VwGH 2003/06/0055

VwGH2003/06/005530.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. des Dr. HG, 2. des Mag. OZ, 3. der Dr. CB, 4. des DI OZ, 5. der Dr. AH, 6. des Dr. EE, 7. des Mag. PK, 8. der Mag. DF und 9. der SM, alle in I, alle vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 8, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. September 2002, Zl. II-AL-0071e/2002, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: W AG in I), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 2001 §16 Abs1;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litb;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §3 Abs3;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1998 §10;
Bauvorschriften Tir 1998 §11;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §16 Abs1;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litb;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §3 Abs3;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1998 §10;
Bauvorschriften Tir 1998 §11;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das diesem Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Bauverfahren wurde mit dem am 8. März 2001 bei der Behörde eingelangten Antrag der mitbeteiligten Partei (dessen Datierung mit "5.0.2001" unklar ist) eingeleitet. Wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, beantragte die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung zum Abbruch eines im Wesentlichen ebenerdigen Gebäudes und zur Errichtung eines neuen vier- bis fünfgeschossigen Gebäudes auf einem Grundstück in I, welches eine ungefähr rechteckige Form hat (den Beilagen zur Beschwerde ist zu entnehmen, dass das abzubrechende Gebäude in den 1970er Jahren an Stelle eine früher bestandenen jedenfalls zum Teil mehrstöckigen Bebauung errichtet wurde). Das Grundstück grenzt mit allen vier Seiten an Verkehrsflächen, nämlich mit einer Schmalseite an einen Platz, ansonsten an Straßen. Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer (Wohnungseigentümer) einer Liegenschaft mit einem mehrstöckigen Gebäude, welches von der südlichen Längsseite des zu bebauenden Grundstückes durch die schmale, rund 4 bis 6 m breite W-Gasse getrennt ist.

Für das zu bebauende Grundstück wurde ein ergänzender Bebauungsplan gemäß § 56 Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG) erlassen.

Die Beschwerdeführer erhoben rechtzeitig vor sowie in der Bauverhandlung vom 27. November 2001 umfangreiche Einwendungen (insbesondere, aber nicht nur hinsichtlich des Brandschutzes).

Nach verschiedenen Verfahrensschritten erteilte die erstinstanzliche Behörde der Bauwerberin die angestrebte Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Objektes und die Errichtung des geplanten Geschäftshauses unter zahlreichen Vorschreibungen und wies die Einwendungen der Beschwerdeführer teils ab und teils zurück.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Nach Hinweis auf den erstinstanzlichen Bescheid und nach Wiedergabe der Berufung folgt eine Baubeschreibung. Darin heißt es unter anderem, es sei die Nutzung des projektierten Gebäudes als Sporthaus mit Verkaufs- und Kundenflächen auf allen Ebenen geplant. Vorgesehen sei die Ausbildung von fünf Brandabschnitten (wird näher dargelegt). Die Konstruktion des Objektes bestehe im Wesentlichen aus einem Stahlbetonskelett, welches in Ortbetonbauweise errichtet werde. Die Außenwände würden in den Bereichen einer brandbeständigen massiven Ausführung mit einer Profilglasschale verkleidet, die übrigen Außenwände zwecks Belichtung der Kundenflächen und mit der Absicht, eine "translucente" (im Original unter Anführungszeichen) Wirkung des Gebäudes zu erzielen, großflächig aus mehrschaligen Glaskonstruktionen auf Stahltragwerk je nach Brandschutzerfordernis ausgebildet. Die Glaskonstruktionen würden zusätzlich mit einer Fassadenberieselung gegen Brandeinwirkung geschützt. Zur zusätzlichen Belichtung der Kundenflächen würden an den Südfassaden außerhalb des kritischen Abstandsbereiches von 6,0 m Fenster bzw. Klarverglasungen ohne Brandschutzqualifikation eingebaut.

Den Beschwerdeführern, die Eigentümer eines Grundstückes seien, welches zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5,0 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liege, käme ein Mitspracherecht im Sinne des § 25 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) zu.

Das Projekt entspreche den Vorgaben des Flächenwidmungsplanes (mit Widmung als Kerngebiet) und des gültigen Bebauungsplanes vom 14. August 2001 (wird näher dargelegt). Das Vorbringen der Beschwerdeführer, Abstandsbestimmungen würden nicht eingehalten, sei daher unzutreffend.

Sie hätten aber auch Bestimmungen über den Brandschutz releviert. Diesbezüglich führe § 3 Abs. 3 TBO 2001 aus, dass Gebäude und sonstige bauliche Anlagen auf den Grundstücken so anzuordnen seien, dass sie sicher zugänglich seien und der wirksame Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten gewährleistet sei. Nach Wiedergabe der §§ 10 und 11 der Technischen Bauvorschriften (TBV) heißt es weiter, in den "Anmerkungen zu den Erfordernissen des Brandschutzes (3. Abschnitt der TBV)" werde "niedergelegt", dass die Erreichung der brandschutztechnischen Zielvorgaben durch die Einhaltung der in der Verordnung enthaltenen Bestimmungen oder, wenn nichts Näheres in der Verordnung enthalten sei, durch die Anwendung von Normen oder anderen Regeln der Technik zu erfolgen habe. Mangels konkreter Bestimmungen in den TBV seien sohin im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mehrere Gutachten zur Frage der Erreichung der brandschutztechnischen Zielvorgaben hinsichtlich des Projektes eingeholt und den Beschwerdeführern im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der geplante mehrgeschossige Baukörper sowohl in Richtung Norden als auch in Richtung Süden zum Gebäude der Beschwerdeführer bedingt durch den Verlauf von Verkehrsflächen in der offenen Bauweise lediglich einen Abstand von 4,0 bis maximal 6,0 m aufweise. Konkret habe nach Begutachtung des Bauvorhabens der zuständige Sachverständige der Städtischen Berufsfeuerwehr in seiner Stellungnahme vom 30. März 2001 dargelegt, dass bei Einhaltung der folgenden näher beschriebenen Auflagen keine Einwände gegen das Vorhaben unter Berücksichtigung der angrenzenden Objekte und unter Bezugnahme auf die brandschutztechnische Stellungnahme der Berufsfeuerwehr bestünden. Sämtliche von der Berufsfeuerwehr Innsbruck aufgelisteten zwingenden Auflagen hätten unter den Punkten 22. bis 56. in den erstinstanzlichen Bescheid Aufnahme gefunden, wobei insbesondere auf die Punkte 55 und 56 zu verweisen sei, worin festgehalten werde, dass an den Außenwandbauteilen verpflichtend eine Außenfassade - Berieselungsanlage, welche manuell in Betrieb gesetzt werden könne, zu installieren sei, und der notwendige Löschmittelbedarf nach Absprache mit der Berufsfeuerwehr bei der Löschmittelberechnung für die Sprinkleranlage zu berücksichtigen sei. Für die Einleitung von Brandbekämpfungsmaßnahmen sei weiters zwingend vorgeschrieben, dass nach Anlage der Berufsfeuerwehr in näher bezeichneten Bereichen entsprechende Feuerwehrzufahrten sowie Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen und ganzjährig befahrbar zu halten seien. Dabei seien die Feuerwehrflächen entsprechend näher bezeichneter technischer Richtlinien auszubilden. Die Zufahrten seien gemäß der Ö-NORM F 2030 deutlich und in dauerhafter Ausführung zu kennzeichnen. Durch diese verpflichtend vorgeschriebenen Auflagen sei für die Berufungsbehörde erwiesen, dass die Tragfähigkeit der baulichen Anlage zumindest so lange erhalten bleibe und ausreichende Fluchtmöglichkeiten bestünden, dass die Bewohner bzw. die Personen, die sich in der baulichen Anlage aufhielten, diese rechtzeitig noch verlassen oder in einen vom Brand nicht betroffenen Teil gelangen könnten. Außerdem sei dadurch die (zu ergänzen: Begrenzung der) Ausbreitung von Feuer und Rauch innerhalb der baulichen Anlage im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. b TBV sichergestellt.

Die von den Beschwerdeführern in sämtlichen Eingaben wie auch in der Berufung ins Treffen geführte angeblich unzureichende und den brandschutztechnischen Zielvorgaben nicht entsprechende Absicherung einer befürchteten Brandausweitung auf benachbarte Gebäude ziele auf § 10 Abs. 1 lit. c TBV ab, wobei hiezu "den Anmerkungen zu entnehmen" sei (gemeint: den Anmerkungen zu § 10 TBV, hier Anm. 4, in Schwaighofer/Sallinger, Handbuch des Tiroler Baurechts2), dass sich ein Brand "auf Grund dieser Norm nicht auf benachbarte Gebäude oder Grundstücke ausbreiten darf. In manchen Fällen wird es nach diesen Anmerkungen jedoch ausreichen, wenn diese Ausbreitung durch ein vorgegebenes Zeitmaß (wie vorliegend) begrenzt" werde. Bei baulichen Anlagen, von denen im Brandfall eine erhöhte Gefährdung ausgehe (wie beispielsweise bei Chemikalienlagern), werde eine Ausbreitung des Brandes auf benachbarte baulichen Anlagen in jedem Fall verhindert werden müssen.

Unter detaillierter Bezugnahme auf die Projektunterlagen habe hiezu das Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung in seinen Gutachten vom 14. Mai 2001 beziehungsweise 5. Februar 2002 bei Annahme zweier Brandszenarien mit näher bezeichneten Brandleistungen für die Nachbargebäude und das geplante Gebäude selbst festgehalten, dass die geforderten Brandwiderstandsklassen im Fassadenbereich gemäß den Planunterlagen (F 60, G 60) durch die Stahltragkonstruktion, Stahlrahmen und Brandschutzglaseinlagen grundsätzlich realisiert werden könnten. Im "Kurzgutachten" vom 5. Februar 2002 werde unter ausdrücklicher Berücksichtigung der beim Projekt vorgesehenen Wandelemente in Glas zusammenfassend ausgesagt, dass die geplanten Fassadenausführungen den Vorgaben bzw. Anforderungen der Baubehörde entsprächen und die zuvor angeführten Fassadenkonstruktionen bei fachgerechter Ausführung mit einer Brandwiderstandsdauer von 60 Minuten (F 60, G 60) zu bewerten seien. Diese schlüssige gutachterliche Stellungnahme stehe dabei in Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 11 Abs. 2 TBV, wonach tragende Bauteile und Umfassungsbauteile von Stiegenhäusern bei mehrgeschossigen Bauten mit bis zu vier Geschossen eine Brandwiderstandsdauer von mindestens 60 Minuten aufweisen müssten.

Entgegen den Ausführungen in der Berufung sei daher davon auszugehen gewesen, dass die brandschutztechnische Zielvorgabe, eine mögliche Brandausbreitung auf benachbarte Gebäude und bauliche Anlagen abzuwehren, den Regeln der Technik entsprechend erfüllt sei.

Ergänzend dazu habe der Leiter der Bau- und Feuerpolizei in seiner Stellungnahme vom 9. April 2002 festgehalten, dass der Fassadenaufbau in "G 60 - Elementen - Ausführung zu erstellen geplant sei", denen eine Profilitverglasung vorgesetzt werde. Diese Verglasung habe zusätzlich eine Brandwiderstandsdauer von G 30. Bei Installation der vorgeschriebenen Sprinkleranlage und Berieselungsanlage könne daher davon ausgegangen werden, dass die Vorgaben der entsprechenden "einschlägigen Normen und Richtlinien eingehalten" seien.

Wenn die Berufungswerber weiters ins Treffen führten, durch die spezifische Lage des Objektes und insbesondere dessen Fassadenaufbaues seien sowohl entsprechende Löschangriffe als auch das Bergen von Personen kaum möglich, so sei dem entgegenzuhalten, dass der mit diesen Fragen befasste zuständige Sachverständige der Bau- und Feuerpolizei in seiner Stellungnahme vom 16. Jänner 2001 dargelegt habe, die Berufsfeuerwehr Innsbruck habe vor Ort Lösch- und Bergeversuche angestellt, wobei sie zum Schluss gekommen sei, dass die Erreichbarkeit mit Hubrettungsfahrzeugen weiterhin, also auch bei Realisierung des geplanten Vorhabens gegeben sei, wobei diese Aussage auch für das Gebäude der Beschwerdeführer gelte (es folgt eine nähere Darstellung der Zufahrtmöglichkeiten).

Ein allfälliger "Entstehungsbrand" im geplanten Gebäude werde durch die vorgeschriebene Brandmeldeanlage frühzeitig erkannt. Dadurch werde automatisch ein Alarm an die Berufsfeuerwehr weitergeleitet, wobei der Entstehungsbrand durch Sprinkleranlagen bis zum Eintreffen der Berufsfeuerwehr unter Kontrolle gehalten werde. Die Fassade besitze in den zuvor umschriebenen Bereichen eine Brandwiderstandsdauer von 60 Minuten, wozu noch eine Fassadenberieselungsanlage komme. Diese beiden Vorkehrungen verhinderten eine frühzeitige Zerstörung der Fassade und gewährleisteten somit, dass der Feuerwehreinsatz nach menschlichem Ermessen ohne Behinderung stattfinden könne. Dasselbe gelte für einen angenommenen Brand im Gebäude der Beschwerdeführer.

Zusammenfassend ergebe sich aus all dem für die belangte Behörde, dass bei plangemäßer und auflagenkonformer Ausführung des Objektes den Erfordernissen eines ausreichenden Brandschutzes im Sinne des § 10 TBV entsprochen sei. Weitere Ermittlungen erschienen nicht erforderlich.

Auf den Einwand, der Flächenwidmungsplan und auch der Bebauungsplan seien gesetz- und verfassungswidrig, könne die belangte Behörde nicht eingehen. Es sei allerdings darauf zu verweisen, dass nach den vorliegenden Unterlagen bei Erlassung dieser Verordnungen die Aspekte des Brandschutzes berücksichtigt worden seien.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher nach Durchführung eines Vorverfahrens mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 1597/02-13, V 20/03-13, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (sowie einen Verordnungsprüfungsantrag der Beschwerdeführer zurückwies). Die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde wird unter anderem damit begründet, sie bedenke nicht ausreichend, dass es sich bei dem ergänzenden Bebauungsplan um eine erstmalige Erlassung und keine Änderung handle, und dass die Abstände baulicher Anlagen von den Verkehrsflächen in § 5 TBO 2001 geregelt seien und somit § 6 TBO 2001 nicht präjudiziell sei. Schließlich würdige sie nicht ausreichend, dass die Festlegung der Anzahl der Geschosse dem Ortsbild in der X-Straße und auch der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes der Beschwerdeführer entspreche und durch die Festlegungen die Interessen der Beschwerdeführer berücksichtigt worden seien.

In der für den Fall der Abtretung bereits ausgeführten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung) anzuwenden.

§ 25 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

"3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

    d) der Abstandsbestimmungen des § 6."

    § 3 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

    "3) Gebäude und sonstige bauliche Anlagen sind auf den Grundstücken so anzuordnen, dass sie sicher zugänglich sind und dass der wirksame Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten gewährleistet ist."

    § 5 TBO 2001 regelt die Abstände baulicher Anlage von den Verkehrsflächen, § 6 TBO 2001 die Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen und von anderen baulichen Anlagen.

    § 16 Abs. 1 TBO 2001 lautet:

"(1) Bauliche Anlagen müssen in allen ihren Teilen entsprechend dem Stand der Technik geplant und ausgeführt werden. Insbesondere müssen sie den für bauliche Anlagen der jeweiligen Art notwendigen Erfordernissen der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit, des Brandschutzes, der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes, der Nutzungssicherheit, des Schallschutzes, der Energieeinsparung und des Wärmeschutzes entsprechen."

Die §§ 10 und 11 der Technischen Bauvorschriften 1998 (TBV), LGBl. Nr. 89/1998, lauten:

"§ 10

Grundsätze;

Erfordernisse im Hinblick auf Löscheinsätze

(1) Bauliche Anlagen müssen entsprechend ihrer Größe, ihrer Lage und ihrem Verwendungszweck so geplant und ausgeführt werden, dass bei einem Brand

a) die Tragfähigkeit der baulichen Anlage zumindest so lange erhalten bleibt und weiters ausreichende Fluchtmöglichkeiten bestehen, dass die Bewohner bzw. die Personen, die sich in der baulichen Anlage aufhalten, diese noch verlassen oder in einen vom Brand nicht betroffenen Teil derselben gelangen können,

b) die Ausbreitung von Feuer und Rauch innerhalb der baulichen Anlage begrenzt wird,

c) die Brandausbreitung auf benachbarte Gebäude, sonstige bauliche Anlagen, Lagerplätze und dergleichen begrenzt und erforderlichenfalls verhindert wird,

d) eine Umweltgefährdung weitestgehend ausgeschlossen ist.

(2) Bauliche Anlagen sind auf dem Grundstück so anzuordnen, dass der wirksame Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten gewährleistet ist. Ist auf Grund der Lage der betreffenden baulichen Anlage oder auf Grund des umgebenden Baubestandes eine unmittelbare Zufahrt nicht möglich, so sind entsprechend den dadurch bei der Brandbekämpfung bewirkten Erschwernissen zusätzliche bauliche oder sonstige technische Schutzmaßnahmen zu treffen. Als solche kommen eine höhere Brandwiderstandsdauer der tragenden Bauteile und der Umfassungsbauteile von Stiegenhäusern, der Einbau von selbsttätigen Löschanlagen oder Brandmeldeanlagen und dergleichen in Betracht.

(3) In baulichen Anlagen sind entsprechend ihrem Verwendungszweck ausreichende und geeignete Mittel der Ersten Löschhilfe (insbesondere Handfeuerlöscher) und erforderlichenfalls auch der Erweiterten Löschhilfe (insbesondere Wandhydranten) vorzusehen.

§ 11

Sonstige allgemeine Erfordernisse

(1) Die Fläche von Brandabschnitten darf ohne zusätzliche Brandschutzmaßnahmen, wie den Einbau von selbsttätigen Brandmeldeanlagen oder Löschanlagen, von Brandrauchentlüftungs- oder -absauganlagen und dergleichen, höchstens 1.000 m2 betragen. Räume und Bereiche, von denen auf Grund ihres Verwendungszweckes eine erhöhte Brandgefahr ausgeht, müssen als Unterbrandabschnitte ausgebildet werden.

(2) Tragende Bauteile und Umfassungsbauteile von Stiegenhäusern müssen bei mehrgeschossigen Gebäuden mit bis zu zwei Geschossen eine Brandwiderstandsdauer von mindestens 30 Minuten, mit bis zu vier Geschossen eine Brandwiderstandsdauer von mindestens 60 Minuten und bei Gebäuden mit einer größeren Anzahl an Geschossen eine Brandwiderstandsdauer von mindestens 90 Minuten aufweisen. Dabei bleiben Kellergeschosse außer Betracht.

(3) Fluchtwege, wie Gänge und Stiegenhäuser, müssen im Allgemeinen so dimensioniert werden, dass der jeweilige Brandabschnitt längstens innerhalb von fünf Minuten und das Gebäude bzw. die sonstige bauliche Anlage längstens innerhalb von weiteren zehn Minuten verlassen werden kann. Unbeschadet dessen haben die Durchgangslichten von Fluchtwegen mindestens 1 m und bei Fluchtwegen für mehr als 20 Personen mindestens 1,20 m zu betragen. Dabei bleiben Einengungen durch Treppenaufzüge, deren Transportfläche und Lehne im betriebslosen Zustand automatisch aufgeklappt sind, unberücksichtigt. Gänge in Wohnungen gelten nicht als Fluchtwege.

(4) Stiegenhäuser sind belüftbar auszuführen. Bei Gebäuden mit mehr als zwei Geschossen müssen Stiegenhäuser von den abführenden Gängen durch Rauchschutztüren und von anderen Räumen durch Brandschutztüren abgeschlossen werden.

(5) Türen müssen in Fluchtrichtung aufschlagend ausgeführt werden. Dies gilt nicht für Zugangstüren zu Wohnungen sowie zu Räumen oder Bereichen, die zum Aufenthalt von weniger als zehn Personen bestimmt sind.

(6) Bodenbeläge, Wand- und Deckenverkleidungen, Ausstattungsstoffe, Dekorationen und dergleichen im Bereich von Fluchtwegen müssen zumindest schwerbrennbar, schwachqualmend und nichttropfend ausgeführt werden.

(7) Fluchtwege einschließlich der Ausgänge und Notausgänge sind mit netzunabhängigen Notleuchten auszustatten, deren Betrieb bei Ausfall des allgemeinen Stromnetzes mindestens 30 Minuten sichergestellt ist.

(8) Die Dachhaut von baulichen Anlagen muss nichtbrennbar ausgeführt werden. Davon abweichend ist eine zumindest normalbrennbare Ausführung zulässig, wenn im Hinblick auf die besonderen örtlichen Verhältnisse eine Brandübertragung, insbesondere durch Flugfeuer, nach feuerpolizeilichen Erfahrungen nicht zu erwarten ist.

(9) Konstruktionsteile, die sich erwärmen können, wie Fänge, Abluftrohre, Auspuffleitungen von Notstromaggregaten und dergleichen, müssen gegenüber brennbaren Bauteilen, wie insbesondere dem Dachstuhl, ausreichend wärmegedämmt sein und einen Abstand von mindestens 5 cm aufweisen.

(10) Die Abs. 1 bis 8 gelten nicht für Städel, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Bienenhäuser, Jagd- und Fischereihütten, auf Sonderflächen nach § 47 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 zulässige Bauten, die als Tenne genutzten Teile landwirtschaftlicher Wirtschaftsgebäude und dergleichen. Diese Bestimmungen gelten weiters nicht, soweit im 2. Unterabschnitt für bestimmte Arten von Gebäuden anderweitige Regelungen getroffen werden."

Soweit die Beschwerdeführer in dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Teile ihrer Beschwerde Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des hier maßgeblichen Bebauungsplanes und Flächenwidmungsplanes anklingen lassen, ist ihnen zu entgegnen, dass sie ihre Bedenken bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen haben und er sie nicht für stichhältig erachtet hat. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu einer Anfechtung dieser Verordnungen nicht veranlasst.

Da das Grundstück der Beschwerdeführer von dem zu bebauenden Grundstück durch eine Verkehrsfläche getrennt ist, kommen die Bestimmungen des § 6 TBO 2001 im Beschwerdefall nicht zur Anwendung (sondern jene des § 5 TBO 2001), worauf im Übrigen schon der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss verwiesen hat. Dass das Vorhaben den Festlegungen des Bebauungsplanes (§ 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001) entspricht, ziehen die Beschwerdeführer nicht in Zweifel. Dass durch die Errichtung des geplanten mehrstöckigen Gebäudes eine Beeinträchtigung der bisherigen Belichtung und Besonnung des Gebäudes der Beschwerdeführer und des Ausblickes von diesem Gebäude bewirkt, ist zwar evident, ein (eigenständiges) Nachbarrecht auf Beibehalt dieser bisherigen Verhältnisse ist aber im Katalog des § 25 Abs. 3 TBO 2001 nicht vorgesehen.

Zutreffend haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens erkannt, dass den Beschwerdeführern gemäß § 25 Abs. 3 lit. b TBO 2001 ein Mitspracherecht hinsichtlich der Bestimmungen über den Brandschutz zusteht. Dies ist aber nicht dahin zu verstehen, dass ihnen als Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich sämtlicher denkbarer Aspekte des Brandschutzes zustünde, sondern vielmehr nur hinsichtlich jener Gefährdungen, die von der geplanten baulichen Anlage bzw. deren Benützung selbst ausgehen. Ein Mitspracherecht in Bezug auf Bestimmungen, die den Brandschutz betreffen, kommt dem Nachbarn im Sinne des § 25 Abs. 3 (Einleitungssatz) TBO 2001 dann zu, wenn die brandschutzrechtliche Bestimmung auch ihrem Schutz dient. Ein Mitspracherecht dahingehend, dass die Zufahrt für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr gewährleistet sein müsste, wird ihnen damit nicht eingeräumt (siehe dazu das zur TBO 1989 ergangene hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/06/0165; vgl. das ebenfalls zur TBO 1989 ergangene hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 97/06/0248). Hinsichtlich der Frage, ob aus dem Blickwinkel des Brandschutzes von ihrem Haus auf das geplante Gebäude eine Gefährdung ausgehen könnte, kommt den Beschwerdeführern nach dem zuvor Gesagten ebenfalls kein Mitspracherecht zu.

Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind auf die Frage einer Gefährdung des Gebäudes der Beschwerdeführer im Falle eines Brandes im geplanten Objekt eingegangen, dies auch unter dem Blickwinkel der erhöhten Gefährdung durch die geringe Breite der dazwischen liegenden Verkehrfläche. Die belangte Behörde hat, gestützt auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, dargelegt, dass dieser Gefährdung durch bautechnische Maßnahmen und insbesondere durch eine besondere Konstruktion der Fassade sowie durch eine Außenwand-Sprinkleranlage Rechnung getragen werde. Über Einwand der Beschwerdeführer wurde auch geprüft, ob eine entsprechende Wasserzufuhr sichergestellt werden kann, was ebenfalls - unbedenklich - bejaht wurde (dass ein entsprechender Anschluss erst hergestellt bzw. verstärkt werden muss, ist mangels entsprechender Anordnung des Gesetzes kein Bewilligungshindernis, wobei weiters davon auszugehen ist, dass es keiner eigenen, zusätzlichen Auflage hiezu bedurfte, weil eine entsprechende, erforderliche Wasserversorgung der Sprinkleranlagen zum Stand der Technik gehört). Im Ermittlungsverfahren wurde den Beschwerdeführern auch Gelegenheit gegeben, ein Gegengutachten zur Bekräftigung ihres Vorbringens zu erstatten (wovon sie nur eingeschränkt Gebrauch gemacht haben); der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens auf die Einwände der Beschwerdeführer nur unzureichend eingegangen wären, und dass die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Beweiswürdigung sowie die darauf gestützten Schlussfolgerungen, es sei ein entsprechender Brandschutz zu bejahen, unschlüssig wären, oder dass die Behörden bei ihrer Beurteilung von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen wären.

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher der Beurteilung der belangten Behörde nicht entgegentreten, dass die Beschwerdeführer hinsichtlich der Aspekte des Brandschutzes in dem in § 25 Abs. 3 lit. b TBO 2001 umschriebenen Nachbarrecht nicht verletzt worden sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2004

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