Normen
BAO §198;
BAO §201;
LAO NÖ 1977 §150;
LAO NÖ 1977 §153 Abs2;
BAO §198;
BAO §201;
LAO NÖ 1977 §150;
LAO NÖ 1977 §153 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Verbandsobmann der mitbeteiligten Partei erließ gegen die Beschwerdeführerin den Abgabenbescheid vom 21. November 2003 mit folgendem Spruch:
"Gemäß § 153 Abs. 2 der NÖ. Abgabenordnung 1977, LGBl. 3400 i. d.g.F., in Verbindung mit § 11 Abs. 3 des Kommunalsteuergesetzes 1993, BGBl. Nr. 819/1993, i.d.g.F., wird der (Beschwerdeführerin) für die in der Stadtgemeinde T. gelegene Betriebsstätte für den Zeitraum 1.1.1998 bis 31.12.2002 die Kommunalsteuer wie folgt festgesetzt:
Zeitraum | Bemessungsgrundlage lt. Erklärung EUR | Bemessungsgrundlage lt. Überprüfung EUR | Differenz EUR | davon 3 % Kommunalsteuer EUR |
1998-2002 | 931.170,00 | 1.546.891,26 | 615.721,26 | 18.471,64 |
In Anrechnung der erklärten und entrichteten Kommunalsteuer von EUR 27.535,10 ergibt sich eine Nachforderung von EUR 18.471,64. Gemäß § 165 und § 167 NÖ Abgabenordnung wird ein Säumniszuschlag von 2 % des nicht fristgerecht entrichteten Betrages, das sind EUR 369,44 vorgeschrieben.
Der offene Betrag von EUR 18.841,08 (Kommunalsteuer EUR 18.471,64 Säumniszuschlag EUR 369,44) ist binnen einem Monat nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten und mit beiliegendem Erlagschein einzuzahlen."
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Abfallwirtschaft und Abgabeneinhebung im Verwaltungsbezirk Baden vom 29. November 2004 als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Berufungsbescheid erhob die Beschwerdeführerin das außerordentliche Rechtsmittel der Vorstellung.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, bei einer im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben durchgeführten Kommunalsteuerprüfung seien hinsichtlich Kommunalsteuer für die Streitjahre gegenüber den vorgelegten Selbstbemessungserklärungen abweichende Bemessungsgrundlagen festgestellt worden. Die Abweichungen ergäben sich insbesondere aus der Einbeziehung der Bezüge des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers der Beschwerdeführerin in die Bemessungsgrundlage.
Mit dem Abgabenbescheid des Obmannes der mitbeteiligten Partei sei die Kommunalsteuer neu festgesetzt worden. Daraus ergebe sich eine Nachforderung zuzüglich eines Säumniszuschlages. Zur Begründung sei im Wesentlichen auf das Ergebnis der durchgeführten Abgabennachschau verwiesen worden.
In der Berufung habe die Beschwerdeführerin das Ausscheiden der Geschäftsführerbezüge aus der Bemessungsgrundlage beantragt.
Die Berufungsbehörde habe der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung sei umfangreich ausgeführt worden, dass hinsichtlich der Geschäftsführertätigkeit für die Beschwerdeführerin nicht ersichtlich sei, dass der Geschäftsführer das volle Unternehmerwagnis trage. Auch sei der Geschäftsführer organisatorisch in den Betrieb eingegliedert.
Nach Zitierung von Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde weiters aus, der Geschäftsführer sei wesentlich beteiligter Gesellschafter der Beschwerdeführerin.
Nach Wiedergabe von Rechtssätzen aus dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, führte die belangte Behörde aus, in der Vorstellung werde nicht bestritten, dass der Geschäftsführer kontinuierlich über einen längeren Zeitraum (insbesondere über die Dauer des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes) die Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen habe. Dadurch sei im Sinne des zitierten Erkenntnisses eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes für den wesentlich beteiligten Geschäftsführer das Merkmal der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin zweifelsfrei gegeben. Die vorgetragenen Argumente, insbesondere hinsichtlich des Unternehmerrisikos, gingen daher mangels diesbezüglicher Relevanz ins Leere. Auch komme der Bezeichnung des Vertragsverhältnisses als Werkvertrag für Zwecke der steuerlichen Beurteilung keine Bedeutung zu.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 26. September 2005, B 733/05, ab und trat sie mit weiterem Beschluss vom 12. Dezember 2005 antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 1 Kommunalsteuergesetz 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.
Dienstnehmer sind nach § 2 leg. cit. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988. Die zuletzt genannten Personen sind nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 an einer Kapitalgesellschaft wesentlich (zu mehr als 25 % am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft) Beteiligte hinsichtlich ihrer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung.
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, werde das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandselement der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigt, dann könne sich der Ausdruck "alle" in der selben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG verweisenden -
Vorschrift (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie dem Fehlen eines Unternehmerrisikos und einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen.
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Berufungsbehörde habe eine Eingliederung gar nicht festgestellt (die belangte Behörde sei bloß Aufsichtsbehörde) ist aktenwidrig. Der Berufungsbescheid spricht (Seite 3 drittletzter Absatz) ausdrücklich davon, dass von einer organisatorischen Eingliederung in den Betrieb auszugehen sei. Die Beteiligung (zu 75 %) des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin wird nicht bestritten. Dass im Beschwerdefall einer der seltenen Ausnahmefälle vorliege, in denen ein Gesellschafter-Geschäftsführer nicht als Dienstnehmer seiner Gesellschaft anzusehen wäre, zeigt die Beschwerde nicht auf.
Von der nunmehr in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen Auslegung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 abzugehen, bieten die Beschwerdeausführungen keinen Anlass. Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Bestimmung des § 22 Z. 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 enthalte kein Tatbestandsmerkmal der Eingliederung, ist sie auf das Erkenntnis des verstärkten Senates zu verweisen, in dem die Erörterung dieses Problemkreises breiten Raum einnimmt. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich meint, die Unterscheidung von Geschäftsführern, die "eingegliedert" und solchen, die "nicht eingegliedert" sind, verstoße gegen Art. 18 B-VG, ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof ihre Bedenken nicht teilt, und ist sie hiezu auch auf den in dieser Rechtssache ergangenen Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, in dem dazu ausgeführt wird, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien - auch unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 2004, Zl. 2003/13/0018 - zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.
Soweit die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vorwirft, sie habe nicht berücksichtigt, dass der Kommunalsteuerbescheid keine ziffernmäßige Abgabenvorschreibung, sondern nur eine Nachforderung enthalte, die Kommunalsteuer auch rechnerisch falsch festsetze und die Rundungsvorschriften nicht beachte, ist sie im Recht.
Für das Verfahren hinsichtlich der Kommunalsteuer gilt die NÖ AO 1977. Nach deren § 153 Abs. 1 gilt, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung festgesetzt. Die Abgabenbehörde hat jedoch die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist und die Mängel vom Abgabepflichtigen nicht innerhalb einer angemessenen Frist behoben werden (§ 153 Abs. 2 NÖ AO 1977). Nach § 150 Abs. 2 leg. cit. haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verschiedenen Landesabgabenordnungen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1993, 90/17/0406) und zur BAO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, 2002/13/0118) hat sich die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe, wenn sich die Selbstbemessung als unvollständig oder unrichtig erweist, auf die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf die restliche Abgabenforderung zu erstrecken. Dies ergibt sich im vorliegenden Fall aus der zitierten Anordnung des § 153 Abs. 2 NÖ AO 1977, dass die Abgabenbehörde die Abgabe mit Bescheid festzusetzen hat.
Der Spruch des Abgabenbescheides der Abgabenbehörde erster Instanz entspricht nicht den Voraussetzungen des § 150 Abs. 2 NÖ AO 1977. Diesem Spruch kann zwar im Einleitungssatz die Abgabenart (Kommunalsteuer) und in dem in Form eines Kästchens gehaltenen Abspruch die Bemessungsgrundlage und der Prozentsatz der davon zu berechnenden Kommunalsteuer entnommen werden. Die Höhe der Kommunalsteuer ist aber hier nicht angeführt. Aus der Reihenfolge der Kästchen ist nämlich zu erschließen, dass die Kommunalsteuer lediglich von der Differenz der Bemessungsgrundlagen und nicht von der maßgebenden Bemessungsgrundlage selbst festgesetzt wird.
Die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe ergibt sich zwar aus dem folgenden Satz, wonach sich in Anrechnung der erklärten und entrichteten Kommunalsteuer von EUR 27.535,10 eine Nachforderung von EUR 18.471,64 ergebe. Die Summe der hier angeführten erklärten und entrichteten Abgabe von EUR 27.535,10 und der Nachforderung von EUR 18.471,64 beträgt EUR 46.006,74.
Diese durch Addition der bereits entrichteten und der nachzufordernden Abgabe zu ermittelnde Höhe der Abgabe steht mit der unter Zugrundelegung der in den Kästchen zuvor enthaltenen Angaben im Widerspruch. Die Höhe der Abgabe nach den Faktoren des Kästchens, also 3 % von der Bemessungsgrundlage laut Überprüfung, nämlich in der Höhe von EUR 1,546.891,26, ergibt EUR 46.406,74. Die Höhe der Abgabe lässt sich daher aus dem Spruch in zwei unterschiedlichen Beträgen errechnen. Dieser Widerspruch im Spruch führt zu einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Abgabenbescheides, die letztlich auch von der belangten Behörde aufzugreifen gewesen wäre. Dazu kommt, dass der Abgabenbescheid auch die Rundungsvorschriften des § 155 NÖ AO 1977 nicht beachtet.
Soweit die Beschwerdeführerin meint, der Abgabenbescheid verstoße auch dadurch gegen das Gesetz, weil er über Abgaben aus mehreren Jahren erkenne, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Rechtsansicht im Gesetz keine Deckung findet. Dem § 150 NÖ AO 1977 lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass die Abgabenvorschreibung für einen größeren - etwa einen einer abgabenbehördlichen Prüfung zu Grunde gelegten - Zeitraum nicht in einem Abgabenbescheid erfolgen könnte. Die gewählte Vorgangsweise der Abgabenbehörde erscheint auch im Hinblick auf verwaltungsökonomische Überlegungen unbedenklich (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1993, 90/17/0406).
Aus den zuvor dargelegten Erwägungen aber ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Mai 2008
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