VwGH 2006/13/0076

VwGH2006/13/00764.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der "B Co. KG in W, vertreten durch Pascher & Schostal, Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Zedlitzgasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 23. Februar 2006, Zlen. RV/1066-W/05 und RV/0780-W/05, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitraum Jänner 1996 bis Dezember 1999, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §201;
BAO §93 Abs2;
BAO §201;
BAO §93 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende KG (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ist mit Wirkung vom 31. Dezember 1999 durch Umwandlung gemäß §§ 1 ff UmwG aus der B. und Co. Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: GmbH) hervorgegangen.

Gemäß einem Prüfungsbericht vom 18. Juli 2001, der als Abgabepflichtigen eine B. GmbH nennt und der (u.a.) namens der Beschwerdeführerin unterfertigt wurde, ergab sich für die Jahre 1996 bis 1999 eine Nachforderung an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 FLAG samt Zuschlag, weil die Bezüge der beiden zu 48 % und zu 42 % an der (seinerzeitigen) GmbH beteiligten Geschäftsführer in diesen Jahren zu Unrecht nicht in die Bemessungsgrundlage für die genannten Abgaben einbezogen worden seien. Das Finanzamt folgte dem Prüfungsbericht und fertigte letztlich - zwischenzeitig ergangenen Erledigungen ermangelte der Bescheidcharakter; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. September 2002, 2002/14/0069 - per 17. Dezember 2002 für die Jahre 1996 bis 1999 je einen "Haftungs- und Abgabenbescheid" aus. In diesen Bescheiden blieben die unter den Überschriften "Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe" und "Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag" formularmäßig vorgesehenen Rubriken "Bemessungsgrundlage", "Dienstgeberbeitrag"/"Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag" und "Für den obigen Zeitraum bereits gebucht" jeweils unausgefüllt; festgehalten wurden nur unter "Somit verbleiben zur Nachzahlung" für 1996 Beträge von 8.215,01 EUR (Dienstgeberbeitrag) und von 970,55 EUR (Zuschlag), für 1997 Beträge von 8.241,03 EUR (Dienstgeberbeitrag) und von 970,55 EUR (Zuschlag), für 1998 Beträge von 6.932,92 EUR (Dienstgeberbeitrag) und von 816,77 EUR (Zuschlag) sowie für 1999 Beträge von 6.278,93 EUR (Dienstgeberbeitrag) und von 739,52 EUR (Zuschlag).

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie zur Frage der Einbeziehung der Geschäftsführervergütungen in die Bemessungsgrundlage Folgendes festhielt:

"1. Die Vergütungen an die GF erfolgten nicht regelmäßig und nicht in gleichbleibender Höhe. Der GF-Bezugsaufwand war unterschiedlich hoch -1996 z.B. ATS 1.260.000,-- 1999 z.B. ATS 960.000,--. Die Jahresbezüge wiesen starke Schwankungen auf - mehr als 25 %. Tatsächlich erfolgten Zahlungen, die in den Jahren 1996 bis 1998 bilanziert wurden, an die GF erst im Folgejahr (ATS 200.000,-- bis 300.000,--).

2. Es gab eine Vereinbarung (diese liegt Ihrer Behörde vor) der Gesellschaft mit den GF. Aufgrund dieser Vereinbarung bestand kein Anspruch auf Urlaub, Abfertigung, Arbeitszeitregelung und GF-Bezugshöhe. Daraus geht auch hervor, dass die Bezugshöhe abhängig des Betriebsgewinnes oder -verlustes war und diese dementsprechend auch zur Gänze entfallen hätte können.

3. Eine Weisungsgebundenheit der GF gegenüber der Gesellschaft bestand nicht, vielmehr oblag die Tätigkeit der GF der Gestaltungsfreiheit (siehe Vereinbarung 1995).

Ein Dienstverhältnis in arbeitsrechtlicher Hinsicht lag nicht vor, da die GF der Gesellschaft ihre Arbeitskraft nicht schuldeten.

4. Die GF hafteten seit 1995 für jeden neuen Kredit und für die Liquidität im Unternehmen. Die Haftung wurde von den Gesellschaftern an die GF in der Vereinbarung 1995 übertragen. Daraus ergaben sich kurzfristige Einlagen der GF zwischen ATS 200.000 und 600.000,-- pro Jahr bzw. neue Kredite bei den Hausbanken.

5. Aus vorgenannten Punkten war das Unternehmerrisiko der GF offensichtlich.

6. Den GF standen keine Dienstwagen zur Verfügung. Die GF benutzten für ihre Tätigkeit ihren privaten PKW. Es wurden keine Diäten oder amtl. Kilometergeld seitens der Gesellschaft bezahlt.

7. Alle Abgaben aufgrund der GF-Vergütung wurden von den GF selbst getragen und abgeführt (siehe auch Vereinbarung 1995).

8. Eine wesentliche Beteiligung bei beiden GF lag vor."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Februar 2006 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab (weitere Aussprüche der belangten Behörde sind nicht beschwerdegegenständlich). Sie stellte insbesondere fest, dass die beiden Geschäftsführer die GmbH seit 25. November 1994 vertreten hätten und dass deren Tätigkeitsbereich die Kundenakquisition sowie sämtliche wichtigen Sach- und Finanzierungsfragen der Gesellschaft umfasst habe. Sie seien daher in den geschäftlichen Organismus der GmbH eingegliedert gewesen, weshalb - so die belangte Behörde im Ergebnis im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung - ihre Einkünfte unter § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 fielen und somit der "DB/DZ-Besteuerung" zu unterziehen seien.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

1. Einleitend ist klarzustellen, dass die erstinstanzlichen Bescheide vom 17. Dezember 2002 gegenüber der Beschwerdeführerin ergangen und daher rechtswirksam erlassen worden sind. Dass diese Bescheide bei Nennung des Bescheidadressaten ergänzend auf den Rechtsvorgänger hinweisen, dabei aber - wie schon der seinerzeitige Prüfbericht vom 18. Juli 2001 - einen verfehlten Firmenwortlaut anführen (B. GmbH statt richtig B. und Co. Gesellschaft m.b.H.), ist ebenso irrelevant wie der Umstand, dass jeweils eine unrichtige Steuernummer ausgewiesen wird (vgl. zu letzterem Gesichtspunkt sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2003, 2003/15/0024). Entscheidend ist vielmehr, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Bezeichnung nach § 93 Abs. 2 BAO durch Verwendung ihrer Firma eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise angesprochen worden ist, woran die verfehlten Zusätze nichts zu ändern vermögen.

2. Auch der erwähnte Prüfungsbericht vom 18. Juli 2001 ist eindeutig der Beschwerdeführerin zuzuordnen. Das ergibt sich schon daraus, dass dieser auf die Beschwerdeführerin (ihre Rechtsvorgängerin) bezugnehmende Bericht von ihr durch firmenmäßige Fertigung zur Kenntnis genommen wurde. Es kann dann aber auch nicht mehr fraglich sein, dass damit eine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches im Sinn des § 209 Abs. 1 BAO vorlag, die nach der genannten Gesetzesstelle zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr führte. Dass der Prüfbericht (irrtümlich) eine B. GmbH als Abgabepflichtigen angeführt hat, ist unbeachtlich, zumal auf diesen Bericht mangels Bescheidcharakter die Formvorschriften des § 93 BAO nicht zur Anwendung gelangen. Ausgehend von der eben angesprochenen Verlängerung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 207 BAO einerseits und der Erlassung der erstinstanzlichen Abgabenbescheide per 20. Dezember 2002 andererseits erweist sich der in der Beschwerde vorgetragene Verjährungseinwand damit aber zur Gänze (mithin auch bezüglich der das Jahr 1996 betreffenden Abgaben) als verfehlt.

3. In der Sache selbst geht es darum, ob die Bezüge der beiden Geschäftsführer der (seinerzeitigen) GmbH § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 unterfallen und damit in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag einzubeziehen sind. Die belangte Behörde hat diesbezüglich zu Recht auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, VwSlg. 7979/F, hingewiesen. In diesem, einen 90 %igen Gesellschafter-Geschäftsführer betreffenden Erkenntnis sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen die Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen sei. Vom Fehlen einer solchen Eingliederung sei nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen. Mit Erkenntnis vom 26. Juli 2007, 2007/15/0095, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof weiter ausgesprochen, dass auch in Ansehung der Geschäftsführer, deren Beteiligung 50 % nicht erreicht und die auch nicht über eine Sperrminorität verfügen, - von seltenen Ausnahmen abgesehen - entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist, und dass weiteren Elementen eine Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 nur in solchen Fällen zukommen könne, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre.

Im vorliegenden Fall haben die zu 48 % und zu 42 % an der GmbH beteiligten Geschäftsführer nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde kontinuierlich über einen längeren Zeitraum hindurch neben der Kundenakquisition die Aufgaben der Geschäftsführung der GmbH wahrgenommen. Dadurch ist das Merkmal der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der (seinerzeitigen) GmbH zweifelsfrei gegeben (vgl. abermals das schon erwähnte Erkenntnis vom 26. Juli 2007 sowie das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009, 2008/15/0260). In der Beschwerde wird diese Eingliederung zwar in Abrede gestellt, die dazu vorgebrachten Argumente (die Geschäftsführer seien keinerlei Bestimmungen über den Arbeitsort und die Arbeitszeit unterlegen, sie seien nicht weisungsgebunden gewesen, hätten ihre Arbeitskraft nicht geschuldet und keinen Anspruch auf Urlaub gehabt und hätten sich jederzeit vertreten lassen können) erweisen sich vor dem Hintergrund der im erwähnten Erkenntnis des verstärkten Senates angestellten Erwägungen (vgl. insbesondere Punkt 7. der Entscheidungsgründe) aber als nicht stichhältig. Soweit überdies darauf verwiesen wird, dass die Vergütungen an die Geschäftsführer nicht regelmäßig erfolgten und starken Schwankungen, abhängig von den Zufälligkeiten und Unwägbarkeiten des Wirtschaftslebens, unterlegen seien, dass die Geschäftsführer aus eigenem nicht rückerstattete Ausgaben für die GmbH getragen und dass sie persönliche Haftungen gegenüber Banken und Gesellschaftsgläubigern übernommen hätten, wird im Ergebnis ein Unternehmerrisiko angesprochen, welchem Umstand nach der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber keine Bedeutung zukommt. Auch für die angesprochene "Möglichkeit der Zerlegung/Aufteilung der Vergütungen" (für verpflichtend ausgeübte Tätigkeiten einerseits und für solche, die von den Geschäftsführern "nicht ausgeübt werden mussten" andererseits) bieten die dargestellten Erkenntnisse keinen Raum.

Im Ergebnis kann daher nicht mit Erfolg bestritten werden, dass die fraglichen Geschäftsführervergütungen in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag einzubeziehen sind.

4. Dienstgeberbeitrag und Zuschlag sind Selbstbemessungsabgaben. Für sie gilt § 201 BAO (gegenständlich noch in der Fassung vor dem Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002; vgl. § 323 Abs. 11 BAO), wonach ein Abgabenbescheid nur zu erlassen ist, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Da sich die Selbstberechnung der von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin geschuldeten Dienstgeberbeiträge samt Zuschlag jedenfalls deswegen als unrichtig erwiesen hatte, weil sie die Bezüge ihrer wesentlich beteiligten Geschäftsführer diesen lohnabhängigen Abgaben nicht unterworfen hatte, lagen die Voraussetzungen zur Erlassung eines solchen Abgabenbescheides vor.

Festsetzungsbescheide nach § 201 BAO haben aber die gesamte Abgabe festzusetzen und nicht bloß die Nachforderung zu enthalten, um welche sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2004, 2002/13/0118, und vom 28. Mai 2008, 2005/15/0155). Dem entgegen hat das Finanzamt in seinen eingangs dargestellten Bescheiden die Beschwerdeführerin jeweils zur Nachzahlung eines bestimmten Betrages an Dienstgeberbeitrag (samt Zuschlag) verpflichtet. Damit ist das Finanzamt seiner Pflicht zur einheitlichen Festsetzung der Abgaben nicht nachgekommen.

Die belangte Behörde hat diese Rechtswidrigkeit der erstinstanzlichen Abgabenfestsetzung, die der Sache nach mit der Rüge, die belangte Behörde habe einen Antrag auf Rückerstattung von für die Jahre 1996 bis 1999 zu viel bezahltem Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag nicht behandelt, auch in der Beschwerde geltend gemacht wird, nicht aufgegriffen. Sie ist überdies nicht auf das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen, Zahlungen, die in den Jahren 1996 bis 1998 bilanziert worden seien, seien erst im Folgejahr an die Geschäftsführer tatsächlich erfolgt. Von daher - und in Anbetracht des Umstandes, dass das Finanzamt von der ihm durch § 201 letzter Satz BAO (in der hier noch anzuwendenden Fassung) eingeräumten Möglichkeit, innerhalb derselben Abgabenart die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammenzufassen, nur jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr Gebrauch gemacht hat - erweist sich auch der Beschwerdeeinwand, es seien falsche Bemessungsgrundlagen herangezogen worden, weil wesentliche Teile der Zahlungen an die Geschäftsführer nicht im jeweiligen Jahr, sondern erst bei Bilanzerstellung im Folgejahr gewährt worden seien, als berechtigt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 4. Juni 2009

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