VwGH 2005/03/0134

VwGH2005/03/013423.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des G K in G, vertreten durch Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 24. März 2005, Zl Wa-89-1/04, betreffend Erlassung eines Waffenverbots, zu Recht erkannt:

Normen

StGB §83 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
StGB §83 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 und 2 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl I Nr 12/1997, ein Waffenverbot erlassen.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Gendarmerieposten Globasnitz habe der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt mit Bericht vom 6. August 2003 mitgeteilt, dass gegen den Beschwerdeführer eine Wegweisung und ein Betretungsverbot nach dem Sicherheitspolizeigesetz sowie ein vorläufiges Waffenverbot gemäß § 13 Abs 1 WaffG ausgesprochen worden sei. Am 5. August 2003 gegen 21 Uhr habe der Beschwerdeführer im Eingang seines Wohnhauses in G seine Lebensgefährtin M B nach einem Streit mit den Fäusten geschlagen und mit den Worten "ich werde dich umbringen" sowie "ich werde dich erschlagen" gefährlich bedroht. Diese Drohung sei auch von den unmittelbaren Nachbarn gehört worden. Dadurch habe die Genannte einen Bluterguss im Bereich des rechten Oberarms und eine Verletzung des rechten Mittelfingers erlitten. Am 6. August 2003 gegen 7 Uhr habe der Beschwerdeführer im Hof seines Anwesens die Besagte mit einer 30 %igen Wasserstoffperoxydlösung im Kopfbereich angeschüttet und dadurch verätzt. Die Genannte sei durch diese Tat in Furcht und Unruhe versetzt worden und zu den unmittelbaren Nachbarn geflohen. Beim Eintreffen der erhebenden Beamten habe sie einen verstörten und eingeschüchterten Eindruck gemacht, auch hätten von den Beamten rötliche Flecken auf der Stirn wahrgenommen werden können. Bei der Feststellung der Deliktfähigkeit sei vom Beschwerdeführer am 6. August 2003 um 8:39 Uhr am Gendarmerieposten Globasnitz ein Alkotest mittels Alkomaten durchgeführt worden, dem der Beschwerdeführer zugestimmt habe. Wegen angeblicher gesundheitlicher Probleme habe das notwendige Blasvolumen nicht erzielt werden können. Auf Grund des Sachverhalts sei der Beschwerdeführer am 6. August 2003 nach Rücksprache mit dem diensthabenden Staatsanwalt in die Justizanstalt des Landesgerichts Klagenfurt eingeliefert worden, zugleich sei Anzeige wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung und Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt erstattet worden. Beim Beschwerdeführer seien neun Stück Jagdwaffen und eine größere Menge Munition sichergestellt worden, darüber sei ihm am 6. August 2003 eine Bestätigung ausgestellt worden. Da der Beschwerdeführer gefährliche Drohungen ausgesprochen und Aggressionshandlungen gesetzt habe und im Besitz von mehreren Jagdwaffen gewesen sei, sei von der Waffenbehörde auf Grund des festgestellten Sachverhalts ein Verfahren zur Erlassung eines Waffenverbots eingeleitet und in weiterer Folge am 9. August 2004 der Erstbescheid erlassen worden. Über Anfrage der Waffenbehörde sei von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt mitgeteilt worden, dass das Verfahren beim Bezirksgericht Bleiburg anhängig wäre. Am 8. Oktober 2003 sei die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt von der Beendigung des Strafverfahrens wegen § 83 Abs 1 StGB benachrichtigt und gleichzeitig mitgeteilt worden, dass dieses am 7. Oktober 2003 gemäß § 90b iVm § 90c Abs 5 StPO (Diversion) eingestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe im Zug der Diversion einen Geldbetrag in der Höhe von EUR 700,-- bezahlt. Das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Februar 2004 zur Kenntnis gebracht worden.

Vorliegend habe der Beschwerdeführer seine besagte Lebensgefährtin mit dem Umbringen bedroht und mit den Fäusten geschlagen, wodurch diese (wie erwähnt) einen Bluterguss und eine Verletzung des rechten Mittelfingers erlitten habe, in weiterer Folge habe er am 6. August 2003 die Genannte mit einer 30 %igen Wasserstoffperoxydlösung im Kopfbereich angeschüttet und sie dadurch verätzt. Die Drohungen und die angeführten Aggressionshandlungen würden als "bestimmte Tatsache" iSd § 12 Abs 1 WaffG angesehen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. An dieser Gefährdungsprognose vermöge auch das vom Beschwerdeführer in seiner Vorstellung geltend gemachte bisher untadelige Vorleben nichts zu ändern. Auch die Tatsache, dass das angesprochene Strafverfahren im Wege der Diversion eingestellt worden sei, ändere nichts daran, dass die vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltensweisen für die Verhängung eines Waffenverbots ausreichten, insbesondere weil auch in Zukunft Aggressionshandlungen sowie Drohungen im Familienkreis wahrscheinlich seien. Es sei daher zu befürchten, dass der Beschwerdeführer künftig Waffen missbräuchlich verwenden und dadurch Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden können würde. Ein Waffenverbot könne bei Situationen familiärer Gewalt mit Verletzungsfolgen auch unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen Gewaltexzesses verhängt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahren vor und erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Nach § 12 Abs 2 leg cit sind die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen (1.) Waffen und Munition sowie (2.) Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach dem WaffG zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen, unverzüglich sicherzustellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt § 50 des Sicherheitspolizeigesetzes.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der in § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 23. April 2008, Zl 2008/03/0045, mwH). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Situationen familiärer Gewalt mit Verletzungsfolgen festgehalten, dass schon ein einmaliger Vorfall, bei dem der Betroffene - mit der Folge einer Verurteilung zu einer Geldstrafe - seine Ehegattin durch Würgen und Versetzen von Schlägen, wodurch sie zu Boden gestürzt war, verletzt und auf diese Weise den Tatbestand des § 83 Abs 1 StGB verwirklicht hatte, als Gewaltexzess zu werten sei und ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbotes gemäß § 12 Abs 1 WaffG rechtfertige, wobei nicht entscheidend sei, durch welches Verhalten auch immer die Auseinandersetzungen ihren Ursprung genommen hätten (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zl 2005/03/0025, mwH).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Entgegen der Beschwerde ist es für die Beurteilung nach § 12 Abs 1 WaffG nicht relevant, dass es bei seinem im angefochtenen Bescheid festgestellten Verhalten - dass er seine Lebensgefährtin mit dem Umbringen bedrohte und mit den Fäusten schlug, wodurch diese einen Bluterguss und eine weitere Verletzung erlitt - nicht zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Beschwerdeführer kam. Die Rüge, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit gegeben, zu den Beweisergebnissen Stellung zu nehmen, geht fehl, zumal die von der belangten Behörde getroffene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit den von der Erstbehörde getroffenen Feststellungen (entgegen der Beschwerde auch bezüglich der Wahrnehmungen der unmittelbaren Nachbarn) übereinstimmen und der Beschwerdeführer Gelegenheit hatte, hiezu in seiner Berufung Stellung zu nehmen. Auf dem Boden der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zukommenden Kontrolle (vgl das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl 85/02/0053) ist auch nicht erkennbar, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde mit einem im Rahmen dieser Kontrolle wahrzunehmenden Mangel belastet wäre. Der Einwand, die belangte Behörde habe "die erhebenden Beamten" nicht als Zeugen dazu vernommen, dass der beim besagten Gendarmerieposten einvernommene E W bei seiner Einvernahme "zu keiner Zeit ... davon gesprochen (habe), dass der Beschwerdeführer Frau B bedroht habe", erweist sich im Ergebnis als nicht zielführend. Es trifft zwar zu, dass der genannte Zeuge die Drohung des Beschwerdeführers nicht unmittelbar wahrgenommen hat. Er gab allerdings zu Protokoll, die Hilferufe der Genannten gehört und anschließend von dieser erfahren zu haben, dass sie vom Beschwerdeführer mit dem Umbringen bedroht worden sei. Somit findet die von der Behörde festgestellte Drohung auch in der Aussage dieses Zeugen Deckung. Von daher gehen auch die Rügen fehl, die belangte Behörde habe diesbezüglich den Sachverhalt entgegen §§ 37 und 45 Abs 2 AVG nicht hinreichend ermittelt, den bekämpften Bescheid daher unzulänglich begründet und sich bei der Darstellung des Geschehens zudem auf Zeugenaussagen gestützt, die es nicht gebe.

Schon das festgestellte einmalige Verhalten des Beschwerdeführers am 5. August 2003 gegenüber seiner Lebensgefährtin - somit im engsten privaten Lebensbereich - ist als Gewaltexzess zu werten und rechtfertigt ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbotes gemäß § 12 Abs 1 WaffG. Durch das dabei zu Tage getretene Aggressionspotenzial weist dieses Verhalten einen waffenrechtlichen Bezug auf, sodass es die belangte Behörde ihrer Verhaltensprognose zu Grunde legen durfte. Davon ausgehend erübrigt sich das weitere Beschwerdeverbringen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 23. Oktober 2008

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