VwGH 2006/08/0274

VwGH2006/08/02749.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. August 2006, Zl. MA 15-II-2- 7123/2006, betreffend Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. JF in W, 2. B-AG in W, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifter Straße 65-67, 4. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §49 Abs3 Z7;
ASVG §49 Abs3 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der beschwerdeführenden Partei vom 14. April 2006 wurde ausgesprochen, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Beschäftigung bei der zweitmitbeteiligten Partei auch in der Zeit vom 16. Oktober 2005 bis zum 15. April 2006 der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliege. Begründend führte die beschwerdeführende Partei aus, dass die Erstmitbeteiligte durch die zweitmitbeteiligte Partei ab 1. Juli 2004 als Angestellte zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Am 15. Juni 2005 sei die Erstmitbeteiligte per 15. Oktober 2005 gekündigt und in der Folge mit 15. Oktober 2005 von der Sozialversicherung abgemeldet worden. Gegen die Kündigung habe die Erstmitbeteiligte am 21. Juni 2005 Klage vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien erhoben. Anlässlich der Tagsatzung vom 20. Dezember 2005 sei zwischen den Streitparteien ein Vergleich abgeschlossen worden, wonach sich die zweitmitbeteiligte Partei verpflichtet habe, zusätzlich zu der bereits gezahlten Abfertigung eine freiwillige Abfertigung im Ausmaß von sechs Monatsgehältern von insgesamt EUR 22.698,-- brutto bis längstens 31. Jänner 2006 zu bezahlen. Weiters sei festgelegt worden, dass mit diesem Vergleich sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis bereinigt und verglichen seien. Auf Grund dieses Vergleichs und des darin vereinbarten Vergleichsbetrages seien durch die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse für die Erstmitbeteiligte auch in der Zeit vom 16. Oktober 2005 bis 15. April 2006 Versicherungszeiten festgestellt worden. Die Erstmitbeteiligte habe ausgeführt, dass es sich beim Vergleichsbetrag nicht um eine Kündigungsentschädigung, sondern um eine freiwillige Abfertigung handle.

In rechtlicher Hinsicht führte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse im erstinstanzlichen Bescheid aus, dass sich nach § 11 Abs. 2 ASVG, wenn ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich über den dem Dienstnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses gebührenden Arbeitslohn oder Gehalt abgeschlossen werde, die Pflichtversicherung um den Zeitraum verlängere, der durch den Vergleichsbetrag (Pauschbetrag) nach Ausscheidung allfälliger, gemäß § 49 nicht zum Entgelt im Sinne dieses Bundesgesetzes gehörender Bezüge, gemessen an den vor dem Austritt aus der Beschäftigung gebührenden Bezügen, gedeckt sei. Gemäß § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG würden Vergütungen, die aus Anlass der Beendigung des Dienst(lehr)verhältnisses gewährt werden, wie z.B. Abfertigungen, Abgangsentschädigungen, Übergangsgelder, nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 ASVG gelten.

Aus Anlass der Beendigung des gegenständlichen Dienstverhältnisses sei "die gesetzliche Abfertigung" ausbezahlt worden, welche auch "sozialversicherungsfrei" sei. Es sei jedoch ein Prozess geführt und am 20. Dezember 2005 ein Vergleich abgeschlossen worden. Der Zweck des Vergleichs sei offensichtlich darin gelegen, das Risiko eines Erfolgs der Erstmitbeteiligten im Kündigungsverfahren mit all seinen Nebenwirkungen auszuschließen. In einem solchen Fall lägen mittelbar strittige Ansprüche aus dem beendeten Dienstverhältnis vor. Ein Vergleich über solche Ansprüche stelle daher einen Vergleich über strittige Entgeltansprüche nach Beendigung des Dienstverhältnisses dar und sei jedenfalls nach § 11 Abs. 2 ASVG zu beurteilen. Von einer freiwilligen Abfertigung könne in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Der Vergleichsbetrag habe nur dazu gedient, die endgültige Wirksamkeit der Kündigung abzusichern. Im gegenständlichen Fall sei davon auszugehen, dass vor Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung für den Fall der Beendigung nicht vereinbart worden sei und dass eine solche nach Kollektivvertrag oder Gesetz auch nicht gebührt habe. Ein sachlicher Grund für die Zahlung einer Abfertigung liege demnach nicht vor und die Beendigung des Dienstverhältnisses habe demnach nicht das anspruchsauslösende Moment für die im Vergleichstext angeführte "freiwillige Abfertigung" im Sinne der Rechtsprechung sein können. Der im Vergleich vom 20. Dezember 2005 angeführte Betrag sei daher nicht als Vergütung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG zu qualifizieren, weshalb sich gemäß § 11 Abs. 2 ASVG der Zeitraum des gegenständlichen Pflichtversicherungsverhältnisses um den Zeitraum, der durch diesen Vergleichsbetrag gedeckt sei, verlängere. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse habe diesen Vergleichsbetrag unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlagen in allgemeine Beitragsgrundlagen und in Beitragsgrundlagen für Sonderzahlungen den Beitragszeiträumen November 2005 bis April 2006 zugeordnet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Erstmitbeteiligte Einspruch, in dem sie ausführte, dass sie bereits beginnend seit 1. Juni 1985 beim Vorgängerunternehmen der Zweitmitbeteiligten angestellt gewesen sei. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse hätte die im Vergleich vorgenommene Widmung des Betrages als Abfertigung übernehmen müssen, insbesondere im Hinblick auf die im arbeitsgerichtlichen Prozess zwischen den dortigen Streitteilen strittige Dauer des Dienstverhältnisses, aus welcher sich eine Abfertigung von 9 Monaten ergeben würde, sowie auch des Umstandes, dass spätestens ab dem Zeitpunkt 15. Jänner 2006 eine Kündigungsentschädigung wegen Eingehens eines neuen Dienstverhältnisses durch die Erstmitbeteiligte gar nicht mehr zustehen könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch der Erstmitbeteiligten stattgegeben und festgestellt, dass diese auf Grund ihrer Beschäftigung bei der zweitmitbeteiligten Partei in der Zeit vom 16. Oktober 2005 bis zum 15. April 2006 nicht der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG i.V.m. § 11 Abs. 1 und 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges sowie der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen aus, dass die Erstmitbeteiligte am 15. Juni 2005 gekündigt worden sei. Sie habe gegen die Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht Wien am 21. Juni 2005 Klage mit dem Begehren eingebracht, dass die mit 15. Juni 2005 ausgesprochene Kündigung für rechtsunwirksam erklärt werde. Am 20. Dezember 2005 hätten die Erstmitbeteiligte und die zweitmitbeteiligte Partei einen Vergleich geschlossen, wonach sich die zweitmitbeteiligte Partei verpflichtet habe, zusätzlich zu der bereits bezahlten gesetzlichen Abfertigung eine freiwillige Abfertigung im Ausmaß von sechs Monatsgehältern von insgesamt EUR 22.698,-- brutto bis längstens 31. Jänner 2006 zu bezahlen. Mit diesem Vergleich seien sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis bereinigt und verglichen.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass die Behörden der Sozialversicherung bei der Feststellung der sich aus einer vergleichsweisen Vereinbarung ergebenden Ansprüche des Arbeitnehmers an den Wortlaut dieser Vereinbarung insoweit nicht gebunden seien, als Entgeltansprüche im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG allenfalls fälschlich als beitragsfreie Lohnbestandteile im Sinne des § 49 Abs. 3 ASVG deklariert würden. Derartige der Beitragsvermeidung dienende Fehlbezeichnungen seien schon deshalb unwirksam, weil § 11 Abs. 2 ASVG nur die Nichtberücksichtigung von gemäß § 49 nicht zum Entgelt gehörenden Bezügen erlaube. Es komme daher auch im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 ASVG nicht darauf an, welche Bezeichnung die Parteien im Vergleich wählten, sondern darauf, ob die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit tatsächlich vorlägen. Soweit die Feststellung der Beitragsfreiheit hinsichtlich eines bestimmten Betrages nicht möglich sei, liege im Zweifel jedenfalls beitragspflichtiges Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG vor. Wenn und insoweit aber die nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses noch offenen (strittigen) Ansprüche eines Arbeitnehmers tatsächlich teils aus beitragspflichtigen, teils aus beitragsfreien Entgeltbestandteilen bestünden, seien die Parteien eines darüber abgeschlossenen Vergleichs durch keine Rechtsnorm dazu verpflichtet, etwa die Anerkennung der Beitragspflichtigen und nicht der beitragsfreien Ansprüche zu vereinbaren. Die Vertragsparteien seien vielmehr in der Disposition über diese Ansprüche insoweit frei, als durchaus die Leistung der beitragsfreien Ansprüche vereinbart und auf die beitragspflichtigen Gehaltsbestandteile verzichtet werden könne. In einer aus Anlass der strittigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffenen abschließenden Regelung könnten die Parteien des Arbeitsverhältnisses sowohl die Art seiner Beendigung vereinbaren als auch sich über an sich unverzichtbare Ansprüche vergleichen. Eine Grenze fände diese Dispositionsbefugnis jedoch, wenn etwa ein höherer Betrag an beitragsfreien Ansprüchen verglichen worden wäre, als gemessen an den Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 ASVG tatsächlich zustünde.

Für eine Abgangsentschädigung nach § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG sei charakteristisch, dass sie dafür gewährt werde, dass ein Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis ausscheide oder von einer weiteren Prozessführung betreffend Fortbestehens des Dienstverhältnisses Abstand nehme. Unter dem Begriff "Abfertigung" sei nicht nur eine solche zu verstehen, auf die nach dem Angestelltengesetz ein gesetzlicher Anspruch bestehe, sondern es würden vielmehr auch darüber hinausgehende Abfertigungen unter diesen Abfertigungsbegriff fallen, die anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses auf Grund eines kollektivvertraglich oder einzelvertraglich begründeten Rechtsanspruchs oder - im Bereich des Sozialversicherungsrechtes - aus dem genannten Anlass bloß tatsächlich geleistet würden. Eine bloß freiwillige Abfertigung liege demnach dann vor, wenn eine solche ohne gesetzliche Verpflichtung aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistet werde und sie nach Voraussetzung und Höhe eine Ähnlichkeit mit dem in der Rechtsordnung herausgebildeten Typus der gesetzlichen Abfertigung habe.

Im Beschwerdefall sei es im arbeitsgerichtlichen Verfahren allein darum gegangen, ob eine bereits ausgesprochene Kündigung zu Recht erfolgt sei oder nicht. Gegenstand des Vergleiches seien keine strittigen Lohnzahlungen bzw. eine Kündigungsentschädigung oder Beendigungsansprüche gewesen. Der Vergleich habe deshalb allein die Funktion, eine weitere Prozessführung betreffend das Fortbestehen des Dienstverhältnisses zu verhindern. Wenn aber unter diesen Umständen ein Vergleich geschlossen werde, so sei die Zahlung des gegenständlichen Betrages nach der Rechtsprechung als Abgangsentschädigung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG anzusehen. Die "Einrechnung dieser Zahlung in das Entgelt nach § 11 Abs. 2 ASVG" sei somit zu Unrecht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt erklärte, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen. Die weiteren mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Abs. 1 und 2 des § 11 ASVG lauten:

"§ 11. (1) Die Pflichtversicherung der im § 10 Abs. 1 bezeichneten Personen erlischt, soweit in den Abs. 2 bis 6 nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ende des Beschäftigungs-, Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses. Fällt jedoch der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammen, so erlischt die Pflichtversicherung mit dem Ende des Entgeltanspruches.

(2) Wird ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich über den dem Dienstnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses gebührenden Arbeitslohn oder Gehalt abgeschlossen, so verlängert sich die Pflichtversicherung um den Zeitraum, der durch den Vergleichsbetrag (Pauschbetrag) nach Ausscheidung allfälliger, gemäß § 49 nicht zum Entgelt im Sinne dieses Bundesgesetzes gehörender Bezüge, gemessen an den vor dem Austritt aus der Beschäftigung gebührenden Bezügen, gedeckt ist. Die Pflichtversicherung besteht weiter für die Zeit des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) sowie für die Zeit des Bezuges einer Kündigungsentschädigung. Die zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig werdende pauschalierte Kündigungsentschädigung ist auf den entsprechenden Zeitraum der Kündigungsfrist umzulegen. Gebühren sowohl eine Kündigungsentschädigung als auch eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung), so ist zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitraumes zunächst die Kündigungsentschädigung heranzuziehen und im Anschluss daran die Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung). Wird Urlaubsabfindung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz gewährt, so ist für die Versicherung die Wiener Gebietskrankenkasse zuständig. Die Versicherung beginnt mit dem achten Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse folgt. Der Dienstgeberanteil (§§ 51 und 51b) ist von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse zu entrichten."

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

§ 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG sieht vor, dass Vergütungen, die aus Anlass der Beendigung des Dienst(Lehr)verhältnisses gewährt werden, wie zum Beispiel Abfertigungen, Abgangsentschädigungen, Übergangsgelder, nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 ASVG gelten.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2000/08/0045, m. w.N.) dargelegt, dass die Behörden der Sozialversicherung bei der Feststellung der sich aus einer vergleichsweisen Vereinbarung ergebenden Ansprüche des Arbeitnehmers an den Wortlaut dieser Vereinbarung insoweit nicht gebunden sind, als Entgeltansprüche im Sinn des § 49 Abs. 1 ASVG allenfalls fälschlich als beitragsfreie Lohnbestandteile im Sinne des § 49 Abs. 3 ASVG deklariert wurden. Derartige der Beitragsvermeidung dienende Fehlbezeichnungen sind schon deshalb unwirksam, weil § 11 Abs. 2 ASVG nur die Nichtberücksichtigung von gemäß § 49 ASVG nicht zum Entgelt gehörenden Bezügen erlaubt. Es kommt daher auch im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 ASVG nicht darauf an, welche Bezeichnung die Parteien im Vergleich wählen, sondern darauf, ob die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit tatsächlich vorliegen.

Die belangte Behörde hat daher die Verlängerung der Pflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 ASVG zutreffend nicht bereits auf Grund der Bezeichnung der vereinbarten und geleisteten Zahlung als (freiwillige) "Abfertigung" verneint.

3.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die die beschwerdeführende Partei in ihrer Beschwerde Bezug nimmt, ist für eine Abgangsentschädigung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG charakteristisch, dass sie dafür gewährt wird, dass ein Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis ausscheidet oder von einer weiteren Prozessführung betreffend das Fortbestehen des Dienstverhältnisses Abstand nimmt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2000/08/0045).

Die beschwerdeführende Partei führt dazu aus, dass der Vergleich zwischen den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien erst am 20. Dezember 2005 abgeschlossen worden sei, während die Dienstgeberkündigung bereits am 15. Juni 2005 ausgesprochen worden sei. Die Beendigung des Dienstverhältnisses könne daher nicht das anspruchsauslösende Moment für die gegenständliche Vergütung sein. Weiters könne es sich - entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde - "bei den vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang angeführten Verfahren betreffend das Fortbestehen des Dienstverhältnisses" nur um solche handeln, bei denen das Dienstverhältnis noch aufrecht sei (die beschwerdeführende Partei verweist dazu auf das hg. Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2005/08/0048). Der Zweck des gegenständlichen Vergleichs liege offensichtlich darin, das Risiko eines Erfolgs der Erstmitbeteiligten im Kündigungsanfechtungsverfahren "mit der unmittelbaren rechtlichen Konsequenz eines rückwirkenden Weiterbestandes des Dienstverhältnisses und der mittelbaren daraus resultierenden Ansprüche auf laufendes Entgelt, Sonderzahlungen, Urlaubsentgelt und Urlaubsentschädigung sowie auf Leistungen aus einer allenfalls späteren Beendigung des Dienstverhältnisses" auszuschließen. Insofern lägen in einem solchen Fall mittelbar strittige Ansprüche aus dem beendeten Dienstverhältnis vor, die nicht deshalb zu Ansprüchen aus einem laufenden Dienstverhältnis würden, weil sie bei einem für die Erstmitbeteiligte erfolgreichen Abschluss des Kündigungsanfechtungsverfahrens zu solchen geworden wären. Die beschwerdeführende Partei verweist dazu auf das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1996, Zl. 94/08/0122, in dem ihrer Ansicht nach klargestellt worden sei, dass, wenn die Auflösung eines Dienstverhältnisses nach einem Kündigungsanfechtungsprozess vergleichsweise gegen Zahlung einer pauschalen Abfindung akzeptiert werde, sich die Pflichtversicherung im Zweifel soweit verlängere, als mit ihr nicht gesetzliche, nicht als beitragspflichtiges Entgelt zu behandelnde Ansprüche abgegolten würden.

3.2. Diese Argumentation vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen:

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die von der beschwerdeführenden Partei zitierten Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1996, Zl. 94/08/0122, darauf beziehen, dass einer im dortigen Beschwerdefall als "freiwillige Abgangsentschädigung" bezeichneten Leistung - wegen des inneren Zusammenhangs der Leistung zu dem, im dortigen Beschwerdefall bereits seit drei Jahren beendeten Dienstverhältnis - grundsätzlich Entgeltcharakter im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG zukommt. Daraus lässt sich jedoch noch nicht ableiten, dass die Leistung nicht auf Grund der in § 49 Abs. 3 ASVG statuierten Ausnahmen als (beitragsfreies) Entgelt gelten könnte. In dem von der beschwerdeführenden Partei zitierten Erkenntnis war dies - auf Grund der von den Parteien vorgenommenen Widmung - zumindest zum Teil der Fall.

Im vorliegenden Fall ist der innere Zusammenhang der verfahrensgegenständlichen Vergütung mit dem Dienstverhältnis von keiner Verfahrenspartei in Zweifel gezogen worden. Strittig ist ausschließlich, ob diese Leistung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses gewährt wurde.

Soweit die beschwerdeführende Partei darauf verweist, dass nach dem Sachverhalt, der dem hg. Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2005/08/0048, zu Grunde lag, das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch aufrecht war, ist zunächst festzuhalten, dass dieses Verfahren eine Dienstnehmerin betraf, die Mitglied des Betriebsrates war, sodass für eine rechtswirksame Kündigung gemäß § 120 ArbVG die Zustimmung des Gerichts erforderlich war. Der Verwaltungsgerichtshof hob in diesem Erkenntnis hervor, dass das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses (noch) aufrecht war, unterschiedliche Meinungen über Entgeltansprüche und Urlaubsansprüche nicht ersichtlich waren, und dass es im arbeitsgerichtlichen Verfahren - anders als in dem dem Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2000/08/0045, zu Grunde gelegenen Fall - auch nicht darum ging, ob eine bereits ausgesprochene Kündigung zu Recht erfolgt ist, sodass Gegenstand des Vergleichs somit auch keine strittigen Lohnzahlungen bzw. Kündigungsentschädigungen oder Beendigungsansprüche gewesen sein konnten.

Diese Ausführungen ändern aber nichts an dem bereits oben dargelegten, auch im Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2005/08/0048, betonten Grundsatz, dass für eine Abgangsentschädigung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG charakteristisch ist, dass sie dafür gewährt wird, dass ein Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis ausscheidet oder von einer weiteren Prozessführung betreffend das Fortbestehen des Dienstverhältnisses Abstand nimmt. Nur in diesem Sinn ist daher auch der Verweis auf das Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2000/08/0045, zu verstehen: Nach dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt war der Vergleich nämlich in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren geschlossen worden, in dem - nach erfolgter Kündigung - Ansprüche eingeklagt worden waren, die aus der nach Ansicht der Dienstnehmerin fristwidrig erfolgten - jedoch nicht angefochtenen - Kündigung herrührten. Ähnliche Sachverhaltskonstellationen lagen auch den hg. Erkenntnissen vom 4. Oktober 2001, Zl. 98/08/0209, und vom 10. Juni 2009, Zl. 2006/08/0229, zu Grunde: In beiden Fällen waren von den Dienstnehmern strittige Ansprüche aus dem beendeten Dienstverhältnis (Überstundenentgelt, Taggelder, Kündigungs- und Urlaubsentschädigung) eingeklagt worden, über die in der Folge ein Vergleich über eine "freiwillige Abfertigung" abgeschlossen wurde.

Im Unterschied zu dem diesen Erkenntnissen jeweils zu Grunde liegenden Sachverhalt hat die Erstmitbeteiligte im vorliegenden Beschwerdefall eine Kündigungsanfechtungsklage nach § 105 Abs. 3 Z. 2 ArbVG eingebracht. Diese Kündigungsanfechtung zielt ausschließlich darauf ab, die ausgesprochene Kündigung als rechtsunwirksam zu erklären, sodass es im Ergebnis im Falle eines Prozesserfolgs der Erstmitbeteiligten zu einem Fortbestehen des Dienstverhältnisses hätte kommen können. Die Erstmitbeteiligte hat auch keine Entgeltansprüche aus dem Dienstverhältnisse - etwa auf rückständiges Entgelt, Kündigungs- oder Urlaubsentschädigung - gestellt, sondern ausschließlich ein Rechtsgestaltungsurteil im Hinblick auf das Fortbestehen des Dienstverhältnisses angestrebt. Auch wenn mit dem abgeschlossenen Vergleich "sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis bereinigt und verglichen" wurden, hat auch die beschwerdeführende Partei, die als erstinstanzliche Behörde in den Arbeitsgerichtsakt Einsicht genommen hat, keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass mit dem Vergleich auch strittige Entgeltansprüche verglichen worden wären, zumal solche bis 15. Oktober 2005 offenbar nicht bestanden haben und für die Zeit nach dem 15. Oktober 2005 im Hinblick auf die schließlich akzeptierte Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr entstehen konnten.

Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die verfahrensgegenständliche Leistung einem anderen Zweck dienen hätte sollen als einer Gegenleistung dafür, dass die Erstmitbeteiligte von der Fortsetzung des anhängigen Kündigungsanfechtungsverfahrens absieht und damit Rechtssicherheit über die zwischen der Erstmitbeteiligten und der zweitmitbeteiligten Partei strittige Beendigung des Dienstverhältnisses hergestellt wird.

4. Da die verfahrensgegenständliche Leistung dafür gewährt wurde, dass die Erstmitbeteiligte von der weiteren Prozessführung betreffend das Fortbestehen des Dienstverhältnisses Abstand genommen hat, wurde sie von der belangten Behörde zutreffend als Abgangsentschädigung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG beurteilt, die nicht zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 2 ASVG geführt hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 9. September 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte