VwGH 2003/09/0009

VwGH2003/09/000923.11.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 18. September 2002, Zl. 54/10-DOK/02, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §125a Abs2;
BDG 1979 §125a Abs3 Z4;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs2;
BDG 1979 §95 Abs3;
StGB §202 Abs1;
VwRallg;
BDG 1979 §125a Abs2;
BDG 1979 §125a Abs3 Z4;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs2;
BDG 1979 §95 Abs3;
StGB §202 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Entlassung als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit dem (rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 16. Februar 2001, GZ 63a Vr 1526/00-30 wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB dahingehend für schuldig befunden, er habe am 13. Jänner 2000 in B außer den Fällen des § 201 StGB die VB/S P mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er der mit Handschellen an einen Sessel gefesselten Frau ihre Arme, die sie seitlich an den Körper gepresst hatte mit seinen Händen gewaltsam soweit aufzwängte, dass er mit beiden Händen seitlich auf deren Brüste greifen konnte und diese bis knapp vor die Brustwarzen intensiv betastete. Der Beschwerdeführer wurde hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

In dem danach durchgeführten, (unter anderem auch) dieselbe (strafbare) Handlung betreffenden Disziplinarverfahren wurde der Beschwerdeführer mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 29. April 2002 wie folgt für schuldig befunden:

"Revierinspektor K

ist schuldig, er hat

1. während seines gemäß Dienstvorschreibung Nr. 87/2000 für den Zeitraum vom 12. Jänner auf den 13. Jänner 2000, und zwar in der Zeit 19.00 Uhr bis 07.00 Uhr vorgeschriebenen Kriminaldienstes auf der Grenzkontrollstelle B Alkohol, und zwar zumindest eine Flasche Bier konsumiert und am 13. Jänner 2000, gegen 00.30 Uhr im Sozialraum der Grenzkontrollstelle B es nicht verhindert sondern es geduldet, dass der gemäß Dienstvorschreibung Nr. 89/2000 mit der Dienst- und Fachaufsicht für den Zeitraum vom 12. Jänner 2000, 20.00 Uhr bis zum 13. Jänner 2000, 08.00 Uhr betraute Gruppeninspektor V die Vertragsbedienstete des Grenzdienstes (VB/S) P unter Anwendung von Körperkraft mit seinen dienstlich zugewiesenen Handschellen an einen Stuhl fesselte und

die hilflose, qualvolle und erniedrigende Lage der VB/S P dahingehend ausnützte und sie zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung nötigte, indem er sie über einen längeren Zeitraum mit seinen Händen derb an den Brüsten erfasste bzw. betastete und sich auch nicht durch die Schreie der VB/S P von seinen sexuellen Handlungen abbringen lies.

Revierinspektor K hat dadurch über seine strafgerichtliche Verantwortlichkeit hinaus seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 hinsichtlich seiner Verpflichtung zur gewissenhaften Beachtung der geltenden Rechtsordnung und zur Erhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in seine sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben sowie nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 hinsichtlich der Befolgung von Weisungen iVm § 13 Abs. 1 Gendarmeriedienstinstruktion (GDI) und § 15 der Unterkunftsordnung im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt".

Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 7.200,-- verhängt.

Hingegen wurde der Beschwerdeführer mit dem genannten Disziplinarerkenntnis von einer weiteren (näher umschriebenen) Anschuldigung gemäß § 126 Abs. 2 iVm § 118 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 freigesprochen.

Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhoben der Beschwerdeführer und auch der Disziplinaranwalt Berufung.

Der Beschwerdeführer bekämpfte das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis hinsichtlich seines Schuld- und Strafausspruches. Er beantragte in seinem Rechtsmittel, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben und ihn von den angefochtenen Anschuldigungen freizusprechen; hilfsweise beantragte der Beschwerdeführer, eine deutlich geringere Disziplinarstrafe zu verhängen sowie die Kosten des Verfahrens zu reduzieren bzw. den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben und eine mündliche Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission durchzuführen.

Der Disziplinaranwalt bekämpfte die rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses und die Art der verhängten Disziplinarstrafe. Er beantragte, die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen.

Beide Rechtsmittelwerber erstatteten zur Berufung der jeweiligen Gegenseite keine Gegenausführungen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. September 2002 hat die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers und die Berufung des Disziplinaranwaltes in nichtöffentlicher Sitzung wie folgt entschieden:

"Der Berufung des Beschuldigten wird insofern Folge gegeben, als er von den Vorwürfen betreffend Alkoholkonsum im Dienst und Nichtverhinderung der Nötigung der Zeugin VB P durch Gruppeninspektor V gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen wird.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes betreffend die sexuelle Nötigung der Zeugin VB P wird die Berufung des Beschuldigten hingegen gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 abgewiesen und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschuldigte dadurch Dienstpflichtverletzungen iSd § 7 B-GBG iVm § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen hat. Zur Strafbemessung wird die Berufung des Beschuldigten abgewiesen und der Berufung des Stellvertreters des Disziplinaranwalts Folge gegeben und über den Beschuldigten die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 verhängt.

Dem Beschuldigten aufzuerlegende Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht erwachsen."

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde - zusammengefasst und soweit im Beschwerdeverfahren von Belang - aus, das Fehlverhalten des Beschwerdeführers hinsichtlich der sexuellen Nötigung der VB (Vertragsbediensteten) P sei als eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu werten, weil ein Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers gegeben sei. Zu seinen Dienstpflichten als Exekutivbeamter gehöre auch die Abwehr von Angriffen gegen die persönliche Freiheit und die körperliche bzw. sittliche Integrität anderer. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Dienstverrichtung nachhaltig zu erschüttern. In seiner Berufung bestreite er nicht, dass sein Verhalten in Idealkonkurrenz auch den Tatbestand des § 7 B-GBG erfülle.

Da die strafrechtliche Bestimmung des § 202 StGB dem Schutz der Allgemeinheit vor sittenwidrigen Angriffen diene und dem Unrechtsgehalt eines unsittlichen, belästigenden und demütigenden Angriffes auf Kollegen bzw. Kolleginnen keine Rechnung trage, sei es notwendig, den Beschwerdeführer zusätzlich im Sinne des § 95 Abs. 3 BDG 1979 disziplinär zu bestrafen. Bei seinem Fehlverhalten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 liege ein "disziplinärer Überhang" vor, weil der spezifisch dienstrechtliche Aspekt dieser Bestimmung von keinem Tatbestand des Strafrechtsbereiches wahrgenommen werde. Hinsichtlich des Vergehens der sexuellen Nötigung durch einen Exekutivbeamten sei ein "disziplinärer Überhang" durchaus und auch im vorliegenden Fall zu bejahen. Hinsichtlich der Strafbemessung sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch seine Handlungsweise (siehe das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 16. Februar 2002) ein sehr schwerwiegendes Fehlverhalten (auch) im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Exekutivbeamter gesetzt habe. Diesbezüglich sei von einem hohen Grad des Verschuldens und einem hohen Unrechtsgehalt seiner Verfehlung auszugehen. Im Hinblick auf den hohen Stellenwert der körperlichen und sittlichen Integrität anderer Personen, insbesondere auch von Kollegen (und gemeint: auch Kolleginnen) sei das Fehlverhalten des Beschwerdeführers als dermaßen schwerwiegend anzusehen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Dienstverrichtung irreparabel zerstört und er für eine weitere Dienstverrichtung untragbar sei. Eine andere Disziplinarstrafe als die der Erlassung komme daher nicht in Betracht.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission habe gemäß § 125a Abs. 2 bzw. Abs. 3 Z 5 BDG 1979 abgesehen werden können.

Über die gegen diesen Bescheid - im Umfang seines Schuld- und Strafausspruches - erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) lauten:

"5. Abschnitt

DIENSTPFLICHTEN DES BEAMTEN

1. Unterabschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Allgemeine Dienstpflichten

43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

...

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

    4. die Entlassung.

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

...

Zusammentreffen von gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen

§ 95. (1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, daß die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

(2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

(3) Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

...

Verhandlungsbeschluss und mündliche Verhandlung

§ 124. (1) Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluss) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, dass zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.

(2) Im Verhandlungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluss ist Berufung an die Berufungskommission zulässig.

(3) Im Verhandlungsbeschluss ist dem Beschuldigten die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. Der Beschuldigte hat das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung des Verhandlungsbeschlusses ein Mitglied des Senates ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Auf Verlangen des Beschuldigten dürfen bei der mündlichen Verhandlung bis zu drei Beamte als Vertrauenspersonen anwesend sein. Die mündliche Verhandlung ist ansonsten nicht öffentlich.

...

Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der

mündlichen Verhandlung

§ 125a. (1) Die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden, wenn der Beschuldigte trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, sofern er nachweislich auf diese Säumnisfolge hingewiesen worden ist.

(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.

(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn

  1. 1. die Berufung zurückzuweisen ist,
  2. 2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist,
  3. 3. ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,

    4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder

    5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.

(4) In den Fällen des Abs. 1 ist vor schriftlicher Erlassung des Disziplinarerkenntnisses dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen."

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels geltend, im (von der belangten Behörde mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides übernommenen) Schuldspruch des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses werde die sexuelle Nötigung der Vertragsbediensteten P durch das (von ihm begangene) Erfassen der Brüste als "derb" bezeichnet und der Vorfall werde als "über einen längeren Zeitraum" andauernd beschrieben. Im Urteil des Strafgerichtes seien jedoch weder der Ausdruck "derb" noch die Dauer "über einen längeren Zeitraum" festgestellt worden. Die belangte Behörde hätte darüber eine mündliche Verhandlung durchführen und sich damit auseinandersetzen müssen.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Tatfrage auf, die in einer mündlichen Verhandlung hätte geklärt werden müssen. Der Sachverhalt war vielmehr nach der Aktenlage in Verbindung mit beiden Berufungen als geklärt anzusehen (vgl. § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979). Von einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte die belangte Behörde ohne das Gesetz zu verletzen Abstand nehmen, weil der Tatsachenkomplex, der Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers gewesen und von ihm in der Schuldfrage nicht mit Berufung bekämpft worden ist, die Grundlage für die Strafbemessung bildete (vgl. § 125a Abs. 2 BDG 1979; und das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0233).

Insoweit der Beschwerdeführer die Formulierungen "derb" und "über einen längeren Zeitraum" als nicht durch Tatsachenfeststellungen bzw. das strafgerichtliche Urteil gedeckt kritisiert, ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Schuldspruch in sachverhaltsmäßiger Hinsicht in keiner der beiden Berufungen bestritten (oder in Zweifel gezogen) wurde. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung nämlich das (keine Tatfrage betreffende) Nichtvorliegen eines "disziplinären Überhanges (§ 95 Abs. 1 BDG 1979)" und in sachverhaltsmäßiger Hinsicht ausschließlich die Anschuldigungen betreffend Alkoholkonsum im Dienst und Nichtverhinderung der Nötigung der VB P (begangen durch Gruppeninspektor V) bekämpft. Von diesen Anschuldigungen wurde der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid rechtskräftig freigesprochen.

Im Übrigen ist dem Beschwerdeführer - wenn er diese Formulierungen des erstinstanzlichen Schuldspruches schon in seiner Berufung gerügt hätte - zu erwidern, dass das von ihm begangene Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 StGB eine Beschreibung der Dauer (der Nötigung) oder die Wertung der vom Täter geübten Gewalt nicht erfordert. Dass die gegen die Vertragsbedienstete geübte Gewalt als "derb", bzw. dass die Dauer der strafbaren Handlung (geschlechtliche Nötigung) als "über einen längeren Zeitraum" bezeichnet wurden, ist in zeitlicher Hinsicht unbestimmt und nicht aussagekräftig und das Adjektiv "derb" ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht entscheidend und vermag an der ihm angelasteten Verfehlung der geschlechtlichen Nötigung einer Vertragsbediensteten nichts zu ändern. Die belangte Behörde hat diesen (erstmals) in der Beschwerde gerügten Formulierungen nach der gesamten Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbar gar keine (also auch keine tragende) Bedeutung beigemessen.

Insoweit der Beschwerdeführer - im Wesentlichen gleichlautend wie im hg. Beschwerdefall zur hg. Zl. 2002/09/0135 - auch vorliegend rügt, dass ihm die Senatszusammensetzung nicht bekannt gegeben worden sei, wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung im hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2002/09/0135, verwiesen, mit der diese Rechtsfrage klargestellt wurde.

Die Verfahrensrüge erweist sicht somit insgesamt als unbegründet.

Der Beschwerdeführer tritt den Erwägungen der belangten Behörde zur Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung nur mit dem Argument entgegen, es bestehe kein "disziplinärer Überhang", weil im Strafverfahren sämtliche Aspekte, auch der dienstrechtliche, berücksichtigt worden seien. Das Strafgericht habe nämlich deutlich zu verstehen gegeben, dass eine Untragbarkeit des Beschwerdeführers nicht vorliege.

Die belangte Behörde ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - ohne das Gesetz zu verletzen im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangt, dass im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer begangene Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 ein "disziplinärer Überhang" vorliegt. Dies ist durch die bisherige Judikatur bereits klargestellt; es genügt daher insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf diese zu verweisen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2005, Zl. 2003/09/0087, vom 15. Dezember 1999, Zl. 97/09/0381, und vom 24. Februar 1995, Zl. 93/09/0418).

Die im Beschwerdefall verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung erweist sicht angesichts der Schwere der Dienstpflichtverletzung und des vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Angriffs auf die höchstpersönlichen Rechte seiner Mitarbeiterin als gesetzmäßig (vgl. etwa auch das genannte hg. Erkenntnis Zl. 2002/09/0135, und die darin angegebene Judikatur).

Insoweit der Beschwerdeführer "Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung" darlegt, braucht darauf nicht weiter eingegangen zu werden, weil die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers rechtskräftig und damit die Disziplinarbehörde gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an diese Verurteilung gebunden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über der Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 23. November 2005

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