VwGH 2005/05/0068

VwGH2005/05/006827.2.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Maria Fuchs in Aschach an der Donau, vertreten durch Mag. Josef Hofinger und Mag. Dr. Roland Menschik, Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 20, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Dezember 2004, Zl. BauR-013443/1-2004-Ka/Vi, betreffend Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Aschach an der Donau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z2;
GdO OÖ 1990 §37 Abs1;
GdO OÖ 1990 §37 Abs4;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z2;
GdO OÖ 1990 §37 Abs1;
GdO OÖ 1990 §37 Abs4;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. November 2003 wurde der Beschwerdeführerin, die eine Gärtnerei betreibt, gemäß § 49 Abs. 6 der Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 (Oö. BauO 1994), aufgetragen, vier widerrechtlich errichtete Folienhäuser binnen einer Frist von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zur Gänze zu entfernen.

Dies wurde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin der aus den Grundstücken Nr. 557, 558/1, 558/2 und .604 bestehenden Liegenschaft EZ 881, KG Aschach an der Donau, sei, welche im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Nr. 1/1978 als Wohngebiet im Sinne des § 22 Abs. 1 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (Oö. ROG 1994), gewidmet sei. Nach dem Bebauungsplan Nr. 5 für dieses Gebiet dürften neben dem bestehenden Wohnhaus (mit Erweiterungsmöglichkeit) im nördlichen Teil der Liegenschaft nur zwei weitere Wohnhäuser errichtet werden. Die Möglichkeit der Errichtung von Folienhäusern sei nicht vorgesehen. Die Errichtung der vier Folienhäuser widerspreche dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, weshalb gemäß § 49 Abs. 6 Oö. BauO 1994 die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufzutragen gewesen sei.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung legte die Beschwerdeführerin dar, dass die genannten Folienhäuser den wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Bewohner dienten und keine erheblich nachteiligen Auswirkungen für die Bewohner mit sich brächten. Zudem habe im Zeitpunkt ihrer Errichtung noch kein Flächenwidmungsplan bestanden und es liege zudem Nichtigkeit des Bescheides der Behörde erster Instanz vor, weil dieser nicht vom Bürgermeister, sondern vom Marktgemeindeamt der mitbeteiligten Gemeinde erlassen worden sei.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Oktober 2004 wurde der Bescheid des Bürgermeisters gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend abgeändert, dass er nunmehr die verfahrensgegenständlichen vier Folienhäuser durch Angabe ihres konkreten Ausmaßes und ihrer jeweiligen Situierung auf den Grundstücken 558/1 bzw. 558/2 wiedergibt und diesbezüglich auf einen beigefügten Lageplan, auf welchem die Folienhäuser rot gekennzeichnet sind und der einen integrierenden Bestandteil dieses Spruches bildet, verweist. Im Übrigen wurde die Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz abgewiesen.

Die Gärtnerei der Beschwerdeführerin diene nicht den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner; zudem diene sie nicht vorwiegend den Bewohnern des Wohngebietes, sondern allen Bewohnern der Gemeinde und darüber hinaus auch noch den Bewohnern der Nachbargemeinden. Unter den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen seien solche gemeint, die mit den täglichen Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes in Einklang zu bringen seien. Da bereits diese Voraussetzung für die Übereinstimmung dieser Bauten mit der Widmung Wohngebiet nicht erfüllt sei, bedürfe es keiner Ermittlungen, ob die Erwerbsgärtnerei erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Bewohner mit sich bringe.

Der Beseitigungsauftrag sei ein baupolizeilicher Auftrag, der von Amts wegen von der Baubehörde zu erlassen sei. In diesem Verfahren komme den Nachbarn keine Parteistellung zu. Die Einhaltung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes habe die Baubehörde von Amts wegen wahrzunehmen. Die Folienhäuser seien in den Jahren 1990 bis 2001 errichtet worden und stünden damit im Widerspruch zum bereits damals geltenden Flächenwidmungsplan. Da die Behörde von Amts wegen den gesetzlichen Zustand herzustellen habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung, in der sie - zusätzlich zu den bereits in der Berufung vorgebrachten Argumenten - ausführte, es handle sich bei den gegenständlichen Folienhäusern nicht um "Bauten oder sonstige Anlagen" gemäß § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994. Zudem liege Befangenheit des den bekämpften Bescheid unterfertigenden Bürgermeisters vor, der auch an der Abstimmung des Gemeinderates über die Berufung vom 27. November 2003 teilgenommen habe. Zwar habe sich die Person des Bürgermeisters geändert - der Bescheid vom 6. November 2003 sei noch vom vormaligen Bürgermeister P. unterfertigt worden -, der nunmehrige Bürgermeister A. habe aber bei der Abstimmung über die Berufung gegen diesen Bescheid teilgenommen. Es sei bei der Beurteilung einer Befangenheit des Bürgermeisters jedoch nicht auf die Person des Bürgermeisters abzustellen, sondern auf den Bürgermeister als Behörde. Es werde daher ausdrücklich diese Mangelhaftigkeit des bekämpften Bescheides eingewendet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und festgestellt, dass sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wurde.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Wortlautes der Vorstellung und des Inhaltes der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen verwies die belangte Behörde auf die durchaus schlüssigen und nachvollziehbaren Begründungsausführungen im angefochtenen Berufungsbescheid vom 4. Oktober 2004, denen sie sich "grundsätzlich und vollinhaltlich" anschloss.

Soweit die Beschwerdeführerin davon ausgehe, dass die Folienhäuser bereits durch jahrelange Praxis der Behörde unbekämpft und somit schlüssig genehmigt worden seien, werde darauf hingewiesen, dass ein allfälliges konkludentes Handeln der Baubehörden oder die Durchführung einer Beschau ohne Beanstandung rechtsunwirksam sei. Soweit die Beschwerdeführerin Befangenheit des den Bescheid unterfertigenden Bürgermeisters geltend mache, werde darauf verwiesen, dass auch ein von einem vermeintlich befangenen Organ erlassener Bescheid nicht mit Nichtigkeit behaftet sei. Wenn ein befangenes Organ eine Amtshandlung setze, so stelle dies nur dann eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar, wenn sich gegen diesen Bescheid sachliche Bedenken ergäben. Eine genaue Überprüfung des gegenständlichen Vorstellungsaktes, insbesondere auch des Gemeinderatsprotokolles, habe für die Vorstellungsbehörde keine sachlichen Bedenken ergeben.

Was die Behauptung betreffe, bei den vier Objekten handle es sich um keine baubewilligungspflichtigen baulichen Anlagen bzw. nicht um solche im Sinne des § 2 des Oö. Bautechnikgesetzes, werde darauf verwiesen, dass auch bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben gemäß § 25a Abs. 5 Oö. BauO 1994 alle Vorschriften über vergleichbare bewilligungspflichtige Bauvorhaben sinngemäß gelten würden, ausgenommen die §§ 32 bis 37; nach Z. 2 würden für alle anderen Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 u.a. die Vorschriften der §§ 45 bis 49 sinngemäß gelten. Es bestehe daher der Aktenlage nach auf Grund der Unvereinbarkeit mit der gegebenen Flächenwidmung und der Errichtung der vier Folienhäuser der bekämpfte Beseitigungsauftrag völlig zu Recht. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben eines unnötigen und ihre wirtschaftliche Existenz gefährdenden Abbruchauftrages ihrer Folienhäuser bzw. -tunnel verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vertritt sie die Ansicht, die Herstellung der gegenständlichen Folienhäuser erfordere kein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse, weshalb keine bauliche Anlage vorliege. Sollten aber die gegenständlichen Folienhäuser tatsächlich solche Bauten darstellen, so wäre die "Ausnahmebestimmung" des § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 anzuwenden. Ihr Betrieb sei der einzige Gärtnereibetrieb in der mitbeteiligten Gemeinde, wobei die Kunden direkt bei ihr kauften und die Pflanzen abholten. Die örtliche Nahversorgung sei ausschließlich durch ihren Betrieb gewährleistet, der somit einen wichtigen Beitrag zur funktionierenden Nahversorgung im Ort darstelle. Die geforderten wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse bestünden somit sowohl für die Bewohner der Liegenschaft als auch für jenes Gebiet, in dem sich ihre Liegenschaft befinde. Weiters stellten die in Rede stehenden Anlagen keinerlei Gefahren, Nachteile oder erhebliche Belästigungen dar, und zwar weder für die Bewohner ihrer Liegenschaft noch für andere Bewohner in der Gegend. Der Flächenwidmungsplan, welcher das Gebiet als Wohngebiet ausweise, stamme aus 1978; der Zeitpunkt der Errichtung der gegenständlichen Folienhäuser sei für die rechtsrichtige Beurteilung der Sache von wesentlicher Bedeutung. Zumindest zwei der vier Folienhäuser seien bereits vor 30 Jahren, somit längst vor Geltung des Flächenwidmungsplanes errichtet worden; auf den anderen Bereichen hätten sich andere, mehr oder weniger vergleichbare Anlagen befunden. Die belangte Behörde habe sich mit diesem Punkt nicht auseinander gesetzt und dazu keinerlei Feststellungen getroffen.

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften meint die Beschwerdeführerin aus den bereits in der Vorstellung genannten Gründen, es läge ein Verfahrensmangel vor, weil ein befangenes Organ entschieden habe, sodass die Aufhebung des Bescheides geboten sei. Schließlich sei auch bei der Erlassung des Bescheides erster Instanz nicht der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz als bescheiderlassende Behörde eingeschritten, sondern das Marktgemeindeamt, welchem jedoch keine Entscheidungsbefugnis zukomme.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Oö. BauO 1994 haben folgenden Wortlaut:

"§ 26. Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen die in den §§ 24 und 25 nicht angeführten Bauvorhaben; dies gilt insbesondere für

  1. 1. ...
  2. 10. Folientunnels ohne Feuerungsanlagen.

§ 49. (1) Stellt die Baubehörde fest, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

(2) ...

(6) Stellt die Baubehörde fest, dass eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen."

§ 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 lautet:

"§ 22. (1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. ..."

Unstrittig handelt es sich bei den vier verfahrensgegenständlichen Folienhäusern um solche ohne Feuerungsanlagen; wie zB. aus den Aktenvermerken der Baubehörde erster Instanz vom 22. Februar 2002 oder vom 26. Juni 2003 hervorgeht, werden die Folienhäuser über die Heizung des Wohnhauses beheizt.

Nach § 26 Z. 10 Oö. BauO 1994 sind Folientunnel ohne Feuerungsanlagen anzeige- und bewilligungsfrei. Im vorliegenden Fall kann es im Ergebnis dahin stehen, ob diese Bestimmung auch auf Folienhäuser (deren Aufriss im Gegensatz zum etwa halbkreisförmigen Aufriss eines Folientunnels senkrechte Außenwände und ein Satteldach aufweist) ohne Feuerungsanlagen Anwendung findet oder nicht.

Stellte man diese Folienhäuser mit Folientunneln gleich, so ergäbe sich wegen des Fehlens einer Feuerungsanlage zwar nach § 26 Z 10 Oö. BauO 1994 die Anzeige- und Bewilligungsfreiheit; § 49 Abs. 6 Oö. BauO 1994 sieht aber gerade für solche nicht bewilligungspflichtige Anlagen die Möglichkeit der Erlassung eines Beseitigungsauftrages vor.

Ginge man hingegen davon aus, dass die Folienhäuser (wegen ihrer größeren Kubatur) den Folientunneln nicht gleich zu stellen seien und es sich vielmehr um bewilligungspflichtige Bauten handle, so käme ein solcher nach § 49 Abs. 1 leg. cit in Frage.

Eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin läge für den Fall, dass die Baubehörden statt eines Auftrages nach § 49 Abs. 1 leg. cit. einen solchen nach Abs. 6 erteilt hätten, aber nicht vor; unter der noch zu prüfenden Annahme, dass wegen des Widerspruches zur Flächenwidmung eine Baubewilligung nach § 35 Oö. BauO 1994 nicht erteilt werden könnte, entfiele bei einem Beseitigungsauftrag nach § 49 Abs. 1 letzter Satz Oö. BauO 1994 die Verpflichtung der Behörde, die Beschwerdeführerin zur Antragstellung aufzufordern.

Es ist daher nicht erkennbar, dass im vorliegende Fall ein Auftrag nach § 49 Abs. 1 letzter Satz Oö. BauO 1994 der Beschwerdeführerin eine bessere Rechtsposition verschafft hätte, sodass eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin auch für den Fall der Bewilligungspflicht der Folientunnel ausscheidet.

Die Beschwerdeführerin zieht nun in Zweifel, dass es sich bei den Folienhäusern überhaupt um bauliche Anlagen handelt, die der Definition des § 2 des Oö. Bautechnikgesetzes entsprechen. Läge aber keine solche Anlage vor, könne sich auch ein baupolizeilicher Auftrag nicht darauf beziehen.

Nach § 2 Z. 2 des Oö. Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 103/1998, ist ein Bau eine bauliche Anlage, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 95/05/0042, die Frage zu beantworten gehabt, ob Folientunnel der Definition eines Bauwerkes nach § 2 Z. 5 der - hinsichtlich der Definition eines Bauwerkes vergleichbaren - Niederösterreichischen Bauordnung entsprechen. Damals vertrat er die Ansicht, dass 18 m lange und ca. 2,5 m breite und ebenso hohe Folientunnel erschließbar und betretbar seien, weshalb auch diese Anlagen dem Gebäudebegriff entsprächen. Für die teilweise weitaus größeren und höheren Folienhäuser im vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Auch hier ist nicht erkennbar, dass es nicht eines wesentlichen Maßes an bautechnischen Kenntnissen bedürfte, um diese Folienhäuser fachgerecht herzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Zweifel daran, dass es sich bei den Folienhäusern um bauliche Anlagen im Sinne des § 2 Z 2 des Oö. Bautechnikgesetzes handelt.

Eine weitere Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des baupolizeilichen Auftrages ist, dass die baulichen Anlagen den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes, widersprechen. In diesem Zusammenhang stellt die Beschwerdeführerin in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, dass die Errichtung von Folienhäusern im Wohngebiet sehr wohl zulässig sei, weil damit den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner gedient sei.

§ 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 versteht unter dem Begriff "Bewohner" die Bewohner der näheren Umgebung, somit die Bewohner des Wohngebietes. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Erwerbsgärtnerei; der Feststellung der Baubehörde zweiter Instanz, wonach diese Gärtnerei nicht nur den Bedarf der Bewohner des Wohngebietes deckt, sondern den Bedarf der gesamten Gemeinde und auch der Nachbargemeinden, ist die Beschwerdeführerin nicht wirksam entgegen getreten. In ihrer Berufung verwies sie darauf, dass dieser Betrieb der einzige in der mitbeteiligten Gemeinde ansässige Gärtnereibetrieb sei, wobei die Kunden direkt beim Betrieb kauften und die Pflanzen dort abholen könnten. Die Gärtnerei habe eine wichtige Funktion im Bereich der Nahversorgung und beim Branchenmix und habe für den Ort eine große Bedeutung. Die strittigen Bauten, ohne die der Gärtnereibetrieb nicht möglich sei, dienten den wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Bewohner der Gemeinde.

Schon aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin geht hervor, dass die Bedeutung der Gärtnerei über den Kreis der Bewohner des Wohngebietes hinausgeht und (zumindest) das gesamte Gemeindegebiet umfasst. Dient die Erwerbsgärtnerei aber nicht ausschließlich den in § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 genannten Bedürfnissen der Bewohner sondern eines darüber hinausgehenden Kundenkreises, so erweist sie sich in der Widmung "Wohngebiet" als unzulässig.

Angesichts dessen erübrigte sich ein Eingehen darauf, ob von der Erwerbsgärtnerei selbst unzumutbare Belästigungen für die Umwelt ausgehen oder nicht.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, ihre Folienhäuser seien älter als der aus 1978 stammende Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde.

Dieses Vorbringen steht im Zusammenhang mit der weiteren Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines baupolizeilichen Auftrages, dass nämlich für die betreffende bauliche Anlage auch im Zeitpunkt ihrer Errichtung die Bewilligungspflicht gegeben war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, 95/05/0278 mwN).

Der Zeitpunkt der Errichtung zumindest eines Teiles der Folienhäuser liegt - insofern deckt sich die Feststellung der belangten Behörde mit den Behauptungen der Beschwerdeführerin - vor dem 31. Dezember 1994. Die Beschwerdeführerin meinte nun im Verfahren vor den Baubehörden und in der Vorstellung, die Folienhäuser (oder ein Teil davon) bestünden bereits "seit mehr als 40 Jahren", wobei ursprünglich Mistbeete und Folientunnel, Vorgänger der nunmehrigen Bauten, betrieben worden seien.

Die Bewilligungspflicht richtete sich ab dem 1. Jänner 1977 nach den Bestimmungen der Oö. BauO 1976, LGBl. Nr. 35. Vor dem 1. Jänner 1977 war für die baurechtliche Bewilligungspflicht die Bauordnung für Oberösterreich, LGuVBl. 15/1875, zuletzt in der Fassung der Novelle 21/1970, relevant.

Die Gemeindebehörde zweiter Instanz hat nun - trotz der gegenteiligen Behauptung der Beschwerdeführerin in der Berufung - ohne nähere Begründung festgestellt, die Folienhäuser seien zwischen 1990 und 2001 errichtet worden. Worauf sie diese Feststellung gestützt hat, ist nicht erkennbar. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, welches der vier vom baupolizeilichen Auftrag erfassten Folienhäuser in welchem Zeitraum (vor oder nach dem 1. Jänner 1977 bzw. dem 31. Dezember 1994) errichtet worden ist.

Diese Feststellungsmängel würde die Beschwerdeführerin aber dann nicht in Rechten verletzen, wenn im Geltungsbereich jeder der genannten Bauordnungen für die Errichtung solcher Folienhäuser Baubewilligungspflicht bestanden hätte.

Zur Beurteilung dieser Rechtsfrage fehlt es aber an den notwendigen sachverhaltsbezogenen Feststellungen. So wäre nach einer entsprechenden Feststellung der Errichtungszeitpunkte der Folienhäuser für den Geltungszeitraum der Oö. BauO 1976 zu prüfen gewesen, ob die damals bereits bestehenden Folienhäuser "Gebäude mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter (vgl. § 41 Abs. 2 lit. b Oö. Bau 1976) sind" - diesfalls wäre Bewilligungspflicht nach § 41 Abs. 1 lit. a leg. cit. vorgelegen - oder ob sie allenfalls als sonstige Bauten geeignet waren, eine wesentliche Beeinträchtigung für Menschen herbeizuführen, was allenfalls eine Bewilligungspflicht nach § 41 Abs. 1 lit. b leg. cit. bewirkt hätte.

Auch für den Geltungszeitraum vor der BauO 1976 fehlen Feststellungen zur Beurteilung, ob es sich bei einer allenfalls bereits vor 1. Jänner 1977 erfolgten Errichtung der Folienhäuser um die "Führung eines Neubaus" im Sinne des § 12 des Oö. LGuVBl. 15/1875 handelte oder nicht.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung der Bewilligungsfreiheit bzw. Bewilligungspflicht der gegenständlichen baulichen Anlagen für den Zeitraum vor dem 1. Jänner 1994 das Oö. ROG 1972 und die im dortigen § 16 Abs. 3 leg. cit. noch nicht auf die Bedürfnisse der Bewohner eingeschränkte Funktion von Bauten zu beachten wäre.

Es kann daher derzeit weder beurteilt werden, wann die Folienhäuser errichtet wurden, noch, ob zu den jeweiligen Zeitpunkten ihre Errichtung baubewilligungspflichtig war oder nicht. Wäre ein Teil der Folienhäuser damals aber noch keiner Baubewilligungspflicht unterlegen, so erwiese sich der baupolizeiliche Auftrag (teilweise) als rechtswidrig. Weil aber mangels entsprechender Feststellungen über den Errichtungszeitpunkt der vier Folienhäuser auch nicht nachvollzogen werden kann, welche von ihnen vor 1995 errichtet wurden, erweist sich der gesamte baupolizeiliche Auftrag als rechtswidrig.

Weil die belangte Behörde dies verkannte und feststellte, dass die Beschwerdeführerin durch den Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz in ihren Rechten nicht verletzt wurde, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Ergänzend wird bemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof den von der Beschwerdeführerin unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Unzuständigkeit bzw. Befangenheit der Gemeindebehörden nicht beitreten kann.

Gemäß § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG haben Bescheide die Bezeichnung der Behörde zu enthalten; bei Fehlen dieser Bezeichnung kann ein Schriftstück nicht als Bescheid angesehen werden.

Der erstinstanzliche Bescheid weist im Kopf des Bescheides die Bezeichnung "Marktgemeindeamt A." auf. Am Ende des Bescheides findet sich die Fertigungsklausel "Der Bürgermeister" und darunter gesetzt die Unterschrift des Bürgermeisters.

Nach § 37 Abs. 1 und 4 der oberösterreichischen Gemeindeordnung werden die Geschäfte einer Marktgemeinde durch das Marktgemeindeamt besorgt. Das Marktgemeindeamt ist der Hilfsapparat aller Gemeindeorgane (vgl. das zur insofern vergleichbaren Rechtslage im Burgenland ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1982, 81/05/0144).

Die Baubehörde erster Instanz hatte in ihrem Bescheid im Kopf der Bescheidausfertigung sowie am Beginn des Bescheidtextes (oberhalb des Spruches) das "Marktgemeindeamt A." angeführt, in der Unterfertigungsklausel aber unmissverständlich durch die Anführung der Worte "Der Bürgermeister" zum Ausdruck gebracht, dass der Bürgermeister die bescheiderlassende Behörde ist. Abgesehen davon, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Kopfbezeichnung eines Bescheides allein nichts darüber aussagt, von welcher Behörde der Bescheid ausgeht, es daher nicht schadet, wenn im Kopf lediglich das Hilfsorgan der entscheidenden Behörde genannt wurde, ist maßgebend für die Zurechnung des Bescheides die Art der Unterfertigung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1991, 91/04/0146). Da dem Inhalt der Erledigung nach Zweifel daran, welcher Behörde die Erledigung zuzurechnen ist, nicht entstehen konnten, handelt es sich bei der zusätzlichen Nennung des Hilfsapparates "Marktgemeindeamt A." unter Bedachtnahme auf die eindeutig erkennbare Fertigungsklausel "Der Bürgermeister" um keinen Mangel der Erledigung, der ihr Nichtzustandekommen als Bescheid bewirken oder eine relevante Rechtswidrigkeit desselben begründen könnte (vgl. in diesem Zusammenhang das zur Konstellation "Amt der Landesregierung" im Bescheidkopf, "Landeshauptmann" in der Fertigungsklausel ergangene hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, 96/03/0351).

Auch der vom Bürgermeister intimierte Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde leidet nicht an den von der Beschwerdeführerin konstatierten Mängeln.

Wie die Beschwerdeführerin selbst festhält, trat während des Berufungsverfahrens ein Wechsel in der Person des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde ein. Der Befangenheitsgrund der Mitwirkung an dem angefochtenen Bescheid der unteren Instanz nach § 7 Abs. 1 Z 5 AVG gilt aber nur für die an der Erlassung dieses Bescheides unmittelbar beteiligten Personen, somit nur für denjenigen, der im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Bürgermeister war. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wirkt dieser Befangenheitsgrund aber keinesfalls gegenüber all jenen, die in weiterer Folge das Amt des Bürgermeisters dieser Gemeinde bekleiden; diese Form der Befangenheit der "Behörde Bürgermeister" findet im AVG keine Grundlage.

Es bestehen daher weder gegen die Teilnahme des neuen Bürgermeisters bei der Beschlussfassung des Gemeinderates Bedenken noch dagegen, dass dieser einen Intimationsbescheid für den Gemeinderat unterfertigt hat.

Aus den bereits oben aufgezeigten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Februar 2006

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