VwGH 2005/03/0016

VwGH2005/03/00161.7.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des D E in K, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 18. März 2003, Zl. Wa-63-1/02, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen im Instanzenzug gemäß § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl Nr 12/1997 (WaffG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe zum Nachweis eines Bedarfes gemäß § 22 Abs 2 WaffG ausgeführt, er sei beruflich bei der Firma S im Außendienst für das Gebiet Österreich tätig und gezwungen, Waffen aller Art zu transportieren. Das Sicherheitsrisiko, dem er auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit ausgesetzt sei, hebe sich deutlich erkennbar von dem Sicherheitsrisiko ab, dem jedermann ausgesetzt sei. Von einer tatsächlichen Bedarfsbeurteilung habe die Behörde jedoch Abstand genommen, da ihr zur Kenntnis gelangt sei, dass der Beschwerdeführer nicht mehr Dienstnehmer der Firma S sei und somit der geforderte berufliche Bedarf ohnehin entfalle. Bezüglich der Jagdausübung - der Beschwerdeführer habe angegeben, auf Grund jagdgesetzlicher Bestimmungen einem angeschossenen oder kranken Wildtier einen Fangschuss in besiedelten Gebieten nur mit einer Faustfeuerwaffe geben zu dürfen - sei festzuhalten, dass diese keinesfalls einen Bedarf im Sinne des § 22 Abs 2 Waffengesetz darstelle. Weiters sei der Behörde bekannt, dass der Beschwerdeführer eine näher bezeichnete Jagdwaffe verloren habe, die ihm von der Firma S zur Ansicht bei Händlern zur Verfügung gestellt worden sei. Über den Verbleib dieser Waffe habe der Beschwerdeführer keine Angaben machen können, auch der Erstattung einer Verlustanzeige sei er erst nach Monaten nachgekommen. Das Verlieren einer Waffe lasse den Schluss zu, dass diese nicht sorgfältig verwahrt worden sei. Gerate eine Waffe in Verlust, so sei es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umgangs bzw der Verwahrung der Waffe, über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt habe, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Auf Grund dieser Tatsache sei die Behörde zur Annahme berechtigt gewesen, der Beschwerdeführer habe die beim Umgang mit bzw der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten, sodass auch die waffenrechtliche Verlässlichkeit gemäß § 8 WaffG in Frage gestellt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde, nicht jedoch die Akten des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens, vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 21 Abs 2 WaffG hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

Gemäß § 22 Abs 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 WaffG jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

2. Die Beschwerde rügt zu Recht als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, dem Beschwerdeführer zu den Feststellungen, er habe eine näher bezeichnete Jagdwaffe verloren und sei nicht mehr Dienstnehmer der Firma S, Parteiengehör gemäß § 45 Abs 3 AVG zu gewähren. Dennoch bildet dieser Verfahrensfehler aus folgenden Gründen nicht eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit:

Die Verletzung des Parteiengehörs begründet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Um dies beurteilen zu können, muss der Beschwerdeführer jene entscheidenden Tatsachen in der Beschwerde bekannt geben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind. Es muss daher auch konkret dargetan werden, welches Vorbringen im Falle der Einräumung des vermissten Parteiengehörs erstattet worden wäre und inwiefern die belangte Behörde dadurch zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), 726 f, E 536 und 539 zu § 45 AVG wiedergegebene hg Rechtsprechung).

3. Im vorliegenden Fall bringt der Beschwerdeführer vor, zwar nicht mehr Dienstnehmer der Firma S, wohl aber Konsulent dieser Firma zu sein, sodass sich diesbezüglich an dem von ihm vorgebrachten Bedarf nichts geändert habe. Als Konsulent dieser Firma sei er ständig mit Jagdwaffen unterschiedlichen Wertes im gesamten Bundesgebiet unterwegs; dabei komme es auch vor, dass er diese Waffen auf Messen und Ausstellungen anbiete und verkaufe und die Ware jeweils vom Hotel zum Ausstellungsraum und zurück transportieren müsse. Die Bewaffnung des Beschwerdeführers als Transporteur von Waffen vermindere die für die Allgemeinheit bedrohliche Raubgefahr, sodass ein Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen anzunehmen sei. Im Hinblick auf den Verlust der näher bezeichneten Jagdwaffe bringt der Beschwerdeführer vor, er trage für den Verlust dieser Jagdwaffe - sofern sie überhaupt verloren gegangen sei - keine Verantwortung.

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht konkret darzutun, dass die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

4. Es ist allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich um hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, so lange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl 98/20/0563, mwN).

In einer Vielzahl von Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass die Durchführung von Geldtransporten auch in den Abendstunden und selbst das Mitführen von S 1,000.000,-- übersteigenden Beträgen nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt (vgl das hg Erkenntnis vom 30. September 1998, Zl 98/20/0358, mwN). Warum im Fall des Transportes von Waffen eine gegenüber derartigen Geldtransporten erhöhte Gefahr gegeben sein soll, ist nicht ersichtlich; auch die strengen waffenrechtlichen Normen indizieren kein erhöhte Gefahrenlage für den Transport von Waffen (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Februar 1998, Zl 97/20/0702, mwN).

Nach dieser Rechtslage hätte auch das vom Beschwerdeführer in der Beschwerde erstattete Vorbringen, er sei als Konsulent der Firma S einer besonderen Gefahrenlage ausgesetzt, mangels Darstellung der erforderlichen besonderen Gefahrenlage zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit ist es dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die Feststellung, der Beschwerdeführer sei nicht mehr Dienstnehmer der Firma S, nicht gelungen, die Relevanz des gerügten Verfahrensfehlers aufzuzeigen.

5. Bei der Darlegung, weshalb sie nicht gemäß § 21 Abs 2 zweiter Satz WaffG von dem ihr durch diese Bestimmung eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Antragstellers Gebrauch gemacht hat, stützte sich die belangte Behörde auf die mangelnde Verlässlichkeit des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs 1 WaffG und begründete diese mit dem Verlust einer näher bezeichneten Jagdwaffe durch den Beschwerdeführer.

Auch im Hinblick auf diesen Umstand gelingt es dem Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht, darzutun, dass sein bei Gewährung von Parteiengehör erstattetes Vorbringen zu einem anderen Bescheid geführt hätte. Der Beschwerdeführer bringt lediglich vor, er hätte die Möglichkeit gehabt, die Anschuldigungen, die zur Verneinung seiner Verlässlichkeit herangezogen worden seien, zu entkräften, und die gegen ihn erhobene Anschuldigung des Verlustes einer näher bezeichneten Jagdwaffe sei nicht richtig, da er für den Verlust dieser Jagdwaffe keine Verantwortung trage.

Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umgangs bzw der Verwahrung der Waffe und über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt hat, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, dass der Verlust der Waffe trotz sorgfältigen - das heißt insbesondere alle in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden - Umganges bzw trotz sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, ist die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, dass der Berechtigte die beim Umgang mit bzw der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl 2005/03/0042, mwN).

Der Beschwerdeführer ist der Feststellung, er habe über den Verbleib der verlorenen Waffe keine Angaben machen können und sei der Erstattung einer Verlustanzeige erst nach Monaten nachgekommen, nicht entgegen getreten. Von daher wäre er verpflichtet gewesen, die näheren ihn entlastenden Umstände des Verlustes vorzubringen, zumal er mit seinem in der Beschwerde erstatteten Vorbringen die oben angeführten Anforderungen bei Weitem nicht erfüllt. Die belangte Behörde wäre daher unverändert zur Annahme berechtigt gewesen, der Beschwerdeführer habe die beim Umgang mit bzw der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten und sei sohin nicht gemäß § 8 Abs 1 WaffG verlässlich.

6. Soweit die Beschwerde als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend macht, der Beschwerdeführer habe einen ausreichen Bedarf nachgewiesen, ist er auf die oben unter 4. angeführte Rechtslage zu verweisen, nach der dem Beschwerdeführer der Nachweis der erforderlichen besonderen Gefahrenlage nicht gelungen ist. Im Übrigen kann auch der vom Beschwerdeführer vorgebrachte jagdliche Bedarf eine solche erhöhte Gefahrenlage und somit einen Bedarf gemäß § 22 Abs 2 WaffG nicht nachweisen.

7. Zuletzt bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe auf Grund des den Beschwerdeführer betreffenden hg Erkenntnisses vom 27. September 2001, Zl 99/20/0006, und der Bindungswirkung des § 63 VwGG von der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers auszugehen gehabt.

Zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, dass eine Bindung nach § 63 Abs 1 VwGG nur insoweit besteht, als sich nicht nach Erlassung des aufgehobenen Bescheides die maßgebliche Sach- oder Rechtslage geändert hat (vgl die bei Mayer, Bundes-Verfassungsrecht3 (2002), 808, Anm III zu § 63 VwGG wiedergegebene hg Rechtsprechung). Da das vom Beschwerdeführer angeführte hg Erkenntnis eine Sach- und Rechtslage betraf, nach der sich die Behörde auf Feststellungen über die Bestrafungen des Beschwerdeführers nach dem Kraftfahrgesetz beschränkte, kann sich aus diesem Erkenntnis keine Bindungswirkung im Hinblick auf die vorliegende Sachlage ergeben.

8. Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Der von der belangte Behörde beantragte Kostenersatz für den Vorlageaufwand wurde im Hinblick auf die unvollständige Vorlage der Verwaltungsakten nicht zugesprochen. Wien, am 1. Juli 2005

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