VwGH 2006/01/0943

VwGH2006/01/094323.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des P G in S, geboren 1967, vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Clemens-Krauss-Straße 21, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 2. November 2006, Zl. 0/912-19348/17-2006, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs2;
StbG 1985 §39;
AVG §73 Abs2;
StbG 1985 §39;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsbürger, suchte mit (am 7. Juni 2005 beim Amt der Salzburger Landesregierung eingelangten) schriftlichen Antrag vom 10. Februar 2005 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an.

Dem Verleihungsansuchen war unter anderem eine Meldebestätigung des Magistrats der Stadt Salzburg beigelegt, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer seit 9. Oktober 1995 durchgehend mit Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg gemeldet war.

Das in der Folge von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erbrachte im Wesentlichen folgende Ergebnisse:

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Februar 1995 auf Gewährung von Asyl war mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. März 2001 abgewiesen und die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde mit hg. Beschluss vom 24. Juni 2004, Zl. 2001/20/0370, abgelehnt worden.

Die Bundespolizeidirektion Salzburg teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 6. September 2005 mit, dass der Beschwerdeführer seit mehreren Jahren mit einer Lebensgefährtin zusammen lebe, mit der er zwei Kinder habe. Aus diesem Grund habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 6. September 2004 an das Bundesministerium für Inneres ein Ersuchen auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gerichtet; dieses Verfahren sei noch nicht abgeschlossen.

Gegen den Beschwerdeführer lagen weder rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen noch rechtskräftige Verwaltungsstrafen vor, noch war der Beschwerdeführer in der Finanzstrafkartei vorgemerkt.

Seit 24. August 2005 war der Beschwerdeführer als Hilfsarbeiter beschäftigt.

Mit Schreiben vom 27. April 2006 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass infolge der am 23. März 2006 in Kraft getretenen Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ein rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt von zumindest zehn Jahren und davon eine Niederlassung von zumindest fünf Jahren notwendig sei. Diese Voraussetzungen würden hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht vorliegen, sodass eine positive Erledigung seines Antrages nicht möglich sei.

Dem Beschwerdeführer wurde hiezu "die Möglichkeit der Akteneinsicht und des Parteiengehörs" binnen einer Frist von zwei Wochen eingeräumt.

Im Zuge einer persönlichen Vorsprache des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde am 1. August 2006 wurde diesem erklärt, dass er aufgrund seines noch nicht entschiedenen Verfahrens auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung keine Niederlassung aufweise und auch die letzten fünf Jahre nicht aufgewiesen habe, weshalb die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht möglich sei. Der Beschwerdeführer gab dazu an, dass er Probleme am Arbeitsmarkt habe, er habe lediglich eine Aufenthaltsbewilligung, die alle sechs Jahre verlängert werden müsse. Sein Kind gehe in den Kindergarten und er brauche dringend die Staatsbürgerschaft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 "idF BGBl. I Nr. 37/2006" abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - aus, der Beschwerdeführer sei nachweislich seit 9. Oktober 1995 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Er erfülle daher "die Wohnsitzfrist nach § 10 Abs. 1 StbG".

Der Beschwerdeführer sei jedoch seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 1995 noch nie im Besitz eines "Niederlassungsnachweises im Sinne des Fremdengesetzes" gewesen. Somit würden die Voraussetzungen für eine Staatsbürgerschaftsverleihung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht vorliegen.

Da die Verleihungsvoraussetzungen "kumulativ und unabhängig voneinander" gegeben sein müssten, seien die übrigen in § 10 Abs. 1 StbG angeführten Verleihungsvoraussetzungen nicht mehr zu prüfen gewesen.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. März 2004 rechtskräftig abgewiesen worden. Somit komme dem Beschwerdeführer nicht die Flüchtlingseigenschaft zu und komme damit auch die Bestimmung des § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG nicht zum Tragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, der Beschwerdeführer sei infolge seines fast zwölfjährigen Aufenthalts in Österreich beruflich und privat integriert, er gehe einer geregelten Arbeit nach, lebe seit mehreren Jahren mit seiner Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt und habe mit dieser zwei Kinder. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der Stellung eines "Devolutionsantrages" hinzuweisen. Wäre dies geschehen, so wäre der Verleihungsantrag noch nach der alten Rechtslage - vor Inkrafttreten des neuen Staatsbürgerschaftsgesetzes am 23. März 2006 - entschieden worden. Unter Zugrundelegung der "alten Bestimmungen" hätte der Beschwerdeführer sämtliche Verleihungsvoraussetzungen erfüllt und wäre ihm die Staatsbürgerschaft zu verleihen gewesen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, (StbG) lauten:

"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

1. er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

...

§ 11a. ...

(4) Einem Fremden ist nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. ihm der Status als Asylberechtigter zukommt, sofern die Asylbehörde auf Anfrage mitteilt, dass weder ein Verfahren nach § 7 AsylG 2005 eingeleitet wurde, noch die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens vorliegen;

..."

2.1. Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit zumindest fünf Jahre niedergelassen ist, wobei diese beiden Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2008, Zl. 2008/01/0316).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0520, unter Hinweis auf die Vorjudikatur das Kriterium des zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zusammenfassend erläutert sowie die Voraussetzungen für die Erfüllung des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung dargelegt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

2.2. Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall das Kriterium des zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - infolge seiner durchgehenden Hauptwohnsitzmeldung seit 9. Oktober 1995 - als erfüllt erachtet.

2.3. Demgegenüber verneint die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzung der fünfjährigen Niederlassung; dies mit dem Argument, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 1995 nie im Besitz eines "Niederlassungsnachweises" gewesen sei.

Mit dieser Auffassung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis vom 25. Juni 2009 klargestellt hat, ist "niedergelassen" im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG, wer als Drittstaatsangehöriger zu einem der in § 2 Abs. 2 NAG genannten Zwecke auf der Grundlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels (Niederlassungsbewilligung bzw. Niederlassungsberechtigung) mindestens fünf Jahre in Österreich aufhältig ist, wobei die Rechtmäßigkeit der fünfjährigen Niederlassung für Zeiten vor dem In-Kraft-Treten des NAG nach den bis dahin geltenden maßgeblichen fremdenrechtlichen Vorschriften bzw. der auf deren Grundlage ergangenen Niederlassungsberechtigungen zu beurteilen ist.

Das Vorliegen einer Niederlassungsbewilligung bzw. - berechtigung hat der Beschwerdeführer im Verleihungsverfahren nicht dargetan; auch nach der Aktenlage gibt es hiefür keine Anhaltspunkte.

3. Dem Beschwerdeführer kommt infolge des rechtskräftigen negativen Abschlusses seines Asylverfahrens auch nicht der Status eines Asylberechtigten zu. Demnach hat die belangte Behörde auch das Vorliegen der Verleihungsvoraussetzungen des § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG zu Recht verneint.

4. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, er hätte nach der alten Rechtslage die Verleihungsvoraussetzungen erfüllt, vermag das seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, war doch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das StbG in der Fassung der am 23. März 2006 in Kraft getretenen Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 anzuwenden. Aus welchem Grund über das Ansuchen des Beschwerdeführers nicht bereits vor In-Kraft-Treten dieser Novelle entschieden wurde, braucht nicht untersucht zu werden, weil dadurch eine Änderung der anzuwendenden Rechtslage nicht eintreten würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2007, Zl. 2007/01/0225). Im Hinblick auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen sei in diesem Zusammenhang lediglich zur Klarstellung festgehalten, dass es in Vollziehung von Staatsbürgerschaftsangelegenheiten über der Landesregierung keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gibt und daher ein Devolutionsantrag nach § 73 AVG nicht in Betracht kommt (vgl. Fessler/Keller/Pommerening-Schober/Szymanski, Staatsbürgerschaftsrecht, 7. Auflage (2006) S. 195).

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. September 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte