VwGH 2004/16/0074

VwGH2004/16/007430.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Ing. S in S, vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 18. Juni 2003, Zl. RV/1492-L/02, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ErbStG §15 Abs1 Z17 idF 1996/201;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §5;
EStG 1988 §97 Abs1 idF 1993/012;
EStG 1988 §97 Abs2 idF 1993/012;
ErbStG §15 Abs1 Z17 idF 1996/201;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §5;
EStG 1988 §97 Abs1 idF 1993/012;
EStG 1988 §97 Abs2 idF 1993/012;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 18. Juli 1994 schenkte die Erblasserin dem Beschwerdeführer einen Kommanditgesellschaftsanteil mit einer Kommanditeinlage von S 935.443,82 samt allen anteiligen Aktiven und Passiven.

Mit dem an den Beschwerdeführer ergangenen Bescheid vom 24. Februar 2000 setzte das Finanzamt Linz-Urfahr ausgehend von einem "vorl. Teilwert" des Betriebsvermögens (Anteil an Personengesellschaft) von S 60,338.220,23 Erbschaftssteuer von S 8,373.833,-- (EUR 608.550,18) gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das bewertungsrechtliche Gesamtvermögen der Kommanditgesellschaft habe S 80,582.685,18 betragen und davon sei in endbesteuerten Wertpapieren ein Betrag von S 47,846.047,-- angelegt gewesen. Die Erblasserin habe ein positives Verrechnungskonto in Höhe von S 47,167.964,69 gehabt. Die Wertpapiere seien als Kapitalvermögen zu sehen, da sie über das genannte Verrechnungskonto - zumindest in dessen Höhe - dem Privatvermögen der Erblasserin zuzurechnen gewesen seien. Die verbleibende Differenz zwischen Wertpapieren und Verrechnungskonto wäre durch die Kommanditeinlage gedeckt gewesen. Aus dieser Sicht seien die Wertpapiere nicht als Betriebsvermögen zu betrachten, sondern als Kapitalvermögen der Erblasserin. Die Tatsache der Zugehörigkeit zum Privatvermögen werde auch durch die Überliquidität dokumentiert und durch die in der Berufung angeführten Kennzahlen untermauert. Auch wenn man davon ausginge, dass die Wertpapiere dem Betriebsvermögen zugehörig seien, so stelle sich die Frage nach deren Erbschaftssteuerpflicht. Das Wort Kapitalvermögen nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG könne auch auf Kapitalvermögen in Gesellschaften und Unternehmen bezogen werden und müsse nicht unbedingt im technischen Sinn des § 27 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen) gesehen werden. Weiters weise § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG auf § 97 Abs. 1 erster Satz EStG hin, welche die Endbesteuerung für das Vermögen natürlicher Personen sowohl im privaten als auch im betrieblichen Bereich der einkommensteuerrechtlichen Endbesteuerung unterwerfe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte die Festsetzung der Erbschaftssteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 58,813.740,--, davon 14 % auf S 8,233.924,-- (EUR 598.382,59) ab. Die vorläufige Abgabenfestsetzung wurde durch eine endgültige Festsetzung ersetzt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Erblasserin sei Kommanditistin einer GmbH & Co KG gewesen. Bei Unternehmen, deren Firma im Firmenbuch eingetragen sei und deren Gewinn nach § 5 EStG 1988 zu ermitteln sei, gehöre neben dem notwendigen auch das gewillkürte Vermögen zum Betriebsvermögen. Lt. der Bilanz zum 31. Jänner 1998 gehörten die gegenständlichen Wertpapiere zum Anlagevermögen der GmbH & Co KG. Dieses Kapitalvermögen gehöre somit zum Betriebsvermögen. Der "todeswegige" Erwerb von notwendigem oder gewillkürtem Betriebsvermögen sei selbst dann, wenn er Vermögen betreffe, das Werte im Sinne des § 97 Abs. 1 erster Satz oder Abs. 2 erster bis dritter Satz EStG 1988, idF BGBl. Nr. 12/1993, enthalte (Sparbücher, Wertpapiere), erbschaftssteuerpflichtig und nicht von der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG erfasst. Wertpapiere, die zur Deckung von Abfertigungs- oder Pensionsrückstellungen dienten, gehörten zum notwendigen Betriebsvermögen.

Die vorläufige Abgabenfestsetzung sei durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen gewesen, weil die Ungewissheit beseitigt worden sei. Die Bemessungsgrundlage von S 59,873.745,-- sei um eine weitere Passivpost (Schadenersatzforderung) von S 1,060.000,--

auf insgesamt S 58,813.745,-- zu verringern und der Berufung somit teilweise stattzugeben gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 2. März 2004, B 1056/03-3, ab und trat die Beschwerde mit weiterem Beschluss vom 30. März 2004, B 1056/03-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch Anwendung einer überhöhten Bemessungsgrundlage bei der Festsetzung der Erbschaftssteuer (weil endbesteuerte Wertpapiere in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen worden seien) in seinen Rechten verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Steuerschuld entstand gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG mit dem Tod der Erblasserin am 11. März 1998. Im Beschwerdefall ist die in diesem Zeitpunkt anzuwendende Rechtslage heranzuziehen.

Gemäß § ?4 Abs. 1 Z 3 ErbStG, BGBl. Nr. 141/1955 idF BGBl. Nr. 201/1996, ist § 15 Abs. 1 Z 17 idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 auf alle Erwerbe von Todes wegen nach Personen anzuwenden, die nach dem 31. Mai 1996 verstorben sind.

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 4 ErbStG, BGBl. Nr. 141/1955 idF BGBl. I Nr. 106/1999, ist § 15 Abs. 1 Z 17 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 106/1999 auf Rechtsvorgänger anzuwenden, für die die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 1999 entsteht.

Im Beschwerdefall ist demnach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 anzuwenden.

Danach bleiben Erwerbe von Todes wegen vom Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1998, idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen, steuerfrei.

Bei dieser Verweisung auf das Einkommensteuergesetz 1988 idF BGBl. Nr. 12/1993, handelt es sich unbestritten um eine "statische" Verweisung (vgl. z.B. auch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1986, B 457/85).

§ 97 Abs. 1 erster Satz und § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. 12/1993, lauten:

"§ 97. (1) Die Einkommensteuer für Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 Z 3 sowie Abs. 3, die

  1. 1. der Kapitalertragsteuer unterliegen und
  2. 2. zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27) gehören, gilt als durch den Steuerabzug abgegolten. ...

(2) Die Einkommensteuer für im Inland bezogene Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren, die

  1. 1. nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen und
  2. 2. zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören,

    gilt durch einen der kuponauszahlenden Stelle in Höhe der Kapitalertragsteuer freiwillig geleisteten Betrag als abgegolten. Der Steuerpflichtige muss dazu der kuponauszahlenden Stelle unverzüglich den unwiderruflichen Auftrag erteilen, den Betrag wie eine Kapitalertragsteuer abzuführen. Der Betrag gilt als Kapitalertragsteuer von Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 3. ..."

    Nach § 27 EStG 1988 sind nur solche Einkünfte "Einkünfte aus Kapitalvermögen", soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG gehören.

    Mit den Einkünften aus Kapitalvermögen sollen im Wesentlichen die Erträgnisse von Geldkapital erfasst werden. Die Einkunftsart ist subsidiär: Soweit die Einkünfte zu den ersten vier Einkunftsarten gehören (z.B. Dividenden aus Aktien, die zum Betriebsvermögen eines Gewerbetreibenden gehören), sind sie diesen zuzurechnen (Doralt/Ruppe, Steuerrecht I7, 51).

    Die Erblasserin war Kommanditistin der im Firmenbuch eingetragenen GmbH & Co KG und Gegenstand des Erwerbes von Todes wegen war ein Kommanditanteil. Bei Unternehmen, deren Firma im Firmenbuch eingetragen ist und deren Gewinn somit nach § 5 EStG zu ermitteln ist, gehört neben dem notwendigen auch das gewillkürte Vermögen zum Betriebsvermögen.

    Die in Rede stehenden Wertpapiere waren lt. der Bilanz zum 31. Jänner 1998 Teil des Anlagevermögens und somit war dieses Kapitalvermögen Betriebsvermögen der GmbH & Co KG. Die erzielten Kapitalerträge gehörten im Beschwerdefall daher wegen der Subsidiarität der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 27 EStG. Demnach konnten die Wertpapiere mangels Vorliegens der Voraussetzungen im Beschwerdefall bei der Vorschreibung der Erbschaftssteuer nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG nicht steuerfrei bleiben. Der Wert der Wertpapiere war daher mit Recht in die Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Erbschaftssteuer mit einzubeziehen.

    Der Beschwerdeführer fordert, in einer verfassungskonformen, gleichheitswidrige Ergebnisse vermeidenden Interpretation zum Ergebnis der Befreiung der Wertpapiere von der Erbschaftssteuer zu kommen. Dabei wird allerdings übersehen, dass der Wortlaut der anzuwenden Bestimmungen eindeutig und daher eine andere, noch dazu über den äußersten Wortsinn hinausgehende Auslegung unzulässig ist. Für die geforderte Interpretation besteht daher kein Raum.

    Aus Anlass des Beschwerdefalls sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden, die den Verwaltungsgerichtshof veranlassten, die Angelegenheit dem Verfassungsgerichtshof - der mit der Angelegenheit bereits befasst war - mit dem Antrag auf ein Gesetzesprüfungsverfahren vorzulegen.

    Mit der Beschwerde wurde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 30. September 2004

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