VwGH 2006/18/0217

VwGH2006/18/021713.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde der K L in W, geboren 1974, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 20/1/6b, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 11. Mai 2006, Zl. 138.703/10-III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §10 Abs1 Z3;
FrG 1997 §14 Abs2;
NAG 2005 §21 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs1 Z3;
FrG 1997 §14 Abs2;
NAG 2005 §21 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 11. Mai 2006 wurde der von der Beschwerdeführerin, einer thailändischen Staatsangehörigen, gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 FrG" gemäß § 21 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe bisher über Aufenthaltserlaubnisse für den Aufenthaltszweck "Selbständig, § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG", zuletzt mit Gültigkeitsdauer bis 14. Juli 2005, verfügt. Seit 7. April 2003 sei sie ohne Unterbrechung an Hauptwohnsitzen, zunächst in Wels, anschließend in Wien, gemeldet.

Am 12. Juli 2005 habe ihr rechtsfreundlicher Vertreter in Wien den gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung per Post beim Landeshauptmann von Wien (bei der Erstbehörde) eingebracht, wo er am 13. Juli 2005 eingelangt sei. Zum Zweck ihres Antrages sei präzisierend sinngemäß angegeben worden, dass die Beschwerdeführerin als Prostituierte selbständig erwerbstätig wäre und monatlich ca. EUR 1.000,-- verdiente. Sie wäre verheiratet, ihr Ehegatte lebte in Thailand.'

Dieser Antrag sei mit Bescheid der Erstbehörde vom 13. Dezember 2005 abgewiesen worden, wogegen die Beschwerdeführerin am 28. Dezember 2005 fristgerecht Berufung erhoben habe.

Die Beschwerdeführerin habe noch niemals über eine Niederlassungsbewilligung verfügt und sei daher zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung nicht niedergelassen gewesen. Sie habe den Antrag - unstrittig - vom Inland aus gestellt, ohne dazu gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, berechtigt zu sein.

Am 31. Dezember 2005 sei das FrG außer Kraft getreten und am 1. Jänner 2006 das NAG in Kraft getreten. Gemäß § 81 NAG seien bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und sei die Entscheidung im Ausland abzuwarten. Die Beschwerdeführerin habe den Erstantrag erst nach ihrer Einreise durch einen Vertreter vom Inland aus eingebracht und warte die Entscheidung im Inland ab.

Ihre ehemalige Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "selbständig, § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG" entspräche gemäß § 11 Abs. 1 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung nunmehr einem Aufenthalts-Reisevisum (Visum D + C, § 24 FPG), überschritte deren Gültigkeitsdauer den 31. Dezember 2005. In dem verfahrensgegenständlichen Antrag könne daher ein Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag im Sinn des NAG nicht gesehen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass die Beschwerdeführerin bisher (lediglich) über Aufenthaltserlaubnisse für den Aufenthaltszweck "selbständig, § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG", zuletzt mit Gültigkeit bis 14. Juli 2005, verfügt hat und während ihres inländischen Aufenthaltes am 12. Juli 2005 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 FrG" gestellt hat. Sie vertritt die Auffassung, dass dieser Antrag nicht dem § 21 NAG, sondern dem § 26 leg. cit. zu unterstellen sei, weil es sich hiebei um einen Antrag auf Änderung des Aufenthaltszweckes handle. Nach § 26 leg. cit. sei die Zweckänderung unverzüglich im Inland bekanntzugeben und habe eine Abweisung des Antrages keinen Einfluss auf das bestehende Aufenthaltsrecht, woraus sich die Zulässigkeit einer Antragstellung im Inland ergebe.

2.1. Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (gemäß § 82 Abs. 1 leg. cit. mit 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Der am 12. Juli 2005 gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung war daher in dem hier entscheidungswesentlichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem NAG zu beurteilen.

2.2. § 2 Abs. 1 Z. 11 bis 13 NAG idF BGBl. I Nr. 157/2005 sowie § 21 Abs. 1 und 2 und § 26 NAG lauten:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

(...(

11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24);

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;

(...(."

"§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, (...(;

2. Fremde, die bisher rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren, auch wenn sie zu dieser Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;

3. Fremde, die bisher österreichische Staatsbürger oder EWR-Bürger waren;

4. Kinder im Fall des § 23 Abs. 4 binnen sechs Monaten nach der Geburt;

5. Fremde, die an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalts, und

6. Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung als Forscher (§ 67) beantragen, und deren Familienangehörige."

"§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht."

§ 8 NAG regelt Arten und Form der Aufenthaltstitel.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, werden Visa als Aufenthalts-Reisevisum (Visum D + C) erteilt. Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FPG ist die Aufnahme einer bloß vorübergehenden selbständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nur nach Erteilung eines Aufenthalts-Reisevisums möglich.

2.3. Mit dem Hinweis auf § 26 NAG ist für die Beschwerde schon aus folgenden Gründen nichts gewonnen:

Gemäß § 81 Abs. 2 erster Satz NAG gelten vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszweckes insoweit weiter, als sie nach dem Zweck des Aufenthaltes den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Gemäß § 81 Abs. 2 dritter Satz leg. cit. ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilten Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach ihrem Aufenthaltszweck als entsprechende Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach diesem Bundesgesetz und dem Fremdenpolizeigesetz weiter gelten.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass die der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG erteilte Aufenthaltserlaubnis, wäre sie nicht bereits vor In-Kraft-Treten des NAG (und des FPG) abgelaufen, (lediglich) als Aufenthalts-Reisevisum (Visum D + C, § 24 FPG) weiter gegolten hätte (vgl. dazu § 20 Abs. 1 Z. 5 und § 24 FPG sowie inbesondere § 11 Abs. 1 lit. B. Z. 10 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005). Diese der Beschwerdeführerin erteilte Aufenthaltserlaubnis stellte somit keinen Aufenthaltstitel im Sinn des NAG dar, sodass es sich bei dem gegenständlichen, am 12. Juli 2005 gestellten Antrag der Beschwerdeführerin um keinen Zweckänderungsantrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 12 NAG handelt.

3. Da die Beschwerdeführerin noch nie über einen Aufenthaltstitel im Sinn des NAG verfügte, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag zutreffend als Erstantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 13 NAG) beurteilt und auf ihn § 21 leg. cit. angewendet.

4. Weder aus der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass einer der Tatbestände des § 21 Abs. 2 NAG erfüllt sei. Im Hinblick darauf erweist sich die Abweisung dieses Antrages gemäß § 21 Abs. 1 NAG als unbedenklich. Dabei war eine Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht erforderlich (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0183, mwN).

5. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Beschwerdeführerin am 12. Juli 2005 eventualiter für den Fall der Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung die Verlängerung ihres bisherigen Aufenthaltstitels beantragt habe, so zeigt sie auch mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Einer allfälligen Säumnis der Erstbehörde mit der Erledigung eines solchen Antrages, der nicht Gegenstand des mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Abspruches ist, wäre gegebenenfalls im Weg eines Devolutionsantrages an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu begegnen gewesen.

6. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 13. September 2006

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte