VwGH 2004/02/0130

VwGH2004/02/013010.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des FH in K, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 22. August 2003, Zl. 1-0335/03/E4, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art5;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art6;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art7;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art9;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs7 idF 31998R2135;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs7;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr;
31990R3572 Verkehrsrecht Herstellung deutsche Einheit ;
31998R2135 Nov-31985R3821/31988L0599 Art4;
61990CJ0158 Nijs und Transport Vanschoonbeek-Matterne VORAB;
EURallg;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51e Abs3 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art5;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art6;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art7;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art9;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs7 idF 31998R2135;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs7;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr;
31990R3572 Verkehrsrecht Herstellung deutsche Einheit ;
31998R2135 Nov-31985R3821/31988L0599 Art4;
61990CJ0158 Nijs und Transport Vanschoonbeek-Matterne VORAB;
EURallg;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51e Abs3 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. August 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Fahrzeuges (zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t) am 6. Jänner 2003 um 15.00 Uhr in R einem Organ der Straßenaufsicht das Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren sei, nicht vorgelegt.

Er habe eine Übertretung gemäß § 134 Abs. 1 KFG iVm Art. 15 Abs. 7 EG-VO 3821/85 begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 50,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt unter Bezugnahme auf einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, ginge man von der Verwirklichung des Tatbestandes aus, könne diese Übertretung dennoch nicht unter Strafe gestellt werden, weil § 134 Abs. 1 KFG nur Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (in der Folge VO) (EWG) Nr. 3821/85 "in der Fassung" der VO (EG) Nr. 3572/90 als Verwaltungsübertretung ausweise, nicht aber die mittlerweile ergangene Novelle der VO (EG) Nr. 2135/98 umfasse.

Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass § 134 Abs. 1 erster Satz KFG nicht die Wortfolge "in der Fassung" enthält, sondern wie folgt lautet (Hervorhebung durch Unterstreichen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90 , ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen."

Es handelt sich sohin um eine "dynamische Verweisung" auf die jeweils gültige Fassung der VO (EWG) Nr. 3821/85 . Dies ist im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes, der im Übrigen zB. in Art. 4 der VO (EG) Nr. 2135/98 auch zum Ausdruck

kommt ("Diese Verordnung ist in allen ... Teilen" (der

Europäischen Gemeinschaften) "verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat") auch verfassungsrechtlich nicht bedenklich.

Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer ua. unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 97/03/0018, es sei ihm innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht zur Last gelegt worden, dass der von ihm gelenkte LKW zur Güterbeförderung diene und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteige. Erst die belangte Behörde habe das "Tatbestandsmerkmal zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t in den Spruch aufgenommen".

Nach Art. 3 der VO (EWG) Nr. 3821/85 muss das Kontrollgerät bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedstaat zugelassen sind; ausgenommen sind die in Art. 4 und Art. 14 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3820/85 genannten Fahrzeuge.

Nach Art. 4 der VO (EWG) Nr. 3820/85 gilt diese ua. nicht für "Beförderungen mit

1. Fahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 t nicht übersteigt".

Die Ziffern 2 bis 13 sowie Art. 14 Abs. 1 leg. cit. enthalten weitere Ausnahmen.

Damit handelt es sich - anders als bei dem dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997 zu Grunde liegenden § 102 Abs. 10a KFG - bei den vom Beschwerdeführer vermissten Wortfolgen um Ausnahmetatbestände bzw. "negative Tatbestandsmerkmale". Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits erkannt, dass es nicht notwendig ist, dass eine Verfolgungshandlung auch das Nichtvorliegen von Ausnahmetatbeständen umfassen muss (vgl. zB. das Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 99/03/0292) bzw. dass "negative Tatbestandsmerkmale" in den Spruch aufgenommen werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2004, Zl. 2001/02/0042). Es liegt demnach weder Verfolgungsverjährung vor noch war die Aufnahme der - an sich überflüssigen - Wortfolge "zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t" in den Spruch des angefochtenen Bescheides (laut Gegenschrift der belangten Behörde lediglich "aus Gründen der Klarstellung") unzulässig.

Auch das weitere Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:

Die VO (EWG) Nr. 3821/85 wurde - wie aufgezeigt - in den hier interessierenden Stellen durch die VO (EG) Nr. 2135/98 vom 24. September 1998 geändert:

Art. 15 Abs. 7 lautet:

"Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

"§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

  1. 2. sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
  2. 3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

    4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

    und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

..."

Es wurde lediglich eine Geldstrafe von EUR 50,-- verhängt. Der durch einen Anwalt vertretene Beschwerdeführer - dadurch unterscheidet sich der vorliegende Beschwerdefall von dem, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 2003, B 1312/02, zu Grunde lag - hat in der Berufung nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Er hat betreffend den 30. und den 31. Dezember 2002 (beide Tage liegen - wie oben ausgeführt - innerhalb des nach Art. 15 Abs. 7 VO Nr. 3821/85 relevanten Tatzeitraumes) gar nicht behauptet, nicht gelenkt zu haben, er hat den Sachverhalt also nur in einem die Bestrafung nicht verhindernden Umfang bestritten. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht, gestützt auf § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 10. September 2004

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