VwGH 2006/08/0314

VwGH2006/08/031417.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der D GmbH in Wien, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. September 2006, Zl. LGSW/Abt. 3- AlV/05661/2006-550, betreffend Altersteilzeitgeld, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGG §63 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGG §63 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Esteplatz (in der Folge AMS Esteplatz), vom 25. August 2004 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. März 2003 auf Gewährung von Altersteilzeitgeld ab dem 1. Jänner 2003 für ihren Arbeitnehmer F, geboren am 11. Februar 1945, gemäß § 27 iVm § 79 Abs. 73 AlVG keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, dass der Antrag am 12. Juli 2004, dem Tag der persönlichen Einreichung, beim AMS Esteplatz eingelangt sei. Ab 1. Jänner 2004 seien die neuen Regelungen des § 27 AlVG für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen bzw. des Umfanges für die Zuerkennung von Altersteilzeitgeld heranzuziehen. Das Einbringungsdatum sei maßgeblich für die Zuerkennung bzw. Ablehnung, und zwar auch bei laut Antragsformblatt wunschgemäß dem 1. Jänner 2004 vorgelagertem Beginn der Tätigkeit im Rahmen von Altersteilzeit. Im Falle der Einbringung eines Antrages auf Altersteilzeit mit bzw. ab dem 1. Jänner 2004 könne die bis 31. Dezember 2003 gültige Fassung des § 27 AlVG nicht mehr zu Anwendung gelangen. Mangels Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen des § 27 AlVG idF BGBl. I Nr. 71/2003 sei der Antrag infolge verspäteter Einreichung abzulehnen.

In ihrer dagegen eingebrachten Berufung legte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dar, Herr F befinde sich auf Grund einer Vereinbarung vom 18. Dezember 2002 seit 1. Jänner 2003 "in Altersteilzeit". Der Antrag auf Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes sei von der Leiterin der Gehaltsverrechnung Frau L bei der F GmbH am 21. März 2003 dem Arbeitsmarktservice auf dem Postweg übermittelt worden. Die Urgenz der Erledigung sei von Frau L "im Outlook" vorgemerkt worden. Nach einer Urgenz einer Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin bei Frau L habe sich diese beim AMS Esteplatz hinsichtlich des ausstehenden Bescheides erkundigt. Die Antwort der zuständigen Bearbeiterin habe dahingehend gelautet, dass derzeit sehr viele Anträge zu bearbeiten seien und es noch vier bis fünf Wochen dauern könne. Dass der gegenständliche Antrag nicht eingelangt sei, sei zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt worden. Mitte September habe Frau L das AMS Esteplatz erneut telefonisch kontaktiert. Herr O, ein Mitarbeiter des AMS Esteplatz, habe abermals um Geduld gebeten und erklärt, der Bescheid werde sobald wie möglich zugestellt werden. Im Rahmen des Jahresabschlusses seitens der Buchhaltung der Beschwerdeführerin sei Frau L darauf hingewiesen worden, dass das Arbeitsmarktservice noch immer kein Altersteilzeitgeld überwiesen habe. Frau L habe daraufhin abermals telefonisch beim AMS Esteplatz, Herrn T, urgiert. Dieser habe erstmals mitgeteilt, dass der Antrag auf Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes für Herrn F beim Arbeitsmarktservice nicht auffindbar sei. Dieses Telefonat habe bereits zu Beginn des Jahres 2004 stattgefunden. Herr T habe Frau L empfohlen, einen neuerlichen Antrag zu übermitteln, der umgehend erledigt werde. Sie habe die Dokumente abermals an das AMS Esteplatz übermittelt und in den folgenden Monaten wiederholt dort den ausstehenden Bescheid urgiert. Mehrmals sei ihr versichert worden, der Antrag sei in Bearbeitung. Am 19. April 2004 sei abermals telefonisch beim AMS Esteplatz urgiert worden. Frau Z habe Frau L mitgeteilt, dass sie derzeit keinen Antrag auf Altersteilzeitgeld für Herrn F finde. Am 23. April 2004 habe Frau Z Frau L mitgeteilt, sie solle erneut eine Kopie des ersten Antrages übermitteln, sollte der Antrag bis 26. April 2004 nicht auffindbar sein. Weiters habe sie mitgeteilt, dass der ausstehende Betrag selbstverständlich überwiesen werde, da es sich anscheinend um ein Problem im Postweg beim Arbeitsmarktservice gehandelt habe und der Erstantrag rechtzeitig im März 2003 übermittelt worden sei. Am 12. Juli 2004 sei der Antrag sodann persönlich von Frau L an Frau Z übergeben worden.

Der Berufung beigeschlossen war unter anderem eine eidesstättige Erklärung von Frau L, dass sie den Antrag auf Gewährung von Altersteilzeitgeld ab dem 1. Jänner 2003 für Herrn F am 21. März 2003 dem AMS Esteplatz auf dem Postweg übermittelt habe. In mehrmaligen telefonischen Urgenzen sei ihr seitens des Arbeitsmarktservice versichert worden, der Antrag sei in Bearbeitung. Erst im Jahr 2004 sei ihr erstmals mitgeteilt worden, der Antrag sei nicht auffindbar. In darauffolgenden Telefonaten sei ihr die Auskunft erteilt worden, der Antrag werde positiv erledigt werden, da es sich anscheinend um ein Problem im Postweg beim Arbeitsmarktservice gehandelt habe und der Erstantrag rechtzeitig im März 2003 übermittelt worden sei. Frau L wäre daher als Zeugin einzuvernehmen.

Im Akt befindet sich ein Aktenvermerk der belangten Behörde vom 30. November 2004 über ein Telefonat mit Frau Z. Diese habe mitgeteilt, dass sie sich an Gespräche mit Frau L insofern erinnern könne, als es im Zusammenhang mit diversen Anträgen auf Altersteilzeit zu Urgenzen gekommen sei, da die F GmbH keinen Überblick mehr über die Anträge gehabt habe und ein ziemliches Durcheinander geherrscht habe. Die F GmbH habe "einen Sauhaufen" gehabt. Eine Auskunft von Frau Z, bestimmte Anträge würden positiv erledigt, ohne dass sie tatsächlich nachweislich beim Arbeitsmarktservice eingelangt seien, habe diese dezidiert ausgeschlossen und betont, dass eine derartige Vorgangsweise von ihr niemals gebilligt worden wäre, da sie gesetzwidrig wäre. Richtig sei allerdings die Zusage, man werde nach bestimmten Anträgen, deren Versendung an das Arbeitsmarktservice behauptet worden sei, suchen. Es habe mehrere Telefonate von Frau Z mit Frau L gegeben. Man habe Anträge gefunden; bei denen, die nicht aufgetaucht seien, habe sie eben nicht helfen können. Sie könne zwar natürlich nicht völlig ausschließen, dass Anträge beim Arbeitsmarktservice verloren gegangen seien, halte das aber für nicht wahrscheinlich. Richtig sei, dass Ende 2003 noch eine Vielzahl von Anträgen eingebracht worden sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 2005 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. In der Bescheidbegründung wurde festgestellt, dass der mit 21. März 2003 datierte Antrag auf Zuerkennung von Altersteilzeitgeld für Herrn F am 12. Juli 2004 beim AMS Esteplatz eingelangt sei. Der Antrag sei persönlich von Frau L abgegeben worden. Hinweise, dass dieser Antrag bereits vor dem 1. Jänner 2004 an das Arbeitsmarktservice gesandt oder dort abgegeben worden wäre, lägen nicht vor. Insbesondere sei von der beschwerdeführenden Partei auch kein Beleg darüber vorgelegt worden, dass sie den Antrag nachweislich versandt hätte. Der Antrag auf Altersteilzeitgeld betreffe einen Zeitraum, der vor dem 1. Jänner 2004 begonnen habe, und wäre daher auch vor diesem Datum einzubringen gewesen. Da er aber erst am 12. Juli 2004 beim Arbeitsmarktservice eingelangt sei, sei seine Abweisung zu Recht erfolgt. Belege darüber, dass die Beschwerdeführerin den Antrag bereits vor dem 1. Jänner 2004 beim Arbeitsmarktservice eingebracht oder an dieses abgesandt habe, seien nicht vorgelegt worden. Nicht eingeschriebene bzw. nachweislich versandte Poststücke reisten auf Gefahr des Versenders.

Mit Erkenntnis vom 15. Februar 2006, Zl. 2005/08/0105, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. In der Begründung verwies er zunächst auf die Rechtsprechung zur rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs auf Altersteilzeit im Hinblick auf § 79 Abs. 73 AlVG und führte dann im Wesentlichen aus, dass es sich bei der Frist des § 79 Abs. 73 AlVG um eine materiellrechtliche Frist handle. Es sei im vorliegenden Fall ausschließlich von Bedeutung, ob der Antrag schon vor dem 1. Jänner 2004 beim Arbeitsmarktservice eingelangt sei. Es sei zwar zutreffend, dass ein Anbringen nur dann als eingebracht gilt, wenn es bei der Behörde auch tatsächlich eingelangt ist, und dass der Absender die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an eine Behörde zu tragen hat. Dies gelte aber nicht auch für Aktenstücke, die erst nach ihrem Einlangen bei der Behörde in Verlust geraten seien. Diesfalls wäre der in Verlust geratene Aktenteil zu rekonstruieren. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin aber konkrete Behauptungen darüber aufgestellt, dass der Antrag beim Arbeitsmarktservice tatsächlich rechtzeitig eingelangt sei. Die belangte Behörde sei auf dieses Vorbringen nicht eingegangen und habe dazu keine Ermittlungen durchgeführt. Sie hätte aber auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin geeignete Ermittlungen darüber anstellen müssen, ob der Antrag bereits vor dem 1. Jänner 2004 beim Arbeitsmarktservice eingelangt ist. Sie hätte sich in diesem Zusammenhang jedenfalls auch mit der eidesstättigen Erklärung von Frau L, nach welcher der Antrag entsprechend eingelangt und dies von Mitarbeitern des Arbeitsmarktservice im Laufe des Jahres 2003 auch bestätigt worden sei, in der Beweiswürdigung auseinandersetzen müssen. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen darzulegen, welche Vorkehrungen seitens des Arbeitsmarktservice getroffen worden seien, um eine lückenlose Erfassung von Poststücken gerade auch dann zu gewährleisten, wenn deren Bearbeitung längere Zeit hindurch noch nicht möglich sei. Hätte die belangte Behörde diesbezügliche Ermittlungen angestellt und wäre sie ihrer Begründungspflicht nachgekommen, hätte sie zu einem anderen Bescheid kommen können.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach ergänzenden Ermittlungen über die Aktenbehandlung im AMS Esteplatz der Berufung wiederum keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen folgendes aus:

"Am 12.7.2004 langte beim Arbeitsmarktservice Ihr mit 21.3.2003 datierter Antrag auf Zuerkennung von Altersteilzeitgeld für Ihren Mitarbeiter Herrn F ein. Der Antrag wurde persönlich von Ihrer Mitarbeiterin Frau L beim Arbeitsmarktservice Esteplatz abgegeben.

Hinweise, dass dieser Antrag bereits vor dem 1.1.2004 an das Arbeitsmarktservice gesandt oder dort abgegeben worden wäre, lagen nicht vor. Insbesondere wurde von Ihnen auch kein Beleg darüber vorgelegt, dass Sie Ihren Antrag nachweislich versandt hätten.

Herr O, den Sie in Ihrer Berufung zitieren, der Frau L angeblich im September 2003 die Auskunft erteilt habe, der Altersteilzeitgeld-Antrag betreffend Herrn Fazekas sei beim Arbeitsmarktservice eingegangen, ist in der Abteilung 2b (zuständig für Altersteilzeitgeldanträge für die Geburtsmonate 7 bis 13) beschäftigt und war in den Jahren 2003/2004 Abteilungsleiter der Abt 2 b des Arbeitsmarktservice Esteplatz. Herr F ist im Februar geboren und fällt somit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Herrn O. Wechselseitige Vertretungsregelungen zwischen den Abteilungen 2a und 2b finden nicht statt. Vertretungen erfolgen nur abteilungsintern.

Einlangende Altersteilzeitgeldanträge wurden bis zum November 2003 taggleich, also am Tag des Einlangens beim Arbeitsmarktservice in Bearbeitung genommen. Dies erfolgt entweder durch Anlegen eines Leistungsaktes, wenn noch vorerhebende Maßnahmen erforderlich waren, und wenn diese vorerhebenden Maßnahmen abgeschlossen sind, durch Erstellung eines Auslöserdokuments in der EDV, ohne das keinerlei EDV mäßige Veranlassung getroffen werden kann. Vorerst ist abzuklären, ob für den Dienstnehmer bereits ein Antrag eingebracht wurde, ob die Sozialversicherungsnummer stimmt bzw. für einen Dienstnehmer nicht zwei Sozialversicherungsnummern vergeben wurden (beides um Doppelanträge zu vermeiden). Anträge auf Altersteilzeitgeld werden vonseiten des Arbeitsmarktservice sodann dahingehend unterteilt, ob für den entsprechenden Dienstnehmer bereits ein Leistungsakt bei einer regionalen Geschäftsstelle besteht oder nicht. Falls bereits ein Leistungsakt in einer anderen regionalen Geschäftsstelle vorhanden ist, muss dieser angefordert und eine Freigabe für dessen Bearbeitung durch das Arbeitsmarktservice Esteplatz angefordert werden. Falls der Leistungsakt bei der regionalen Geschäftsstelle Esteplatz aufliegt, kann er weiter bearbeitet werden, falls noch kein Leistungsakt vorhanden ist, hat das Arbeitsmarktservice Esteplatz einen solchen anzulegen. Alle diese Veranlassungen erfolgen über die Sozialversicherungsnummer des jeweiligen Dienstnehmers, setzen ein so genanntes Auslöserdokument voraus, welches in der EDV nachvollziehbar wäre. Im Fall des Herrn F wurde dieses Auslöserdokument erst am 25.8.2004 erstellt. Diese späte Erstellung erklärt sich daraus, dass vonseiten der Frau L behauptet worden war, dass bereits ein Antrag auf Altersteilzeitgeld für Herrn F eingebracht worden sei. Dies führte dazu, dass das Arbeitsmarktservice Esteplatz sämtliche Akten der (Beschwerdeführerin) in einen Raum schaffte um nochmals zu überprüfen, ob möglicherweise irrtümlicherweise der Antrag des Herrn F in einen anderen Altersteilzeitgeldakt eingereiht worden war. Das war nicht der Fall.

...

Wie Frau Z, die für die Bearbeitung des Antrages auf Altersteilzeitgeld für Herrn F zuständige Abteilungsleiterin der Abt. 2a des Arbeitsmarktservice Esteplatz erklärte, bestand keine Notwendigkeit zur gesonderten Erfassung von Altersteilzeitgeldanträgen, da diese, ebenso wie alle anderen Poststücke taggleich bearbeitet wurden, und zumindest zu einer Erstveranlassung führten. Es existierten somit zu keiner Zeit Anträge, in denen nicht entweder ein Leistungsakt angelegt oder eine in der EDV dokumentierte Erstveranlassung getroffen worden war. Zusagen, dass der Antrag für Herrn F 2003 beim Arbeitsmarktservice eingelangt sei, wurden nicht gemacht.

Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien folgte bei ihrer Entscheidung im Wesentlichen den Angaben der Frau Z, die nachvollziehbar die Vorgangsweise beim Umgang mit Altersteilzeitgeldanträgen erläuterte und auch glaubhaft dartun konnte, dass Gespräche zwischen ihr und Frau L stattgefunden haben, in denen die Rede davon war, dass die Bearbeitung von Anträgen noch dauern werde. Allerdings war der Grund für die Verzögerung eine durch eine Weisung der Bundesgeschäftsstelle verursachte Verfahrensverzögerung und nicht die Unauffindbarkeit von Anträgen. Bei der von Frau Z geschilderten Vorgangsweise erscheint es auch unwahrscheinlich, dass Frau L im konkreten berufungsgegenständlichen Fall die Auskunft erhalten hat, der Antrag F sei beim Arbeitsmarktservice eingelangt, da sich weder in den chronologisch über EDV geführten Aufzeichnungen des Arbeitsmarktservice irgendein Hinweis findet, dass vor dem 12.7.2004 der Antrag F eingelangt ist, noch ein Leistungsakt existierte. Es erschien der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien daher die Version der Frau Z glaubhafter, weil mit der geschilderten Verfahrensweise in Einklang stehend.

Eine Einvernahme der Frau L konnte unter den gegebenen Umständen unterbleiben, da auch vonseiten des Arbeitsmarktservice nicht in Frage gestellt wird, dass Frau L den Antrag zur Post gegeben hat. Diese Frage ist jedoch in diesem Zusammenhang unerheblich, da der Antrag nie beim Arbeitsmarktservice Esteplatz eingelangt ist. Fragen bzw. Besprechungen zur Verfahrensdauer fanden statt, allerdings nicht wegen der Anzahl der Anträge, sondern nachdem die Bundesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Weisung erlassen hatte, dass Altersteilzeitgeld erst nach Vorliegen einer Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt über den konkreten Pensionsstichtag ausbezahlt werden durfte. Dadurch kam es zu einer empfindlichen Verlängerung der Verfahrensdauer. Die Zusage der Frau Z bei mehreren Telefonaten, die Frau Z auch nicht bestreitet, eingebrachte Anträge würden noch dauern, dürfte Frau L missverstanden und als Bekräftigung dafür, dass konkrete Anträge auch beim Arbeitsmarktservice eingegangen seien, missgedeutet haben.

Gespräche mit Herrn O, wie in der Berufung behauptet, fanden überhaupt in Angelegenheiten F nicht statt, da Herr O der Antrag auf Altersteilzeitgeld für Herrn F nicht in dessen Zuständigkeit fällt."

Da für ein Einlangen des Antrags vor dem 12. Juli 2004 keine nachvollziehbaren Beweise vorlägen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Bezug auf die Voraussetzungen für die Gewährung von Altersteilzeitgeld kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das im ersten Rechtsgang ergangene hg. Erkenntnis vom 15. Februar 2006, Zl. 2005/08/0105, verwiesen werden.

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Erfolgt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatbestandsermittlungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes darin, dass die belangte Behörde nunmehr jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2002, Zl. 2002/08/0042, mwN).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist -

die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. ihr mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das z.B. hg. Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0271, mwN).

Die von der belangte Behörde vorgenommenen ergänzenden Ermittlungen entsprechen den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes aus dem ersten Rechtsgang, ihr Ergebnis wurde von der belangten Behörde schlüssig und vollständig dargelegt und begründet und ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht aktenwidrig:

Die belangte Behörde stellte fest, dass Herr O für den Akt betreffend Herrn F nicht zuständig war und dass auch in der EDV kein Eintrag über den Antrag vorhanden war. Es ist nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde - vor dem Hintergrund, dass die beschwerdeführende Partei zahlreiche weitere Anträge, andere Dienstnehmer betreffend, beim AMS Esteplatz eingebracht hatte - daraus ableitete, dass Herr O keine konkreten Angaben zum Antrag betreffend Herrn F gemacht hat. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, hat Frau L mehrmals telefonisch "urgiert". Es ist nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde angesichts von "Urgenzen" davon ausgeht, dass Herr O und andere Mitarbeiter des AMS Esteplatz nur Hinweise allgemeiner Art gegeben haben, dass Anträge, die tatsächlich eingelangt sind, bald erledigt würden. Bei einer "Urgenz" kann nämlich davon ausgegangen werden, dass sich diese auf die Aktenbehandlung bezieht, also voraussetzt, dass sich der Antrag im Gestionsbereich des AMS Esteplatz befindet und nicht auch schon dieser Umstand in Frage steht.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Feststellungen bezüglich der vollständigen Erfassung von Posteingangsstücken aufgrund der im Aktenvermerk vom 30. November 2004 wiedergegebenen Aussagen von Frau Z aktenwidrig seien, da diese angegeben habe, dass "Akten gefunden" worden seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass Frau Z auch diese Äußerung im Zusammenhang mit "Urgenzen" getätigt hat, wobei nicht gesagt wurde, was unter dem "Finden" von Akten zu verstehen sei. In diesem Kontext ist es schlüssig, wenn die belangte Behörde annimmt, dass es aufgrund von Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung zu "Urgenzen" kam und dass daher die entsprechenden Akten (aus den eingelangten Akten) herausgesucht und eingelangte Anträge so auch "gefunden" wurden. Diese Annahme widerspricht nicht der festgestellten Aktenbehandlung.

Die Beschwerdeführerin rügt, dass zur vollständigen Klärung des Sachverhalts weitere Mitarbeiter des AMS Esteplatz hätten befragt werden müssen. Es ist aber nicht ersichtlich, was Herr T zur im vorliegenden Verfahren relevanten Frage des Einlangens noch im Jahre 2003 hätte beitragen können, da die behaupteten Gespräche mit ihm bereits nach den Ausführungen in der Berufung erst später, nämlich im Jahre 2004 stattfanden. Das Unterbleiben der Einvernahme von Frau I und Frau K führt schon deshalb nicht zu einem relevanten Verfahrensmangel, da es im gegebenen Zusammenhang nur um die Frage des Einlangens des Antrages betreffend Herrn F geht, die taggleiche Behandlung von eingelangten Anträgen, zu der die genannten Mitarbeiterinnen des Arbeitsmarktservice nach Ansicht der Beschwerdeführerin hätten befragt werden sollen, aber dafür keine Relevanz hat. Wenn kein EDV-Akt angelegt worden ist, ist unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde festgestellten Bearbeitungsabläufe die Annahme schlüssig, dass ein Antrag nicht eingelangt ist. Auch deshalb ist die Einvernahme der Sachbearbeiterinnen bzw. die Aufnahme weiterer Beweise darüber, wie und ob Frau Z die Aktenbearbeitung kontrollierte, im vorliegenden Zusammenhang entbehrlich gewesen.

Schließlich ist es auch schlüssig anzunehmen, dass der Antrag für Herrn F, wenn er tatsächlich eingelangt wäre, "gefunden" worden wäre, weil alle eingelangten Anträge der Beschwerdeführerin zur nochmaligen Kontrolle "in einen Raum geschafft" und durchgesehen wurden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Oktober 2007

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