Normen
AVG §42 Abs1;
AVG §44a;
AVG §44b Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §44a;
AVG §44b Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Dezember 2004 wurde den mitbeteiligten Parteien die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Vorhabens "Windpark Marchfeld Nord" (bestehend aus 29 Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von je 2.000 kW (2 MW) einschließlich zugehöriger Leitungsführungen) unter Auflagen erteilt. Als Rechtsgrundlage ihrer Entscheidung nannte die Erstbehörde unter anderem § 17 Abs. 1, 2 und 4 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) in Verbindung mit näher bezeichneten Bestimmungen des NÖ Elektrizitätswesengesetzes, Forstgesetzes, Luftfahrtgesetzes und des NÖ Naturschutzgesetzes 2000. Zur Abänderung dieser Genehmigung im Instanzenzug wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/04/0005, verwiesen.
Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 14. März 2006 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den genannten Bescheid vom 21. Dezember 2004 zurück, weil der Beschwerdeführer im Genehmigungsverfahren seine Parteistellung verloren habe.
Dazu führte sie in der Begründung aus, dass die Behörde erster Instanz den Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Parteien gemäß § 44a AVG durch Edikt kundgemacht und als Frist für Einwendungen gegen das Vorhaben den 22. Oktober 2004 festgesetzt habe. Der Beschwerdeführer zähle zu den in § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G umschriebenen Kreis der Nachbarn der genannten Windenergieanlagen. Vor Ablauf der im Edikt genannten Frist habe der Beschwerdeführer gegenüber der Erstbehörde mit Eingabe vom 11. Oktober 2004 ein von ihm selbst verfasstes Vorbringen erstattet, dem er 11 umfangreiche Beilagen angeschlossen habe. Diese Eingabe enthalte jedoch nach Ansicht der belangten Behörde keine Einwendungen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG, sodass der Beschwerdeführer die Parteistellung im gegenständlichen Genehmigungsverfahren nach der letzt genannten Bestimmung verloren habe. Dazu zitierte die belangte Behörde die im gegebenen Zusammenhang relevanten Passagen des Vorbringens des Beschwerdeführers wie folgt und führte aus, der Beschwerdeführer habe sich überdies mit Aspekten des Landschaftsschutzes und den Dorferneuerungsrichtlinien auseinander gesetzt:
"Sehr geehrte Damen und Herren, anbei mein Einwand gegen das Vorhaben: Windregion Marchfeld Nord-'Abschnitt Ost' im laufenden UVP-Verfahren bzgl. des verletzten Landschaftsschutzes: Ich wohne in Bockfließ und bin als Nachbar betroffen. Meine Lebensqualität wird im höchsten Maße durch die Errichtung des Windparkes beeinträchtigt. Dass das geplante Kraftwerksprojekt seitens seiner Auswirkung auf das Landschaftsbild als gravierend beurteilt werden kann ist dem Gutachten ...
...
Luftschallschutz: die angegebenen Normen sind mangelhaft. Aus der bloßen Beachtung der DIN-Normen folgt noch nicht, dass damit den anerkannten Regeln der Technik genüge getan wird. Siehe Kommentare 'Missbrauch der Begriffe' Prof. Dr. Klaus Meier 90449 Nürnberg Beilage 1 - Kommentar.
...
Aus vorerwähnten Gründen spreche ich mich gegen das Projekt
aus und stelle im UVP-Verfahren den Antrag
das Vorhaben Windregion Nord-'Abschnitt Ost' im laufenden UVP-II Verfahren widerspricht den Richtlinien für die Erhaltung, Erneuerung und Entwicklung von Orten im ländlichen Raum der Studie (Projekt Jordes im Auftrag der NÖ Landesregierung) ebenfalls widerspricht es den Richtlinien der NÖ Raumordnung (Dorferneuerungsrichtlinien 1998) und im speziellen Planung befindlichen Biosphärenzonen. Daher ist die beantragte Genehmigung des Vorhabens 'Windpark Marchfeld Nord' nach dem UVP-G 2000 abzulehnen."
Weiters beschrieb die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beilagen, darunter eine nicht auf den Beschwerdeführer bezogene privatgutachterliche Stellungnahme, Kopien diverser Zeitungsartikel, eine flugblattartige Zusammenfassung von Argumenten gegen Windkraftanlagen an Hand von Beispielen in der Bundesrepublik Deutschland und verschiedene Studien. Mit dem genannten Vorbringen und den vorgelegten Unterlagen habe der Beschwerdeführer keine Einwendung im Sinne des § 42 AVG erhoben, weil diese voraussetzten, dass der Betreffende eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte geltend mache, die ihm nach materiell rechtlichen Vorschriften auch tatsächlich zukämen. Da es im gegenständlichen Verfahren um eine Genehmigung nach dem UVP-G 2000 gehe, seien die Nachbarn eines Vorhabens grundsätzlich in den in § 17 Abs. 2 Z. 2 UVP-G 2000 umschriebenen subjektiv-öffentlichen Interessen (darunter die Gefährdung des Lebens, der Gesundheit oder des Eigentums von Nachbaren und der Schutz vor unzumutbaren Belästigungen) zu schützen. Hingegen käme Nachbarn bezüglich des vom Beschwerdeführer angesprochenen Schutzes des Landschaftsbildes im Sinne des § 7 NÖ Naturschutzgesetzes 2000 keine Parteistellung zu (Hinweis auf das nach Ansicht der belangten Behörde auf die hier maßgebliche Rechtslage übertragbare hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1984, Zl. 84/10/0175). Die Parteistellung des Beschwerdeführers wäre demnach nur dann zu bejahen, wenn er mit seinem Vorbringen bzw. den vorgelegten Unterlagen eine Verletzung seiner subjektivöffentlichen Rechte behauptet hätte, was aber nicht der Fall sei. Soweit der Beschwerdeführer auf den "Luftschallschutz" Bezug nehme, sei aus seinem Vorbringen erkennbar, dass er eine gewisse Skepsis gegenüber den diesbezüglichen "DIN-Normen" habe, es fehle aber eine konkrete Einwendung, dass er selbst befürchte, durch den Lärm der geplanten Anlagen belästigt zu werden. Ebenso wenig habe der Beschwerdeführer eine konkrete Gesundheitsgefährdung seiner Person behauptet. Da der Beschwerdeführer somit keine Einwendungen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erhoben habe, habe er schon im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren gemäß § 44b Abs. 1 AVG die Parteistellung verloren, sodass seine Berufung zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde den Verwaltungsakt vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer nimmt Bezug auf die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Darstellung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren und meint, die belangte Behörde hätte auch die von ihm vorgelegten Beilagen berücksichtigen müssen bzw. ihn im Rahmen der Manuduktionspflicht auffordern müssen, die genannten Beilagen zu unterfertigen.
Dieses Vorbringen geht schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beilagen ohnedies in die Beurteilung, ob taugliche Einwendungen vorliegen, einbezogen hat.
Der Beschwerdeführer meint weiters, dass er schon durch die Einleitung in seinem Schreiben vom 11. Oktober 2004 darauf hingewiesen habe, dass seine "Lebensqualität im höchsten Maße durch die Errichtung des Windparkes beeinträchtigt" werde. Dieser Hinweis und sein weiteres Vorbringen, "dass das nunmehrige Projekt mehr (sei) als die Landschaft, die Natur und die Menschen vor Ort vertragen könnten", seien als taugliche Einwendungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Z. 2 UPV-G 2000 zu subsumieren.
Im vorliegenden Fall hat die erstinstanzliche Behörde den Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Parteien gemäß § 44a AVG durch Edikt kundgemacht. Dies hat gemäß § 44b Abs. 1 AVG zur Folge, dass Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. § 44b Abs. 1 AVG verlangt daher für die Wahrung der Parteistellung ebenso wie § 42 Abs. 1 AVG die Erhebung zulässiger Einwendungen (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG, § 44b Rz 1). Darunter ist die Behauptung des Betreffenden zu verstehen, durch die Genehmigung des verfahrensgegenständlichen Projekts in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Die Einwendung muss sich daher auf ein öffentliches Recht beziehen, das dem Betreffenden gemäß materiellrechtlicher Vorschriften auch tatsächlich zusteht (vgl. die gleichfalls bei Hengstschläger/Leeb, AVG, § 42 Rz 32 referierte hg. Judikatur).
Soweit der Beschwerdeführer den mit dem Vorhaben verbundenen Eingriff in die Landschaft releviert, so trifft es zwar zu, dass die Genehmigungsbehörde im gegenständlichen Fall die Frage zu beurteilen hatte, ob durch das Vorhaben das Landschaftsbild im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖ Naturschutzgesetzes 2000 nachhaltig beeinträchtigt werde (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/04/0005). Die letztgenannte Vorschrift hat aber allein den Schutz öffentlicher Interessen zum Gegenstand, vermittelt dem Nachbarn eines Projekts aber kein subjektives öffentliches Recht, sodass eine Bezugnahme darauf die Parteistellung nicht zu begründen vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2003, Zl. 2003/10/0012, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Zutreffend hat die belangte Behörde ausgeführt, dass § 17 Abs. 2 Z. 2 UPV-G 2000 den Nachbarn insoweit ein subjektives öffentliches Recht einräumt, als diese Bestimmung den Schutz des Lebens, der Gesundheit, des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte der Nachbarn sowie deren Schutz vor unzumutbaren Belästigungen vorsieht.
Was die nötige Konkretisierung der Behauptung einer Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Jänner 2009, Zl. 2008/05/0166, wie folgt ausgeführt:
"Unter Einwendungen sind diejenigen Behauptungen eines Nachbarn zu verstehen, durch die Bewilligung des Vorhabens in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt zu sein. Dem betreffenden Vorbringen muss entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend gemacht wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. September 2008, Zl. 2007/07/0085, uva.). Wird keine solche Einwendung erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2007/05/0021). Einwendungen müssen spezialisiert sein und die Verletzung konkreter subjektiver Rechte geltend machen; ein allgemein erhobener Protest reicht ebenso wenig aus wie das Vorbringen, mit einem Vorhaben nicht einverstanden zu sein oder die Zustimmung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen, weil dem Begriff der Einwendung die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent ist, sodass dem Vorbringen entnommen werden können muss, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2002/07/0084). Die bloße Erklärung eines Beteiligten, nicht "zuzustimmen" oder die Zustimmung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen, kann die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht nicht ersetzen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 97/05/0098). Es reicht jedoch aus, dass erkennbar ist, welche Rechtsverletzung der Nachbar geltend machen möchte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0253)."
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist, worauf auch im zitierten Erkenntnis hingewiesen wird, nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
Was im konkreten Fall die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beilagen betrifft, so werden in der Beschwerde mehrere Zitate aus diesen Beilagen wiedergegeben. Auch aus den Zitaten dieser Beilagen (die im Übrigen nicht vom Beschwerdeführer verfasst, sondern nur von ihm vorgelegt wurden) geht allerdings im Sinne der zitierten Judikatur nicht mit hinreichender Deutlichkeit die Behauptung hervor, dass der Beschwerdeführer eine Verletzung der genannten subjektiven öffentlichen Rechte befürchte, insbesondere welcher Art diese Verletzung sei.
Gleiches gilt auch für das vom Beschwerdeführer selbst verfasste Schreiben vom 11. Oktober 2004. Soweit der Beschwerdeführer meint, er habe durch die Behauptung der Beeinträchtigung seiner "Lebensqualität" eine taugliche Einwendung erhoben, so ist ihm zu entgegnen, dass die hier anzuwendenden Rechtsvorschriften ein subjektives öffentliches Recht dieser Art nicht einräumen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. Juni 2009
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