Normen
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §28;
AsylG 1997 §38;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwRallg;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §28;
AsylG 1997 §38;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein ukrainischer Staatsangehöriger, reiste am 3. Juni 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 4. Juni 1999 Asyl. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 30. November 1999 gab der Beschwerdeführer an, Mitglied der "volksdemokratischen Bewegung" RUCH zu sein, und zwar seit dem Gründungsjahr 1988. Der Gründer der Bewegung, Tschernowol, sei im April 1999 unter mysteriösen Umständen bei einem "dubiosen" Autounfall ums Leben gekommen. Man habe diesen vermutlich beseitigen wollen. Der Beschwerdeführer habe von 1990 bis 1998 für die Zeitung JUH gearbeitet. Deren Chefredakteur sei zwei Jahre vor dem Einvernahmetermin des Beschwerdeführers ermordet worden, doch sei dieser Mord bis heute nicht untersucht worden. Der Beschwerdeführer habe in seinen Artikeln "gegen die Korruption und gegen die Mafia geschrieben" und werde von Parteifunktionären politisch verfolgt. Nach der Unabhängigkeit der Ukraine seien "die gleichen Funktionäre wie früher" an der Macht geblieben. Da der Schwiegervater des Beschwerdeführers jüdischer Abstammung und Dissident gewesen sei, sei schon in der Sowjetunion eine "Diskriminierung" des Beschwerdeführers erfolgt. Ab dem Jahr 1990 habe der Beschwerdeführer an Kundgebungen teilgenommen und versucht, den Menschen die Wahrheit "über das 'demokratische Regime', das an der Macht ist", zu sagen. Es seien nicht die Leute an der Macht, die man sich erhofft habe, die "gesamte Organisationsstruktur der Sowjetunion" sei beibehalten worden. Er sei wegen seiner Aktivitäten bedroht und im Mai 1998 von mehreren Männern zusammengeschlagen, vergewaltigt und schwer verletzt worden. Er habe viel Blut verloren, habe operiert werden und ca. sechs Wochen im Krankenhaus verbringen müssen. Der Beschwerdeführer habe einen Kiosk und ein kleines Geschäft gehabt; diese seien von denselben Angreifern in Brand gesteckt worden. Die Angreifer seien, da jemand bei dem Brandanschlag deren Autonummer notiert habe, ausgeforscht und in der Folge zu Gefängnisstrafen und zur Leistung von Schadenersatz an den Beschwerdeführer verurteilt worden. Sie hätten ausgesagt, den Auftrag erhalten zu haben, den Beschwerdeführer zu beseitigen. Es sei "zurückverfolgt" worden, dass ihr Auftraggeber "der ehemalige erste Sekretär des Bezirkskomitees der Partei von Ovidiopol" namens Warlan gewesen sein, dieser sei aber nicht verhaftet worden. Der Beschwerdeführer habe über Warlan, der ein Verwandter des nunmehrigen Vertreters des Präsidenten Russlan Bodelan in diesem Gebiet sei, 1996 einen Artikel betreffend "die Bereicherung dieses Mannes im Zuge der Privatisierung" geschrieben und sich an den Vorsitzenden des Komitees für den Kampf gegen Korruption und das organisierte Verbrechen gewandt, worauf eine Untersuchung gegen Warlan eingeleitet worden sei; der Anschlag auf den Beschwerdeführer sei eine Racheaktion gewesen. Warlan sei lediglich mit einer symbolischen Geldstrafe und dem Ausspruch eines "Tadels" belegt worden. Daraufhin hätten (weitere) Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer begonnen. Obwohl der Schwiegervater des Beschwerdeführers bereits verstorben gewesen sei, habe man alle seine Akten wieder ausgehoben und zum Beschwerdeführer geschickt, um ihn zu kompromittieren. An seiner Arbeitsstelle seien absichtlich Pannen herbeigeführt worden, die ihm als zuständigem Ingenieur angelastet hätten werden sollen. Der Beschwerdeführer habe dann, "bevor ich ins Gefängnis komme", gekündigt und sei nach Odessa übersiedelt. Nach dem Vorfall von 1998 habe der Beschwerdeführer Drohbriefe erhalten, in denen er und seine Frau als "verdammte Juden" beschimpft und mit dem Tode bedroht worden seien. Er und seine Ehefrau seien daraufhin neuerlich (nach Browary bei Kiew) umgezogen. Nach der Haftentlassung eines jener Männer, die wegen des Angriffes auf den Beschwerdeführer verurteilt worden waren, sei die Ehefrau des Beschwerdeführers überfallen worden, es seien ihr Fußtritte versetzt worden, und es hätte weitere Morddrohungen gegeben. Die Leute seien auch in die Wohnung des Beschwerdeführers eingedrungen (die Tür sei eingetreten und das Telefonkabel abgeschnitten worden), worauf er Anzeige erstattet habe. In Drohbriefen sei vom Beschwerdeführer auch der ihm geleistete Schadenersatz zurückgefordert worden. Da der Beschwerdeführer von der Polizei nicht geschützt habe werden können, seien er und seine Ehefrau im Februar 1999 nach Kiew übersiedelt. Am 14. April 1999 hätten der Beschwerdeführer und seine Ehegattin einem Korrespondenten eines amerikanischen Radiosenders ein Interview gegeben. Am 20. Mai 1999 habe der Beschwerdeführer ein weiteres Gespräch mit dem früheren Vorsitzenden des Komitees zur Bekämpfung der Korruption gehabt. Dieser habe ihm gesagt, dass "wir nicht genügend Macht hätten, um etwas umzustrukturieren, da aus der Umgebung des Präsidenten viel Widerstand zu erwarten sei. ... Das schlechte Privatisierungsgesetz werde auch in der Umgebung des Präsidenten dazu benutzt, illegal Vermögen anzuhäufen". Am 30. Mai 1999 seien der Beschwerdeführer und seine Ehefrau neuerlich von zwei Männern angegriffen, geschlagen und getreten worden. Ein vorbeikommendes Paar habe einen Hund losgelassen, der einen der Angreifer gebissen und somit vertrieben habe. Auch dieser Angriff sei wieder auf Warlan zurückzuführen gewesen, der sich habe rächen wollen, weil der Beschwerdeführer aufgezeigt habe, dass er "im Zuge der Privatisierung riesiges Kapital illegal angehäuft habe". Im Falle einer Rückkehr in die Ukraine könne sich der Beschwerdeführer nicht unter den Schutz der Behörden stellen. Er wisse, dass ihn dort "niemand schützen würde", da immer noch dieselben Personen wie früher die maßgeblichen Positionen inne hätten; auch Warlan "sitzt immer noch an seinem Platz". Der Beschwerdeführer wolle sich nicht "mit dem Regime arrangieren und sein Gewissen verleugnen".
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 27. Juni 2000 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 8 leg. cit. fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.). Es wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers als glaubwürdig und führte rechtlich im Wesentlichen aus, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe durch Private auch in der Ukraine strafbare Handlungen darstellten, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden gegebenenfalls verfolgt und geahndet würden; die Täter, die ihn misshandelt hätten, seien gerichtlich verurteilt worden. Eine Billigung dieser Übergriffe durch die ukrainischen Behörden könne nicht erkannt werden. Der Beschwerdeführer habe auch nicht dargetan, dass die Übergriffe von den Behörden seines Heimatlandes geduldet worden seien oder dass die ukrainischen Behörden, hätte der Beschwerdeführer sich an sie gewandt, nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wären, ihm Schutz vor Verfolgung zu gewähren. Dass der Beschwerdeführer Verfolgung durch staatliche Stellen ausgesetzt gewesen wäre, ergebe sich aus seinem Vorbringen nicht, zumal dem Beschwerdeführer im Jahr 1998 ein Reisepass ausgestellt worden sei, mit dem er 1999 legal seine Heimat verlassen habe.
Gegen die Abweisung des Asylantrages (Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheids) erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Die belangte Behörde führte eine Berufungsverhandlung durch, in der der Beschwerdeführer seine Aussagen vor dem Bundesasylamt aufrecht erhielt und zu dem von ihm als Anlass für seine Verfolgung angegebenen Korruptionsfall u.a. weiter ausführte:
"(...) Das alles mit der Privatisierung der Sanatorien war eine wirtschaftliche Angelegenheit. Es stimmt jedenfalls, dass diese Angelegenheit mit Politik nichts zu tun hat. Diese Menschen wie Warlan wollten sich nur bereichern."
Weiter sagte der Beschwerdeführer u.a. aus, dass er "im Bezirkskomitee der Bewegung RUCH der stellvertretende Vorsitzende des Komitees zur Bekämpfung von Korruption und Verbrechen in der Stadt Ovidiopol" gewesen sei. Diese Partei sei zwar in Opposition zum Präsidenten, die (von ihm namentlich angeführten) Parteivorsitzenden hätten jedoch keine Probleme in der Ukraine. Der Beschwerdeführer sei nur in bestimmten Teilen der Ukraine bekannt, "aufgrund dieses Wirtschaftsverbrechens" würde er "nicht in der gesamten Ukraine gesucht werden". 1997 sei er als Initiator einer Demonstration, bei der ein Lenin-Denkmal in Ovidiopol mit Farbe überschüttet worden sei, zu 12 Tagen Haft verurteilt worden und habe seinen damaligen Arbeitsplatz verloren. Im Mai 1999 sei er im Zuge einer von der Polizei aufgelösten Kundgebung vor der Präsidentenwahl in Browary kurzfristig verhaftet und zu einer Strafe von zwei Monatsgehältern verurteilt worden. Es habe ihn "weder der Präsident noch die Polizei jemals in der Ukraine verfolgt", solange in der Ukraine "das verbrecherische Regime von Kutschma existiert", sei sein Leben aber "weiter in Gefahr". Auf die Frage, welche Indizien er dafür habe, dass ihm "bei einer allfälligen Rückkehr in der Ukraine die Sicherheitsbehörden wegen Ihrer behaupteten Probleme keine Hilfe zuteil werden lassen" würden, gab der Beschwerdeführer an:
"Ich glaube nicht einmal dem Präsidenten selbst, er ist selbst korrupt, das weiß die ganze Welt. Die ehemaligen Parteifunktionäre der KPDSU, die heute zu 90 % wieder in hohen Funktionen sind, würden mir den Kopf abschneiden, weil ich die Korruption aufgedeckt habe".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab. Sie stellte fest, der Beschwerdeführer habe sich in der Ukraine wegen der Korruption bei der Privatisierung von Sanatorien an den Vorsitzenden des Komitees für den Kampf gegen Korruption und das organisierte Verbrechen gewandt. Es seien damals ungesetzliche Missstände festgestellt worden; einem Beteiligten sei eine Rüge erteilt worden. Die Privatisierung der Sanatorien sei eine "wirtschaftliche Angelegenheit" gewesen, die "mit Politik nichts zu tun gehabt hätte", der Hauptbeteiligte "wollte sich nur bereichern". Der Beschwerdeführer sei - vermutlich auf Veranlassung des Hauptbeteiligten - tätlich angegriffen worden. Die Personen, die den Beschwerdeführer zusammengeschlagen hätten, seien von einem Gericht zu zwei bis drei Jahren Haft verurteilt worden, wobei zwei der Angeklagten bereits nach etwa 5 bis 6 Monaten entlassen worden seien. Der Beschwerdeführer hätte wegen dieser Vorfälle heute noch "Probleme", "aufgrund dieses 'Wirtschaftsverbrechens' würde er aber von seinen Verfolgern 'nicht in der gesamten Ukraine gesucht werden' (Verhandlungsprotokoll (der belangten Behörde), Seite 5)". Es stehe fest, "dass den Beschwerdeführer 'weder der Präsident noch die Polizei jemals in der Ukraine verfolgt' (Verhandlungsprotokoll, Seite 6) hat". Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Verfolgung zu erleiden gehabt habe, "weil er gegen das Regime von Kutschma gewesen sei, da er wegen der 'Beschmierung eines Denkmals' 1997 ... zu 12 Tagen ... verurteilt worden sei, oder wegen eines Auftritts im Mai 1999 in Browary auf einem Platz Probleme gehabt hätte". Dieses zuletzt angeführte Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht glaubwürdig gewesen, weil es erst in der Berufungsverhandlung erstmals erstattet worden sei. Rechtlich führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es müsse eine (begründete) Furcht vor Verfolgung vorliegen. Die Verfolgungsgefahr müsse auf einem Konventionsgrund beruhen, aktuell sein und dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, was nicht nur ein Verursachen bedeute, sondern "eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr" bezeichne. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes, so die belangte Behörde weiter, könne "im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnte".
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung droht (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, im folgenden: FlKonv) und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv genannten Endigungs- oder Ausschließungsgründe vorliegt. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer Missstände bei der Privatisierung von Sanatorien in der Ukraine aufgezeigt hat und deshalb - "vermutlich auf Veranlassung des Hauptbeteiligten - tätlich angegriffen" wurde. Die "noch immer aktuelle Bedrohung aufgrund seines Engagements in dieser Angelegenheit" sei als glaubwürdig zu werten, jedoch würden diese Bedrohungen "sogar nach der eigenen Auffassung" des Beschwerdeführers keinen politischen Aspekt aufweisen.
Als politisch kann alles qualifiziert werden, was für den Staat, für die Gestaltung bzw. Erhaltung der Ordnung des Gemeinwesens und des geordneten Zusammenlebens der menschlichen Individuen in der Gemeinschaft von Bedeutung ist (vgl. Rohrböck,
Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999) Rz 408, sowie aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl. 2001/20/0310). Im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2000/01/0098, hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf die Situation in Albanien im Jahr 1996 ausgeführt, dass der Bekämpfung der Korruption und der Mafia durchaus eine politische Dimension anhaften kann und hat dies näher wie folgt begründet:
"Zwar wird man im Allgemeinen nicht schon die Verbrechensbekämpfung oder - allgemeiner - eine ablehnende Einstellung gegenüber Kriminellen und deren Handlungen an sich als Ausdruck einer politischen Meinung ansehen können. Ausgehend von dem im - für den vorliegenden Fall nicht einschlägigen - hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 99/01/0078, wiedergegebenen Verständnis des 'Politischen' fehlt einer derartigen Einstellung in aller Regel der 'Staatenbezug'; es lässt sich - im Sinn der im eben erwähnten Erkenntnis (nähere Nachweise dort) wiedergegebenen Definition Kälins - nicht sagen, dass es sich dabei um etwas handle, was 'der Staat gegen sich, seine Ordnung, seinen Bestand, eventuell seine Legitimität gerichtet erachtet'. Wären allerdings, wie hier vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren behauptet, die staatlichen Behörden vom 'organisierten Verbrechen' unterwandert bzw. mit 'der Mafia verflochten', so bekäme ein spezifisch dagegen gerichtetes Vorgehen insoweit eine politische Komponente, als es sich nicht mehr schlichtweg auf Kriminalitätsbekämpfung reduzieren ließe, sondern gleichzeitig die konkrete 'staatliche Ordnung' (und zwar in ihrer Ausprägung als von Kriminellen beherrschte Gesellschaft) in Frage stellte. Damit wird (was der eingangs dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs widerspräche) nicht jeder zum Flüchtling, der in so strukturierten Staaten Verbrechen zum Opfer fällt oder in der Zukunft kriminelle Handlungen zu seinem Nachteil zu befürchten hat. Entscheidend ist, dass der Betreffende ein Verhalten gesetzt oder eine Äußerung abgegeben hat, welche(s) als Widerstand gegen die besagte 'staatliche Ordnung' verstanden werden kann und er auch deshalb - und nicht etwa allein aus dem Grund, weil der Verübung von Verbrechen nichts 'in den Weg gelegt' werden soll - mit dem Unterbleiben staatlichen Schutzes gegenüber Verfolgungshandlungen in asylrelevanter Intensität rechnen muss."
Ausgehend von dieser Rechtslage sowie der vom Beschwerdeführer im Verfahren mehrfach aufgestellten Behauptung, dass Korruption unter staatlichen Funktionären in seinem Heimatstaat weit verbreitet sei und ihm bei einer Rückkehr in der Ukraine von Seiten der Sicherheitsbehörden kein ausreichender Schutz zuteil würde, kann nicht von vornherein gesagt werden, der (verfolgungsbegründende) Umstand, dass der Beschwerdeführer einen mit der Privatisierung von Staatseigentum zusammenhängenden Korruptionsfall öffentlich aufgezeigt und sich für dessen Untersuchung eingesetzt hat, habe keinerlei politische Dimension. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde, kann auch nicht damit begründet werden, dass die Bedrohungen "sogar nach der eigenen Auffassung des Berufungswerbers keinen politischen Aspekt aufweisen". Die Aussage des Beschwerdeführers, auf die sich die belangte Behörde dabei beruft, lässt vielmehr vermuten, dass der Beschwerdeführer die an ihn gerichtete Frage danach, ob es sich um eine Angelegenheit mit politischen oder lediglich wirtschaftlichen Dimensionen gehandelt hatte, dahingehend verstanden hat, ob er den kriminellen Bereicherungsvorsatz des betreffenden Funktionärs als wirtschaftlich oder politisch qualifizieren würde; es lässt sich aber aus der Aussage des Beschwerdeführers - insbesondere, wenn man auch seine oben wiedergegebenen Aussagen in Bezug auf die Korruption staatlicher Funktionäre und seine (von der belangten Behörde nicht ins Kalkül gezogene) politische und journalistische Tätigkeit berücksichtigt - nicht ableiten, dass er den gegen ihn gerichteten Bedrohungen jeglichen Zusammenhang mit seiner politischen Gesinnung abgesprochen hätte.
Um das - von der belangten Behörde verneinte - Vorliegen einer Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung beurteilen zu können, hätte auch auf die vom Beschwerdeführer wiederholt aufgestellte Behauptung eingegangen werden müssen, in Länderberichten über die Ukraine (die von der belangten Behörde als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären) sei mehrfach davon die Rede, dass ukrainische Journalisten, die gegen Verbrechen und Korruption eintreten, nicht nur Schadenersatzklagen riskieren, sondern mitunter auch Opfer gewalttätiger Übergriffe und Mordversuche werden, und dass in diesen Berichten eine Zusammenarbeit zwischen korrupten Beamten und dem (seit der Unabhängigkeit der Ukraine stark angestiegenen) organisierten Verbrechen aufgezeigt werde.
Schließlich hat sich die belangte Behörde, ausgehend von ihrer - auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhenden - Annahme, dass die dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung in keinem Zusammenhang mit dem erwähnten Konventionsgrund stehe, auch nicht mit der Behauptung des Beschwerdeführers auseinander gesetzt, dass ihm bei einer Rückkehr in der Ukraine von Seiten der Sicherheitsbehörden kein ausreichender Schutz zuteil würde - was er auch mit einem Hinweis auf die herrschende Korruption unter staatlichen Funktionären begründet hat ("Die ehemaligen Parteifunktionäre der KPDSU, die heute zu 90 % wieder in hohen Funktionen sind, würden mir den Kopf abschneiden, weil ich die Korruption aufgedeckt habe"). Sie wird daher auf der Grundlage entsprechender Ermittlungsergebnisse auch die Frage zu behandeln haben, ob der dem Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde festgestellten Bedrohungen von staatlicher Seite zuteil werdende Schutz ausreichend ist, um im konkreten Fall den Eintritt eines asylrelevante Intensität erreichenden Nachteils nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwarten zu lassen (vgl. zur ausreichenden staatlichen Schutzgewährung u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2002, Zl. 99/20/0509, vom 17. September 2002, Zl. 2000/01/0414, und vom heutigen Tag, Zl. 2001/20/0430).
Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. September 2004
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