum folgen können". Seine Angaben vor der belangten Behörde im Zeitpunkt der Verleihung am 16. Mai 2006 seien sohin richtig gewesen; am 17. August 2006 seien die Aussagen "von den Informationen der Voraussetzungen einer einvernehmlichen Ehescheidung getragen gewesen", hätten den wahren Gegebenheiten aber nicht entsprochen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 2007 wurde

- das Verfahren "um" Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, das mit Bescheid vom 4. Mai 2006 abgeschlossen wurde, wieder aufgenommen und in den Stand vor der Verleihung zurückversetzt (als Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde an: § 39 StbG in Verbindung mit § 69 Abs. 2 AVG, § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG, §§ 4, 24 StbG)

(Spruchpunkt I.),

- der Bescheid über die Zusicherung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft widerrufen (als Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde an: § 64a Abs. 4 StbG 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006, § 20 Abs. 2 StbG)

(Spruchpunkt II.),

- das Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen (als Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde an: § 64a Abs. 4 StbG 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006, § 10 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006) (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. aus, über die Voraussetzungen der Verleihung sei der Beschwerdeführer informiert gewesen. Er habe die persönlichen Dokumente der MS vorgelegt, in seinem Antrag habe er zwischen den Daten "Wohnsitz in Österreich" und "Datum der Eheschließung" unterscheiden können; er habe mit seiner Unterschrift auch bestätigt, dass er mit MS im gemeinsamen Haushalt lebe.

Im Verleihungsverfahren habe der Beschwerdeführer den gemeinsamen Haushalt bestätigt, vor dem Bezirksgericht Voitsberg hingegen nicht. Am 9. Mai 2007 habe der Beschwerdeführer seine Angaben im Scheidungsverfahren vor der belangten Behörde bestätigt und eingeräumt, anlässlich der Ablegung des Gelöbnisses bzw. der Verleihung am 16. Mai 2006 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben. Am 16. Mai 2007 (vor der belangten Behörde) habe MS ihre Angaben im Scheidungsverfahren bestätigt und auch angegeben, eine gemeinsame Haushaltsführung sei nicht notwendig gewesen, da jeder sein eigenes Geld gehabt habe; sie (MS) sei schon Ende Jänner Anfang Februar 2006 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. In ihrer nachträglichen Mitteilung vom 30. Mai 2007 habe MS ihre Aussage (vor der belangten Behörde) dahin ergänzt, sie hätte trotz ehelicher Probleme immer wieder mit dem Beschwerdeführer "zusammen gelebt"; sie habe aber (neuerlich) bestätigt, aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen zu sein, was ihrer Meinung nach ein Zusammenleben nicht ausschließe. Anhaltspunkte für einen gemeinsamen Haushalt ab Jänner bzw. Februar 2006 seien (von MS) nicht angeführt worden. Dass trotz Auflösung der Wohngemeinschaft und einer fehlenden wirtschaftlichen Gemeinschaft ein gemeinsamer Haushalt bestanden habe, sei nicht erkennbar. Eine aufrechte Wohngemeinschaft und aktive Wirtschaftsgemeinschaft werde durch die Angaben der MS nicht bestätigt, weil das Ausziehen aus der Wohnung eine Lebensgemeinschaft beende. Ein gemeinsamer Haushalt im staatsbürgerschaftsrechtlichen Sinne sei nicht gegeben. Die fehlende Wirtschaftsgemeinschaft sei von MS und vom Beschwerdeführer bestätigt worden. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer nur die melderechtliche Abmeldung der Ehegattin als Auszug aus der Ehewohnung angeführt. Die widersprüchlichen Aussagen des Beschwerdeführers und die Aussage der (Ehegattin) MS ließen im Rahmen der Beweiswürdigung nur die Beurteilung zu, dass der Beschwerdeführer durch Unterlassung der Bekanntgabe seiner persönlichen Verhältnisse den Verleihungsbescheid erschlichen habe und der Verleihungsbescheid durch falsches Zeugnis über eine gemeinsame Haushaltsführung mit MS herbeigeführt worden sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers (in seiner Stellungnahme) betreffend seine im Scheidungsverfahren gemachten Angaben seien als Schutzbehauptung zu werten.

Aus den niederschriftlichen Aussagen, die nicht entkräftet wurden, sei zu schließen, dass im Zeitpunkt der Verleihung am 16. Mai 2006 ein Leben im gemeinsamen Haushalt mit der österreichischen Ehegattin MS nicht gegeben gewesen sei.

Zu Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde aus, der Zusicherungsbescheid sei zu widerrufen gewesen, da die Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 Z. 1 StbG im Zeitpunkt der Verleihung nicht mehr erfüllt worden seien.

Zu Spruchpunkt III. führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer erfülle zwar inzwischen die Voraussetzung des Mindestwohnsitzes von sechs Jahren, doch habe er nicht den Nachweis der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration, wie von § 10 Abs. 4 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 5 StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle gefordert, erbracht. Es existierten auch keine Hinweise, dass die Voraussetzungen eines anderen Tatbestandes zur Verleihung der Staatsbürgerschaft erfüllt wären, weshalb der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (im Folgenden: StbG nF), lauten:

"§ 24. Die Wiederaufnahme eines Verleihungsverfahrens darf aus den im § 69 Abs. 1 Z 2 und 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, genannten Gründen nur bewilligt oder verfügt werden, wenn der Betroffene hiedurch nicht staatenlos wird.

...

§ 35. Die (...) Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat von Amts wegen oder auf Antrag des Bundesministers für Inneres zu erfolgen. ...

...

§ 64a. ... (4) Verfahren auf Grund eines vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 37/2006 erlassenen Zusicherungsbescheides nach § 20 Abs. 1 sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der vor der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2006 geänderten Fassung zu Ende zu führen."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (im Folgenden: StbG aF), lauten:

"§ 4. ... Fremde, die einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eingebracht haben, sind jedoch verpflichtet, in diesen Verfahren ihre familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte ihrer Lebensinteressen sowie ihre persönlichen Lebensumstände darzulegen.

...

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

1. er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat;

...

(4) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 kann abgesehen werden

1. aus besonders berücksichtigungswürdigem Grund, sofern es sich um einen Minderjährigen, der seit mindestens vier Jahren, oder um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen;

...

(5) Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund (Abs. 4 Z 1) gilt insbesondere

...

3. der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration ...

§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,

..."

2. Zur Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens

2.1. Zum Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG:

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft objektiv unrichtig angegeben habe, er lebe mit MS im gemeinsamen Haushalt. Dies hat die belangte Behörde als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG (Erschleichung) gewertet, da diese Angabe des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 11a Abs. 1 StbG aF von wesentlicher Bedeutung gewesen sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, mwN, ausgesprochen hat, setzt die für eine Erschleichung eines Bescheides nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG notwendige Irreführungsabsicht voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat und dies deshalb, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 9. Oktober 2008, Zl. 2008/01/0212, und vom 26. Mai 2009, Zl. 2009/01/0017, sowie vom 23. September 2009, Zl. 2008/01/0138 bzw. Zl. 2008/01/0628, die alle eine Wiederaufnahme wegen objektiv unrichtiger Erklärung bei Verleihung der Staatsbürgerschaft zum Gegenstand hatten).

Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer habe angegeben, dass seine Angaben im Scheidungsverfahren über die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Im vorliegenden Fall hätten zwei einkommensbeziehende Ehegatten eine Ehe "durchaus modern, jedoch als Ehe im herkömmlichen Sinn geführt". Die von der belangten Behörde herangezogenen Maßstäbe für eine Lebensgemeinschaft (Wirtschafts-, Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft) seien viel zu eng und würden der Judikatur widersprechen. Die Aussage der MS über das Fehlen einer gemeinsamen Haushaltsführung stehe einer Lebensgemeinschaft nicht entgegen.

2.2. Zum gemeinsamen Haushalt nach § 11a StbG aF:

Mit dem Begriff des gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF im Verhältnis zu § 55a Ehegesetz hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auseinandergesetzt. Danach setzt der gemeinsame Haushalt nach § 11a StbG aF das Zusammenleben der Ehegatten in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus, wobei kurzfristige Unterbrechungen dieses Zusammenlebens bei grundsätzlich aufrechtem gemeinsamen Wohnsitz und gemeinsamer Wirtschaftsführung nicht schaden. Bei der Prüfung, ob ein derartiger gemeinsamer Haushalt vorgelegen ist, macht ein Ehescheidungsbeschluss nach § 55a Ehegesetz bzw. die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung, die eheliche Lebensgemeinschaft sei seit mindestens einem halben Jahr aufgelöst, Ermittlungen darüber, ob der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebte, nicht schlechterdings entbehrlich (vgl. auch hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. September 2009, Zl. 2008/01/0138 bzw. Zl. 2008/01/0628, mwN).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Annahme, zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer habe kein gemeinsamer Haushalt mit MS bestanden, in diesem Sinne zutreffender Weise nicht nur auf das Protokoll der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a Ehegesetz, sondern auch auf die niederschriftlichen Aussagen des Beschwerdeführers sowie der MS gestützt, wonach der gemeinsame Haushalt zum Zeitpunkt der Scheidung bereits mehr als sechs Monate aufgehoben gewesen sei. Diese Beweiswürdigung erweist sich nicht als unschlüssig.

Insoweit die Beschwerde darauf verweist, das Vorliegen einer Geschlechts- und Wohngemeinschaft sei "durch die Meldebestätigung ausreichend nachgewiesen", ist zu erwidern, dass der Hauptwohnsitzmeldung zwar Indizwirkung zukommt, eine Bindung der Staatsbürgerschaftsbehörde an eine solche jedoch in keine Richtung besteht, also weder in dem Sinne, dass das Fehlen einer polizeilichen Meldung die Existenz eines Hauptwohnsitzes ausschließt, noch dass auf Grund einer aufrechten Hauptwohnsitzmeldung in jedem Fall von einer tatsächlichen Aufrechterhaltung des Hauptwohnsitzes durch den Verleihungswerber auszugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, sowie das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2008/01/0628, jeweils mwN). Es ist daher fallbezogen nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - ausgehend von den niederschriftlichen Aussagen des Beschwerdeführers sowie der MS - die polizeiliche Meldung nicht als Nachweis dafür angesehen hat, dass die Ehepartner zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft tatsächlich im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, zumal eine Aufrechterhaltung der Meldung durch den Beschwerdeführer bis nach der Verleihung der Staatsbürgerschaft durchaus auch den Grund gehabt haben mag, ihm eben diese Verleihung zu ermöglichen.

Die belangte Behörde verwies zutreffend auf die widersprüchlichen Aussagen des Beschwerdeführers. Dass er vor dem Bezirksgericht Voitsberg (im Scheidungsverfahren) eine mehr als sechsmonatige Auflösung der ehelichen Gemeinschaft tatsachenwidrig und allein deshalb angegeben haben will, um eine den Erfordernissen des § 55a Ehegesetz entsprechende Ehescheidung rasch durchführen zu können, hat die belangte Behörde vor dem Hintergrund der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vom 9. Mai 2007 und der MS vom 16. Mai 2007 in nicht unschlüssiger Weise als Schutzbehauptung angesehen. Die Beschwerde vermag überzeugende Argumente dafür, warum die belangte Behörde gerade der Argumentation des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 3. Juli 2007 folgen hätte müssen, seine niederschriftlichen Angaben vom 9. Mai 2007 aber als tatsachenwidrig beurteilen hätte sollen, nicht darzutun. Dass die niederschriftlichen Angaben der MS vom 16. Mai 2007 unrichtig wären, wird in der Beschwerde nicht behauptet. MS hat aber - wie auch der Beschwerdeführer am 9. Mai 2007 - vor der belangten Behörde niederschriftlich angegeben, dass Ende Jänner Anfang Februar 2006 bzw. im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft am 16. Mai 2006 ein gemeinsamer Haushalt aufgehoben war.

Insoweit die Beschwerde darauf verweist, der Beschwerdeführer habe "erst eineinhalb Jahre nach Verehelichung" den Verleihungsantrag gestellt bzw. schon "vor Ablauf von sechs Monaten den Antrag auf einvernehmliche Ehescheidung" eingebracht, ist zu erwidern, dass diese Umstände Rückschlüsse auf das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht zulassen.

Somit begegnet insgesamt die auf § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens keinen Bedenken.

3. Widerruf der Zusicherung

3.1. Gemäß § 20 Abs. 2 StbG (die Rechtslage hat sich insofern durch die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht geändert) ist die Zusicherung zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

3.2. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde den Widerruf der Zusicherung auf die Feststellung, dass der gemeinsame Haushalt des Beschwerdeführers mit MS gemäß § 11a StbG aF nach Erlassung des Zusicherungsbescheides nicht mehr gegeben war (vgl. zu der im Beschwerdefall auf Grund der Wiederaufnahme der Zusicherung anzuwendenden Rechtslage vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, mwN). Da sich die zu dieser Feststellung führende Beweiswürdigung - wie bereits oben dargelegt - als nicht unschlüssig erweist und die Verleihungsvoraussetzung (im Gegensatz zu dem dem obzitierten hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, zu Grunde liegenden Sachverhalt) nach Erlassung der Zusicherung weggefallen ist, bestehen gegen diesen Spruchpunkt keine Bedenken.

4. Abweisung des Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG aF kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. kann aus besonders berücksichtigungswürdigem Grunde von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 abgesehen werden, sofern es sich um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen. In Abs. 5 leg. cit. wird ausgeführt, was als besonders berücksichtigungswürdiger Grund gilt, darunter der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration nach Z. 3. Im Beschwerdefall geht die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG aF erfüllt, da er sich erst seit dem 22. Jänner 2002 in Österreich aufhalte. Damit sei zwar eine sechsjährige Aufenthaltsdauer gegeben, jedoch kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinn des § 10 Abs. 5 StbG aF ersichtlich, insbesondere habe vom Beschwerdeführer ein Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration nicht erbracht werden können.

Entgegen den Beschwerdeausführungen wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage mit Schreiben der belangten Behörde vom 24. Mai 2007 Parteiengehör gewährt. Diese Möglichkeit hat er - anwaltlich vertreten - mit Schreiben vom 3. Juli 2007 auch wahrgenommen, wobei keinerlei Ausführungen zu einem eventuellen Staatsbürgerschaftserwerb nach § 10 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. getroffen wurden. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzung des Mindestwohnsitzes von sechs Jahren bejaht, jedoch - auch im Hinblick auf § 4 StbG - keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinn des § 10 Abs. 5 für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erkennen kann. Die nunmehr in der Beschwerde angeführten - nach der Beschwerde für eine nachhaltige persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers sprechenden - Umstände unterliegen daher dem Neuerungsverbot und sind unbeachtlich.

5. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 15. März 2010

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