VwGH 2003/15/0058

VwGH2003/15/005822.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Finanzamtes Krems an der Donau, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien (Senat 17), vom 5. Juni 2003, GZ. RV/1351-W/02, und RV/2654-W/02, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1998 und 1999 (mitbeteiligte Partei: M), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §33 Abs4;
EStG 1988 §34 Abs3;
EStG 1988 §34 Abs8;
FamLAG 1967;
EStG 1988 §33 Abs4;
EStG 1988 §34 Abs3;
EStG 1988 §34 Abs8;
FamLAG 1967;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Ein von der beschwerdeführenden Partei beantragter Kostenzuspruch findet nicht statt.

Begründung

Das Finanzamt versagte für die Streitjahre die Berücksichtigung des Pauschbetrages für auswärtige Berufsausbildung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die zwei Kinder des Mitbeteiligten, die die Spiel- und Lernwerkstatt in Pottenbrunn besuchten.

Der Mitbeteiligte führte in den Berufungen aus, diese Schule unterscheide sich von herkömmlichen Schulen dadurch, dass es keine speziellen Lernziele gebe, sondern eigenverantwortliches Lernen gelehrt werde. Weiters gebe es keine Klassen nach Altersstufen, sondern die Schüler würden nach ihrem Wissensstand eingestuft. Bei dieser Schule handle es sich um eine Montessori-Schule. Es bestehe keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit, die örtlich näher gelegen wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen Folge. In der Begründung wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - ausgeführt, die Kinder des Mitbeteiligten besuchten im Streitzeitraum an Stelle einer öffentlichen Volks- bzw. Hauptschule die Spiel- und Lernwerkstatt Pottenbrunn. Der Unterricht in der nach Montessori-Prinzipien geführten Spiel- und Lernwerkstatt unterscheide sich in der Grundkonzeption des Unterrichts wesentlich von der Unterrichtskonzeption anderer Schulen. Die Spiel- und Lernwerkstatt sei seit dem Schuljahr 1999/2000 eine mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Privatschule, die jedoch keiner öffentlichen Schulart entspreche. Die Schulpflicht werde mit dem Besuch der Spiel- und Lernwerkstatt erfüllt. Im Nahebereich des Wohnortes des Mitbeteiligten befinde sich keine mit der Spiel- und Lernwerkstatt vergleichbare Schule. Eine öffentliche Volks- und Hauptschule sei von der Wohnung des Mitbeteiligten in weniger als einer Stunde erreichbar.

Dass die Spiel- und Lernwerkstatt keiner öffentlichen Schulart entspreche, ergebe sich aus dem Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Grundlage dieses Bescheides sei § 14 Abs. 2 lit. b Privatschulgesetz, BGBl. Nr. 244/1962, der Privatschulen, die keiner öffentlichen Schulart entsprechen, regle. Die Eignung der Spiel- und Lernwerkstatt zur Erfüllung der Schulpflicht ergebe sich aus § 12 Abs. 1 Z. 2 Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 76/1985, in Verbindung mit dem genannten Bescheid.

Vor der Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes könne umso weniger davon ausgegangen werden, dass die Spiel- und Lernwerkstatt einer Volks- oder Hauptschule entsprochen habe. § 11 Abs. 1 Schulpflichtgesetz besage zwar, dass die allgemeine Schulpflicht - unbeschadet § 12 leg. cit. - auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden könne, sofern der Unterricht jenem an einer allgemein bildenden Pflichtschule "mindestens gleichwertig" sei, was auch durch "externe" Prüfungen (§ 11 Abs. 4 leg. cit.) nachzuweisen sei. Dadurch werde nicht ausgeschlossen, dass zusätzlich zu den Zielen des Unterrichts an allgemein bildenden Pflichtschulen weitere hinzukämen, zumal "mindestens gleichwertig" nicht mit "entsprechen" gleichzusetzen sei.

Ob öffentliche oder private Bildungseinrichtungen besucht würden, sei nicht von Bedeutung, sofern sich im Nahebereich des Wohnortes keine geeignete öffentliche Bildungseinrichtung befinde. Zu prüfen sei, ob eine Berufsausbildung außerhalb des Wohnortes dem Grunde nach geboten sei. Mehraufwendungen, die durch einen auswärtigen Schulbesuch oder durch ein auswärtiges Studium entstanden seien, seien dann nicht zwangsläufig, wenn die Ausbildung bei gleichen Bildungschancen und gleichen Berufsaussichten auch an einer im Wohnort oder im Nahebereich des Wohnortes gelegenen Ausbildungsstätte absolviert werden könne.

Das beschwerdeführende Finanzamt vertrete die Auffassung, der Mitbeteiligte hätte seiner Unterhaltspflicht auch dadurch nachkommen können, dass er seinen Kindern den Besuch einer im Nahebereich seines Wohnortes gelegenen öffentlichen Volks- bzw. Hauptschule ermöglicht hätte.

Der Mitbeteiligte habe auf die grundsätzlich andere Konzeption des Unterrichts an der Spiel- und Lernwerkstatt hingewiesen. Nicht nur die Methodik sei eine gänzlich andere, auch die Ziele dieser Schule gingen über jene des Regelschulwesens hinaus.

Mit dieser Auffassung sei der Mitbeteiligte im Ergebnis im Recht. Der zivilrechtliche Grundsatz der Berücksichtigung des Kindeswohles verlange, dass je größer eine besondere Begabung eines Kindes und je besser die wirtschaftliche Situation des Unterhaltspflichtigen sei, dem Kind auch eine besondere auswärtige Ausbildungs- bzw. Entfaltungsmöglichkeit zu finanzieren sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1993, 91/14/0085). Welche Ausbildung einem Kind zustehe, bestimme sich nach der beruflichen und gesellschaftlichen Stellung der Eltern. Der aus den Berechnungsblättern ersichtliche Gesamtbetrag der Einkünfte des Mitbeteiligten lasse unter Berücksichtigung des Umstandes, dass seine Einkünfte als selbständiger Erwerbstätiger starken Schwankungen unterlägen und auch das Einkommen seiner Gattin nicht außer Ansatz zu lassen sei, nicht die Schlussfolgerung zu, dem Mitbeteiligten und seiner Gattin werde die Finanzierung des Besuches der Spiel- und Lernwerkstatt aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar.

Wenngleich nicht jeder Vorteil, den Eltern ihren Kindern angedeihen ließen, zu im Rahmen des § 34 Abs. 8 EStG 1988 abzugsfähigen Kosten für die Eltern führe, weil es durchaus üblich sei, dass Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung ihrer Kinder neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne rechtliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen, sei zu beachten, dass den Eltern und dem Kind bei der Gestaltung der Ausbildung ein weiter Entscheidungsspielraum zukomme und das Berufsziel nicht ohne weiteres dann als erreicht anzusehen sei, wenn das Kind die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des von ihm gewählten Berufes erfülle. Die Verwaltungspraxis treffe folgende Unterscheidung: Werde eine Ausbildungsmöglichkeit im Nahebereich des Wohnortes nur deswegen nicht wahrgenommen, weil qualitative Schwerpunkte (bestimmte Prüfungen sind "schwieriger", die Teilnahme an Seminaren erfordert eine bestimmte Qualifikation) gesetzt werden, seien aber Lehrinhalte und der Ausbildungsabschluss grundsätzlich gleich, liege keine Zwangsläufigkeit der auswärtigen Berufsausbildung vor. Müsse allerdings eine Ausbildungsmöglichkeit außerhalb des Nahebereiches deswegen in Anspruch genommen werden, weil ein Zugang im Nahebereich - etwa infolge besonderer Zugangsbeschränkungen - nicht möglich sei, stehe der Freibetrag zu. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, dass etwa die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland einen in Bezug auf § 34 Abs. 8 EStG 1988 relevanten Unterschied zwischen einem wirtschaftskundlichen Realgymnasium und einem Gymnasium oder einem Realgymnasium erblickt habe; ebenso betreffend das Werkschulheim Felbertal im Vergleich mit anderen Schulen sowie das Bundesoberstufenrealgymnasium an der Theresianischen Militärakademie im Vergleich mit anderen Bundesoberstufenrealgymnasien.

Auch die zivilrechtliche Judikatur gehe davon aus, dass der Unterhaltsberechtigte dann, wenn in einem bestimmten Ausbildungsweg entgeltliche Privatschulen neben öffentlichen (unentgeltlichen) Schulen zur Verfügung stehen, bei gleichwertigen Alternativen grundsätzlich die für den Unterhaltsverpflichteten weniger belastende öffentliche Schule auszuwählen oder die Mehrkosten der Privatschule selbst zu tragen habe. Stelle aber aus im jeweiligen Einzelfall zu prüfenden Gründen die öffentliche Schule keine gleichwertige Alternative dar und sprächen gerechtfertigte Gründe für den Besuch der vom Unterhaltsberechtigten ausgewählten Privatschule, könnten Aufwendungen für diese Privatschule als Sonderbedarf anerkannt werden. Für die Anerkennung der nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 "zwangspauschalierten" Kosten für eine Ausbildung außerhalb des Wohnortes sei lediglich erforderlich, dass keine ihrer Art nach vergleichbare Ausbildung auch im Einzugsbereich des Wohnortes möglich sei. Inwieweit zwei Ausbildungsgänge ihrer Art nach vergleichbar seien, sei eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Frage (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, 97/14/0068).

Im Beschwerdefall ergebe sich, dass zwar ein formales Ausbildungsziel - Erreichen eines Volksschul- bzw. Hauptschulabschlusses - bei der Spiel- und Lernwerkstatt mit dem jeder anderen Volks- oder Hauptschule ident sei (selbst der Prospekt der Schule räume ein: "Das Ergebnis ist dasselbe wie bei herkömmlichen Hauptschulen"). Gemäß § 15 Abs. 1 Schulorganisationsgesetz schließe etwa die Hauptschule an die vierte Stufe der Volksschule an und habe die Aufgabe, in einem vierjährigen Bildungsgang eine grundlegende Allgemeinbildung zu vermitteln sowie dem Schüler je nach Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeit für das Berufsleben und zum Übertritt in mittlere Schulen oder in höhere Schulen zu befähigen. Die belangte Behörde könne nicht finden, dass diese grundsätzlichen Ziele der Hauptschule von der Spiel- und Lernwerkstatt nicht auch erfüllt würden. Gleiches gelte für die Volksschulausbildung.

Freilich seien diese Ziele nicht die einzigen der von den Kindern des Mitbeteiligten besuchten Privatschule. Das Privatschulgesetz knüpfe nicht an die Zielsetzungen des öffentlichen Regelschulwesens an, sondern normiere in § 2 u.a.:

"Schulen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Einrichtungen, in denen eine Mehrzahl von Schülern gemeinsam nach einem festen Lehrplan unterrichtet wird, wenn im Zusammenhang mit der Vermittlung von allgemeinbildenden oder berufsbildenden Kenntnissen und Fertigkeiten ein erzieherisches Ziel angestrebt wird. Ein erzieherisches Ziel ist gegeben, wenn außerdem mit der Erwerbung von Kenntnissen und Fertigkeiten an sich verbundenen Erziehungszielen die Festigung der charakterlichen Anlagen der Schüler in sittlicher Hinsicht bezweckt wird."

Es seien nicht nur die Wege, zu den Ausbildungszielen zu gelangen, und um eine bestmögliche Vorbereitung auf das Berufsleben oder den Besuch weiterführender Schulen zu erlangen, im vorliegenden Fall höchst unterschiedlich; ebenso lägen neben den allgemeinen Zielen einer Volks- oder Hauptschule spezielle Zielsetzungen der Spiel- und Lernwerkstatt vor ("die Kinder lernen, was sie wollen und wann sie wollen"). Dies zeige sich auch darin, dass nicht nach den Lehrplänen öffentlicher Volks- oder Hauptschulen unterrichtet werde, sondern eigene Lehrpläne und Lehrmethoden verwendet werden. Gegen idente Ziele mit einer Volks- oder Hauptschule spreche auch, dass die Spiel- oder Lernwerkstatt keine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung (§ 11 Privatschulgesetz) führe. Auch sei die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes nicht nach § 12 Abs. 1 (gemeint wohl: § 14 Abs. 1) Privatschulgesetz, sondern nach § 12 Abs. 2 leg. cit. (gemeint: § 14 Abs. 2) erfolgt.

Nach Auffassung der belangten Behörde könne nicht allein auf den formalen Abschluss des Ausbildungsganges abgestellt werden. Es sei zu berücksichtigen, dass hier einerseits eine verglichen mit dem Regelschulwesen deutlich unterschiedliche Methodik angewendet werde und andererseits neben dem Volks- bzw. Hauptschulabschluss als einem formalen Ausbildungsziel ein stärkerer Schwerpunkt auf bestimmte persönlichkeitsbildende Eigenschaften gelegt werde (Entwicklung und Entfaltung von Eigeninitiative, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit; Erziehung zur Selbständigkeit als durchgehendes wesentlichstes Prinzip). Selbstbestimmung der Kinder und Teamarbeit, die Vermittlung von sozialer Kompetenz, von Selbstbewusstsein und von Teamfähigkeit stünden im Vordergrund; fächerübergreifende Projekte seien nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Ein Schwerpunkt der Spiel- und Lernwerkstatt liege in der Betonung des künstlerischen Bereichs. Ebenso wie etwa eine Schihauptschule auch einen Hauptschulabschluss vermittle, jedoch darüber hinaus gesonderte Zielsetzungen (Vermittlung spezieller sportlicher Fähigkeiten) habe, gingen die Zielsetzungen der Spiel- und Lernwerkstatt über jene einer "normalen" Volks- bzw. Hauptschule hinaus. Dass Elemente des Unterrichts in der Spiel- und Lernwerkstatt sich auch im Regelschulwesen wieder fänden, mache öffentliche Schulen noch nicht zu gleichartigen Ausbildungsstätten.

Letztlich spreche auch der Umstand, dass nach dem Besuch der Spiel- und Lernwerkstatt das ältere Kind des Mitbeteiligten eine künstlerische Ausbildung absolviere, dafür, dass die Spiel- und Lernwerkstatt als Volks- bzw. Hauptschule jedenfalls hinsichtlich des Schwerpunkts Theaterproduktionen für die spätere Berufswahl des Kindes des Mitbeteiligten eine bessere Vorbereitung biete als andere Schulen. Beim jüngeren Kind des Mitbeteiligten sei dies auf Grund des Alters noch nicht konkret absehbar.

Die Entscheidung des Mitbeteiligten und seiner Gattin, die Kinder die Spiel- und Lernwerkstatt an Stelle einer Volks- oder Hauptschule besuchen zu lassen, sei im Hinblick auf die dargestellten Unterschiede der Ausbildung im Rahmen des § 34 Abs. 8 EStG 1988 zu respektieren und den Aufwendungen die Abzugsfähigkeit nicht "mangels" Vorhandenseins anderer ebenfalls den Volks- bzw. Hauptschulabschluss vermittelnder Schulen im Nahebereich des Wohnortes zu versagen. Der Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 sei daher für beide Kinder in den Streitjahren zu gewähren gewesen.

Das Finanzamt führt in seiner gegen diesen Bescheid gemäß § 292 BAO erhobenen Beschwerde aus, zwischen der Spiel- und Lernwerkstatt und einer freien Waldorfschule bestünden bei den Zielen und der angewandten Methodik viele Parallelen. Der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. November 2000, 95/15/0203) habe die Zwangsläufigkeit des Besuches einer solchen Schule verneint, weil diese ein einer öffentlichen Schule vergleichbares Lehrziel habe. Die unterschiedliche Unterrichtsmethodik sei diesbezüglich nicht relevant. Indem die belangte Behörde bei der Spiel- und Lernwerkstatt jedoch die Zwangsläufigkeit der auswärtigen Ausbildung bejaht habe, obwohl das Lehrziel im Wesentlichen ident mit dem einer öffentlichen Schule sei, habe sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dass die Kinder des Mitbeteiligten über Begabungen verfügten, die nur durch die Spiel- und Lernwerkstatt gefördert werden könnten, sei nicht vorgebracht worden und sei auch den Akten nicht zu entnehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Berufsausbildung des Kindes fällt als Unterhaltsverpflichtung zwar unter die außergewöhnliche Belastung, doch sind die Aufwendungen dafür grundsätzlich mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag abgegolten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, 98/15/0100).

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird - in den Streitjahren - durch Abzug eines Pauschbetrages von S 1.500,-- pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt. Dieser Pauschbetrag soll Unterbringungs- oder höhere Fahrtkosten abdecken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, 94/14/0087, und das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, 98/15/0100).

Bei Auslegung der Voraussetzung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 "entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" wird nach der Rechtsprechung auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abgestellt. Dies gilt nicht nur für die Ausbildung an einer Hochschule, sondern an einer Schule schlechthin. Die Formulierung "entsprechende" ist sohin nicht im Sinne von "gleich", sondern von "gleichwertig" zu verstehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1987, 86/14/0137, vom 9. Juli 1987, 86/14/0101, und vom 7. August 2001, 97/14/0068).

Bereits im Verwaltungsverfahren wurde außer Streit gestellt, dass die von den Kindern des Mitbeteiligten besuchte Spiel- und Lernwerkstatt nicht im Einzugsbereich des Wohnortes des Mitbeteiligten liegt. Eine öffentliche Volksschule und eine öffentliche Hauptschule ist von der Wohnung des Mitbeteiligten in weniger als einer Stunde erreichbar.

Die Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach durch das EStG 1988 enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, 97/14/0068).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur ausgesprochen, die Sittenordnung gebiete es nicht, Kindern den Besuch einer Privatschule zu finanzieren, wenn unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse der Besuch einer öffentlichen Schule mit vergleichbarem Lehrziel, wenn auch anderen Unterrichtsmethoden, möglich ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 1990, 87/13/0081, und vom 23. November 2000, 95/15/0203, sowie Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 32 zu § 34, Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 34 Einzelfälle, auswärtige Berufsausbildung (Kinder)). Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid geben keinen Anlass, von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen.

Die belangte Behörde hält unter Bezugnahme auf den Inhalt des Prospektes der Spiel- und Lernwerkstatt fest, dass das formale Ausbildungsziel - Erreichen eines Volksschul- bzw. Hauptschulabschlusses - bei der Spiel- und Lernwerkstatt mit dem jeder anderen Volks- oder Hauptschule ident sei. Sie führt aber ins Treffen, dass die Spiel- und Lernwerkstatt "spezielle Zielsetzungen" verfolge und als Wesensunterschied zur öffentlichen Schule eine "deutlich unterschiedliche Methodik" angewendet werde. Ein Schwerpunkt der Spiel- und Lernwerkstatt liege in der Betonung des künstlerischen Bereiches. Der Umstand, dass Elemente des Unterrichts in der Spiel- und Lernwerkstatt sich auch im "Regelschulwesen" wieder fänden, mache - so die belangte Behörde - die öffentlichen Schulen noch nicht zu gleichartigen Ausbildungsstätten.

Damit wird aber ein gleichwertiger Schulabschluss (Volks- bzw. Hauptschule) nicht in Abrede gestellt. Die von der belangten Behörde hervorgehobene "unterschiedliche Unterrichtsmethodik" und "spezielle Zielsetzungen" reichen nicht aus, um den Besuch einer öffentlichen Schule als "nicht entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2000, 95/15/0203). Die Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1993, 91/14/0085) verlangt in den Fällen, in denen eine öffentliche Schule am Wohnort des Steuerpflichtigen ist, besondere Gründe, die einen auswärtigen Schulbesuch als geboten erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände, wie sie etwa in dem zuvor erwähnten Erkenntnis vom 11. Mai 1993, 91/14/0085, betreffend die Aufwendungen für den Besuch einer Schihandelsschule zu Grunde lagen, wurden vom Mitbeteiligten nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. In den Fällen u.a. des Art. 131 Abs. 2 B-VG findet nach § 47 Abs. 4 VwGG für den Beschwerdeführer kein Aufwandersatz statt.

Wien, am 22. Dezember 2004

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