VwGH 2005/07/0070

VwGH2005/07/007027.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, in der Beschwerdesache der G-Privatstiftung in B, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger Ring 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 4. März 2005, Zl. UW.4.1.6/0060- I/5/2005, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §103 idF 1999/I/155;
WRG 1959 §103;
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §103 idF 1999/I/155;
WRG 1959 §103;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben .

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 10. Februar 2000 ersuchte die L. GmbH (= Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei) um wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (kurz: LH) vom 21. Juli 1993 wasserrechtlich bewilligten Trockenbaggerung auf den Teilflächen auf Gst. Nr. 3844, 3855, 2856 und 2852, je KG B.

Mit Bescheid des LH vom 16. Juli 2003 wurde gemäß § 99 WRG 1959 und § 56 AVG i.V.m. Art. 4 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 der Richtlinie 97/11/EG des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten festgestellt, dass das mit Antrag vom 10. Februar 2000 zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereichte Vorhaben der beschwerdeführenden Partei auf Erweiterung der mit Bescheid des LH vom 21. Juli 1993 wasserrechtlich bewilligten Materialentnahmestätte in der KG B. einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 der Richtlinie des Rates 97/11/EG unterzogen werden muss.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juni 2004 wurde der Feststellungsbescheid des LH vom 16. Juli 2003 betreffend Anwendbarkeit der Richtlinie 97/11/EG des Rates gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

In der Folge wurde daher das Verfahren beim LH fortgesetzt. Bei einer Überprüfung der vorgelegten Unterlagen kam der LH zum Schluss, dass diese nicht ausreichend seien. So habe das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in einer Stellungnahme vom 11. Oktober 2004 u.a. ausgeführt, es sei auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen eine nachvollziehbare Prüfung der Einhaltung der für Trockenbaggerungen geltenden Vorgaben insofern nicht möglich, als

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 103 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 155/1999 lautet:

"(1) Ein Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung ist mit folgenden Unterlagen - falls sich aus der Natur des Projektes nicht verschiedene Unterlagen als entbehrlich erweisen - zu versehen:

a) Angaben über Art, Zweck, Umfang und Dauer des Vorhabens und das betroffene Gewässer;

b) grundbuchsmäßige Bezeichnung der durch Anlagen beanspruchten Liegenschaften unter Anführung des Eigentümers sowie Bekanntgabe der Wasser-, Fischerei- und Einforstungsberechtigten;

Angaben darüber, ob bzw. in welcher Weise den Betroffenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme von Vorhaben gegeben wurde, sowie über bereits vorliegende Vereinbarungen, sowie über Anträge an öffentliche Förderungsstellen nach dem Umweltförderungsgesetz oder Wasserbautenförderungsgesetz;

c) die Darstellung der vom Vorhaben zu erwartenden Vorteile oder der im Falle der Unterlassung zu besorgenden Nachteile;

d) Angaben über Gegenstand und Umfang der vorgesehenen Inanspruchnahme fremder Rechte und der angestrebten Zwangsrechte (§ 60) unter Namhaftmachung der Betroffenen;

e) die erforderlichen, von einem Fachkundigen entworfenen Pläne, Zeichnungen und erläuternden Bemerkungen unter Namhaftmachung des Verfassers;

f) bei Wasserbenutzungsanlagen Angaben über die beanspruchte Wassermenge je Sekunde, Tag und Jahr, über die erwarteten Auswirkungen auf Gewässer sowie über die zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen;

g) bei Wasserkraftanlagen Angaben über Maschinenleistung, Jahresarbeitsvermögen und die vorgesehenen Restwassermengen;

h) bei Talsperren den Nachweis der Standsicherheit und der sicheren Abfuhr der Hochwässer;

i) bei Wasserversorgungsanlagen Gutachten über die Eignung des Wassers für den angestrebten Zweck, über allenfalls erforderliche Aufbereitungsmaßnahmen sowie über allfällige Schutzmaßnahmen (§ 34) sowie Angaben über die Art der Beseitigung der anfallenden Abwässer;

j) bei Einbringungen in Gewässer Angaben über Menge, Art und Beschaffenheit der Abwässer, insbesondere über Fracht und Konzentration schädlicher Abwasserinhaltsstoffe, und über die zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen;

k) bei genossenschaftlichen Vorhaben die Namen derjenigen, die der Genossenschaft beitreten sollen, unter Anführung der hiefür maßgeblichen Gesichtspunkte und Bemessungsgrundlagen;

l) bei Anlagen, bei denen wegen der Lagerung, Verwendung und Produktion von Stoffen, wegen der Betriebsweise, der Ausstattung oder sonst die Gefahr von Störfällen besteht, Angaben über die zur Störfallvermeidung und zur Begrenzung oder Beseitigung der Auswirkungen von Störfällen vorgesehenen Maßnahmen;

m) Angaben darüber, welche Behörden sonst mit dem Vorhaben befasst sind;

n) gegebenenfalls vorgesehene Überwachungs- und Betriebsprogramme;

o) Beschreibung möglicher bundesgrenzenüberschreitender Auswirkungen."

Durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2003 ist aufgrund des Art. I Z. 61 dieser Novelle insofern auch für § 103 (Abs. 2) WRG 1959 eine Änderung eingetreten, als die Bezeichnung "Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft" durch die Wortfolge "Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft" ersetzt wurde. Eine Änderung hinsichtlich der nach § 103 Abs. 1 WRG 1959 vorzulegenden Unterlagen ist durch diese Novelle nicht erfolgt. Es war daher hinsichtlich der im Beschwerdefall vorzulegenden Unterlagen § 103 WRG 1959 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 155/1999 anzuwenden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die ihr abverlangten Unterlagen gingen weit über das in § 103 WRG 1959 verlangte Ausmaß hinaus. Aus dem Zusammenhang dieses Vorbringens mit weiteren Beschwerdeausführungen ("Selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof aber die Auffassung vertreten sollte, dass die vom Verbesserungsauftrag der Behörde erster Instanz vom 1. Dezember 2004 umfassten Unterlagen zu Recht verlangt wurden, so ist dennoch die Fristsetzung nach § 13 Abs. 3 AVG unangemessen kurz") und aus der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei der Auffassung ist, die Forderung der Wasserrechtsbehörde nach Beibringung der ihr abverlangten Unterlagen finde im § 103 WRG 1959 keine Deckung.

Bei den dem Beschwerdeführer abverlangten Unterlagen handelt es sich nicht um solche, die von Vornherein keine Deckung im § 103 WRG 1959 finden könnten. Bei der Frage, ob die in Rede stehenden Unterlagen unter dem Aspekt des § 103 WRG 1959 erforderlich sind, handelt es sich (auch) um eine Sachfrage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, 95/07/0228). Den Ausführungen der Sachverständigen über die Erforderlichkeit dieser Unterlagen wird von der beschwerdeführenden Partei nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet.

Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 103 WRG 1959 iVm § 13 Abs. 3 AVG idF vor der AVG-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 158, ausgesprochen, dass das Fehlen der in § 103 WRG 1959 genannten Unterlagen ein Formgebrechen darstellt. Dies gilt auch für solche Unterlagen, die im § 103 WRG 1959 nicht ausdrücklich genannt sind, ihrer Natur nach aber in den Rahmen des § 103 fallen und unter dem Aspekt dieser Bestimmung erforderlich sind und dem Antragsteller von der Behörde bekannt gegeben werden (vgl. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 97/07/0104). Bei solchen Unterlagen, bei denen für den Antragsteller nicht von vornherein klar ersichtlich ist, dass sie dem Antrag anzuschließen sind, muss die Frist nach § 13 Abs. 3 AVG so bemessen sein, dass sie für die Beschaffung der Unterlagen ausreicht (vgl. das Erkenntnis vom 25. April 1996, 95/07/0228).

Durch die AVG-Novelle 1998 wurde im § 13 Abs. 3 erster Satz der Ausdruck "Formgebrechen" durch das Wort "Mängel" ersetzt.

Beim Fehlen von Unterlagen iSd § 103 WRG 1959 handelt es sich um "Mängel" des Antrages. Die zitierte Rechtsprechung ist daher weiterhin anwendbar.

In § 103 Abs. 1 lit. e WRG 1959 wird lediglich allgemein auf die "erforderlichen, von einem Fachkundigen entworfenen Pläne, Zeichnungen und erläuternden Bemerkungen" verwiesen. In § 103 Abs. 1 WRG 1959 sind jedoch nähere Angaben zum "HHGW-Wert", dessen besondere Projektsrelevanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgehoben wird, oder etwa der vom wasserbautechnischen Amtssachverständige ergänzend geforderten Lage- und Höhenplan des unverritzten Geländes nicht erwähnt.

Solche Daten mögen - was eine Sachfrage ist - im Einzelfall unter dem Aspekt des § 103 WRG 1959 erforderlich sein. Keinesfalls aber ist für die Antragstellerin ohne behördliche Konkretisierung von vornherein klar ersichtlich, dass die genannten Unterlagen dem Antrag anzuschließen sind. Die Frist nach § 13 Abs. 3 AVG musste daher im Beschwerdefall zur Beschaffung dieser Daten angemessen sein.

In der Berufung verwies die beschwerdeführende Partei auch darauf, dass die von der Behörde geforderten ergänzenden Unterlagen zu einem Großteil erst hätten beschafft werden müssen, wofür die bis Ende Dezember 2004 gesetzte Frist zu kurz bemessen gewesen sei.

Da die Frist nicht zuletzt wegen der in den Monat Dezember fallenden Feiertage für die - nach Behauptung der beschwerdeführenden Partei teilweise erst - erforderliche Beschaffung der von der Behörde geforderten Unterlagen zu kurz war, durfte der Antrag der Beschwerdeführerin nicht nach § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden. Es erübrigt sich daher noch näher auf das weitere Beschwerdevorbringen und insbesondere auf die von der Behörde nicht gewährte Fristverlängerung näher einzugehen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. März 2008

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